nur das Interesse berVielen, „die nicht alle werden", sondern auch das der Halleschen Polizei erregt, welch' Letztere dem etwaige» Abholer der Briefe auflauern ließ. Am Sonnabend ist der Schwindler richtig in die Falle gegangen, und hat sich als ein Seiler- meistcr au- Leipzig entpuppt. Außer den neunhundert Briefen auf der hiesigen Post wurden in der Wohnung des Schwindlers noch sechshundert ähnlichen Kalibers aufgefunden. Wäre dem findigen Manne das Geschäft glatt durchgegangen, so würde ihm das verlockende Inserat die Kleinigkeit von rund dreihundert Mark in Postwertzeichen eingebracht haben . . Endlich doch einmal ein Geschäft, das „blüht."
— Die Prophezeiung des Kuckucks. Der vielfach noch herrschende Aberglaube wurde für eine wohlhabende Frau in der Nähe von Rappoltsweiler im Elsaß sehr verhängnisvoll. Diese Frau, so erzählt die „Straßb. Post", hätte gern gewußt, wie alt sie werden würde, und hatte gehört, daß dies vom Kuckuck im Tannenwald zu erfahren sei. Es wurde ihr gesagt, sie müsse diesen Vogel nur laut an- rufen, und so viele Jahre hätte sie noch zu leben, als der Vogel mit seinem Ruf antworten würde. Die Frau ging in den Wald
Dolores.
Erzählung aus dem Madrider Volksleben.
(Nachdruck verboten.)
2.
Du brauchst doch Deine Liebeshändel nicht in alle Welt hinauSzuschreitcn I Wenn Du mir versprichst, vernünftig zu bleiben, so kann ich Dir am Ende etwas Mitteilen."
„Aha, ich wußte es doch," rief Carlos triumphierend, „aber nun spanne meine Ungeduld auch nicht länger auf die Folter, Juanita!"
„Wenn ich es nicht wirklich gut mit Dir und DoloreS meinte," erwiderte Juanita ernst, „so würde ich mich hüten, mich in eine so heikele Angelegenheiten einzumischen. Aber Du hast DoloreS aufrichtig lieb, auch sie ist Dir von Herzen zugethan — warum soll da ein Dritter dazwischen kommen, der die arme Kleine doch nur betören will —"
„Höll' und Teufel!" schäumte der Bursche auf, „ich bin also —"
„Ruhig, Carlos I" mahnte jedoch das Mädchen nochmals, dem Wütenden gebieterisch zuwinkend, „der ich bleibe stumm wiein Fisch l Ja, es ist ein Dritter im Spiele, und ich glaube allerdings, es wiro Zeit, daß Du Deine Rechte wahrest. Ich will Dolo- reS nicht von aller Schuld freisprechen, aber das junge Ding ist noch so unerfahren und darum wirst Du ihr volle Verzeihung zu Teil «erden lassen. Wer jedsch der Versucher ist? Ich will Dir keinen Namen nennen ; paßt es Dir indessen heute oder morgen Abend, nach Dunkelwerden in den Anlagen am Teatro de Oriente zu erscheinen, so wirst Du vielleicht auf ein angehendes Liebespaar stoßen. Aber hörst Du wohl, Carlos, nimm Dich in Acht und behalte kühles Blut, Du könntest sonst Dich und Dolores in'S Unglück stürzen."
Der junge Mann achtete kaum noch auf oie letzten Wort der Fruchthändlerin, ungeduldig winkle er ihr mit der Hand zu und war bald in einer der aus dem Platz cin- mündcnden Straßen verschwunden.
„Jetzt habe ich ihn auf die Fährte ge-
und wurde durch einen Spaßvogel mit fünf Kuckucksrufen beschicken. Die abergläubische Frau, die nicht wußte, daß der Kuckuck ein Wandervogel und deshalb in dieser Jahreszeit gar nicht mehr bei uns ist, erkältete sich auf dem Wege, machte sich aber nichts daraus, weil sie nur auf noch fünf Jahre Lebensfrist rechnete. Die Aermste bekam Fieber, verweigerte aber alle ärztliche Hilfe, und im Todeskampfe noch hob sic fünf Finger in die Höhe, um zu zeigen, daß sie nock so lange leben müßte. Die Aermste büßte ihren Gang in den Wald mit dem Tode.
— Derbe Heimzahlung. Einige Ge- meinderäte einer großen schwäbischen Stadt
— so wird dem Schwarzwälder Boten berichtet — hatten ihren satirischen Witz über einen biederen, durch seine Derbheit bekannten Mitbürger, der aber nicht im weisen Rat der Stadt saß, derart loSgelassen, daß derselbe wohl oder übel für den Abend zur Zielscheibe deS gemeinderätlichcn Spotte« und Witzes bestimmt schien. Der gute Mann wollte das aber nicht sein, leerte sein Glas, nicht aber, ohne noch vorher den Gcmeinde- räten ein „Rätsel" aufzugeben. „No ishr Herra, wenn iahr grad die g'scheid'ste sei wend, no saget amol: WaS ist für a Untersetzt," murmelte Juanita, hie und da die Früchte ans ihrem Tisch ordnend, „und ich meine, er wird dem edlen Don Ramiro schon einen kleinen Denkzettel versetzen. Don Ra- miro ist zwar ein großer Dichter, aber er braucht deshalb meine gute Dolores nicht unglücklich zu machen; die Kleine wollte aus die Vorstellungen nicht hören, so mußte ich denn ein wenig Vorsehung für sie spielen."
Es war in der zehnte Abendstunde dieses Tages, als Carlos, der sich verraten wähnende Geliebte der kleinen Dolor-s, durch die dichten Gebüsche am Teatro de Oriente schlich, den breiten Hut tief über die Stirn hcreingedrückt. Von Zeit zu Zeit blieb er lauschend stehen, ob er vielleicht das Geräusch flüsternder Stimmen höre, doch nichts war zu vernehmen, als das Murmeln der Fontaine vor dem Theater. Auch vermochte er keine Gestalten zu entdecken, obwohl der von Eifersucht geschärfte Blick deS jungen Mannes das Dunkel der Promenadenwege und der verschiedenen lauschigen Plätzchen in den prächtigen Anlagen förmlich zu durchbohren schien.
Mißmutig blieb Carlos endlich in einem BoSquet hochstämmiger Rosen stehen, unbekümmert darum, daß er s» manchen Zweig der kostbaren Bäumchen zerknickte, und murmelte vor sich hin:
„Sie scheinen sich gerade heute kein Stelldichein gegeben zu haben ... und ich hätte es diesem Schuft doch so gern eingetränkt
— sollte also DoloreS zu Hause sein ? Aber wenn ich ein Steinchen an ihr Fenster würfe, würde sie mir auch wieder öffnen, wie sonst, als . . . o, ich fühle, wie mir das Blut aufs Neue siedet, da ich daran denke, daß ein Schurke mein Liebesglück zertreten hat!"
(Schluß folgt.)
Verschiedenes.
— Eine Frau, die seit 10 Jahren schläft. In Thenecke in Frankreich kann man das außerordentlichste Phänomen von Starrsucht beobachten, das die Jahrbücher der Medizin vielleicht jemals Verzeichnet haben. Es handelt sich um eine etwa 30 Jahre alte
schied zwlscha ama Pferd und ama Esel?" Lange berieten die weisen Väter der Stadt. Der eine erwiderte: „DaS Pferd hat kurze, der Esel lauge Ohren"; der andere erwiderte wieder etwas anderes. „Alles n.x," meinte der Räiselausgeber; endlich b> stürmt, doch die Auflösung zu sagen, erwiderte er: „A Pferd isch nv nia u>'m Rothaus g'wea, aber — gut' Nacht, meine Herra!" Sprach'« und verließ seine verblüfften Peiniger.
Ein begehrenswerter Gatte. — Als Milton, der berühmte Dichter des „Verlorenen Paradieses", kaum erst seine Gattin verloren hatte, traf ihn bald darauf auch noch das harte Geschick, völlig zu erblinden. Trotzdem verheiratete er sich einige Zeit darauf wieder mit einem jungen und hübschen Mädchen. Ein Freund sprach ihm seine Verwunderung darüber aus, daß es ihm als blindem Mann gelungen sei, so bald wieder zu einer Frau zu kommen, und noch dazu zu einer, welche durch Jugend und Anmut ausgezeichnet sei. „Ich verstehe Sie nicht," meinte der Dichter mit seinem feinen Lächeln, „daß ich blind bin, ist gar kein großer Fehler. Wäre ich dazu noch taub, so würde ich unbestritten eine der besten HeiralSpartien in ganz England g wesen sein."
Frau, die Tochter und Schwester von Hysterischen, tie in ihrer Jugend einmal einen großen Schrecken erfuhr. Sic hatte auf freiem Felde einem-Kinde das Leben gegeben, das wenige Augenblicke nach der Geburt verstarb ; böse Zungen sprachen von Kindcs- mord. Das Gerede kam zu Ohren der Gerichtsbehörde, die eine Untersuchung anordneie. Der Anblick der Gendarmen brachte auf das Gemüt der jungen Frau -inen solchen Eindruck hervor, daß sie in Starrsucht fiel. Seit jenem Tage ist sie nicht mehr zu sich gekommen. Während der beiden ersten Jahre wurde die Kranke von einem Landarzte behandelt, der die medizinischen Berühmtheiten Frankreichs, unter ihnen auch Chacot, zu Rate zog. Besprengungen mit eiskaltem Wasser, Aether, Mittel gegen Krampfanfälle, Alles blieb unwirksam. Aerzte aus allen Teilen Frankreichs besichtigten die schlafende Frau; ein Arzt aus Lorient, der einen ähnlichen Fall behandelt hatte, sagte, daß dem etwaigen Erwachen der Kranken sofort der Tod folgen würde. Jetzt ist die Starrsüch- lize Gegenstand der allgemeinen Neugier und die Quelle eines nicht unbedeutenden Gewinns für ihre Familie geworden. In einem eisernen Bette ruhend und sehr sauber gehalten, scheint sie einen natürlichen Schlaf zu thun. Die Augenlider sind halb geschlossen und von den Augen sieht man nur das Weiße. Die Kinnbacken sind krampfhaft zusammengezogen, alle Anstrengungen, die man machte, um die oufeinandergcpreßten Zähne auseinander zu bringen, blieben fruchtlos; einige Zähne wurden bei dieser Operation zerbrochen. In dem leblos scheinenden Körper gehen alleLebensfunktionen auf natürliche Weise vor sich; bei Auskultationen sind die Herzschläge vernehmlich, sie sind durchaus regelmäßig, wenn auch sehr schwach. Seit 10 Jahren wird die Lebendig-Tote von The- nelle nur mittelst einer Schlundsonde und mittelst P ptoninj ktion ernährt.
Hiezu eine Beilage.
Verantwortlicher Redakteur r Bernhard Hofmanu.) Druck und Verlag von Bernhard Hofmann in Wildhah.