vertraue sie diesem Boden an, den er so tapfer zu verteidigen und zu schützen verstand. Möge sein Beispiel von S-llbsivr- leugnung und Energie uns alle» heilig und unantastbar bleiben I Im Namen des ganzen bulgarischen Volkes, im Namen aller Herzen, die für die bulgarische Idee schlagen, gelobe ich» daß das Andenken an den Verblichenen ewig dauern und ewig geheiligt sein soll."
Diese seitens des jetzigen Fürsten seinem großen Vorgänger in so selbstloser Weise dargebrachte letzte Ehrenbezeugung kann allenthalben, wo man die Dinge in Bulgarien unparteiisch zu beurteilen vermag, nur einen höchst sympatischen Eindruck Hervorrufen.
— Ein Blutbad. Aus Kowno wird folgende, kaum zu glaubende Nachricht verbreitet: Auf Befehl der russischen Regierung sollte die katholische Kirche in Krosche, 50 Werst von der preußische» Grenze entfernt, geschlossen werden. Die Gemeindemitglieder, welche von dem Vorhaben seit Wochen wußten, versammelten sich Tag und Nacht in der Kirche, weil sie ihr Gotle-Hau« erhalten wollten. In einer der letzten Nächte umzingelten plötzlich unter Anführung des Gouverneurs von Kowno Truppen das Gottes
haus, drangen, als die Gläubigen dasselbe nicht verlassen wollten, mit Gewalt hinein, hieben mit der blanken Waffe ei», löteten 20 Personen und verwundte» über hundert. Außerdem fand noch eine größere Anzahl bei der Verfolgung der Kosak den Tod im nahen Flusse. Einige hundert Personen wurden verhaftet und sollen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt vor ein Kriegsgericht gestellt werden.
— Ein Bergwerk, welches Holz als Bergprodukt liefert, dürfte so leicht nicht wieder zu finden sein und doch findet sich diese merkwürdige Thatsache in China, und zwar in Tonkin, wo sich in einem sandigen Boden in einer Tiefe von 4—6 Metern auf lange Strecken und in ziemlicher Mächtigkeit Lager von Baumstämmen vorfinden, die vor Jahrtausenden dort ausgedehnte Waldungen gebildet haben müssen, aber durch Erdbeben oder ähnliche Ursachen verschüttet wurden. Das Hvlz bildet, wie das Patent- und technische Bureau von Richard LüderS in Görlitz schreibt- keineswegs eine Art Kohle, sondern ist noch wohl erhalten, waS seinem großen Gehalt an Harz, sowie dem trockenen Sandboden zuzuschreiben ist. Die Chinesen
bauen die Gruben regelrecht auS und benutzen das Holz hauptsächlich zu Bildhauer- arbeiten, Särgen, Trögen u. dergl. Die Stämme besitze» einen Durchmesser bis zu einem Meter, sind bi« zu 15 Meter lang und scheinen der das Pilchpine liefernden Fichte sehr ähnlich gewesen zu sein
— Selbstansertigung de» Christbaumschmucks. Zu recht gelegener Zeit bringt die bekannte VerlagSfirm» John Henry Schwerin, Berlin, ein Merkchen in den Verkehr, das den bezeichnrnten Titel „Selbstanfertigung des Christbaumschmucks" führt. Dasselbe wird alle» denen hochwillkommen sein, die an der Hand klar erläuterter, Hunderter von Original-Abbildungen mit ganz geringen Kosten den Christbaumschmuck sich selbst anfertigen wollen. Da ein ähnliches praktisches Buch bisher nicht vorhanden war, die zur Darstellung gebrachten, selbst von den Kindern leicht nachzuarbeitcnden Gegenstände durch blendende Neuheit und prächtigste Wirkung sich ausz-nchnen, so kann da- zeitgemäße Merkchen, welches in jeder Buchhandlung zu 75 käuflich ist, warm empfohlen werden.
AoLores.
Erzählung aus dem Madrider Volksleben- (Nachdruck verboten.)
1.
Ueber die Pucrta del Sol, welchen Platz man wohl als drn Brennpunkt de« Straß-n- ledenS der spanischen Hauptstadt bezeichnen kann, schritt eine hochgewachsene Männerge- stall in etwas theatralischer Haltung. Es war ein schöner Mann und nur einzelne leise Fältchen in dem edlen Antlitz, aus welchem ein tiesdunkles Augenpaar unter buschigen Brauen feurig hervorblitzte, deuteten an, daß der Mann schon mehr als vierzig Sommer zählen mochte. Langsam schleuderte er dahin und kam hierbei in die Nähe des Stande« einer jungen Fruchthändlerin, welche mit einem bilvhüblche» Blumenmäechen plauderte. »Sieh, Dolores," sagte jetzt elftere zu ihrer Nachbarin unv deutete mit dem graziösen Kopfe unmerklich nach dem Heran- nahenden hin, „weißt Du, wer das ist?"
„Nein," erwiderte die Gefragte, mir ihre» Blicken der dez ichneten Richtung folgend, „Du meinst doch de» großen, schönen Sen- nor mit den kühnen Augen und dem krausen Lockenhaar, Juanita?"
Dir Fruchthändlerin nickte und flüsterte: „Das ist der berühmte Don Namiro Aranda, der die schönen Theaterstücke schreibt, die jetzt fast jeden Abend im Alhambra-Theater, sowie in den Theatern in der Calle de Carretas und an der Plaza del Carmen gegeben werden. Du hast gewiß auch schon eines oder das andere seiner Stücke gesehen, auch dichtet er so herrliche Lieder, die von den jungen Burschen in den PulperiaS der Vorstädte so gern gesungen werden."
„Ah," meinte Dolores, und hefteten ihre prächtigen dunkelblauen Augensterne mit offenbarem Interesse auf den gefeierten VolkS- dichicr der Madrilcnen, wenigstens der unteren B-vötkerungSclassen Madrids, „das also ist Don Namiro? Freilich Hab' ich in Begleitung meines Carlos schon manches von ihm gesehen. Erst neulich waren wir im Alham- dra-Thcater, wo „DaS Mädchen von Sevilla"
von Den Ramiro Aranda gegeben wurde — ach, und das war prächtig, und wie haben die Leute geklatscht! Jetzt kenne ich ihn nun, der all' die schönen Sachen macht, und ich muß gestehen, gerade so habe ich mir einen berühmten Dichter immer vDlgestellt: Die imponierende Gestalt, die feurigen Augen, die gebieterische Stirn, das edle Antlitz —"
„Du, Du", wurde die kleine Blumenhändlerin von der Freundin unterbrochen, welche, den Finger neckischdrohend emporgehoben, fortfuhr: „Wenn Dein Charlos dies gehört hätte, ich glaube, da würde eS etwas gesetzt haben, er ist ein bischen gar zu eifersüchtig, der arme Kerl I"
„Ach geh' doch mit Deinen Neckereien, mir ist Don Na.niro höchst gleichgültig," versetzte Dolores mit schmollender Stimme und verlor sich mit ihrem Biumenkörbchen in da« Gewühl, während ihr Juanita lächelnd nachschaute. —
Am andern Tage hatte sich Dolores für ihren Blumenverkauf nicht wieder die Puerto del Sol, sondern die prächtige Calle de Al- cala ausgesucht, aber sie befand sich kaum ein halbes Stündchen hier, als sie Do» Ra- miro auf sich zukommen sah. Der Dichter warf einen wohlgefälligen Blick auf das reizende Gesicht der jungen Verkäuferin und sagte, aus ihrem Körbchen ein Sträußchen von Rosen und Jasminblüten auswählend: „Da hält ja ein jungfrisches Röslein andere Rosen seil — darf ich fragen, reizende Kleine, wie man Dich nennt?"
„Dolores, Don Namiro," antwortete das Mädchen, verlegen die Augen zu Boden senkend.
„Wie, du kennst mich, holde Blumenfee?" rief der Volkspoet überrascht aus, „o, das ist ja prächtig, jetzt weiß ich doch, wo ich meine Sträußchen kaufen werde I Doch wo werde ich Dich immer treffen, mein Engel?"
Zögernd erwiderte DoloreS: „Einen bestimmten Stand habe ich nicht, Do» Ramiro, heute bin ich hier, morgen vielleicht am Prado —
„Und wo würdest Du villeicht morgen zu finden sein?" fruq der Dichter hastig,
seine Augen leidenschaftlich auf da« sschöne Mädchen heftend. Nur langsam kam die Antwort aus dem frischroten Munde:
«Ich — ich weiß es noch nicht genau, vielleicht bin ich an der Puerta de Alcala I" „Gut, gut, meine Holde!" flüsterte Don Ramiro, einen halben Du o in das Körbchen der Blumenverkäuferin werfend, „also an der Pnerta de Alcsla, ich denke, gegen Abend; bis dahin gedenke mein!" Rasch wandte sich der Sennor ab und schritt' die breite Straße hinab, indes ihm Dolores m>t einem seltsame» Ausdruck in ihren dunkelblauen Augen nachblickte.
*
* *-
Es war etwa acht Tage nach dieser Begegnung zwischen dem gefeierten Vvlksdichler und dem einfachen Blumenmädchen, als ein junger kräftiger Bursche, dessen hübsches, offene« Gesicht in diesem Augenblick jedoch einen ungemein finstern Zug aufwie«, an den Stand Juanita's, der Fruchthändl-rin auf der Puerta de Sol, herantrat, und mit unterdrückter Stimme jagte:
„Juanita, ich weiß, Du bist die beste Freundin meiner Dolores, ihr habt keine Geheimnisse gegen einander, ich denke daher, Du wirst mir sagen können, was meinem Mädchen fehlt. Dolores ist in der letzte» Z-it wie ausgewechsell, ein ihr sonst ganz- ungewöhnliches träumerisches Wesen beherrschte sie, ja, ich habe sie in den letzten acht Tagen kaum ein Mal zum Abendjpaziergang adhotcn dürfen und auch da wünschte sie bald wieder nach Hause. Ich habe schon ihre Mutdr gefragt, woher wohl dieses veränderte Wesen bei Dolores kommen möge, aber die Alte meinte, daS sei ihr noch gar nicht aufgefallen, auch käme ihr DoloreS durchaus nicht verändert vor. Und doch ist's so," brach jetzt der junge Mann leidenschaftlich auS, die Fäuste ingrimmig ballend, „und sollte sie etwa gar einen andern mir vorziehen wollen, dann würde erst Blut stießen müssen —" „Aber, Carlos," fiel die Fruchthändlerin dem Erregten mahnend in die Rede, „wer denn gleich so wüihend sein I
tFortsetzung folgt)
Druck und Verlag von Bernh. Hofmaun in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Beruh. Hofmann.)