Rundschau.
— Der württembergische Landtag soll erst gegen Ende Januar wieder einberusen werden. Gegenwärtig sind in Stuttgart die Kommissionsmilglieder der 2 Kammer mit der Beratung des Gesetzes über die Pensionierung der Gemeinde- und Körperschafts- beamten beschäftigt, ebenso mit einer Eingabe der württ. Volksschullehrer betreffend die Abänderung de« VolkSschulgesctzes von 1836.
— Für die ordentlichen Sitzungen des Schwurgericht« in Tübingen für das 4. Quartal 1893 ist zum Vorsitzenden Land- gerichttrat Kohlhund ernannt worden. Die Sitzungen beginnen am 11. Dezember, vormittag« 9 Uhr.
Stuttgart, 19. Nov. Ebenso gefährlich wie allzuheißes Essen schadet ein zu kalter Trunk. Einem solchen ist der Tod des Hos- musikuS Lange zuzuschreiben. Bald nachdem er ein sehr kaltes GlasjBier getrunken hatte, klagte er über Magenschmerzen, welche in kaum 4 Tagen seinen Tod zur Folge hatten. E« ist stet« zweckmäßig, einen Bissen Brot oder eine Bretzel zu genießen, bevor man zu kalte« Bier trinkt.
— Verkehr mit Milch. Eine Mini sierialderfügung vom 24. April 1886 verbietet bei Strafe, daß Milch von Kühen, welche innerhalb der letztvergangenen fünf Tage gekalbt haben (Bicstmiich, Kolostramilch,) schleimige, bittere, rote oder blaufleckige Milch als Nahrung«- oder Genußmittel für Menschen verkauft oder seilgehalten werden darf. Da« gleiche gilt von der Milch von Kühen, welche an Maul- und Klauenseuche, Milzbrand, Rauschbrand, Perlfucht, Pocken, bös- artigcm-Kalarrhfieber,Tollwut oder Gelbsucht, an Krankheiten des Eiters, jauchiger Ge- bährmutterentzündung, Ruhr, Pyämie, Sep- thämie oder Vergiftungen leiden, oder wegen einer inneren Krankheit mit giftigen oder starkwirkenden Arzneien behandelt werden. (Wenn diese Anordnung mit Erfolg durch- geführt werden will, ist unseres Erachtens nötig, daß sämtliche Milchkühe regelmäßig von Zeit zu Zeit durch einen Tierarzt in Absicht auf ihren Gesundheitszustand, namentlich bezüglich der Perlsucht, untersucht werden.)
Großbottwar, 22 Novbr. Das zwölfjährige Söhnleiir de« Metzgers Franz Bauer jun. von hier begab sich diesen Morgen zu einer Kuh von seinem Vater auf dem gestrigen Backuanger Markte erkauften Kuh. Dieselbe nahm ihn auf die Hörner ».schlitzte ihm den Bauch aus, so daß die Eingeweide sichtbar waren. Der alsbald herbeigerufcne Arzt heftete die Acffnuug wieder zu. Dessenungeachtet ist der Knabe in einer sehr ver- zweiflungsvoüen Lage, und die Wiederherstellung ist sehr zweifelhaft.
— Vor acht Tagen verlobte sich ein Bürgerssohn in WlÜMllgM, ein Mechaniker, mit einem hübschen Mädchen, und am Sonntag abend schon stieß er ihm ein Messer in den Leib. Die Verletzung ist lebensgefährlich. lieber die Beweggründe sind verschiedene Ansichten verbreitet, vor allem wird Eifersucht vermutet. Der Thät>r sitzt hinter Schloß und Riegel. Die Eltern der Braut, wie die des Bräutigam«, befinden sich in guten Verhältnissen und werden allgemein bedauert.
— In Ebenheid brachte, der .Werth. Ztg.* zufolge, eine Kuh des Landwirts Honig ein Kalb von ganz ungewöhnlicher Mißbild
ung zur Welt. Dasselbe, sonst wohl ge. bildet, hat in dem normalen Kopf zwei Mäuler neben einander und vier Augen, von denen zwei an der gewöhnliche» Stelle liegen, während die beiden andern unterhalb derselben und weiter auseinander liegen. Die Nahrung nimmt das Tier nur mit einem Maul, während das andere nur die Bewegungen macht. Das Tier gedeiht vorläufig.
— Wieder ist ein Unglück durch Spielen mit einer Schußwaffe zu beklagen. In Schönwald spielten am letzten Freitag die beiden Knaben des Landwirts Dorer in der Scheuer, wobei ihnen ein geladenes Gewehr in die Hand kam. Plötzlich krachte ein Schuß, und das sechsjährige Brüderchen stürzte, in die Brust getroffen, tot zu Boden.
— In der Stube des Regimentsschuh- machers in der Neumünsterkaserne in Mainz brach F-uer aus. Drei Kinder hatten dort in Abwesenheit Erwachsener mit dem Feuerzeug gespielt. Eines der Kinder kam in den Flammen um.
— Vor einigen Tagen warf in Mayen (Reg.-Bez. Koblenz) ein junger Bursche bei einem Wortwechsel, den er mit seiner Mutter wegen Hergabe von 50 hatte, derselben die brennende Petroleumlampe an den Kopf. Die Frau ist an de» erlittenen Brandwunden gestorben. Der Uebelthäter wurde fest- genommcn.
— Vom Grafen Hartenau. Die Witwe des Grafen HaUenau verständigte formell die bulgarische Regierung von dem schon erwähnten Wunsche ihres verstorbenen Gemahl«, in Bulgarien begraben zu werden. Wie snun aus Sofia gemeldet wird, soll die Leiche des Grafen mit Einwilligung der Familie auf Staatskosten nach Sofia überführt und in der ältesten orthodoxen Kapelle beigesetzt werden- Der Leichnam ruht in einem doppelten Melallsarge und ist durch den oberen Deckel, weicher eine Verglasung besitzt, sichtbar; die Züge des Entseelten waren wahrscheinlich infolge der überaus großen Schmerzen, welche er erdultctc, nahezu bis zur Unkenntlichkeit enlstellt. WaS den Vermögensnachlaß des Verewigten anbetrifft, so schätzt man denselben auf ungefähr zwei bis zweieinhalb Millionen Mark. Der weitaus größte Teil davon stammt ans einer Schenkung der Gemahlin des Kaisers Alexander II. von Rußland an den Prinzen von Battenberg her, die eine deutsche Prinzessin und eine Anverwandte des Prinzen gewesen ist.
— Heldenmütige Aufopferung U ber die heroische Aufopferung eines Ausländers berichten Melbourncr Blätter: In der am Meer gelegenen Ortschaft Sorrent», einem beliebten Ausflugsziel der Metbourner, brach dieser Tage in dem Laden eines gewissen Cousin Feuer aus. Dasselbe verbreitete sich mit solch rasender Eile, daß alsbald auch das an da« Geschäftslokal anstoßende Wohnhaus in Hellen Flammen stand. Dos Gebäude brannte bereits lichterloh, als sich die Schreckenskunde verbreitete, daß die 5 Kinder des Besitzers sich noch in demselben befänden. Die Aermsten schienen rettungslos verloren, als ein unter den Zuschauern befindlicher Ausländer Namens Joseph Jhirmann Mys- lis mit Todesverachtung in das brennende Gebäude rindrang. Es gelang dem wackeren Manne auch, zwei der Kinder, die in dem einen Zimmer ruhig in ihren Brüchen schliefen, ins Freie zu bringen, dagegen verhinderten ihn die Flammen, bi« zu der Schlafstätte
der drei übrigen vorzudringen, MysliS versuchte es nunmehr von anßen, durch die Fenster sich Eingang zu Verschaffe», allein dieses erwies sich als zu eng. Kurz entschlossen machte sich der Brave daran die Oeffnung durch Abschlagen der dos Fenster umgebenden Ziegelsteine zu erweitern, was ihm auch gelang. Kaum halte er indessen seinen Fuß in die Oeffnung gesetzt, als das Mauerwerk zusammenbrach und den unerschrockenen Retter unter seinen Trümmern begrub. Halb beiäubt richtete er sich nach . einigen Augenblicken wieder auf, drang in das Haus und kam, von dem Jnbelgeschrei der draußen versammelten Menge empfangen, nach wenigen Minuten mit sämtlichen drei Kindern wieder zum.Vorschein. Mit dieser Heldenlhat war seine Kraft erschöpft. Taumelnd stürzle er zu Boden und ein Arzt ließ ihn ins Krankenhaus bringen. Hier zeigte sich erst, welch' schwere Verletzungen der Mann davongetragcn hatte. Die Kinnlade ist an zwei Stellen gebrochen, ebenso hat MySlis Verwundungen an der Hirnschale und im Gesicht davongetragen. Daß der Mann, dessen Zustand leider ein sehr bedenklicher ist, trotz der schweren Verwundungen seinen Vorsatz anSgeführt hat, kennzeichnet seine That als einen Akt wahrhaft heldenmütiger Aufopferung. Bemerkt sei noch, daß MysUs anderweitigen Nachrichten zufolge ein aus Jerusalem stammender Jude ist.
— Der evangel. Priester Emeterio Fuente in Gijon entwirft schreckhafte Bilder der Katastrophe in Santander. Darnach seien über 1000 Personen gelötet und 4500 verwundet. Die materiellen Verluste seien unberechenbar und die Stadt eine Totenstadt.
.-.Japanisches Heiratsgesuch. Folgendes Heiratsgesuch stand vor kurzem in einer der größeren Zeitungen des japanischen Insel- reiches zu lesen. Eine junge Dame wünscht sich zu verehelichen. Sie ist sehr schön, hat ein rosiges Gesicht, das von dunklem Kraushaar umrahmt ist. Ihre Augenbräunen zeigen die Form des Halbmonde«, und der Mund ist klein u. hübsch. Auch ist sie sehr reich, reich genug, um an der Seite ein-S Lebensgefährten am Tage die Blumen zu bewundern, in der Nacht die Sterne am Himmel besingen zu können. Der Mann, den sie wählen würde, müßte gleichfalls jung, schön und gebildet sein und mit ihr — dasselbe Grab teilen wollen."
(Merkwürdige Ansicht.) — Nach Beendigung des schlesischen Krieges bereiste Friedrich der Große Schlesien. Auf einer Haltestation sah er einen Invaliden stehen, der ihm eine^Bittschrift übergab.
„Was willst Du?"
„Eine Pension »erlange ich!"
„Du hast ein Bein verloren — sollst auch eine Pension bekommen I Wie lange dienst Du mir?"
»Ich Hab' sieben Jahre gedient, aber gegen Sie.*
.Gegen mich?"
„Ja; denn ich bin ein Oesterrcicher I"
„Ei, so laß Deinem Kaiser einejPension geben I"
„Nein Majestät, da« wäre ungerecht! Ihre Soldaten haben mir ein Bein wegge- schoffen, darum müssen auch Sie mir eine Pension geben l''
Der König machte ein nachdenkliche« Gesicht und — bewilligte die Pension.