Rundschau.

Stuttgart, 17. Nov. Heule vormittag 12 Uhr fand im Krvnpnnzmpolaiö die Taufe des jüngst geborenen Sohnes des Herzogs Albrecht statt. Dem Taufakt, für den im großen Speisesaate des Palais ein Altar er­richtet worden war, wohnte S. M. der König mit der Prinzessin Panline bei, ebenso die Eltern des Herzogs und der Herzogin Alb- recht und die Geschwister. Die heil. Hand­lung begann mit einer feierlichen Ansprache des Prof. Keppler von Tübingen. Gegen daS Ende der Ansprache erschien der Täufling unter Vorantritt des Grafen v. Degenfeld, getragen von der Hofdame Freifräulein v. Stauffenberg; der geistliche Redner empfing ihn mit dem Segen und nahm den Taufakt unter Assistenz des SiadtpfarrerS Mangold vor, wobei der einzige Pashe, Herzog Philipp, Großvater des Täuflings, die Hand auf den­selben legte. Der Prinz erhielt den Namen Philipp Albrecht Karl Maria Ludwig Josef Hubertus Stanislaus Leopold.

Der Militäretat für das württ. Kon­tingent weist ein Mehr in den fortdauernden Ausgaben von 547 797 ^ auf. Die Meh,- forderung aus Anlaß der Heeresverstärkung beläuft sich auf 674 466 ^

Geschlossene Zeit. Mit dem ersten AdvenISfest am 3. Dezember beginnt die so­genannte stille oder geschlossene Zeit. Nach § 9 der K. Veordnnng vom 27. Dezember 1871 betreffend die bürgerliche Feier der Sonn-, Fest und Feiertage, ist insbesondere das Abhalten öffentlicher Tanzbelustigungen an den Sonntagen in der Adveiusz-il ganz verlöten, während das Tonz-n an Werktagen der AdventSzeit nur mit Genehmigung der K- Oberämler stattfinden darf. Die gleichen Grundsätze finden Anwendung auf Tanz- untcrhaltungen geselliger Vereine und ge­schlossener Gesellschaften, welche in Räumen veranstaltet werden, in denen ein Wirlfchafts- detrieb, sei eS ein öffentlicher, sei es ein auf die Mitglieder der betreffende« Gesellschaft beschränkter, stattfindet. Die Advmlszeit en­det mit dem Christfest. Am ersten Advents­sonntag und am Christfest sind überdies öffentliche Schauspiele und Vorstellungen, Vogel- und Scheibenschießen, sowie andere öffentliche Lustbarkeiten, mit Ausnahme von Konzerten und Vorstellungen a» stehenden Theatern, ganz verboten. (Unier Konzerten, im Gegensatz zu Reunionen, sind solche Mustk­aufführungen zu verstehen, bei denen der musikalische Kunstgenuß den Hauptzweck für die Besuchenden bildet und sowohl die äuße­ren Anordnungen als die Auswahl der Auf­führungen diesem geistigen Genuß entsprech­end getroffen werden)

Ludwigsdurg, 17. Nov In mehreren Orten des Bezirks ist die Halsbräune in Verbindung mit anderen Kinderkrankheiten in so bedenklicher Weise ausgebrochen, daß die Aerzte nicht außer Atem kommen und die Schulen in Neckarweihingen geschlossen wer­den mußten. Letzten Donnerstag stürzte ein verheirateter Unteroffizier vom Ulanen­regiment so unglücklich vom Pferde, daß er ein Bein brach »ud schwer verletzt i»S La- zaret verbracht werden mußte.

Aalrn, 18. Nov. Der in der K. Loko- motivwerkstätte beschäftigte verheiratete Tag­löhner Hch. Wahl von Eschach OA. Gail­dorf wurde gestern von der Transmission er­faßt und sofort getötet.

Neuenbürg. 16. Novbr. Die bei Ge­

legenheit der Wiederherstellung der hiesigen Friedhofkapelle entdeckten Wandgemälde sdic Geburt Christi und die Weisen aus dem Morgenland darstellend) haben nach dem Ur­teil eines Sachverständigen einen hohen Kunst­wert und sollen deshalb aufgefrischt werden. Die ans rotem Sandstein erbaute Kirche in Höfen naht ihrer Vollendung. Vorge­stern abend ertönten zum erstenmal die ncn- cingesetzten Glocken.

Von der badischen Grenze, 17. Nevdr. Heute Nackt kuiz vor II Uhr siel ein Ar­beiter der Papierfabrik von Bart u. Haas in Weißenstein bei Pforzheim beim Nach- hanseg-chni vom Wirtshaus von der Land­straße über eine ca. 4 Meter höhe Böschung in den Floßkanal und ertrank. Sein Leich­nam wurde heute früh vor der Floßfalle von Arbeitern gefunden. Verletzungen waren nicht wahrznnehmen. Der Verunglückte hinterläßt eine Frau und vier Kinder.

Von der badischen Grenze, 18. Nov. Der Eifenbahn-Resormverein in Pforzheim hat in seiner gestrigen Versammlung den Beschluß gefaßt, bei der württ. Generaldirektion bezüglich einer wünschenswerten Abänderung des Fahrplans der Enz- und Nagoldbahn für den Sommerdienst vorstellig zu werden. Die Frühzüge von hier nach Wildbad und Calw, sowie umgekehrt, sollen zeitiger abgehen bezw. eintreffen; auch soll der letzte Zug von Rotlweil und Horb nicht nur bis Calw, sondern nach Pforzheim geführt werden. Letztere Einrichtung würde dazu dienen, der badischen Schwarzwaldlinie eine im Interesse des Verkehrs zu wünschende Konkurrenz zu bereiten. Ferner soll ersucht werden, von Stuttgart 4 Uhr 20 Mi», früh einen etwa um 6 Uhr hier ankommcnden Zug abgeben zu lassen, der bei richtigem Anschluß einen zeitigen Verkehr mit dem Enz- und Nagold­thal ermöglicht. Schließlich soll auch noch um die Einführung sog. SonntagSbillete, so­wie um die Wiedereinführung der Badekarten nach Wildbad gebeten werden. Für die letztere Neuerung soll eine wirksame Propaganda unternommen werden, und zwar durch Samm­lung von Unterschriften der in Betracht kom­menden Enzthal-Gemeinden.

Friedrichshafen, 17. Nov. Die Wiiwe eines vor kurz r Zeit hier verstorb.jPrivatiers hat in hiesigem Krankevhaufe sehr rasch ge. endet, und scheint sich die Annahme, daß die­selbe Gift sArfenik) genommen, zu bestäiigen; die noch junge Frau war seit dem Tode ihres Mannes schwermütig und hat wohl die That außer aller Frage in einem Anfall von Schwermut gelhan.

Berlin, 17. Novbr. Bei der gestrigen Rekrutenvercidigung fügte der Kaiser, wie jetzt bekannt wird, seiner Ansprache noch Folgendes za:Ich gebrauche christliche Sol­daten, die ihr Vaterunser beten. Der Sol­dat soll nicht seinen eigenen Willen haben, sondern Ihr habt alle nur einen Willen und das ist mein Wille. Es giebt nur ein Ge­setz und daS ist mein Gesetz."

Einem Gerichtsvollzieher in Berlin, der eine Pfändung vornehmen wollte, wider­fuhr der heitere Streich, daß die Pfändungs­kandidaten ihn in ein Hinterstübchen lockten und dort einsperrten, während das saubere Ehepaarrückte". Der Gefangene rief durchs Fenster einen vorübergehenden Schlosser an, der die Befreiung ins Werk setzte. Der Exekutor hat natürlich sofort Anzeige wegen Freiheitsberaubung erstattet.

Graz, 18. Nov. Graf und Gräfin Er­bach, Schwager und Schwägerin des Grasen Haricnau, sind eingeiroffen. Ais elfter kon­dolierte Fürst Ferdinand von Bulgarien. Eine bulgarische Abordnung wird zur Leichen­feier erwartet.

Graz. !8 November. Graf Hartenaus Testament wird auf Wunsch deS Verstorbenen vorläufig gcheimgchalten. Von Darmstadt kamen Kabtnetlsrat Menges, sowie der Graf und die Gräfin Erbach-Schönberg hier an. Der Kaiser von Oesterreich ließ folgendes Telegramm an die Witwe abgehen: Seine Majestät haben mich allergnädigst zu beauf­tragen geruht, anläßlich des überaus schmerz­lichen Verlustes, welchen Hochdieselbe durch daö Ableben Ihres hochgeehrten Gemahls er­litten haben, Allerhöchstseiner innigsten Teil­nahme Worte zu leihen, Graf Paar. Die Witwe, welche seit Donnerstag früh über die trostlose Lage des Patienten unterrichtet war, befindet sich in einem unbeschreiblichen Zu­stande seelischer Erregung, die bei dem Tode ihres Gatten zu einer erschütternden Scene führte. Da die Gräfin kaum erst ei» Wochen­bett überstanden hat, fürchten die Aerzte eine Komplikation ihres psychisch u. physisch krank­haft erregten Zustandes.

Aus Schneidemühl, 16. Nov., wird gemeldet: Der Unglücksbrunnen ist vollständig mit Sand zugkschüttlet und dem Erdboden glcichgemacht. Nach einigen Stunden aber brach klares Wasser an unzähligen Stellen der neuaufgkschütieten Erdmasse durch. Der Geh. Regiernngs- und Baurat Reichelt weilr zu eingehender Besichtigung der Unglücks« stätle im Aufträge des Regierungspräsidenten hier. Man bringt hier den Bemühungen des Brunnentechnckers Beyer volles Vertrauen entgegen, erwartet aber eine völlige Hebung der Brunnenkalamität, nur wenn außerhalb der Stadt die Quelle abgcfangen wird, die dem Unglücksbrnnnen die Wassermengcn zn- führt, wozu wenig Hoffnung voe Händen ist.

Emin Pascha's Schicksal. Die Ein­nahme von Kirundu im Kongogebiete durch den belgischen Hauptmann Pöltthier har u. A. Aufschlüsse über das Schicksal Emin Pascha'S ergeben. Bei dieser Gelegenheit ist nämlich der Mörder Emin Pascha's, Said, gefangen genommen, darauf zum Tode ver­urteilt und erschoss!n worden. Danach scheint Emins Ermordung kaum noch einem Zweifel zu unterliegen. Es fanden sich unter dem Troß der Araber zahlreiche Schriftstücke vor, die Emin gehört hotten, aber auch eine seiner Frauen, eine Sansibaritin, und ihr und des verstorbenen Pascha's Söhnlcin, von dessen Existenz man bisher keine Kunde halte. Den Jungen hatten die Araber verschont, um ihn für ihre Zwecke zu erziehen. Uebrigens wur­den alle im September bekannt gewordenen Einzelheiten des Todes Emins bestätigt. Ein Denkmal für Emin Pascha soll, wie Professor Scbweinfurth derNaturwissen­schaftlichen Wochenschrift" mitteilt, in Neiße errichtet werden, wo der Forscher seine Jugend- nnd Schulzeit verlebt hat. Das Denkmal soll ähnlich gestaltet werden, wie das für Dr. Nachtigal in Stendal, ws dieser Asrika- reisendc bekanntlich auch ans der Schule war.

Marsaille, 16. Nov. Gestern abend 11 Uhr 50 Min. platzte innerhalb des in die Hauswand eingebaute» Schilderhauses an dem Divisionsgebände des 15. Armeekorps eine 30 Cenlimeter hohe, anscheinend mit Dyna­mit gefüllte Blechbüchse. Die Schlagentzünd-