volver gekauft, Duellanten und Zeugen schlichen sich in den Speicher des Rathauses und der Kampf ging iss. Zunächst wurde ordnungsmäßig die Distanz abgemessen, dann erhielt jeder der Duellanten den geladenen Revolver in die Hand und dann wurde auf Kommandvtgleichzeilig geschossen. Gleich beim ersten Schuß erhielt der eine der jungen Knaben, Temmermann, eine Kugel in den Kopf und stürzte leblos zusammen. Die unglückseligen Sekundanten und der Mörder seines Kameraden flohen nun Hals über Kopf, unter Zurücklassung der Waffen, aus dem Speicher; allein die Schüsse waren gehört worden, und man bemächtigte sich der jungen Bursche, noch ehe eS ihnen gelungen war, auS dem Umfange deS Rathauses zu flüchten. Die Sache erregt in Gent die größte Sensation.
— Eine Bestie in Menschengestalt ist der Bauer Paul Horvath in der ungarischen Ortschaft NadaS, welcher sein eigenes 5jähr. Söhnchen, gegen das er eine heftige Abneigung zeigte, lebendig verbrannte. Er sperrte das arme Kind in eine in seinem'Hofe stehende Strohhütte, welche er sodann mit einem Kienspan in Brand steckte. DaS jammer
volle Schreien des Kindes rührte den Unmenschen nicht, er ließ es lebend verbrennen.
Aus Schneidemühl, 1l. Nov., wird gemeldet : Der Senkbrunnen ist h-ute nach, mittag 2 Uhr von der Erdoberfläche verschwunden; die Bohrlöcher sind infolgedessen verstopft, es quillt kein Wasser mehr hervor.
— Aus Petersburg wird gemeldet: Unweit der Station Mechailowk ist ein Zug entgleist und vom Bahndamm hinabgestürzt. 6 Personen sind tot, viele schwer verwundet. 34 Waggons sind vollständig zertrümmert.
Brestineewsky in Rußland, 11. Nov. In Folge von Unvorsichtigkeit von Angestellten fand in einer Apotheke eine Aetherexplo- ston statt, wodurch 1 ganzes Haus in die Luft gesprengt, 20 Personen getötet und viele verwundet wurden. Die Nachbarhäuser sind stark beschädigt.
New-Aork, 8. Nov. Der bekannte Mac Kinley ist mit 60 000 Stimmen Mehrheit zum Gouverneur von Ohio gewählt worden.
Verschiedenes.
Gegen erfrorene Glieder. Als ein billige» und sicheres Heilmittel gegen frische und veraltete Frostschäden empfiehlt die
„Fdgr/ eine Abkochung von Tannennadeln. Letztere werden etwa eine Stunde lang langsam in Wasser gekocht und daun abgegoffen. I» dieser lauwarmen Flüssigkeit badet man die erfrorenen Glieder täglich dreimal etwa 15 Minuten lang.
Lethe. Von der Wirkung des Mostes weiß man auch in Sachsen zu erzählen. In einer Restauration in Weißen war ein Gast, der des Guten zu viel gethan hatte, fest ein- geschlafen. Spät Nachts ermunterte man ihn, er sollte heim gehen. Doch da fing er laut zu weinen an und klagte bitterlich, daß er nicht wisse, woher er komme und wo er sei, und daß er sogar seinen Namen vergessen habe. Ganz aufgelöst vor Schmerz blieb er schluchzend sitzen, sodaß man bereitdrohte, die Polizei zu hole». Zn diesem Augenblick erschien der rettende Engel in Gestalt eines Kutschers, der den Gast kannte und ihn beim Namen rief. Als der Inhaber des „grauen Elends" seinen Namen horte, da war aller Schmerz verschwunden; mit einem tiefen Seufzer fiel er dem Kutscher in die Arme und rief freudig: „Gott, sei Dank, jetzt weiß ich wenigstens wieder, wer ich bin!"
Der berühmte Cellojpieter.
Humoreske von P. Berthsid.
(Nachdruck verboten.)
3.
Diesen gottbegnadeten Künstler also, der sogar schon bei Hofe seine Weisen hatte ertönen lassen, sollten nun auch die Rüben- heimer hören, und darum war es nicht weiter Verwunderlich, daß die glücklichen Besitzer der Concertbillets mit Ungeduld des versprochenen Ohrenschmauses harrten. Bei manchen von ihnen war hierbei auch der heimliche Wunsch maßgebend, bei dieser Gelegenheit zugleich die persönliche Bekanntmachung des großen Künstlers machen, ihm die Hand drücken zu können, was schon deshalb als eine ganz besondere Ehre für die Betreffenden gelten mußie, weil sich Herr Leonhard Kratzer in der so kurzen Zeit seines Aufenthalte« in Rübenheim schon ziemlich intim mit den angesehensten Persönlichkeiten de- Städtchens gestellt hatte. Der Herr Ksmmermnsikus war aber auch ein wirklicher Tausendsassa, er wußte die Honoratioren am Stammtische im „Roten Löwen" durch die köstlichsten Schnurren und durch glänzende Schilderungen aus fernen Ländern, die er im Verlaufe seiner Künstlerreisen gesehen, wundervoll zu unterhalten, und dabei hatte er für jeden der Herren die verbindlichsten Worte. Die Krone setzte der Künstler seinem Verhallen aber dadurch auf, daß er am Vorabend seines Eoncerts aus den Weinvorräten de- Löwenwirtes ein paar Dutzend Flaschen
— die Meyer natürlich mit auf die Gesamtrechnung seines prächtigen Gastes schrieb
— zu Gunsten der Stammgäste auffahren ließ, und es fehlte nicht viel, so hätten der Bürgermeister, der Apotheker und der Schuldirektor Brüderschaft mit Herrn Kratzer getrunken.
Der 6. Juli kam und mit ihm der große Concerttag war endlich angebrochen und der allgemein herrschenden Spannung, welchen Verlauf das Concert wohl nehmen würde, mußte cS offenbar zugeschricben werden, daß der Vormittagsgottesdienst vom männlichen
Teile der Einwohnerschaft Rübenheim'S diesmal auffallend schwach besucht war, während dafür der Frühschoppen in den verschiedenen Kneiplokalen unter ungewöhnlich starker Beteiligung und verhältnißmäßig frühzeitig be- gann. Im „Rothen Löwen" stand der Wirt eben im Begriff, die Kellertreppe hinabzusteigen, um ein neues Faß Bier anstechen zu lassen, als ihn plötzlich Herr Kratzer, das Haupt mit dem Cylinder bedeckt, in der rechten kokett sein Slöckchen schwingend, auf die Schulter klopfte und in vertraulichem Tone sagte:
„Liebster Meyer, ich wollte Ihnen nur Mitteilen, daß ich hier zum Mittagsessen bei Ihnen nicht anwesend sein werde, ich erwarte gerade heute mit dem 11-Ubr-Znge, einen guten Freund in Schrumsdorf, den ich am Bahnhofe abholen will; wir «erden zusammen in Schrumsdorf essen und auf alle Fälle gegen 2 Uhr hier sein."
„Wollen Sie denn nicht meinen Wagen nehmen, Herr Kratzer ?" erwiederte der Wirt, „Friedrich führt Sie in einer Viertelstunde hinüber."
„Ich danke Ihnen bestens, aber ich möchte mich gern ein wenig ausgehen, lehnte Kratzer ab, „und der Weg nach Schrumsdorf ist ja äußerst angenehm. Inzwischen wollen Sie aber meinen Cellokasten in den Saal schaffen lassen, nur bitte ich Sie, dafür Sorge zu tragen, daß sich keine unberufene Hände an dem Kasten vergreifen, ich werde ihn nach meiner Rückkehr schon selbst öffnen."
„Haben Sie keine Angst, Herr Kratzer, ich werde selbst Alles überwache»," versicherte M>yer und stieg in den Keller hinab, während Kratzer ein Liedchen vor sich hinsum- mend, die Richtung nach Schrumsdorf, der für Rübenheim nächsten Eisenbahnstation, einschlug. —
Drei Uhr Nachmittags war, wenigstens der Rübenheimer Rathausuhr zufolge, vorüber, ohne daß sich Herr Kratzer im „Rothen Löwen" wieder eingefunden hätte, und schon rießen sich die ersten Concertbesucher blicken. Auch um h',4 Uhr war noch nichts von dem Künstler zu erspähen, wohl aber wuchs die
Masse der zum Concert Herbciströmenden dermaßen an, daß Meyer de« zur Abhaltung des Eoncerts bestimmten großen Tanzsaal öffnen lassen mußte, an dessen Eingang der Ratsdiener Zippert zur Billelcontrolle aufgestellt war. Die Inhaber der BillctS I. Platzes ließen sich auf Rohrstühlen, diejenigen der BilletS für den II. Platz auf den ausgestellten einfachen Hstzbänken nieder und Alles harrte voll Ungeduld der Dinge, die da kommen sollten, Außer dem verehrten Publikum selber gab es aber noch nicht viel zu sehen oder zu hören, höchstens daß das Stadtorchester seine Instrumente zu stimmen begann, obwohl die wackeren Mufici noch gar keine Anhnung davon hatten, wie sie den fremden Künstler „gütigst unterstützen" sollten. Außerdem befand sich auf dem wackeligen Podium vor der Sladtmustk- kapelle der Cellokasten des Herrn Kratzer und neugierig starrten die guten Rübenheimer das unscheinbare hölzerne Gehäuse an, welches das kostbare Instrument des Herrn in sich barg. Wo aber stack dieser nur selbst? Es fehlten nur noch zehn Minuten biSzum festgesetzten Beginne des Eoncerts und doch war der Künstler noch immer nicht sichtbar — sollte er sein Vorhaben vielleicht gar vergessen oder verschoben haben und, leichtsinnig, wie im Allgemeinen ja Künstler find, mit dem erwarteten Freund in Schrumsdorf gemütlich herumzukneipcn?
(Schluß folgt.)
Vermischtes.
(Rücksichtsvoll.) Frau: vorwurfsvvll) : „Beinahe jeden abend bist Du jetzt auswärts, und um mich bekümmerst Du Dich nicht. Aber heut in diesem abscheulichen Wetter wirst Du doch nicht in den Club gehen?" Mann: „Beileibe nicht!" Frau: (zärtlich): „Wie mich das freut, geliebter Arthur; ich hätte mich doch recht gebangt, wenn Du gegangen wärst I" Mann : „Das brauchst Du nicht, teure» Kind — ich fahre ja mit der Pferdebahn."
Pruck und Verlag von Bernh. Hosmaun in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Bernh. Hofmann.)
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