Rundschau.

Am 18. Oktober verschied zu Stutt­gart, 72 Jahre alt, Landger.-Rat a. D. Aust. Sleltner, Ritter des Ordens der Würllemb. Krone, Ritter 1. Klasse des Friedrichsordeus, in den 60er Jahren Oberamtsrichter in Neuenbürg.

Ludwigsburg, 19. Mt. Zn Gunsten der unter dem Protektorat S. M. deö Königs stehenden A. H. Wernerschen Anstalten war gestern abend im Festsaal der Musikhalle ein WohlthätigkeitSkonzcrt Veranstaltet, bei dem Künstler ersten Ranges, wie Kammersänger Anton Schott und Pianist Sally Liebling, und der evang. Kirchenchor die Mitwirkenden waren. Der Festsaal war reichlich mit Blatt­pflanzen und anderen Zierarten geschmückt, in welche die Büsten des Königspaares ge­stellt waren. II. MM. der König und die Königin hatten sich mit Prinzessin Pau- line und den Hofstaate» zu dem Konzerte eingcfunden. DaS Konzert war von bedeu­tendem künstlerischen Erfolg und hat sämt­liche Zuhörer zu voller Begeisterung hinge­rissen. Als der Sänger A. Schott das innige, von Dr. Binder gedichtete und von Kamer- mustker I. Fischer in Musik gesetzte Lied Württemberg" zum Vortrag brachte, ergoß sich ein mächtiger Strom der Begeisterung für den Sänger, dem ein Mitglied des Ge- meinderalS einen Lorbeerkranz überreichte. Auch Herr Liebling riß durch seine Vorträge zu Beifallsbegeisterungen hin. Ebenso wur­den die Gesänge des evang. Kirchenchors mit Beifall gelohnt und dessen.Dirigent, Musik­direktor Albert Braun, ein Lorbeerkranz zu teil. Dem Vernehmen nach soll den A. H. Wernerschen Anstalten durch Veranstaltung des Konzerts ein nahmhafler Ertrag zu gut kommen.

Backnang, 17. Okt. Einige Bauern von einer benachbarten Ortschaft, welche sich hier beimNeuen" recht gütlich gtthan hat­ten, fuhren gestern abend spät von hier weg. Einer de>selben scheint nun bald sein Fuhr­werk aus dem Gesicht verloren zu haben, denn diesen Morgen wurde der mit ein paar Ochsen bespannte Wagen ohne Fuhrmann noch in der Stadt vorgefunden. Auf An­ordnung der Polizei wurden die Ochsen, die sich bald i» die ungewohnte Situation gefunden und bequem gelagert hatten, aus- gespannt und in eine benachbarte Stallung ver­bracht, von wo sie im Lauf dieses Vormit­tags von ihrem indessen nüchtern gewordenen Besitzer abgeholt wurden. Gestern abend wurde an der Sulzbacher Brücke der Leich­nam eines neugeborenen Kindes aus der Murr gezogen. Dasselbe scheint schon seit mehreren Wochen im Wasser gelegen zu sein, da die Verwesung schon ziemlich weit vor­angeschritten ist. lieber die Persönlichkeit der unnatürlichen Mutter des Kindes fehlen noch sichere Anhaltspunkte.

Saulgau, 19. Oktbr. Gestern fiel in Bolstern im dortigen Bräuhaufe ein Brau­knecht in die siedende Bierpfannc. Trotz seiner furchtbaren Brandwunden hofft man ihn am Leben erhalten zu können. I" große Verlegenheit kam ein hiesiger Kauf­mann, der auf dem Bahnhofe einen Waggon Mostobst verkaufte. Sämtlicher Most wurde ihm zur Verfügung gestellt, da er infolge eines ekelerregenden (wahrscheinlich Karbol- vder Erdöl-) Geschmacks gänzlich ungenieß­bar war. Wahrscheinlich wurde vor Ver­

ladung des Obstes der Waggon^nich! gehörig gereinigt.

I» Weingarten starb im Alter von nah.zu 60 Jahren Apotheker Graf. Der­selbe wurde vor ca. 10 Tagen von einem Edel-Marder, den er in der Gefangenschaft hielt, i» die Hand gebissen. Die Wunde war anfangs eine unscheinbare, nahm aber bald einen bösartigen Eharaktcr an und en­dete trotz angestrengter, allerdings zu spät angerufener ärztlicher Bemühungen mit Blut­vergiftung.

Landau, 18. Oktober. Lieutenant Hof­meister ist wieder bei seinem Regiment in Landau eingetroffcn, befindet sich aber als krank im Garnisonlazarcth.

Die badische Fabrikinspektion hat an die Verwaltungsbehörden des Großherzog­tums das Ersuchen gerichtet, die Zigarren­fabriken ihrer Bezirke zur Aufnahme einer Bestimmung in ihre Arbeitsordnung des In­halts zu veranlassen,daß das Bearbeiten der Zigarren mit dem Munde, sowie die Benützung von Speichel bei Herstellung der Zigarren verboten ist."

Berlin, 19. Ott. DerReichsanzeiger" meldet: General v. Kaltenborn wurde vom Anne des Kriegsministers entbunden und General Bronsart v. Schellendorf zum Kriegs- ministcr ernannt.

Berlin, 19. Okt. Privaterseits wird aus Greifswald gemeldet, daß die Gräfin Blücher ihren Verletzungen erlegen sei.

Unschuldig Verurteilt. Aus Dresden, 17. Okt., wird folgender Fall zur Kenntnis gebracht: Vor zwölf Jahren wurde hie ein Kassierer verurteilt. Der jetzt 75jähr>ge Greis mußte damals ein Jahr im.Gefängnis sitzen und 5000 Mark Ersatz leisten für von ihm angeblich verübte Unterschlagungen. Ein Be­amter der Brandkasse hatte die Bücher re­vidiert und das Vorhandensein derUnter­schlagung" festgestellt. Nun hat jetzt ein Sekretär des Finanzministeriums eine Nach- revisivn aufs allergenaueste vorgenommen und gefunden, daß alle Eintragungen von 1869 bis 1881 auf den Pfennig stimmten. Seinen Unschuldsbeteuerungen glaubten damals die Richter nicht.

Mothern, 15. Okt. In einem unbe­wachten Augenblicke verbrannte sich ein zwei Jahre altes Kind so schrecklich, daß der Tod unmittelbar darauf eintrat. Der Körper des Kindes war vollständig verkohlt. Die das Kind bewachende Großmutter hatte sich nur auf zehn Minuten von der Küche, wo das Kind am Herde gespielt hatte, entfernt.

Ein Opfer der Distanzfexerei. Im Westprcußischen trat der Sohn eines Guts­besitzers am 1. Oktober einen Fußmarsch an. um feine bei Wittenberg (Provinz Sachsen) wohnend, n Verwanden zn besuchen. Der junge Mann beabsichtigte diesen Marsch in acht bis 9 Tagen zurückzulegen und gab den Eltern von seiner Reise jeden zweiten Tag Nachricht. Am achten Tage hatte er die Strecke bis zehn Meilen vor seinem Ziele zurückge­legt, mußte aber, da seine Kräfte versagten, zur Bahn geschafft werden und traf noch an demselben Tage bei den Verwandten ein. Vor einigen Tagen erhielten die Eltern plötzlich die Nachricht, daß ihr Sohn in Folge der Ueberanstrengung gestorben ist. Die Elter» haben in ihm ihr einziges Kind verloren.

Das Vergnügen, Treiber zn sein. Aus Pennacken in Westpreußen berichtet man! vom 17. Oktober: Vorgestern befanden sich!

die beiden Sohne deö Besitzers H. hierselbst auf der Jagd, an der sich auch der 15jählige Sohn eines Nachbars beteiligte, der alur nur Treiberdienste verrichtete. Als nun p-ötz- lich zwei Hasen aufgingcn, gerieten die beiden Jäger derart iu Eifer, daß sie den jungen Mann vollständig übersahen und blindlings nach den fliehenden Tieren schossen, als diese gerade de» Standort deö Letzteren kreuzten. Die Hasen wurden nicht getroffen, wohl aber der Knabe, der auf der Stelle zusammen­brach. Es stellte sich nun heraus, daß der­selbe von beiden Schüssen getroffen worden war, und zwar hatten nicht weniger als 46 Schroikörner beide Beine und vier sogar den Unterleib getroffen. Dem sofort her­beigeholten Arzte gelang es zwar, die Schrvt- körner aus dem Unterleibe und dreißig auch aus den Beinen zu entfernen, die anderen sitzen aber in den Kniegelenken und sind so tief eingedrungen, daß sie nicht zu entfernen sind. Der Knabe schwebt in Lebensgefahr. ^ Besitzwechsel. Der bekannte Verlag der beliebte» ZeitschriftenMode u. HauS", Große Modenwelt",Kl-ine Modenwelt" Illustrierte Wäsche-Zeitung" undFrauen- Fleiß" ist laut hanvelsgerichtlicher Eintrag­ung in den alleinigen Besitz des bisherig, n Mitinhabers, des Herrn John Henry Schwe­rin, üdergegangen. Dementsprechend ist der Verlag in die FirmaJohn Henry Schwerin" umgeändect worden.

Paris, 19. Oktbr. Der deutsche Bot­schafter telegraphierte an Mac Mahsu's Witwe:Der deutsche Kaiser hat mich be­auftragt, in Gedanken tiefer Sympathie für seinen Namen einen Kranz auf den Sarg des trefflichen edlen Marschalls niederzulcgen. Ich selbst drücke Ihnen mein aufrichtiges Beileid aus."

Das Gewissen. Dem Finanzminister der Vereinigten Staaten gingen letzter Tage, wie die N -A- Handelszeitung berichtet, aus New-Jork zwei Briefe zu, deren Adressen dieselbe Handschrift trugen. In dem einen Briese befanden sich acht 100 Dollars-Bills und in dem anderen sieben, sowie ein Schrei­ben ohne Unterschrift, in welchem der Ab­sender erklärt, eS sei dies der Nest von 20,000 Dollars, die er der Regierung in den letzten 30 Jahren wiedererstaltet habe. Während des Krieges habe er die Regierung um 10,000 Dollars betrogen, und jetzt habe er den doppelten Betrag wieder erstattet. Während Gcneralpostmeister Wanamakers Amtszeit habe er an denselben zweimal Geld geschickt, einmal 2000 Dollars, aber nie ge­hört, was damit geschehen sei. Die inneren Qualen, die er während der ganzen Jahre ausgestanden, wären unbeschreiblich, und er hoffe zu Gott, daß dieser ihm seine Sünde vergeben werde.

Verschiedenes.

Trier, 10. Okt. Folgende heitere Ge­schichte erzählt dieI. LandeSztg." Ein Mann kam kürzlich morgens auf den Vieh- markt, um sich ein Faß zu ersteigern. Er trug einen Schirm bei sich und wollte mit diesem di: Tiefe des Fasses ergründen. Er steckte den Schirm durch das Spundloch, bis er den Boden berührte. Leider hatte er den Schirm nicht gehörig verschlossen, und so ging dieser in dem Faß auf. Der Mann that alles Mögliche, um den Schirm in dem i Fasse wieder zu schließen. Vergebens. Es I gelang ihm nicht, den Schirm aus dem Fasse