Kinder fütterten. Sie raubten nämlich in jenen Ortschaften, die sie mit ihren Bären durchzogen, kleine Kinder, die sie dann töteten und den Bären slückweisc zum Fräße vor­warfen. Als die auf der Suche nach den verschwundenen Kleinen befindlichen Leute im Felde zerstreut abgenagte Kindcrknochen fanden, dachte man der Bärentreiber, die denn auch mit unvergleichlichem Sloicismus ein um­fassendes Geständnis ablegtcn. Jllie Stophe meinte beim Verhöre:Mein Gott! Der Verdienst ist gering und die Bären sind hungrig", während sein Bruder sagte:Jllie verleitete m ch dazu, daß wir unsere Tiere mit Menschensteisch füttern sollen Men­schenfleisch ist ja billig!"

Paris, 17. Oktober. Marschall Mac Mahon ist heute Morgen um 10 Uhr auf seinem Schlosse La First gestorben.

Der Marschall Mac-Mahon, Herzog von Magenta, wurde am 13. Juni 1808 auf dem Familiengute Sally bei Autum ge­boren. Er war Anfangs für den geistlichen Stand bestimmt. Er zeichnete sich schon bei der ersten Expedition nach Algier aus und bei der Belagerung von Antwerpen 1832. Er leitete im Krimkrieg den Sturm auf den

Malakoff, wurde 1856 vom Kaiser Napoleon zum Senator ernannt, kämpfte 1857 gegen die Kadylen in Algier und wurde 1859 im italienischen Kriege Befehlshaber des 2. Armee­korps. Hier entschied er am 4. Juni die Schlacht von Magenta, wofür er zum Mar­schall und Herzog von Magenta ernannt wurde. Im deutsch-französischen Kriege be­fehligte er die Ostarmee, nach der Nieder­lage bei Wörth führte er anfangs den Ober­befehl bei Sedan, den er nach seiner Ver­wundung an General Wimpffen abtrat. Am 2. September 1870 fiel er in Folge der Kapitulation in deutsche Kriegsgefangenschaft, die er in Wiesbaden zubrachte. Nach dem Versailler Präliminarfrieden übernahm er den Oberbefehl der Versailler Armee und besiegte die Pariser Kommunisten. N'ch ThierS wurde Mac Mahon am 20. Nov. Präsident der französischen Republik. Am 30. Jan. 1879 nahm er, nachdem die Kam- merwahlen gegen ihn und für die Republik ausgefallen waren, seine Entlassung und zog sich ins Privatleben zurück.

Paris, 17. Okt. Der Komponist Charles Gounod ist gestorben. (Gounod, einer der bedeutendsten französischen Komponisten unserer

Im Banne des Bösen.

Novelle von C. Western.

(Nachdruck verboten.)

6 .

Ich muß fort I erklärte der Offizier.

Der Professor deutete auf Ruths hohe Gestalt und fragte lachend:

Ist das etwa der Magnet?"

Der Haupimann errötete wieder und ent- gegnete:

Sie fragen zu viel, lieber Professor I Auf Wiedersehen!"

Er ging, der Professor aber blickte auf die beiden jugendlichen Gestalten im Garten und sagte:

Geh' nur hin, sie soll Dich bald ver­abscheuen I doch damit heute noch keine Er­klärung erfolgt, will ich meinen Diener zum Blumengießen in den Garten schicken."

Und so gcschah's.

IV.

Acht Tage waren vergangen ; Hauptmann von Bach war mit seiner Compagnie in die nachbarliche Bergstadt geschickt worden, wo man unter den Bergleuten Unruhen befürch­tete ; er hatte mithin Ruth diese Zeit über nicht sehen und sprechen können. Das war Ernst Pfeil sehr lieb gewesen, denn nun hatte er Zeit, seine Jntriguen zu spinnen I Da warf ein Schicksalsschlag alle seine Berechnungen über den Haufen I Der Oberst erkrankte schwer. Sofort gestaltete der Professor hiernach seinen Plan um, indem er sich den beiden Frauen durch Kranken­pflege und Nachtwachen, wie durch stetige Gefälligkeiten tief verpflichtete.Welch ein Glück", flüsterte er oft,daß der Hanpt- mann nicht da ist; bei dieser Gelegenheit hätte er ja die Hand Ruths im Fluge erobert I" Eines Morgens fand er den Obersten schlimmer, als er erwartet.

Rücken Sie näher", keuchte der Kranke, ich habe Ihnen etwas mitzuteilen!, Professor Pfeil setzte sich ans Bette. Was ich Ihne», lieber Freund, jetzt zu sagen habe, wird Sie gewiß in Vcrwunder-

l ung versetzen! Ich muß, damit sie mich nicht falsch verstehen, etwas weit auSholen I"

Bitte erzählen Sie I" forderte ihn Pfeil gleichgiltig auf.

Der Oberst fuhr fort:

Ich heiratete als Lieutenant in meiner ersten Ehe das Mädchen meiner Liebe. Es war arm, ich aber besaß so viel, die übliche Kaution bestellen zu stellen! Da wurde Ruth geboren, und meine Frau starb. Hätte meine jetzt verstorbene Schwester, die Stiftsdame, Ruth nicht z» sich genommen und erzogen, das Kind wäre umgekommen, denn ich lebte nur meinem Schmerze. Nach sechs Jahren, ich war inzwischen Hanptman» geworden, lernte ich meine jetzige Gattin, cine geborene Hellfcld, kennen. Sie fungierte bei Genera Tuch von Tuchen als Gouvernante. Wie es zusammenhängt, weiß ich nicht; seil dem Hochzeitstage verfolgte mich der Haß des Generals. Ich glaube fast, er hatte darauf gerechnet, daß ich seine Schwester Ellinore ehelichen würde!" Hier trat eine Pause ein.

Soviel ist gewiß, fuhr der Oberst jetzt fort, ohne daß Professor Pfeil eine Miene machte, ihn zu unterbrechen,ich wurde im Avancement zurückgesetzt und erreichte es nur mit Not, daß ich dreizehn Jahre später als Oberst in Pension treten durfte, tief verletzt und verbittert. Ich lieble meine Gattin sehr, obwohl ihr eine Tugend, wie allen Gouver- nannten, fehlte: Die Sparsamkeit l"

Jetzt wurde der Professor aufmerksam. Auf welches Ziel steuerte der Kranke zu?

Ich teilte deshalb meine Einkünfte in drei Teile," fuhr der Oberst fort,wovon zwei zur Haushaltung dienten, während einer zum Ersparen einer Summe für die Zeit der Noth verwandt wurde. So sparte ich die Summe von 20 000 Mark zusammen, die ich in eine süddeutsche Bank that und als Rente für meine Tochter Ruth zu belegen gedachte. Da ich nun von Professor Simler schon vor drei Jahr wußte, daß mei» Nieren­leiden nicht zu heilen war, und ich höchstens noch einige Jahr zu leben hätte, so ist seit­dem die Rente festgeschrieben und zwar auf

Zeit, ist am 17. Juni 1818 gekoren. Popu­lär wurde er vor Allem durch feine Oper Faust" (1859), namhaft sind aber auch seine OpernkompositioncuRomeo u. Julie", Die Königin von Saba",Mireille" und Sappho".)

Markt- u. Herbstnachrichten. Stuttgart, 17. Oktober. Kartoffelmarkt: Zufuhr 800 Zentner. Preis per Zentner 2 60 bis 3 Kraut­

markt: Zufuhr 3600 Stück. Preis 18 bis 20 per 100 Stück. Mostobstmarkt: Wilhelmsplatz. Zufuhr 1500 Ztr. Most­obst (württ.) Preis per Zentner 3 ^ 20 ^s, bis 3 ^ 40

Cannstatt, 17. Okt. Preise erhalten sich. Vorrat ca. 100 HI.

Wangen, OA. Cannstatt, 17. Oktober. Verkauf auch heute ziemlich flru zu 130 bis 155 ^ per 3 Hl. Noch etwa 200 Hl. Vorrat, darunter vorzügliche Reste.

Untertiirkheim, 17. Okt. Lese beendig«. In den letzten Tagen lebhafter Verkauf zu den bisherigen Preisen. Noch jeiniger Vor­rat. Käufer erwünscht. Letzte Anzeige.

Ruths Namen, da sie einesteils ohne diese unversorgt wäre, andernteils, weil sie mit meiner Gattin teilen wird, für welche außer­dem durch eine Witwenpenston gesorgt ist. Sie sinken das Papier, welches Sie aus­füllen wollen, dort in der Mappe!"

Dazu bedürfte eS einer Vollmacht I" warf Pfeil hin.

Sie liegt bei und ist beglaubigt, ich habe Sie vor acht Tagen zu Ruth« Vor­mund ernannt I"

Der Professor jubelte innerlich auf, laut aber sagte er wie zögernd bedenkend:

Diese schwere Verantwortung, mein lieber Herr Oberst!"

Werden Sie doch gern für uns tragen?"

O gewiß!"

So nehmen Sie hier den Schlüssel zur Mappe, die Frauen wissen nichts von dieser Angelegenheit; sie sollen mich noch im Tode segnen I"

Der Professor nahm die Papiere an sich, sah sic mit Muße durch und bemerkte zu seiner Zufriedenheit, daß die Rentenverschreib­ung bis auf den Namen des Bezugsberech­tigten ausgefüllt war. Für diese Feststellung lag ein Avisformular bei, er nickte befriedigt rind sagte dann zu dem Kranken:

Ich will das Amt eines Vormunds an- nehmen, Ihnen zur Liebe, werter Freund, bitte aber, den Dame» dieses selbst zu er­öffnen !"

Der Kranke bejahte und der Professor sagte:

Die Rentenangelegenheiten werde ich diskret erledigen !"

Der Patient nickte zufrieden.

Voll Bestürzung vernahmen am anderen Tage beide Frauen die letzten Bestimmungen des Gatten und Vaters; Widerspruch war unmöglich, da des Kranken Zustand sich bis zur Hoffuunngslosigkeit verschlimmerte.

Am Abend des nächsten Tages war der Oberst von Linden in der That des ewigen Friedens zur Ruhe gekommen, und Frau von Linde» und Ruch weinten bei einer Leiche.

(Fortsetzung folgt.)

Bnantwortlicher Redakteur: Bernhard Hyfmann,) Druck und Verlag von Bernhard Hofwann in WOdbad.