Im Banne des Men.
Novelle von C. Western.
Nachdruck verboten.
3.
Edgar von Bach stand auf, griff zu Mütze und Handschuhen und sagte:
„Was de» Inhalt Ihres Epigramms anbelangt, so erlaube ich mir nicht, mein Urteil in die Wege zu werfen, denn ich besitze keins I Merkwürdig, die Weiber sind mir bei meinen vierunddreißig Jahren ein Buch mit sieben Siegeln geblieben I"
„Sic Hagestolz!" scherzte der Prosissor.
„Spotten Sie nicht I Ich glaube fast Sie sind in meiner Lage, Sie sind auch unverheiratet," erwiderte der Hauptmann.
„Ich bin aber unvermählt geblieben, weil ich die Weiber zu gut kannte I Doch eS gibt Ausnahmen, Herr Haupimann, Frauen, die wir bewundern und verehren müssen und Sie werden mich, wie ich hoffe, weder als verbissenen Verächter des schönen Geschlechts noch als leichtfertigen Lebemann ansehen, auch deshalb nicht, weil ich, wie Sie neulich im Paradies-Klub sehen konnten, zuweilen mit jungen Lebemännern verkehre."
„O, ich denke nicht daran, Sie schief zu beurteilen, lieber Professor," enlgegnete treuherzig der biedere Hauptmann. „Sie sind eben zuweilen ein Schalk, schreiben beißende Epigramme und verkehren gern in lustiger Gesellschaft, um sich die Langeweile des Junggesellenlebens zu vertreiben."
„Ich danke Ihnen für Ihr liebenswürdiges Urteil, Herr von Bach," sagte Professor Pfeil verbindlich, „eö liegt mir wirklich daran, daß gerade Sie, ein vollendeter Gentleman, mich nicht falsch beurteilen, denn eS werden dadurch auch beiderseitige Bekannte von uns abgehalten, mich in einem schwarzen Lichte zu betrachten, wenn ich einmal in lustiger Gesellschaft gesehen werde."
„Gewiß werde ich, wenn es nötig erscheint, stets bemüht sein, Sie in das rechte Licht zu llellcii, lieber Prosissor," enlgegnete der Haupimann. „Doch es ist spät geworden und ich muß mich entfernen. Gute Nacht und nochmals besten Dank für Ihre freundliche Begutachtung meines mathematischen Problems."
„Herr von Bach, ich stehe Ihnen gern zu Diensten," antwortete verbindlich der Professor und verabscbiedete sich herzlich von dem Hauptmann.
„Er ist mir nicht gefährlich, er ist ein ebenso guter als langweiliger Mensch," dachte Professor Pfeil, als er in sein Arbeitszimmer zurückwat, um noch einige Zeitungen zu lesen.
II.
Einige Tage nach den geschilderten Vorgängen in der Wohnung des Professor Pfeil entwickelte sich eines Morgens in der von Linden'jchen Wohnung eine rege Thätigkeit. Eine Droschke fuhr vor und aus derselben entstieg eine junge, schlanke Dame mit langen, blonden Lecken und blauen Augen. Ihr Prosit war von einer wahrhaft klassischen Schönheit, ihre Züge regelmäßig und von vollendeter Grazie.
Professor Pfeil konnte diese Schönheit genau beobachten denn eben in seinem Laboratorium beschäftigt, blickte er ungesehen durch die Jalousien der Fenster und murmelte:
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„Ah, da ist sie, meine angebetete Ruth I Sie kommt wie es scheint etwas unverhofft von der Reise zurück, die sie vorgestern zum Besuche einer Freundin angelreten. Man hat Ruth wahrscheinlich erst mit dem Mit- tagSzuge erwartet und sie ist nun schon mit dem Frühzvge gekommen. Alle Bilder, sagt man, sind geschmeichelt; dasjenige Ruth«, welches bei ihrem Vater auf dem Schreibtische steht, bleibt aber hinter der Wirklichkeit weit zurück! — Wahrhaftig, sie ist eine wirkliche Schönheit!"
Inzwischen kamen der Oberst von Linden nebst Gattin die Treppe herab, umarmten und küßten die heimkehrcnde Tochter, lohnten de» Rosselenkcr ab und riefen nach Diener und Magd, welche die Reiseeffecren der An- gekommenen nach oben schleppten. Nachdem Ruth noch mit einem flüchtigen Blick den Vorgarten gemustert halte, ging sie mit den Eltern in das obere Stock, wo ein Hin« und Hergehen andeutete, daß man die Zimmer für das Fräulein in Stand setzte, denn wie der Professor von dem Diener des Obersten erfuhr, war Ruth erst am folgenden Tage erwartet worden.
Der Professor hatte kein Auge von dem lieblichen Frauenbilde gewandt, so lange er die reizende Erscheinung verfolgen konnte.
Nachdenklich schob er die Retorte, mit der er experimentiert, zur Seite und sagte:
„Das wäre so ein Mädchen, welches ich heiraten möchte, wenn ich eine gesicherte Stelle hätte I — Ob ich dieses Experimentieren ausi gebe und mich nach einer Anstellung umsehe ? Doch jetzt nicht, wo ich dem Resultat einer Jnprägnir-Masse nahe bin ; diese Erfindung muß mir viele Tausende Anträgen I Das lustige Jnnggesellenleben hat mich doch weidlich Gelb gekostet, mir bleiben nur noch zwei Consols zu 5000 Mark übrig I Bin ich damit fertig, und ich greife nicht nach einer Stellung, oder mache eine gute Heirat, so bin ich so ziemlich am Ende angelangt!"
Er lächelte wie einst, als er noch nicht den Glauben an die Menschheit verloren halte, dann gedachte er eines früheren Liebesverhältnisses, welches ihn an die Tochter des Dekans in der benachbarten Universität geknüpft halte und murrte drohend und seltsam :
„Wer kann mir die Schuld zuschieben? Thal ich's? Wollte ich's —Ah bah, der nur ist aufgegeben, wer sich selbst aufgiebt I — Wenn ich jetzt reinen Tisch mache, mit der Vergangenheit breche und ein solider M- nsch werde, so schaffe ich mir auch eine neue Stellung oder beute meine Erfindung aus, so kann es mir nicht fehlen, emporzukommen. Und auch bei Ruth kann es mir dann noch glücken. Wird sie anders sein als alle übrigen Mädchen? Sollte ihre Gunst so schwer zu erlangen sein?"
Auf Pfeil's Gesichte erschien wieder der malitiöse Zug, der es so unschön machen konnte, dann stieg er die Stufen hinauf, begab sich in sein Schlafzimmer und kteidcte sich mit Sorgfalt an.
„Ich werde sogleich Visite machen I" flüsterte er. „Frisch gewagt, ist halb gewonnen ! Ich bin der schönen Ruth von Linden noch gar nicht vorgestellt, sondern sah sie nur am Fenster und im Garten."
Bald stand er fertig da und stieg die Treppe hinauf nach der Wohnung des Obersten von Linden.
hard Hofmann.) Druck und Verlag von B e
Der Diener meldete ihn an.
Der Professor fand Vater, Mutter und Tochter zusammen im Salon. Das Fräulein hatte sich bereits umgekleidet, und Pfeil konnte auch in dem grauen Hauskleide die tadellose Schönheit Ruths bewundern. Nach der Vorstellung nahm der Proffeffor das Wort:
„Ich bemerkte vor einer Stunde, daß Ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung ging und Ihre Fräulein jTochter wieder heimgc- kehrt ist. Ich sah das gnädige Fräulein an- kommen und wollte nicht verfehlen, die guten nachbarlichen Beziehungen zwischen uns durch einen Besuch zu befestigen, denn ich hatte ja bisher noch gar nicht die Ehre gehabt, Ihrer Fräulein Tochter vorgestellt zu werden."
«Fortsetzung folgt)
Vermischtes.
Ein zärtlicher Gatte. Folgende origi. nelle Anzeige war dieser Tage wörtlich im Ebersberger Anzeiger zu lesen: „Verloren! Am Freitag, den 22. ds., habe ich Vormittags meine Frau, Anna, verloren. Der redliche Finder möge sie behalten und erhält außerdem noch eine gute Belohnung. Kirchseeon, den 22. Sept. 1893. Georg Weber, Hausbesitzer." — Das Ehepaar ist seit 33 Jahren verheiratet!
.'. Nein, aber. Herr Meyer ist auf der Suche nach einer neuen Wohnung. Dabei trifft er eine, die sehr feucht ist. Der Hausherr setzt ihm aber trotzdem die Vorzüge dieser Wohnung haarklein auseinander und erwähnt schließlich noch als besonderen Vorzug, daß in derselben niemals Mäuse seien. „Das glaube ich", sagt Herr Meyer
— „aber wahrscheinlich Frösche!"
.-. Das ungleiche Verhältnis. „Aber wie kann man so faul sein? Warum wollen Sie die Bergpartie nicht mitmachen?" — „„Aus einem sehr einfachen Grundel Der Berg hat zweitausend Fuß und ich nur zwei, ° das ist kein Verhältnis!""
.-. Die geräuschvolle Gattin. Sie: „O Karl, wie großartig ist doch die See! Ich höre das Rauschen und Toben des Ozeans ungemein gern!" — Er: „Auch ich, liebe Martha! — Darum sei 'mal fünf Minuten still, damit man was hören kann!"
.'. Cultur- „Eure Butter ist herzlich schlecht!" „Da muß i' bitten — das ist eigene Butter!" — „Aber Ihr erzählet mir doch soeben, daß Ihr gar keine Kühe hobt!"
— „Ja, meinen der gnädige Herr, wir wär'n so weit in der Cultur zurück, daß wir Kühe nötig hätten, um eigene Butler zu haben?!"
(Derber Bescheid.) Gigerl: „Herr- Doktor, ich habe Sie rufen lassen, aber ich muß gestehen, daß ich gar kein Vertrauen zur modernen Heilkunde Habel" Arzt!" „O, das thut gar nichts! Sehen Sie, der Esel hat auch kein Vertrauen zum Tierarzt, und der kuriert ihn doch!
Umgekehrt- Herr: (der einen Diener engagiert): „ . . . Eine Schwäche scheinen sie mir doch zu haben — ich meine das Trinken!" D>ener: „O, da irren Sie sich gnädiger Herr — das ist gerade meine Stärke I"
Gemütlich Räuber (mit einem Dolche): „Das Geld oder'S Leben!" Rentier Brä- stcke: „Ach, entschuldigen Se noch en'Ogen- blick. Ich will Se nur noch meinen Revolver laden I"
rnhard Hosmanu in Wildbad.