Rundschau.

Die Umfrage bei den württembergi- schen Wein-Interessenten in Betreff der Wein- steuer beginnt in den nächsten Tagen; die bezüglichen Fragebogen werden gegenwärtig im Finanzministerium fertig gestellt. Es werden sowohl die Weinproduzentcn, als auch die Weinhändler angefragt, ebcnfo andere Stellen, so z. B. die Zentralstelle für Land­wirtschaft und Gewerbe. Die Stimmung im Lande ist ganz entschieden gegen die Reichs­weinsteuer und wir zweifeln nicht, daß sie in den Antworten der Interessenten einen ent­sprechenden Ausdruck finden wird.

In Stuttgart wollte ein junger Mensch in einem Hause der Karlsstraße seine Pflegemutter erdrosseln. Als auf das Hilse- geschrei der Frau Leute herbeieilten und der junge Misselhäter keinen Ausweg mehr fand, sprang er vom dritten Stock des Hauses aus dem Fenster auf die Straße herab, wo er schwer verletzt aufgehoben und in das Krankenhaus verbracht wurde.

Wangen i. A-, 6. Okt. Die Einweih­ung der neuen evangelischen Kirche dahier ist auf den 19. Oktober festgesetzt worden.

Altensteig, 6. Oktbr. Heute nachmittag bängte sich, wie es Kinder oft thun trotz aller Warnung, ein 3',r Jahr alter Knabe an einem Wogen und zwar zwischen Vorder- und Hinterräder. Ein Mädchen forderte ihn auf, wegzugehen. Er ließ los und fiel so auf den Boden, daß ein Hinterrad ihm über Arm und Brust ging. Der Kleine wird wohl an den Verletzungen sterben. Den Fuhrmann trifft keine Schuld.

Salmbach, OA. Neuenbürg, 7. Oktober. Di« Gebeine der bei dem jüngsten Brand­unglück hier ums Leben gekommenen Kinder der Psorzheimer Ferienkolonie, welche auf be­hördliche Anordnung nach Tübingen geschickt worden waren, um festzustellen, ob es sich um Menschenknochen handelt, waS nötig war, da bekanntlich auch einige Haustiere mitver­brannt, sind nunmehr von Tübingen nach Pforzheim gesendet worden und werden dort kommenden Dienstag zur Erde bestattet.

Liebenzell, 7. Okibe. Es herrscht hier vielfach die Ansicht, daß die Frau des Er­mordeten Wirts nicht die Thäterin sei, son­dern eine drille Person, die mit oder ohne Vorwisse» der Frau das Verbrechen verübt habe. Die Frau selbst hat noch kein Ge­ständnis abgelegt. Hoffentlich gelingt eS dem Gericht, de» wahren Thatbestand in Bälde zu ermitteln.

Waldsee, 8. Okt. Gestern nachmittag gelang es einer hiesigen Dame, ein etwa zwei Jahre alte- Knäblein vom Tode des Er­trinkens zu retten. Sie zog dasselbe aus dem Wasser und stellte auch bei dem bereits für tot gehaltenen Kinde sofort energische Wiederbelebungsversuche an, welche mit Er­folg gekrönt waren.

Auf der Polizeiwache in Köln mel­dete sich freiwillig ein Zahntechniker mit der Angabe, er habe am 5. September früh den Zahntechniker Fischer aus Gladbach im dor­tigen Walde erschossen.

Breslau, 7. Oktbr. Ein Vizefeldwebel des 10. Infanterieregiments, welcher seine Braut ermordet hat, wurde heute hier hin­gerichtet.

Skraßburg, 5. Okt. In derStraßb. Post" war dieser Tage der Verlust eines Tausendmarkscheins angezeigt, Ein blutarmer Schuster NamenS Dienst, der in einer Schuh­

fabrik Arbeiter ist, hatte den Schein gefun­den und sofort in der Fabrik davon Mit­teilung gemacht. Gestern las er in derStr. Post die betreffende Anzeige und lieferte de» Schein stracks an den Verlierer, Möbelhänd­ler Hagenauer, ab, der den ehrlichen Finder mit 50 ^ beschenkte. Heule Morgen be- suchte Hr Hagenauer den braven Mann in dessen Wohnung und fand die Familie in so überaus dm fügen Verhältniss.u, daß die Ehrlichkeit des hochbedrängtcn Familienvaters in noch höherem Lichte strahlt.

Elberfeld. 5. OktWie gewonnen, so zerronnen", kann man in Bezug auf einen hiesigen Fabrikarbeiter sagen, der vor etwa zwei Jahren in einer Lotterie 25 000 gewonnen, seitdem die Arbeit oufgegrben und in Saus und Braus gelebt hatte. Das Geld schwand hierbei derart, daß derglück­liche Gewinner" jetzt über keinen Pfennig mehr Verfügt »nd deshalb die Arbeit wieder aufnehmen mußte. Diese sagte ihm aber fs wenig zu, daß er gestern nach nur halb­tägiger Thätigkeit zu Revolver griff und sich eine Kugel in die Schläfe jagte. Der Selbst­mörder war erst 26 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Kinder.

Fürst Bismarck durchfuhr am Sams­tag in offener Equipage die Straßen Kif- singens zum Bahnhofe, von einer Menschen­menge herzlich begrüßt. Er reiste um 11.40 nach Friedrichsruh ad.

Auf seiner Reise von Kissingen nach Friedrichsruh passierte der Sonderzug des Fürsten Bismarck am Samstag nachmittag 2 Uhr 45 Minuten Eisenach, wo ein Aufenthalt von 5 Minuten stattfand. Im Aufträge des Großherzogs von Sachsen be­grüßte Bezirksdireklor Eucken das fürstliche Paar im Salonwagen. Der Fürst, welcher über die huldvolle Aufmerksamkeit des Groß­herzogs sehr erfreut war, erschien bei der Abfahrt dankeno am offenen Fenster. Damen überreichten Blnmenbouquets, das Publikum brach in lebhafte Hochrufe aus.

Aus Oberhessen wird der Fr. Ztg. geschrieben : Der ungeheure Obstfegen in un­serer Gegend ist leider zum Teil bestimmt, elend umzukommen. Nachdem die erwarteten großen Einkäufe süddeutscher Obstweinfabri- kanlen ausgeblieben sind, sind unsere Bauern mit ihren meist noch recht primitiven Kelier- und Dörrvorrichtungen der Aufarbeitung der Obstmassen nicht gewachsen. Das Fallobst bleibt in Gräben rc. ungenutzt liegen. In einzelnen Orten beginnt man daS Vieh damit zu füttern. Merkwürdig ist, daß trotzdem in den Städten, z. B. in Gießen, das Obst nicht so billig wird, als man eigentlich er­warten könnte.

Bei den kürzlich beendigten Schieß­übungen der Garde-Fußartillerie in Jüter­bog ereignete sich ei» gräßlicher Unglücksfall. Am Schluß einer jedesmaligen Hebung wird immer ein sog. Waff rschuß abgefeuert, der die Reinigung des Geschützrohrs fördert. Als ein Kanonier der 7. Kompagnie gerade be- schäftigt war, von der Brüstung aus das Wasser in den Lauf zu schütten, ging der mit einer Kartusche geladene Schuß los. Der Mann wurde in Stück- gerissen.

Auf der Dresdener Heide wurde die­ser Tage von Pilzfuchern die Leiche eines 10jährigen Mädchens aufgefundcn, die auf gräßliche Weife ermordet worden ist. Der Leichnam war im Sande verscharrt, aber wahrscheinlich von Füchsen wieder ans Tages­

licht gezogen und von diesen an verschiedenen Stellen aufgefressen worden. In dem Mäd­chen erkannte man die seit 25. August ver­mißte Tochter eines Maurers von Dresden.

Aus Posen meldet die Post: I» Röslawl, Gouvernement SmolcnSki, ist die Kaserne des Newskischen Jnfanteriergiments nachts vollständig abgebrannt; 28 Soldaten v-rbrannten, 11 sprangen aus dem obersten Stock herab und wurden lebensgefährlich ver­letzt. Man vermutet Brandstiftung.

Im MonatScptember habe»4658902 Personen die Ausstellung in Chicago besucht und die Direkloren erwarten, daß die Zahl der Besucher sich bis Ende Oktober auf 20 Millionen stellen wird.

(Die Kraft des Neuen.) Von der Wirkung, Annehmlichkeit und Kraft des Neuen" wird dem Oberbadischen Voiksblatt folgendes Stücklein erzählt: Wurde da in der Grabenstraße zu Lörrach -in Mann von der Kraft des Neuen überwältigt undgebodigt", wie man in der Schweiz sogt. Die Um­ständen brachten es mit sich, daß der Wein- selige die Straße für die heimische Lagerstatt hielt und alsdann derart zu schnarchen an­fing, daß die Passanten aufmerksam wurden. Eben wollte ein Herr sich des Schläfers an­nehmen, als ein Gendarm hinzukam, dem cs nach kräftigen Rüttelungsversuchen gelang, den Mann auf die Beiue zu bringen. Nach­dem letzterer sich die Augen gerieben hatte und sich über Situation einigermaßen klar geworden, suchte er dem Gendarmen in väter­lich ratenden Worten begreiflich zu machen, daß es das vernünftigste sei, was er thun könne: feine Patrontasche und seinen Rock zu verkaufen undNeuen zu trinken I"

Dann nicht. Gatte (der im Verlauf eines Streites von seiner Gattin eine Ohr­feige erhalten): Aber, Emilie, was machst Du denn da? Ich habe allerdings vor vier Jahren Deinen Vater um Deine Hand ge­beten; hätte ich aber gewußt, welchen Ge­brauch Du davon machst,halte ich es wohl­weislich bleiben lassen.

Markt- u. Herbstnachrichten.

Stuttgart , 7. Oktober. Kartoffelmarkt: Zufuhr 600 Zentner. Preis per Zentner 3 -/A bis 3 ^ 30 --s. Kraul­markt: Zufuhr 6000 Stück. Preis 18 bis 20 Per 100 Stück. Mostobstmarkl: Wilhelmsplatz. Zufuhr 15,000 Ztr. Most­obst (würtl.) Preis per Zentner 3 ^ 50 bis 3 40

Ochsenbach, 4 Oktbr. Mit steigenden Preisen bis 130 M. alles verkauft. Lese morgen beendigt.

Löchgau, 4 Okt. Alles rasch verkauft. Preise 110130 M. per 3 Hl.

Frcudenthal, 5. Okt. Bei gleichbleiben­den Preisen alles verkauft.

Dürrenzimmern, 3. Oktbr. Der Wein wurde vollends rasch zum Preis von 132 bis 153 M. Per 3 Hl. verkauft.

Neustadt, 5. Okt. Lese dauert fort und wird morgen nahezu beendigt werden. Heute mehrere Käufe von 100110 M-per 3 Hl.

Endersbach, 6. Okt. Heute Käufe zu 130 und 135 M. per 3 Hl.

Strümpfelbach, i. R. , 5. Okt. Einige Käufe zu 132 M. und 137 M. per 3 Hl.

Benningen, 6. Okt. Alles rasch ver­kauft. Kaufe zu 150, 160, 170 M. Per 3 Hl.