Rundschau.

Am 3. Oktober sind bei sämtlichen Kavallerie-Regimentern des nnntlemb. Armee­korps die Rekruten zum Dienst mit der Waffe eingestellt worden.

Der erste Gewinn der Cannstatter VolkSfestlolwrie fiel zwei armen Bürg-rn von Widdern, OA. Neckarsulm, zu. Die Namen derselben sind : August Moser, Schreiner und Taglöhner Raihgeber. Der Haupttreffer, welcher auf Nr. 49 011 fiel, besteht bekannt­lich aus einem Erntewagen, einem vierspän­nige» Geschirr und zwei Paar Pferden.

Ebingen 4. Okt. In Sigmaringendorf öffnete Metzger Alois Ott ein an Milzbrand gefallenes Stück Vieh und verletzte sich hie­bei ganz unbedeutend am Arm; allein bald machte sich an diesem die eingelretene Blut­vergiftung bemerkbar, die ancb den Tod des braven ManneS in verhältnismäßig kurzer Zeit herbeiführte. In Bingen wurde beim Ablassen des Fabrikkanals der Fabrik des Herrn Stämpfli ein 90 om langer, 3pfün- diger Aal gefangen; bis heute der zweite dieser Art in der Lanchert.

Heidenheim, 3. Okt. Ein hiesiger Wirt, welcher aus der Pfalz neuen Wein bezog, der gestern ankam, mußte die fatale Entdeck­ung machen, daß eines der Fässer mit ca. 1600 Liter Inhalt total ausgelaufen war. Das Faß war infolge Verstopfcns des Gär- spundens zersprungen. Wen mag wohl hier der Schaden treffen, den Absender oder den Empfänger? Jedenfalls mahnt dieses Vor­kommnis zur Vorsicht beim Wettversand.

Tuttlingen, 5. Okt. Die Familie eines hiesigen Arbeiters wurde gestern von einem schwere« Unglück heimgesucht. Während sich der Vater in der Fabrik befand, ging die Mutter in den Wald, um Holz zu sammeln, und schloß ihre vier Kinder in das Zimmer ein. Gegen 4 Uhr abends bemerkten die Nachbarn, daß Rauch aus der Wohnung drang; als man die Thüre erbrach, fand man drei von den Kindern erstickt, das vierte dem Tode nahe. Dieses allein konnte ge­rettet werden. Die Kinder scheinen sich am Ofen zu schaffen gemacht z» haben, wodurch das Unglück entstand. Die Teilnahme mit den s» schwer betroffenen Eltern ist allgemein.

Auf entsetzliche Weise kam am 3. d. abends in Kassel i» einem Hause der Ober­sten Gaffe der Schreinermeister Th. umS Le­ben. Derselbe ging mit einem Petroleum­licht in die Schreinermerkstatt und stellte das Licht auf ein Brett. Während er nun han­tierte, kippte das Brett um, die brennende Lampe explodierte und fiel herunter in die Hobelspäne, welche sofort in Flamme» stan­den. Bei dem Bemühen, das Feuer zu er­sticken, stürzte der hochbetagte Mann um, »nd zwar mitten in die Flammen, so daß er, ehe auf sein Geschrei Hilfe herbeikam, am ganzen Körper die schwersten Brandwun­den erlitt. Leib und Brust waren wie ge­braten, die Haut hing in Fetzen herab, ein grauenhafter Anblick. Sofort ins Kranken­haus gebracht, verstarb der Unglückliche nach mehrstündigen entsetzlichen, unsagbare» Qua­len.

Berlin, 4. Okt. DieKreuzztg." ver­öffentlicht den Wortlaut der kaiserlichen Kabi- netsordre vom 2l. April 1890 an Prof. Schweninger. Es heißt darin:Nicht nur das deutsche Volk, sondern alle Nationen der kultivierten Welt nehmen Anteil an der Gesundheit und dem Wohlergehen des Fürsten

v. Bismarck, Herzog v. Lauen! >rg. Mir persönlich liegt es besonders am Herzen, » n Mann mit Gottes Hilfe möglichst lange er halten zu sehen, der sich so unermeßliche Verdienste um das Vaterland und mein Haus erworben hat. Ich weiß, daß Sie mit ebenso viel Hingebung und Treue als Geschick und Erfolg seit einer Reihe von Jahren den Fürsten ärztlich behandelt und a»ch in kritischen Momenten den Gesund­heitszustand desselben zu erhalten und zu befestigen gewußt haben. Es ist daher mein Wunsch, daß Sie auch fernerhin die ärztliche Behandlung des Fürsten leiten und, soweit erforderlich, selbst ausüben; indem ich Sie mit diesem Auftrag bedraue, will ich von Zeit zu Zeit Ihrem Bericht über das Be­finden des Fürsten entgegensehen". Prof. Schweninger, der während der letzten Krank­heit des Fürsten Bismarck die Berichterstat­tung an den Kaiser unterließ, erklärte auf Anfrage, er sei durch die Pflege des Fürsten derart in Anspruch genommen gewesen, daß er den kaiserlichen Auftrag nicht habe erfüllen können.

In einem Berliner Gasthofc hat der Arbeiter Friedrich Wiihem Quitzow aus Per­leberg am Dienstag nachmittag seine Geliebte, die 19jährige Luise Pooch, die er in Perle­berg, wo sie diente, kennen gelernt hatte, mit einem R>volver erschossen und dann sich selbst einen Schuß in die Gegend des rechten OhrS beigcbracht- Quitzow war von der Mutter seiner Geliebten mit seiner Werbung um die­selbe zurückgewiesen worden, und seitdem trug sich die letztere mit Selbstmordgedanken und machte ihm den Vorschlag, sie wollen gemein­sam »US dem Leben scheiden. Quitzow konnte übrigens am Mittwoch noch vernommen wer­den.

Radfahrer im Manöver. Die letzten Manöver haben den Radfahrern hinreichend Gelegenheit gegeben, zu zeigen, daß sie im militärischen Meldedienst auch in verhältnis­mäßig ungünstigem Gelände »och ihrer Auf­gabe gewachsen sind. Um den Rail.ihrer mit den besonderen Schwierigkeiten des Ki ü >.eS vertraut und für den Ernstfall fi-iue D . . zuverlässiger zu machen, gilt eS m, , re a in FriedenSzeiteu ihn in dein planmäßig.» Uebcrwindcn von Hindernissen, wie sie im Kriege so oft Vorkommen, zu üben. In die­ser Hinsicht verdiene» zwei Versuche Auf­merksamkeit, die neuerdings bei jASnieres in der Nähe von Paris der Radfahrer Lopvet ausführte. Es war angenommen, daß ein mit wichtiger Nachricht .beauftragter mili­tärischer Radfahrer an einen Fluß gelangt, dessen Brücke abgebrochen ist. Beim ersten Versuch war noch die Nähe eines Dorfes oder überhaupt eine menschliche Wohnung vor­ausgesetzt und Louvet nahm daher eine be­liebige hölzerne Thür, legte sein Fahrrad darauf und befestigte es, so gut es ging, z. B. auch mit Nägeln, die der Radfahrer mit dem immer in seiner Tasche befindlichen Schraubenzeug einschlagen kann. In einigen Minuten war dies geschehen; darauf ent­kleidete er sich schnell, legte seine Kleidungs stücke ebenfalls auf das Floß und schwamm, es vor sich herfchiebend, über den Strem. In einem andern Falle, wo weit und breit keine menschliche Wohnung vorhanden sein sollte, wurde das Rad auf zwei Brücken­balken oder lange Stangen gebunden, während der Radfahrer wieder hinterherschwamm.

Ein seltsamer Aberglaube. Der

^önigsb. Mg. Ztg." wird aus der P >- vinz folgendes mitgeteil-: Auf dem St- .. - amk zu N> hatte sich kürzlich ein Brautpaar zur Eheschließung eingefundcn. Vor der feierlichen Handlung wurde von den An­wesenden an den Standesbeamten noch die Bitte gerichtet, es gestatten zu wollen, daß man vorher durch den Gesang eines geist­lichen Liedes der Trauung die rechte Weihe verleihe. Der Beamte hatte nichts dagegen einzuwenden. Bald darauf klappte eine als Trauzeugin anwesende Frau ihr Gesangbuch auf und stimmte aus voller Kehle an :Valet will ich Dir geben." Als der Standesbe­amte seine Verwunderung über die Wahl des Liedes ausdrückte, klärte sich die Ange­legenheit in eigentümlicher Weise auf. Nicht aus Frömmigkeit hatte man gebeten, ein geist­liches Lied singen zu dürfen, sondern aus abergläubischen Beweggründen. Es besteht nämlich vielfach der Aberglaube, daß man vor der Eheschließung daS erste Lied, das man zufällig beim Aufmachen deö Gesang­buches finde, nehmen müsse und der Inhalt desselben die künftigen Lebenswege des jungen Paares bestimme. In diesem Falle nun hätte also einer der Verlobten bald Valet sagen, d. h. sterben müssen. Angesichts dieses verhängnisvollen Anzeichens wurde von den Eltern der wohlhabenden Braut die Verlob­ung sofort gelöst. Da« Brautpaar kehrie ungetraut vom Standesamt wieder heim und suchte sich nach Kräften in sein Schicksal zu fügen.

Jena, 5. Okt. DieRudolstädter Lan­deszeitung", das amtliche Blatt der Regier­ung, teilt im redaktionellen Teil aus sicherer Quelle mit, daß es mit dem Fürsten Bis­marck langsam aber stetig zu Ende gehe. Aller Wahrscheinlichkeit nach werde er Kis- singen nicht mehr lebend verlassen.

Ein Ehepaar in Bern, das durch eisernen Fleiß und Sparsamkeit ein ziemlich großes Vermögen e> worben hatte, behände: ' seine 4 fleißigen und braven Söhne mir v aber auch mit sehr großer Slr-ugc nur b, hällerisch-".n Sin«, daß ihnen jede F-.- - .

und Selestäiujgk-it fehlte. Verg.b-uo ni sie sich gegen den Druck aufzm...»

? gebeuS sucütkii auch die beiden ä-t-in Söbue die Erlaubnis zum Heiraten zu be­kommen, Nun wollte kürzlich einer derselben, Albert, den Truppenzusammenzug als Wachi- mcister mitmachen und erhielt hiezu von den Eltern nur 5 Franken mit. Dies machte eiuen solchen Eindruck auf ihn, daß er ganz verstört herumging und schließlich sich erhängte, und bald darauf folgte der andere Bruder feinem Beispiel nach.

Eine Blutthat in Budapest. Aus Budapest wird vom 4. d. M. berichtet: Das Haus Nr. 53 in der Lindengasse war heute der Schauplatz eines zweif«chen Verbrechens, dem zwei Menschenleben zum Opfer fielen. Daselbst wohnt die Besitzerin eines Massen­quartiers, die auch Prostituierten Unterstand gewählt. Die Frau war seit einem Jahre mit dem Bürstenbinder Fsdor verheiratet; vor sechs Wochen hatte sie einen Auftritt mit ihm, in Folge dessen sie sich veranlaßt sah, sich von ihrem Manne zu trennen. Seit jener Zeit wohnte nun Fodor im Hintertrakte desselben Hauses bei einem befreundeten Ar­beiter. Heute begab sich Fodor in seine frühere Wohnung, um einen daselbst zurückgelassenen Ueberrock abzuholen. In den Zimmer be­fand sich außer seiner Frau ein Mädchen,