Rundschau.

Die am letzten Mittwoch cing>weihte nme Brücke StuttgartCannstatt crhn lt den NamenKarlsbrücke", weil unter deS ver­ewigten Königs Karl Regierung der Bau begonnen worden war.

Cannstatt, den 28. S.pt. An die Feier des heutigen Volksfestes schloß sich um 4 Uhr ein Bankett der Abordnungen der landwirt- schaftl. Bezirksvereine des Lindes in dein mit Fahnen und den Büsten Ihrer Maje» stäten geschmückten Kurjaale an. Die ge­ladenen Gäste konnte der Kursaal mit seiner Halle nicht alle ausnehmen, es wurde des­halb eine weitere provisorische Halle erstellt, um alle Gäste bequem unterbringe» zu kön­nen. Um '/r5 Uhr fuhr S. Mas. der König in Begleitung seines Flügeladjutanten Frhrn. v. Röder an dem mittleren Portal des Kur- saaleS an, wo er von dem Staatsminister v. Schund, dem Präsidenten der Zentralstelle, Frhr. v. Ow, und dem Oberbürgermeister Nast begrüßt und beim Eintritt in den Saal mit einem begeisterten 3fachnr Hoch der An­wesenden empfangen wurde. Hierauf nahm Oekonomierat Stockmayer das Wort zu einer längeren Ansprache und schloß mit dem Ruf: Se. Mas. unser vielgeliebter König und Ihre Majestät unsere vielgeliebte Königin leben hoch! hoch! hoch!

Alsbald erhob sich Se. Mas. der König und sprach seinen herzlichen Dank für die Worte Stockmay-rS aus, welche von H-rzen kommend, auch zu H rzen gehen. Er brauche nicht zu versichern, führte S. M. der König aus, daß er glücklich sei, einige Augenblicke in der Mitte feiner lieben Schwaben, be­sonders der Landwirte zu weilen. Heute früh habe er sich wieder überzeugt von dem guten Stand der Landwirtschaft in unserem Lande und Herzensbedürfnis sei eS ihm für die Existenz der Landwirte zu sorgen, mit denen er gern Freud und Leid teile. Aber auch eine Mahnung möchte er Allen auf den Weg inilgeben, den Mut der Arbeit nicht zu verlieren, den Blick nach oben zu richten und Gott zu vertrauen, die uns für die Verluste im Frühjahr nun reichen Ersatz in Obst und Wein stiebt. Daiür wollen wir ihm dank­bar sein. Ferner mögen alle den Blick nach Haus und Herd richten, das häusliche Glück sei die beste Gewähr gegen die Bestrebungen des Umsturzes, das ist zugleich das sicherste Band zwischen dem Volke, dem Vaterlande, und dem Regenten, so werden wir bestehen. Ich versichere, schloß der König, daß ich alles thun werde, um die Zukunft und das Glück der Landwirtschaft zu fördern, die Landwirt­schaft, der Hände Arbeit, sie lebe hoch. Der Jubel war unbeschreiblich, mit dem die kgl. Worte ausgenommen wurden. Aus einem Munde erscholl ohne Anregung, ohne An­leitung die Königshymne: Heil unserem König heil I

HUnter brausenden Hochrufen der begei­sterten Menge Verließ Se. Mas. das Fest. Nachdem sich der König entfernt hatte, schaarte sich die in verschiedenen Volkstrachten anwe­sende Jugend zu einem fröhlichen Tanze. Volks- und patriotische Lieder wechselten mit den Weisen der Stuttgarter Ulanenkapelle und alle kehrten wohlbefriedigt und des heutigen Tages lange gedenkend heim.

Als einziger Eibe d-s in Newyoik mit HinterlassungkiueSVeimögensvon 50000 Doll, verstorbenen Wilhelm Brau» soll sich rin Enkel desselben, ei» Drechsler Meister B.

in Willsbach gern ldet haben. Dem wackere» Manu wäre dieses Glück wohl zu gönnen.

Neuenbürg, 2. Okt. Am Samstag vor­mittag ereignete sich in Fcldrennach ein trauriger UnglückSfall. Das 5jährige K»rd des Webers Andreas Fauth geriet, nur mit einem Hemd bekleidet, an den im Hause be­findlichen Backofen, in welchem Obst gedörrt wurde. Das Kind wollte sich mahrlcheintich ein Stückch n herausholen, wobei sein Hemd- chen Feuer fing und cs schreckliche Brand­wunde,, erlitt. Die Mutter war auf dem Kartoffelacker, der Vattr auch nicht anwesend. Man tollte nun meinen, der letziere hätte, als er kurz darauf hcimg'kehrt war, sofort den Ortsarzt gerufen, statt dessen wurde das arme Geschöpf der Hilfe einer, Nachbarsfra» anvertraut, welche zur Linderung der gräß­lichen Schmerzen Hausmittel angewendet hat Am Sonntag morgen starb das bedauerns­werte Kind. Der Fall wurde gestern noch dem Oberamt und Amtsgericht angezeigt. Letzteres bestiebt sich mit dem GerichtSarzt heute an Ort und Stelle. Erst vor wenigen Tagen wurde den Eltern ein jüngeres Kind beerdigt.

Reutlingen, 28. Scpt. Die die Restau­ration der Marienkirche vorbereitenden Aus­grabungen ergeben täglich neue interessante Einzelheiten über Atter, Baumeister, Baustil der Kirche und w rden von fachkundiger Hand zu einer Publikation verwertet werden. Die Hilfskirche, welche über die Zeit ter Bau­arbeiter, und noch später der Gemeinde zur Erbauung dienen soll, hofft man mit Winters­anfang strtigstelleii und beziehe» zu können (Kostenaufwand ca. 40,000 Mk.). Obwohl die schöne Summe von über 200,000 Mk. an freiwilligen Beiträgen gezeichnet ist, glaubte man bekanntlich doch, zu dem Notbehelf einer Lotterie schreiten zu müssen, di ren erste Serie am 21. November gezogen wird (Hauptge­winn 25,000 Mk., Gesammtgewinne 75,000 Mk.) Wie man hört, erscheint eS wünschens­wert, daß die Nachfrage nach Losen lebhafter werden möge. Bei dem geringen Preis von 1 Mk. per Los wird niemand ein zu großes Opfer zugemutet.

Die am SamStag stattgefundene F-st- sahrt zur Eröffnung der Bahnstrecke Honau- Münstngen ging bei herrlich-m Wetter schön­stens von statten, auf allen Stationen be­grüßt und von den Orlsvorstehern und einer freudig bewegten Menge, insbesondere seitens derreichgeschmückten Obcramtsstadt Münsingen. Bei dem Fest ssen im Gasthof z. Ochsen brachte Stadtschuttheiß Oßwald das erste Hoch auf Seine Mas den König Wilhelm aus. Ministerpräsident Frhr. Or. v. Mitl- nacht erklärt, daß wir hier nicht stehen blei­ben wollen, sondern ei» weiteres Ziel im Anschluß an die Donauthalbahn im Auge habe». Finanzministcr Or. v. Rieckc hofft, daß man dies Ziel in nicht zu ferner Zeit erreichen werde. Nach der sehr beliebten Fest­tafel im Ochsen erfolgte die Rückfahrt nach Honau.

Wien, 30. Scpt. Nach vertrauenswür­digen Milteilungen derNeuen Freien Presse" aus Kissing?» sieht Fürst Bismarck sehr ein­gefallen ans und ist ein hinfälliger Greis geworden. Dienstag unternahm Bismarck eine Spazierfahrt. Zwei Diener geleitete» ihn die Treppe hinunter. Er grüßte mit der linken Hand, die Rechte kann er nicht erheben. Momentan sei er außer Stande, seinen Namen zu schreiben. Dasselbe Blatt

spricht auch von einem Schkaganfall, den der Fürst erlitten habe. Uns scheinen diese Mil- leilnngen stark übertrieben zu sein. Hoffent­lich wird deren Richtigstellung nicht aus- bleiben.

Man schreib, ans London, 22. Sepl.: Auf den Schießständcn zu Nunhead bei Lon­don wurden g stern interessante Versuche au- gestclli mit einem neuen Pulver, welches ein französischer Geistlicher, früher Arttllcric- olfizicr, Abbe Schncbelin, erfunden hal. Die Basis des neuen Pulvers ist Kattvm-Chlorat, das mit Cellulose vermischt ist. Die Vor­züge, welche der bei den gestrigen Versuchen anwesende Erfinder für dieses Pulv-r in An­spruch nimmi, sind Leichtigkeit und Billigkeit der Herstellung und sehr geringer Rückstoß, während die entwickelte Schmlligk tt und Durchschlagskraft denjenigen der besseren Pulversorten glcjchkommt. Es erzeugt ferner nur eineu sehr dünnen, schnell verfliegenden Rauch, erhitzt den Lauf in sehr geringen, Grade und kann ohne Schaden jeder Nässe ausqesetzt werden. Solange es nicht in kleinem Raume abgeschlossen, explodiert es nicht an der Flamme, noch auch infolge der größten Reibung. Zum Beweise hierfür wurde gestern grobkörniges Pulver in einer Kaffe, mühl- fein gemahlen, eine andere Quaniität ans einem Eisenambos zerschlage». Darauf e»l- zündet, verbrannte es langsam ohne Explo­sion. Die Experimente fielen im allgemeine» so befriedigend ans, daß man erschöpfendere Versuche binnen kurzem airznstellerr beschloß.

Markt- u. Herbstnachrichten.

Stuttgart, 30. Septbr. Mostobstiirarki. Wilhelmsplatz. Zufuhr 18,000 Zir. Most­obst (würti.) Preis per Zentner gemischt 3 c-A A pfel 3 50 ^ dis 3 80 ^>).

Eßlingen, 30. Skpt. (Obsimarki.) Zu­geführt waren circa 2500 Ztr. Preis 3 50 ^ bis 3 80 Aus d,m Bahn­

hof sind zugesührt 17 Wagen, (würltcmb.) Preis 3 ^ 30 ^ bis 3 ^ 50 2

Wagen hessisch 3 20

Ludwigsburg, 30. Sept. (Obstmarkt.) Heutige Zufuhr ca. 400 Zentner Mostobst. Preis per Ztr. 3 ^ 40 ^ bis 3 ^ 60

Waiblingen, 1 . Oklbr. (Obstbenchl.) Jeden Tag Zufuhr aus der Umgegend. Preis steigend. Gemischtes Obst 3 ^ 70 bis 90 Bedarf noch ziemlich, da das Obst hier fehlt.

Nagold, 1 . Okt. Offtpreise: Birne»

2 ^ 50 Bratbirnen 4 Aepfel 3

50 bis 4 Zwetschgen 2 ^ 70 bis 3 Per Zentner.

Ensingen, OA. Vaihingen a. d. Enz, 30. Sept. Weinpreise. Verkauf gut zu 115 bis 128 M. pr. 3 Hl.

Diesenbach, OA. Maulbronn, 1. Okt. Die Lese ist im Gange. Qualität schlägt vor. Einige Käufe sind abgeschlossen zu 100 M. per 3 Hl. Käufer sind erwünscht.

Oberstenseld, 28. Sept. Verkauf ein

Quantum von 5 Eimern zu 100 M. per

3 Hl.

Besigheim, 1. Okt. Lese nahezu beendigt. Qualität vorzüglich. Käufe von 141 bis 180 M. p.r 3 Hl.

Brackenheim, 30. Sept. Verkäufe zu 120135 M. per 3 Hl. Noch ziemlich Vorrat.

Laufen a N. , 1. Okt. Heute wurden ziemlich viele Käufe zu 135 145 M. ab­geschlossen.