Rundschau.

Die schwäbische Huiptstadt beginnt bereits mit den Vorbereitungen zu einem wür- tigen und glänzenden Empfang des deutschen Kaiserpaares, welches am 14. ds. Mts. in Stuttgart eintr fft und am 16. wieder ab- reist. Wenn dos Wetter günstig bleibt, ver­spricht namentlich die Kaiserparade großartig zu werden; schon jetzt sind di-- Zulatzkarlen auf die große Schautribüne größtenteils v,r- geben. Unser KönigSpaar. residiert, nach­dem auch I. M. die Königin in voriger Woche aus dem Seebad Norderney zurück' gekehrt ist, wieder in Marienwahl bei Lud- wtgsburg und wird nun über die Dauer des kaiserlichen Besuches Vorübergehend nach Stutt­gart übrsiedeln, um dann wieder bis zum Eintritt der unfreundlichen Jahreszeit in Marienwahl zu verbleiben.

Winnenden, 8. Sept. Ein 16jähriger Bursche von Fellbach sprang gestern nachmit­tag über den Eisenbahnvladukt bei Neustadt (Waiblingen) hinunter. Mit gebrochenem Arm und Fuß und einer großen offenen Wunde über dem rechten Auge fand man ihn eine Stunde später in einem Weinberge liegen. Er wurde nach Hause verbracht. Furcht vor einer ihm drohenden Bestrafung scheint die Veranlassung zu der voreiligen That des Burschen zu sein.

Oberndorf, 7. Scplbr. Bei den Aus- grabungsarbeiten zur Erstellung eines Kellers stieß gestern abend ein Arbeiter dahier in der Thalvv'stadt auf ein menschliches Skelett. Der unheimliche Fund macht in unserer Stadt um so mehr Aufsehen, als aus dem anstoß­enden Hause vor etwa 12 Jahren ein 15jähr. Sohn in bisher unaufgeklärter Weise spurlos verschwunden ist.

Pforzheim, 7. Skpt. Der Süddeutsche Eisenbahn-Reform-Derein hält seine dies­jährige 1. Generalversammlung in Baden- Baden und zwar am Sonntag 1. Okt. d. I. Man ging hiebei davon aus, daß Baden- Baden als Sch einer Sektion des Vereins und als Bäder- und Fremdenstadt 1. Ranges auf den Besuch der Generalversammlung durch die Vorstände und Mitglieder der üb­rigen Sektionen des Vereins einen ganz be­sonderen Anziehungspunki bilden. Dazu kommt, daß Sonntag, 1. Okt. .der Tag ist, an welchem endlich auch in Bade» die lOlägige Giltigkeit der Rückfahrkarten zur Ettiführ- ung gelangt. Während die näher gelegenen Sektionen durch Veranstaltung von Gesell- schaflsfahrlen mit Leichtigkeit zu ermäßigten Taxen die Fahrt nach Babe» bewerkstelligen können, ist den entfernteren Sckiionsmit- glicdern Gelegenheit gegeben durch Benützung einer lOlägige» Rückfahrkarte der General­versammlung anzuwohnen und dem reizend gelegenen Baden-Baden einen Besuch abzu- statten. Nachdem die badische Eisenbahnver waltung dem andauernden Drängen nach Einführung der lOiäg. Giltigkeit der Rück­fahrkarten endlich nachgegeben hat, beabsichtigt der Verein, in der Generalvers. vom I.Okt. eine Reihe anderer zeitgemäßer Reformen als ganz bestimmte Forderungen ins Auge zu fassen und auf deren Einführung mit der­selben Zähigkeit zu bestehen, wie bei der For­derung um Einführung der lOtäg Giltig­keit der Rückfahrkarten. Es ist hiebei zu er­innern nur an das Verlangen entsprechende Herabsetzung der Tarife, ähnlich den Rück­fahrkarten zwischen Mannheim und Heidel­berg, ferner an die Einführung von Kilo­

meterheften, von Abonncmentskarten ähnlich den jüngst in Belgien zur Einführung ge­langte», Herabsetzung der Taxen für Kinder- billetS, Ermaßigung^er Passagierguttoxen rc Bei der Generalversammlung in Baden wird über alle diese Punkte ein Meinungsaustausch statlfinbcn können. Es ist deshalb wünschens­wert, daß sämtliche Sektionen bei der Gene­ralversammlung möglichst stark vertreten sind.

Eine neue Ministerialverfügung weist die Schulbehörden an, dein Mädchenturnen erhöhte Sorgfalt zu widmen. Der Turn­unterricht soll in allen niederen und höheren Mädchenschule durch alle Klassen hindurch betrieben werden, und zwar betrifft diese An­ordnung nicht nur die öffentlichen, sondern auch alle Privat-Töchterschulen. Insbeson­dere soll in dem eingefsrderten Bericht über den zeitigen Stand des Mädchenturnens die Flüge beantwortet weiden, ob die Lehrerinnen, die den Unterricht zu erteilen haben, auch die nötige Qualifikation als Turnlchrerinncn be­sitzen. Gerade auf denBefähigungsnach­weis" der betreffenden Lehrerinnen ist be­sonders Gewicht zu legen, da hierdurch in erster Linie die Erfolge des Unterrichts be­dingt werden.

Der Kaiser erfreut sich, wie nach Berlin gemeldet wird, trotz der Anstreng­ungen der letzten Tage andauernd des besten Wohlbefindens. In gewohnter Weise er­ledigt Se. Majestät täglich die laufenden Regierungsangelegenheiten, nimmt Vorträge entgegen und erteilt Audienzen.

Straßburg', 6. September. Der elsaß- lothringische Sängerbund hat dem Großher­zog von Baden zum Vorabend seines Ge­burtstages ein Ständchen angelragen, welches der Großhcrzog annahm. Am Freitag abend werden ungefähr 20 Bundesvereine dem ge­liebten Fürsten vor dem Hotelzur Stadt Paris" ein Ständchen darbringen.

Aus dem Landkreise Straßburg. Mit aufrichtiger Genugthunng haben die Bewoh­ner von einer Bekanntmachung des Kreis­direktors Kunde erhalten, wonach die Bürger­meister ersucht werden, im Kreise zu ver­künden, daß anonymen Anzeigen niemals seitens der Behörde weitere Folgen gegeben werden würde. Nötigenfalls würden aber derartige Denunciotionen dem darin ange­griffenen zur Ermittlung des Urhebers »nd gerichtlichen Belangung desselben übersandt werden. Wer berechtigten Grund zu irgend einer Klage zujhabenglaub, der solle zudem Kreisdirkklorjkomme», der Kreisdirektor wolle wissen, mit wem er es zu thun habe! So ist es recht I Wenn alle Behörden so offen gegen dieses heillose Unwesen Vorgehen wür­den, so würde es wohl abnehmen und hoffent­lich bald ganz verschwinden.

Ein Hofbesitzer aus dem Kreise Pinneberg in Holstein schreibt:Im Kreise Pinneberg können wir im allgemeinen über den Ausfall der Ernte nicht klagen. Wie es aber mög: lich ist, daß der Roggen 100 Kg. kosten jetzt 13,50^, Weizen 100 Kg- 14,50^, während der Preis des Roggens vor der Ernte 15 ^ betrug sich bei solchen niedrigen Preisen zu halten vermag, ist mir unbegreiflich. Diejenigen Grundbesitzer, welche aber gezwungen sind, Geld zu schaffen, müssen sich mit diesem Preise begnügen. Abgaben und Arbeitslöhne sind sehr hoch, wir müssen hier unter Produktionskosten auch in diesem Jahre verkaufen. Woher kommt dieser Zu­stand? Die Börse bestimmt den Preis des

Getreides. Wollen wir Landwirte für den bestimmten Preis nicht verkaufen gut dann bezieht sie Korn vom Auslande, welches billiger hergestellt werden kann. Wie eS aber werden wird mit dem Handwerkerstande, wenn der Landmann kein Geld hat, dieser nichts machen läßt, sowie mit den Arbeitern, die jetzt schon nicht hinlänglich Beschäftigung finden, vermag ich nicht zu beurteilen .

Ein Abenteuer de- Königs von Serbien. Eine eigeniümliche Szenesoll" sich, wie man erst heute erfährt, auf der Fahrt des Königs Alexander »ach Usicze ab­gespielt haben. Der König fuhr unter starker Bedeckung im Wagen über den Berg Zlati- tow nach Usicze, als plötzlich ein bis an die Zähne bewaffneter Mann aus dem dichten Walde, der die Straße umgibt, hervorfprang, mil dorgestrcckttr Pistvlr vor den Wagen des Königs stürzte und die Pferde mit starker Hand zum Sichen brachte. Die erschrockene Begleitung des Königs, die ein Attentat be­fürchtete, eitle sofort herbei und wollte den Mann entwaffnen, allein kaum war der Wagen des Königs zum Siehe» gebracht, als der angebliche Attentäter die Pistole weg­warf, sich auf die Knie niederließ und rief: Mein Herr und König I Ich bin der Räuber­hauptmann Zsumitsch Dragitsch, auf dessen Kopf Deine Regierung eine Belohnung von 3000 Franken anssetzte. Bisher konnte man mich nicht fassen, nun lege ich freiwillig mein Leben in Deine Hand." Man bemächtigte sich sofort des Räubers, allein der König, der von der Scenesichtlich sehr anangenehm berührt war," besaht, ihn loszulassen, indem er Dragnsch auftrug, sich selbst der Gendar­merie zu stellen, er könne auf seine Gnade rechnen.

Monte Carlo. Der in Nizza erscheinende PensterS" bringt die Nachricht, daß eine Schottländerin, Miß Leal Lodge, die Rou­lette in Monte Carlo gesprengt, indem sie in einer Stunde 1Millionen Fr. gewann.

Paris, 6. Sept. Von 7000 algerischen Pilgern, die nach Mekka gereist waren, sind nur 5000 znrückgekehrt, 2000 sind der Cholera und den Entbehrungen zum Opfer gefallen.

Er ist hinrichtllllgsmiide. Der Scharf­richter von Paris, Herr Deibler, ist hinrich- lungsmüde geworden und will sein Geschäft aufgeben. Da er seinen Sohn für dasselbe ausgebildet zu haben scheint, hat er die Ab­sicht, es noch bei Lebzeiten auf ihn zu ver­erben, damit esin der Familie" verbleibe. Die Pariser Blätter widmen Deibler rührende Abschiedsartikel, indem sie lobend die elegante Bedienung hervorheben, deren sich seine Klien­ten zu erfreuen hatten. Deibler besitzt eine Villa und ein Gütchen in Auteuil, ein Be­weis, daß es nur Derjenige zu etwas bringen kann,"er nicht dem Prinzip huldigt: Leben und leben lassen.

(Ueberboten.)Meine Tochter hat mir ein Kissen gestickt ich sag' Ihnen wunderbar: die Blumen sind so natürlich, daß Einem ist, als rieche man die Veilchen und Rosen."Das ist noch gar nichts. Mir hat rmin Malchen eine« geschenkt, auch mit Veilchen und Rosen; wie ich mich zum ersten mal d'rauf gesetzt, Hab' ich mich fürch­terlich a» den Dornen gestochen."

(Im HeiralSbureau.)Ich wünsche mich mir einer ehrbaren Dame zu verheiraten I" Wünschen der Herr Baron mehr Ehr' oder mehr Baar N"