dertS noch ihre Opfer. Die Heilkunst gilt den biederen Landleutcn als gottloser Betrug, und die Krankheit wird von ihnen fast im­mer als die Wirkung des Einzuges eines bösen Geiste« in den menschlichen Körper be­trachtet. In Monlelepre litt ein junges Mädchen von siebzehn Jahren an einer schmerzlhaften Krankheit; die Vettern und und Basen erkannten natürlich sofort, daß die Kranke von einem bösen Geiste besessen sei und riefen die Hilfe der Dorfhexe an. DaS alte Weib gab sofort Näheres über die Herkunft, die Beschaffenheit und die Macht des bösen Geistes an und empfahl den 15. August, den Tag des um die Augnstmitte gefeierten Madonnenfestes, als besonders ge- eignet für die Vornahme einer Radikalkur und TeufclauStreibung. Am bestimmten Tage mußte die Kranke vor Allem ein heiße« Bad nehmen. In dem siedend heißen Wasser schwammen allerlei merkwürdige Dinge, als da sind : Brennesseln, Schurckhäuschen, Hum­merschalen und ein Maulwurfsfell umher. Zur selben Zeit hatten sich unter Führung der Heilkünstlerin die Verwandten der Kranken eingefunden, die sich vor der Badewanne aus­pflanzten, anderthalb Pfund Weihrauch an-

WertHers Schatten.

Novelle von Karl Cassan.

Nachdruck verbeten.

2 .

Diesmal entgingen sie den Damen nicht, denn plötzlich standen sie vor den Hellen Som­merkleidern. Hektor umschmeichelte als alter Bekannter dir Damen bereits, während Achill ein lautes Gebell ausstieß.

Die Herren Studenten lüfteten jetzt höf­licherweise die Mützen!

Alle Wetter", brummte jetzt Weither leise,welche Schönheit ist die Laura gewor­den I"

Und erst die kleine Hexe I" replizierte Reißner halblaut.Die ist mir noch lieberI"

Ihre Schwester Sophie I"

Kennst Du sie, Weither? Dann vor­wärts, stelle mich Vor I"

Die Damen, von denen soeben eilig sich ein Herr entfernte, hoben verwundert die Köpfe empor.

Ach, Herr Helbig I" warf die größere hin.

Die beiden Studenten traten darauf näher und Werther bemerkte verbindlich:

Fast hätte ich sie nicht wieder erkannt, Fräulein Laura, so sehr haben Sie sich zu Ihren Gunsten verändert I"

Ich gebe Ihnen das Compliment zu­rück I" erwiderie die junge Dame errötend.

Werther lächelte und stellte die Damen seinem Freund vor, der alsobald die jüngere Schwester Sophie in ein interessantes Ge­spräch über das Genie Goethes verwickelte.

Laura erzählte indeß dem Jugendfreunde vom Vater, von der längst verstorbenen Mut­ter und daß sie zu Wagen hier seien, wobei die Musensöhne reichlich das Schwaltcheüncr Bier tranken. Als sich die Damen für einen Moment entfernten, schaute Werther träume­risch in den geröteten Abenohimmel, Reißner aber rief aus:

Die Kleine hat himmlische Augen, die könnte mich fesseln I"

Und nun erst Laura I" meinte Werther voll Entzücken.Die beiden Damen sind

zündeten und den heiligen Rauch und die unglückliche Badende mit einem Betttuch be­deckten. Die heilige Zeremonie, die mit großer Feierlichkeit vorgenommen wurde, mußte zwei Stunden dauern. Umsonst suchte sich da« junge Mddchen, das immer kraft­loser wurde und dem ErstickungStote nahe war, der Quälerei zu widersetzen. Erst als e« ohnmächtig wurde, war man so gnädig, eS in« Bett zu bringen, wo die Aermstc kurz darauf verschied. Als das Mädchen mit dem Tode rang, rannten sich die weisen Verwand­ten zu, daß jetzt der Kampf der Heilkraft mit dem bösen Geiste stattfindc, der das ein­mal eroberte Gebiet nicht so leicht wieder aus- gebcn wolle. Der Unglückliche Vorfall ge­langte zu Ohren des StadlrichterS Piazza, der die schon begrabene Verstorbene wieder ausgrabcn ließ. Auf Grund der von Dr. Brancalconi vorgenommenen Leichenöffnung ist gegen die Dorfhexc und gegen ihre aber­gläubischen Anhänger die Anklage wegen Mordes erhoben worden.

New-Aork, I.Sept. Bei dem letzttästigen furchtbaren Orkan beträgt die Gesamtzahl der umgekommenen Personen 200.

Die junge Hausfrau. Gutsbesitzers-

hier mit Pferden und mit Wagen. Die Leute machen ein nobles Haus."

Hol' mich der Geier," meinte Reißner, wie fangen wir es an, um mit den Damen nach Hause zu fahren?"

Werther zuckte die Achseln, worauf sein Freund in ein stilles Nachsinnen verfiel.

Samiel hilf l" rief plötzlich Reißner. Ich hab's I Wir machen ihren Kutscher be­trunken I"

Pfui, Reißner I" erwiderte Werther.

Ei was, pfui! In der Not frißt der Teufel Fliegen, und die kleine Hexe hat mir'S nun einmal angethan!"

Eine Stunde später, nach einer sehr an­genehmen Unterhaltung mit den Studenten war die Not groß für die Damen, den» der Wirt erklärte, daß der Kutscher betrunken bei den Pferden im Stalle liege. Daß er auf Rechnung des einen der Herren Studen­ten dem guten Schwalbheimcr Bier zu viel zugesprochen, verschwieg der Wirt wohlweis­lich.

Aber wir müssen jetzt heim! Was der Vater denken wird ?" jammerten die Damen.

Reißner suchte sofort die Damen zu trö­sten und sagte:

Am Ende ist es nicht so schlimm, wir sind Beide im Fahren sehr wohl bewandert und könnten das Kutscheramt übernehmen."

Aber das Aussehen in Schwalbheim I" meinte Sophie naiv.

Werther zuckte die Achseln und meinte:

Von zwei Nebeln wählt man stet» das Kleinste, auch können ja die Damen vor der Stadt aussteigcn, das Gefährt wollen wir schon abliefern I"

Sie haben recht I" entschied nun Laura. Lassen Sie anspannen, Herr Wirt!"

Bald stiegen die Damen mit den Studen­ten in die Kutsche. Er war eine reizende Fahrt, belebt durch «in animiertes Gespräch.

Sagen Sie mir doch, Herr Reißner," fragte plötzlich Laura,warum nennen Sie ihren Freund stets Pluto? Es ist doch ein Hundename?"

Werther stieß Reißner mit dem Fuße an und dieser erwiderte lächelnd:

frau:Ich muß nach Hause; heute gibt eS viel zu thun wir haben einen Ochsen geschlachtet!" Frau Professor:WaS eincn ganzen Ochsen schlachten S>c auf ein­mal ?"

.-. Unsere Dienstboten.Na, Rest, wie g'fälli'S Dir Len» in D-i»em nene» Dienst?" Kann noch nichts Bestimmtes sagen die ersten Tag'sind die Herrschaften ja immer die G'fälligkeit selbst!"

Hiesiges.

Wildbad, 5. September. Im Monat August wurden im hiesigen Schlachthan« ge­schlachtet :

42 Stück Ochsen,

2 Kühe,

2 Rinder,

231 Kälber,

66 Schweine,

77 Schaafe

420 Stück zusammen.

Von Auswärts eingebrachteS Fleisch: 9198 Pfund.

Schlachthausverwaltung:

Vorstand F. Weber.

Fräulein Laura, das ist eine lange Ge­schichte. Herr Helbig besaß einst einen Hund dieser Namens, der sein stetiger Begleiter war, daher der Name!"

Werther atmete erleichtert auf, und die Damen lachten.

Aber da lag Schwaikheim schon.

Die jungen Mädchen stiegen ans und nahmen dankend Abschied. Die beiden Freunde aber steuerten das Gefährt mit dem betrunke­nen Kutscher nach der goldenen Sonne zu seinem Eigenthümer, Gaffelin.

Es war eine böse Nacht, die nun folgte. Halb von dem schweren Bier berauscht, halten die Freunde Schwalbheim erreicht, nun wollte es das Unglück auch noch, daß sie einen alten Studiengenossen im Gaffelin'schen Wirts­hause fanden, Paul Busch.

Hollah, Bruder, woher des Weges?" fragte Reißner und schüttelte dem Freunde enthusiastisch die Hand.

Ich komme von Hennigstedt. Aber wißt Jhr's denn nicht, daß ich dort Amt­mann geworden bin."

Gratuliere, Philister!" nickte Reißner. Warst stets von uns alle» am beschlagend- sten, kanntest stets die einschlägigen Para- graphos, weshalb Du auch der Salomo heißest."

Werther, der nach seines Vaters Willen Amtmann in Hennigstedt hatte werden sollen, war erst etwas verstimmt, dann verlangte er Wein und wurde lustig.

Der Wirt Gaffelin war schnell zur Hand: Echter Kloster Erbacher!" versicherte er. Reine Siebenziger Auslese."

Die Herren achteten kaum darauf. Sie tranken, lachten und plauderten so laut, daß die Gäste an den anderen Tischen verwun­dert aufhorchten. Erst nach Mitternacht brach Busch aus und sprengte mit dem vorgeführ­ten Pferde davon, während die beiden Freunde durch die stillcu Straßen heimwärts schleu­derten und Lieder sangen.

<Fortsetzung folgt)

Gedankensplitter.

Oftzeigt dir erst fremder Neid dein eigenes Glück.

Verantwortlicher Redakteur r Bernhard Hofmann.) Druck und Verlag von Bernhard Hoswann in W'dbad.