Rundschau.

Oehringen, 31. Aug. In dem 4 Kilo­meter von hier entfernten Verrenberg Hai sich gestern abend der Oekonom K-, der Sohn des dortigen Schultheißen, erschossen. Der Beweggrund ist noch nicht bekannt, und die unglückselige Thai erregt um so größeres Aufsehen, da der junge Mann »ermöglich und erst seit Mai verheiratet war.

Vom mittleren Kocherthal, 3l. August. Unser Kocher hat gegenwärtig einen so nied­rigen Wasscrstand, wie dies seit Menschen­gedenken nicht der Fall gewesen. Und dabei bleibt der ersehnte Regen, den Aecker,» Wie­sen und Weinberge so notwendig brauchen könnten, immer noch aus. Unsere Kocher- Müller könne» nur noch einige Stunden im Tag mahlen. Noch schlimmer steht e« üb­rigens im benachbarte» Jagstthale aus. Dort ist noch größerer Wassermangel als bei uns. Gegenwärtig wird in KünzelSau fest an der Einrichtung der elektrischen Beleuchtung, hauptsächlich der Straßenbeleuchtung, gear­beitet. Wie verlautet, soll die Straßenbe­leuchtung bis I. Oktober fertig sein.

Von der Jagst , 30. Aug. In einem Orte am Fuß der EUwangcr Berge reichte ein lOjähriges Mädchen einem »och nicht 1 Jahr alten Kinde das Mittagessen, bestehend in einer Riebelessuppe. Unter derselben war aber unbemerkt ein kleiner Knochensplitter, der dem Kinde im Halse stecken blieb. Er konnte trotz in Anspruch genommener Hilfe nicht entfernt werden, und das Kind starb noch abend« an Erstickung.

In EpP'Ngeu kam kürzlich folgende« lustige Manöver stückiein vor. Ein Tambour der Mannheimer Greuadier-RegimentS war bei zwei nicht mehr der Jugend angehörigen Witlfraucv einquartiert. Wie cs nun die Manöverordnung vorschreibt, ist das Quar- ticr eines Spielmanns durch einen Slroh- kranz kenntlich zu machen und unterließ es der junge Vaterlandsverteidiger nicht, dieser Vorschrift pünktlich nachzukommen. Die bei­den Witwen glaubten nun, der Soldat treibe einen Scherz mit ihnen und hatten nichts Eiligeres zu thun, als das Sympol zu ent­fernen , indem sie unseren« Vaterlandsver- teidjger bedeuteten, sie brauchten keinen Jung­ferkranz vor ihrem Hanse, denn sie würden doch nicht mehr heiraten und von Soldaten ließen sie sich noch lange nicht utzcn.

Unschuldig verurteilt. In Düssel­dorf hat dieser Tage ein Wideraufnahme- Verfahren von allgemeinem Interesse seinen Abschluß gefunden. Demselben liegen folgende Thalsachen zu Grunde: Im Jahre 1867 wurden bei Brück, Kreis Erkelenz, 62 an der Chausse stehende Bäume abgehauen. Zwei bisher unbescholtene BauerSsöhnc namens Thelen aus Brück wurden als der That ver­dächtig angeklagt und vom damaligen Zucht- poljzeigericht in Aachen anfangs 1868 zu j- 3 Monaten Gefängnis verurteilt, welche Strafe die Verurteilten verbüßten. Im vorigen Jahre nun gestand ein Einwohner von Brück, der Nachtwächter Meuser, auf dem Sterbe­bette, daß er im Jahre 1867 die 62 Bäume vernichtet habe. Aus Grund dieser Aussage beantragten die Gebrüder Thelen die Wieder­aufnahme deS Verfahrens, welchem Anträge stattgegeben wurde. Die Aachener Straf­kammer vermochte sich aber von der Unschuld der Angeklagten nicht zu überzeugen und be­stätigte die im Jahre 1868 erfolgte Verur­teilung. Hiergegen legten die Gebrüder The­

ten Berufung ein/u»d das Reichsgericht ver­wies die Sache zu erneuter Vcihandlung an die Strafkammer i» Düsseldorf, welche nun­mehr die im Jahre 1868 Verurteilten frei- gesprochen hat. In der Verhandlung stellte sich heraus, daß im Jahre 1868 in der Verhandlung vor dem Zuchtpolizngericht in Aachen fünf falsche Eide geschworen worden waren, deren Verüber wegen Verjährung der Strafverfolgung nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden können. Wer entschädigt nun die beiden Brüder, deren Unschuld völlig er­wiesen ist, dafür, daß sie nicht nur die ihnen aufer legten Gefängnisstrafen verbüßen, son­dern auch 26 Jahre lang den Flecken auf ihrer Ehre tragen muhten?

Ei» köstlicher Widerruf findet sich in d-m Wochenbiattc des bayerischen Städtchens Füssen. Er lautet:Wir Unterzeichnete nehmen hiermit die gemachten ehrenrührigen, beleidigenden Äußerungen, welche dahin lau­ten, daß die Eheleute Jos pH und Theresia Martin, Gaudenz und Maria Nuschele von Treffisried, H,xerei und Zauberei betreiben, als unwahr zurück und erklären dieselben als rechtschaffene und ehrbare Bauersleute und bezahlen zur Armenkasse der Gemeinde, je in gleichen Teilen, 125 ^ Gott möge uns und jeden Menschen in Zukunft Vor solchen und ähnlichen Irrungen bewahren! Treffisried, im Monat August 1893. Anna Maria Diller und KreSzenzia Nuschele."

Helmstadt (Herzogtum Braunfchweig), 30. August. Ein scheußliches Verbrechen ist hier verübt worden. In der Nähe unserer Stadt wurde ein I6jährigeS Mädchen auf offener Landstraße von 15 bis 20 Arbeitern überfallen und in der entsetzlichsten Weise vergewaltigt. Passanten fanden die Unglück­liche in Krämpfen liegend, und ließen sie M'ttelS Wagen nach dem hiesigen Kranken- Hause transportieren. Dort ist das Mäd­chen am andern Tage an den Folgen der niederträchtigen That, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, gestorben.

Aus Görlitz, 31. August, wird ge­meldet : Im Bade Landeck wurde die Frau des Fabrikbesitzers Kandler aus Lodz von einem Sommergäste, ihrem zukünftigen Schwiegersöhne, angegriffen und schwer auf offener Straße verletzt. Der Thätcr tötete sich durch einen Revolverschuß.

Ein Tiger, der in Orel aus einer Menagerie entsprungen ist, hat bis jetzt schon 30 Personen, meist Frauen und Kinder, zer­rissen.

Der Hauptmann mit den langen Fingern. Das Kriegsgericht in Brügge ver­urteilte am 28. d. M. den Hauptmann Ar­thur Felix, einen belgischen Offizier welcher schuldig befunden wurde, auf dem Strande von Ostende zum Nachteile einer Dame 15 Francs gestohlen zu haben, zu einem Monat Gefängnis, 26 Francs Geld­strafe und zur Degradation. Der Angeklagte, welcher in Uniform erschienen war, wurde beim Verlassen des Gebäudes von einer zahl­reichen Menschenmenge verfolgt und auSge- pfiffen.

(Ein Mörder seiner Familie.) Vor einigen Tagen wurde bei Holdmezö-Vasarhely in Ungarn der Landwirt Martin DivSzegi mit seiner Frau und fünf Kindern von seinem ältesten Sohne Florian ermordet, lieber dieses furchtbare Verbreche» berichten die Buda- pestcr Blätter: Florian Dioszrgi, der mit seinem Vater und seiner Stiefmutter in

stetem Unfrieden lebte, wurde verhaftet, und nach zweitägiger Haft schritt der Mörder zu einem Geständnisse, wie er das Verbrechen verübt halte. Florian Dioszegi war in der Nacht zu einer Tanzunterhallung nach Hold- mezö'Vasarhely gegangen. Bei der Tanz- unierhaltung hatte er ein Mädchen, die Toch­ter eines Bürgers, zum Tanze anfgefordert. Das Mädchen lehnte es ab, mit ihm zu tanzen, und der erhaltene Korb kränkte ihn so sehr, daß er den Tanzboden verließ und heimging; deshalb konnte er nicht schlafen. Dann fiel ihm ein, daß ihm das Mädchen vielleicht deshalb einen Korb gegeben, weil er der Sohn Martin DioSzegi's sei, der sich nicht gerade deS besten Leumunds erfreue, und er sagte sich, daß, wenn der Vater nicht wäre und die Anderen, er der Herr des circa 120 Morgen großen Gutes seines Vaters wäre, und daß ihn dann die Bürgermädchen nickt so ganz wegwerfend behandeln würden. Er stand auf, kleidete sich an, nahm die Hacke zu sich und ging in das Haus seines VatcrS. Er trat an das Bett des Vaters, und mit einem einzigen wuchtigen Hieb spaltete er demselben den Schädel; noch ein zweiter Hieb und der Vater war tot. Die Frau erwachte, sah, was geschehen, wollte aus dem Bette springen, aber im nächsten Augenblicke traf sie ein Axthieb und dann »och einer, und auch die Mutter sank tot in die Kissen zu­rück. Vou dem Geräusch waren die Kinder halb erwacht, und von Bett zu Bett ging der entsetzliche Mensch, einen Axlhicd um den andern ließ er njedersausen auf die Köpfe seiner Geschwister, mit jedem Axrhieb ein Menschenleben anslöschend. Bei dem jüngsten Kinde, seinem kleinen Schwesterchen, der erst acht Monate alten Therese, waren seine Kräfte bereits so erlahmt, daß gerade dieser Säug­ling noch lebend aufgcfunden wurde, doch starb das Kind ebenfalls 24 Stunden später. Der Mörder ging in seine Wohnung zurück, warf die Hacke in eine Ecke, wusch sich die blutigen Hände und kehrte nach Holdmezö- Vasarhely zurück, w» das Ungeheuer sich noch bis zum Morgengrauen tanzend und trinkend unterhielt-

Geburt i» einem Sarge. Aus Muff­lon, Indiana, wird Folgendes gemeldet: Die Freunde des Dienstmädchens Lihhie Jones, die jüngst hier begraben wurde, hatten ihre» Argwohn in Bezug auf ihren Tod. Sie be­standen darauf, daß der Leichnam ausgegrsben werde. Als man den Sarg öffnete, fand man neben dem Leichnam ein neugeborenes Kind, welches in die Welt gekommen war, nachdem die Mutter begraben war. John Rauck, ein verheirateter Mann, in dessen Haus das Mädchen diente, ist unter der An­klage des Mordes verhaftet worden.

Ein gekreuzigter Matrose In fran­zösischen Blättern findet sich folgende unglaub­lich? Geschickte: Der Kapitän und die Mat­rose» des SchiffesVirginia" wurden auf der Insel St. Pierre verhaftet. Sie wurden ang-klagt, einen Matrosen Namen« Rappinel in geradezu unglaublicher Weise gemartert zu haben. Derselbe wurde an den SchiffS- mast angebunden, die Hände in KreuzeSform ausgebreitet, und mit Schlägen überhäuft, nachdem ihm die Kinnladen zerbrochen wor­den waren. Dabei war er tagelang der Nahrung beraubt. Rappinel starb infolge dieser Mißhandlungen. WaS derselbe be­gangen haben sollte, wird erst bet Gericht bekannt werden.