der Arbeit vereint, hat sie nun auch der Tod gemeinsam abberufen. Die Bergungsarbeiten wurden mit großem Eistr forigi fetzt, so daß um 6'/r Uhr Abends, wie die „Rhein. Wests. Ztg." berichtet, die sämmttichen Verunglückten bi- auf einen Mann zu Tage gefördert waren. Die Zahl der Loden beträgt 52, die der Verletzten 16.
— Ein abscheuliches Verbrechen ist bei Lochstädt bei Pillau an einem jungen Mädchen verübt worden. Während dasselbe mit einem Kinde durch den Wald schritt, tauchte plötzlich ein fremder Mensch auf, befahl dem Kinde f-rtzugehen, warf da- Mädchen zur Erde, stopfte ihm Gras und Sand in den Mund und bearbeitete eS mit den Fäusten und Füßen derartig, daß eS die Besinnung verlor. Jetzt zerrte der Verbrecher seinem Opfer die Zunge herau- und versuchte sic abzuschneiden. In diesem Augenblick erschienen 2 Männer am Thatorte, vor denen der rohe Patron die Flucht ergriff. Die Retter brachten da« mißhandelte Mädchen nach einer Wärterbude, wo ihm die erste Hilfe zu teil wurde, doch lag es infolge der erlittenen Mißhandlungen den Tag über in Krämpfen. Der Verbrecher, ein Arbeiter,
wurde an einer bei dem Kampfe erhaltenen Bißwunde erkannt und verhaftet.
— Eine gräuliche Mordgeschichte, die sich wie eine Umdichtung der Wernerffchen Schicksalstragödie „Der 24. Februar" oder auch eines aus dem dreißigjährigen Kriege stammenden deutschen Volksliedes ausnimmt, wird aus Balta in Podolien gemeldet: Hier kehrte ein Fremder aus Amerika in einem Gasthause ein und übergab der Wirtin eine beträchtliche Geldsumme in Verwahrung. Dadurch in Versuchung geführt, ermordete dieselbe den Gast im Schlafe durch Messerstiche und versteckte die Leiche im Keller. Der Wirt war abwesend. Nach seiner Heimkehr zeigte die Frau ihm die Leiche und er erkannte in derselben seinen vor Jahren aus- gewanderten Sohn, worauf er tot niederstürzte. Die Mörderin wurde verhaftet. In Folge der langen Abwesenheit ihres Sohnes Halle die Mutter ihn nicht erkannt.
Aus Rußland, 13. Aug. Die Stadt Wilna ist nachts von einem Wolkenbruch heimgesucht worden. Das Wassir drang blitzschnell in die Kellerwohnungen ein. In einem Hause ertranken 15, in einem anderen 2 Bewohner, die in der Bestürzung den Aus
gang nicht mehr finden konnten. Auch im westlichen Teile WohynienS sind Gewitter mit wolkenbruchartigen Regen nkdcrgegangc». Zwischen Maci'jum und Kowt wurde eie Bahnstrecke untelspielt; der Verkehr ist dort eingestellt.
— Eine von einer Bank in Pisa nach Genua aufgegelene Wertsendung von 150 000 FrcS. ist unterwegs abhanden gekommen.
.'. (Unverbesserlich.) Bei einem Souper hat eine lebhafte Dame einen sehr schüchternen Herrn zum Tischnachbarn. Nachdem ihr olle Versuche, aus ihm etwas mehr wie „ja", „nein" und „ich weiß nicht" herauszubringen, mißlungen sind, fragt sie schließlich, als Klaviertine aus einem Nebenzimmer erklingen: „Spielen Sie Klavier?" — „Nein, ich nicht," antwortete er — „da- ist Je« mand im Nebenzimmer I"
.-. (Bedenkliche Einsicht ) Tochter de« Prinzipals: „Nun, was hat Papa gesagt, als Du heute um meine Hand anhieltest?" Kommis: „Vier Wochen gekündigt Hst er mir, das Hab' ich davon!" Tochter des Prinzipals: „Aber das genügt ja gerade, Schatz; in vier Wochen können wir verheiratet sein und dann fängst Du für Dich an l"
Liebe um Liebs.
Novelle von Karl Cassau-
(Nachdruck verboten.)
17.
Bald darauf fuhr Alexandrine in der Equipage der Stadt zu. Hier mußte ein Mietwagen sie nach dem „Posthörnei" fahren und vor dem Garten der Wirtschaft halten bi- zu ihrer Rückkehr.
Mutig trat sie ein.
In einer Laube traf sie Gilzingen.
„Haben Sie meine Briefe bei sich?" frug sic rasch.
„Allerdings, gnädige Frau!" entgegnete Gilzingen mit einer Verbeugung.
„Sie wollten mich nicht sehen, Sie wollten aus den Briefen Vorteil ziehen; das konnten Sie natürlich Vicior nicht gestehen I"
„Ich bewundere Ihren Scharfsinn, Frau Hitler I"
Sie lächelte verächtlich und warf das Portefuille auf den Tisch:
Höre» Sic mein letztes Wort I Hier liegen zweitausend Gulden. Geben Sie mir dafür meine Briefe, oder ich sage meinem Gatten alles I"
„Alles, auch das Geheimnis des ersten Kusses?"
„Unverschämter!"
Er zuckte die Achseln.
„Nehmen Sie an ? fragte sie ungeduldig.
„Unter einer Bedingung I"
„Und die wäre?"
„Geben Sie mir Ihr Ehrenwort, nie über diesen Handel sprechen zu wollen I"
„Ich gebe es?"
Er verbeugte sich, holte die Briefe aus seiner Attila hervor und steckte das Portefeuille dafür ein.
Alexandria: hatte die Briefe schnell überzählt, sie zerriß sic in Atome, warf sie Guido vor die Füße und sagte fest:
„Jetzt verachte ich Sie vollständig!"
Er zuckte die Achseln abermals und rief nach seinem Pferde, während sie in der Miei- droschke der Stadt zueilte.
Guido sandte ihr Flüche und Verwünschungen nach.
Nicht lange hielt sich Alexandrine in der Stadl auf. Sie gab Befehl zum Anspannen, machte noch einen kleinen Einkauf bei der Modistin und fuhr nach Hillershausen hinaus.
Drohend zog gerade ein starkes Gewitter am Himmel herauf.
Schon begegnete ihr Victor zu Pferde, da er nach dem Reglement im Falle einet Gewitters auf seinem Posten in der Kaserne sein mußte.
„Ist es geglückl?" fragte er ängstlich.
„Es ist alles geordnet I" gab sie zurück. „Aber hule Dich vor ihm, Vicwr er wird Dich hassen um meinetwillen!"
„Bah," lachte er, „ich fürchte ihn nicht. Auch weiß er, daß ich im Pistolenschießen und Fechte» sein Meister bin. — Glück auf, Schwester I"
Hochaufatmend betrat Alexandrine beim grellen Zucken der Blitze den Salon der Villa.
Lothar stand am Fenster und sah den Blitzstrahlen zu, wie sie im Zickzack die Wolken durchfchneidend in die Erde fuhren.
Erschöpft war sie auf's Sopha gesunken, als ein greller Blitzschlag vom Himmel herabfuhr, als wolle er die ganze Erde mit feinem Feuer verzehren. In demselben Moment ertönte auch schon ein Donner, solang, so laut, so hohl, als stürzte da« Weltall ein.
Jetzt sehnte sich das Epheu nach der starken Eiche.
„Lothar!" rief sic, allen Mut zusammenraffend.
Er wandte sich geisterhaft bleich um und Besorgnis durchzitterte seine melodisch Stimme, als er fragte:
„Alexandrine, was hast Du?"
Eie streckte beide Arme nach ihm aus, sie erhob sich und fiel ihm zu Füßen, indem sie seine Kniec umschlang und schluchzte laut auf. Er suchte sie empor zu ziehen, aber sie rief :
„Nein Lothar, laß mich liegen. Ich bin ganz und gar am richtigen Platze. O Lolhar,
laß mich nicht verzweifeln! Einst versprachst Du mir Aufnahme an Deinem Herzen, wenn ich käme, Dir zu sagen, daß ich ganz Dein sei I«
Er hatte sie längst an sein Herz empor- gehoben und flüsterte:
„Und Du kommst so?"
Sie umschlang ihn und erwiderte:
„Fühlst Du es denn nicht? Warum hast Du es mir denn auch so schwer gemacht, Dir zu sagen, daß Dir mein ganzes Ich gehört?" Warum hast Du es mir denn auch so lange verschwiegen, daß Du uns Namen und Ehre gerettet? Schon in Venedig bettelte ich Nachts vor Deiner Thür um Deine Liebe und ward krank vor Schrecken u. Scham, als ich Dein Zimmer leer fand I In Rom war ich eine Büßende, auf dem Wege zu Dir, aber der Mutter Dazwischenkunst scheuchte mich zurück. O, Lolhar, Lothar, jetzt steht nichts mehr zwischen uns; ich will Dein Weib, Dein liebendes, hingebendes Weib sein!"
Er konnte vor Bewegung nichts antworten, er zog sie nur fester an sich und küßte sie glühend ; heiße Thränm sielen aus seinen Augen auf ihre Stirn. Das Unwetter hüllte sie beide in Finsternis ein, die grellen Blitze durchschnitten die Luft und dazu donnerte eS, als wollte der Himmel einstürzen.
Als er sich in sein unerwartete- Glück gefunden, da flüsterte er ihr leise, kosende Worte zu, sie aber ruhte auf dem Sopha an seiner Brust und gestand ihm vcrschäml:
„Du böser, lieber Mann I Lange schon liebe ich Dich so heiß, so innig wie eine junge Braut !"
Als da- Gewitter ausgetobt u. strahlend em Regenbogen am Himmel stand, öffnete er die Fenster und sah, sie umschlungen haltend, mit ihr in die blendende Sonne und zu dem prächligen Farbenspiel des Himmels auf, indem er leise sagte:
„Siehe, Alexandrine, so schön und harmonisch soll auch unser zukünftiges Leben sein! Erst jetzt eben haben wir, dünkt mich, wirklich Hochzeit gemacht I"
(Fortsetzung folgt.)
Verantwortlicher Redakteur: Bernhard Hofmann.) Druck und Verlag von Bernhard Hofwann in Wietzbad.