Rundschau.

Villa Scefeld, 18. Aug. Seine König­liche Maj-ftäi habe« Sich heule mil Ihrer jdönigiicben Hoheit Punz-lsin Pauline von Bevenhansen nach Villa Scefeld bei Ror- schach begebe», um hier einige Zeit zu», Be­such bei Ihrer Königliche» Hoheit Prinzes­sin Calheriua zu verweilen. Der Königliche Sondcrzug verlieh Tübingen um 9 Uhr vormittags und traf mittags gegen 1 Uhr am Hafen von Friedrichöhafen ein. Hier Halle sich Alle, höchst m Wunjche gemäß der Präsident tcs StaatSmimsftriumS Dr. Frei- Herr von Mttin >ch! eingesvuden, mit welchem Seine Majestät eine Unterredung über ge­schäftliche Angelegenheiten hatten. Nach Be­endigung derselben, verließ das Exiraschiff Königin Charlotte de» Hafen. Bei der An­kunft in Rorschach wurden Seine Majestät und Prinzessin Pauline am Hafen von Ihrer Königlichen Hoheit Prinzessin Catherina aufs herzlichste begrüßt und zu Wagen nach der Villa Seefeld geleitet. Im Allerhöchsten Gc>olge befinden sich hier bei Ihrer König­lichen Hoheit der Prinzessin Pouline das Hofsräulein Ihrer Majestät der Königin Miß Bradschaw und Mademoiselle Wanner, ferner der Kabinettssekretär Geh. Legations, rat Freiherr von Herman und der Flügel- adjulSnt Rittmeister Freiherr von Röder, weicher den von Tübingen aus abgegangenen Fiüzeiadjutanten Oberst von Schott im Dienst abgeiöst hat. Oberhvfmarschall Freiherr von Wöllwarth-Lauterdurg hatte den Königlichen Sonderzug bis Friedrichöhafen begleitet und ist von da in Urlaub abgegangen.

Villa Seefeld, 20. Aug. Seine König­liche Majestät haben auf die Traucrnachricht von dem in Ulm infolge eines HitzschlagS erfolgten Ableben des einer militärischen Heb­ung einberufenen Gefreiten der Reserve des Infanterieregiments Kaiser Wilhelm, König von Preußen (2. würtl.) Nr. 120 Post- praklikanten Höfel den Angehörigen Aller- höchftJhr» wärmste Teilnahme an dem er­littenen schmerzlichen Verluste aussprechen lassen.

Die Cannstatter GewerbeauSstellung hat sich stets eines regen Besuches zu er­freuen. In den letzten Tagen wurde sie von den Arbeitern verschiedener Fabriken besucht. Verschiedene dieser Firmen ließen ihre Leute noch in der Finkschcn Bierhalle bewirten. Neun Gewerbevereine haben ihren Besuch bereits angesagt, und darf man annehmen, daß dieselben ebenso befriedigt nach Hause ziehen werden wie diejenigen, welche die Aus­stellung bereits besucht haben.

- Aus Württemberg schreibt der Fr. Z. ein Industrieller: Der deutsch-russische Zollkrieg lastet wie ein Alp auf der ganzen deutschen Industrie, auch auf derjenigen, die keine direkten Beziehungen mit Rußland Hai. Denn die Verstopfung des Absatzkanals nach Rußland hat im Gefolge, daß die übrigen Märkte mit den bisher nach Rußland gelie­ferten Waren noch mehr als seither über­führt werden, daß die Preise fallen und die Produktion noch weniger lohnend wird. Die weiteren Folgen sind bann Minderung der Arbeitslöhne und Arbeiicrentlassungen. Die würllembergische Industrie ist dabei stark interessiert. Es stehen zwar für den 1. Oktober neue Verhandlungen in Aussicht kein Geschäftsmann wird aber verstehen, war­um zwei Monate ungenützt »erstreichen müssen, die gerade der Haupleinkaufszeit, dem Herbst- *

geschäft, vorauSgehen. Wo bleiben in dieser Notlage die berufenen Vertreter von Handel und Industrie, die Königi. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, die Handels- und Ge­werbekammern ? Eine Umfrage in den Jn- dustriebezirken würde ihnen beweisen, wie sehr der jetzige Zustand den berechtigten indu­striellen Interessen widerspricht und wie wenig er der Landwirtschaft nützt I"

Der Gefreite Kienzle der 9. Kompa­gnie des Infanterie-Regiments Alt-Würt- Icmberg in Ludwigsburg errettete diesen Som­mer einen Ulanen vom Tod des Ertrinkens. Für diese mutvolle Thal wurde demselben eine ehrende Auszeichnung zu teil. Das ganze Regiment war auf dem Arsenalplatz angetreten. Der Gefreite wurde vom Re­gimentskommandeur Oberst v. Fischer vor die Front befohlen, worauf der Regimentskom­mandeur in eiiur Ansprache an das Regi­ment die mutige Handlung anerkennend er­wähnte und den Gefreiten zum Unteroffizier beförderte, während das Regiment präsentierte.

Am 18. August nachts lOfta Uhr ist in einer Scheuer in Münklingen, O.A. Leonberg, ein Brand ausgebrochen, der 7 Wohnhäuser, worunter das,Pfarrhaus, und 11 Nebengebäude in Asche legte.

Heilbronn, 20. August. Gestern hat ein hiesiger Weingärtner schon Verlese gehalten, indem er aus seinem Weinberg einige Kübel voll reise Frühtrauben geschnitten und ein- gcheimst hat. Die Trauben überhaupt sind in ihrer Entwicklung schon sehr weit voran­geschritten, so daß man allenthalben schwarze und gefärbte Trauben, sogar solche Trol- linger steht.

Tübingen, 19. August. In den letzten Tagen kam eine Frau M. aus Amerika, die sich hier aufhielt, durch ein schweres Unglück umS Leben. Sie wollte sich ihre Haare brennen und benützte dazu Spiritus. Durch unvorsichtiges Zugießen von Spiritus auf die Maschine entzündete sich derselbe, infolgedessen ihre Kleider rasch Feuer fingen und sie schwere Brandwunden davontrug, an denen sie, nachdem sic in die chirurgische Klinik ge­bracht wurde, bald starb.

Ulm, 18. Aug. Auf dem Rückmarsch des gegenwärtig hier einquartierten zweiten Infanterie-Regiments vom Exerzierplatz auf dem Lerchenfeld sind gegen 40 Manu vom Hitzschlag betroffen und umgefallen. Ein Mann, Postpraktikant Höfel aus Stuttgart, war sofort tot. Die Regiment-Übung dauerte 6 Stunden, die Ankunft hier erfolgte erst um 1 Uhr mittags. In der Bürgerschaft herrscht großc Aufregung über das Marjch- unglück.

Schwetzingen, 16. Aug. Der 20 Jahre alte Kaufmann Franz Kurz von hier hat einen Schwimm Apparat erfunden, über den derMannh Gen.-Anz.« berichtet: Der Gebrauch dieses Apparates setzt jeden, wenn er auch der Schwimmkunst vollständig un­kundig ist, in den Stand, zu schwimmen. Der Apparat besitzt Flossenform, hat ein Ge­wicht von 8 Pfund, eine Länge von 80Ctm., eine Breite von 38 Ctm., ist spitz auslaufend auf 1 Cim., hvch 8 '/ 2 Cim. Es besteht au« 6 Stoffen verschiedener Art und kommt für Gummifabriken am billigsten zu stehen. Die Geschwindigkeit beträgt 15 Kilometer oder 15,060 Meter in der Stunde; gegen den Strom die Hälfte. Die Erfindung ist be­reis beim preußischen Kriegsministerium ein- 1 gereicht.

Da jetzt außer Bayern und Würt­temberg auch Baden die zehntägige Gültig­keit der Retourbillets angenommen Hai, so rechnet man mit Sicherheit darauf, daß die Reichseisenbahnverwsltung diese Maßnahme notgedrungen auch in Elsaß Lothringen ein- sühren werde. Geschieht dies nicht, so würde unzweifelhaft ein Teil des jetzigen Personen­verkehrs auf die badischen Linien abgelcnkt werden.

Berlin, 17. Aug. DerReichsanzeiger" veröffentlicht eine Verfügung des Landwirt- schaflsministers vom 16. August an die Re­gierungspräsidenten von Königsberg, Gum­binnen, Marienwerder,'Bromberg, Posen und Oppeln, wodurch zur Verhütung der Ein­schleppung von Viehseuchen die Einfuhr von Heu und Stroh aus Rußland bis auf Wei­teres verboten wird. Das Verbot tritt am 25. August in Kraft, bis wohin in näheren, nicht so häufig von der Rinderpest betroffenen Teilen Rußlands bereits angekauftes Heu und Stroh zur Einfuhr gebracht sein kann.

Am Samstag vormittag warf in Berlin ein Kutscher ein Mädchen c>nS Eifer­sucht zum Fenster hinaus, so daß dasselbe schwere innere Verletzungen davontrug. Als­dann brachte er sich selbst mit einem Beile bedenkliche Kopfwunden bei.

Einem Brauereibesttzer in Mainz hat vor einigen Tagen der Klapperstsrch das fünfundzwanzigste Kind gebracht. Gratu­lieren I

Die Grubenkatastrophe bei Dort­mund. Nachdem erst am verflossenen Frei­tag, auf der ,.Zeche König Ludwig" eine Grubengasexploston 7 Menschen gelötet hatte, hat am Samstag eine neue, aber weit furcht­barere Explosion auf der ZecheKaiserstuhl" stattgefunden, bei welcherzweiundfünfzigBerg- leute getötet wurden ! In üblicher Weise war am Samstag früh die Morgenschicht cinge- fahren mit Gebet und frobem Glückauf, nicht ahnend, daß der Zug des Todes nach einigen Stunden in ihre Reihen fahren und furcht­bare Ernte halten werde. Gegen 11^4 Uhr durchzitterte plötzlich die ganze Grube ein dumpfer Knall, und im nächsten Augenblick verdüsterte sich das Grubenlicht, und die Luft wurde dicker; kein Zweifel, es halte eine Explosion schlagender Wetter stattgefun­den, deren Gase sich weithin verbreiteten. Nach einigen Augenblicken halte man den Hcerd der Explosion, Flötz Null, entdeckt und im selben Augenblick auch überschaut, daß die Explosion von den bösesten Folgen begleitet gewesen war. Sofort wurde mit der Bergung der Leichen und mil der Ret­tung der Verwundeten begonnen, ein Werk, das kein leichtes war; aber mit Todesverach­tung drangen die mutigen Arbeiter unter Führung der Steiger vorwärts, und einer nach dem andern der verunglückten Kamera­den wurde zum Schacht befördert, um lebend oder tot am Tage gebettet zu werden. Die Toten wurden der Reihe nach aus einem großen Strohlager in der Totenhalle auf dem Zechenplahe untergebracht, während die Ver­wundeten auf geeigneten Karren, die mit Stroh gefüllt waren, unter Begleitung von Kame­raden nach dem Krankenhause überführt wur­den. Die Leiche» waren teilweise arg zuge- richtct, einige aber waren fast gar nicht ent­stellt und waren anscheinend ohne Schmerz vom Tode überrascht worden. Unter den Toten befinden sich auch zwei Gebrüder, die Bergleute Hiddemann; im Leben und bei