Liebe um Liebe.
Novell« von Karl Cassan.
Nachdruck derbsten.
9.
„Daß sich Ihr Schwiegervater in sys — ?"
Der Kamerad machte da« Zeichen de« Erschießen«.
„Wie?" rief Gilzingen und erbleichte.
»Ja, j°, Cassendeficit, Alle- verlören I"
„Was sagen Sic, Kamerad Braga l Ist da« wahr?"
Dieser erzählte nun Alle«. Einige Augenblick« stand der Rittmeister wie vom Donner gerührt, dann stiea er wieder von seinem Pferde ab, eilte die Casernentreppc wieder hinauf, setzte sich in seinem Zimmer an de» Schreibtisch, warf einige Zeilen auf einen Briefbogen, couverlierte, adressierte an Äle- xandrine von Eppinger, steck'.e den Bri-f in Attila, schwang sich auf da« Pferd und rill davon, indem er sich der Villa Eppinger von der Hinlerseite näherte.
In der Villa wußte Gilzingen gut Bescheid. Da« Pferd gab er einem Diener zum Halten, er selbst trat durch eine Seilenthür ein und wartete auf den blonden Diener Bertram, der stet« seine Correspondenz mit Alexandrine in der letzten Zeit besorgt hatte.
„Bertram," rief er halblaut, im Halbdunkel der Treppe stehend', „Bertram, hierher I"
Der Gerufene erschien.
„Ah, Sie sind e«, gnädiger Herr?"
„Ja ich I Was ist geschehen?"
Bertram fühlte einen Doppelgnlden in der Hand.
„Der gnädige Herr ist tot," flüsterte er-
„Dummkopf, d,S weiß ich. Mehr, mehr!"
„Hm I Um sechs Uhr war der Bankdiener Klöppel hier und meldete eine Cassen- revision für zehn Uhr. Gegen sieben Uhr erlönte ein Schuß. Man hat uns alles verheimlicht, aber es war ein Fahren, ein Eilen, ein Geflüster. Dann kamen der Sanitäls» rat Stephani, Dsklor Löwe und Doktor Hitler. Die Leiche ließ Jean gleich aufbah- r:n, e« hieß, ein Schlag habe ihn getroffen, den armen Herrn I"
„Weiler!"
„Was weiter? Ein Caffendesect von einer halben Million Gulden ist da. Julie, die Zofe der gnädigen Frau, hat eö in einem Brief gelesen, den der gnädige Herr kurz vor seinem Lose an die Gnädige geschrieben !"
„Eine halbe Millwn Gulden ? Hm, hm I Da bleibt wähl für die Familie nicht viel mehr übrig?"
„Nicht«, gar nichts, gnädiger Herr. Arm, wie die Kirchenmäuse sind die Leut nun."
Gilzingen sann eine Weile nach und murmelie für sich:
„Schicklicher wäre eS vielleicht, wenn ich persönlich Al'x.l»drinen — doch nein, ne«» — !"
Ee zog d>» Blies helvüi Und besaht dem Diener'.
,G>ed ihn dem FlänUin, Bclram. Adieu!"
Gilzn.ge» ging aus den Hof zui ttck, setzte sich aus se.n Pserb und jagte davon.
Alexandrine weilte in Trauerkieidern im Boueo-r und la» ei» Dichtenvort, welche« ihr neulich schon ausgefallen war. Es lautete :
„Der Schmerz darf Dich Wohl beugen, d-ch ganz brechen
Darf keinesfalls er jemals Dein Gemüt; Es wird sich einmal- an Dir selber rächen, Leidst Du, daß er die Seele niederzieht I Trag phiisolophischrwürdcvoll die schwere Last, Die Du nun einmal erdgebor'n z» tragen hast!"
„Eie fand darunter, was sie bisher übersehen, den Namen Lothar Hiller. Wie kam es, daß sie gerade an ihn heute gedacht hatte? Ach ja, gestern Nacht noch hatte ihr armer Papa Hitlers Namen so warm ausgesprochen, ihn als das Ideal eines männlichen Charakters hingestellt. Wie sagte er doch? Ein im Felsen im Aufruhr des tobenden Meeres sei Hiller. — Und sie? Sie halte sich Guido von Gilzingen erwählt. Ob sie die richtige Wahl getroffen? Aber wo blieb er jetzt in ihrem Unglück? Die Botschaft mußte ihn längst erreicht haben. Sie war ganz allein. Die Mutter halte sich -ingeschloffen, Victor war ausgegangcn, Beate zum Doctor Löwe gerufen.
Es erklangen Schritte; das mußte Guido von Gilzingen endlich sein. Ja, jetzt suchte das rankende Epheu die feste Slitze der starken Eiche I
Es klopfte, aber es war Bertram.
Einen Brief brachte I Guido kam nicht einmal selbst! Jetzt, wo sie den herbsten Verlust dcS Lebens erlitten?
Sinnend öffnete Alexandrine den Brief, las ihn und sank totenbleich in's Sspha zurück. Als sie nach einigen Minuten wieder erwachte, lag ihr ganzes Leben wie zerstört vor ihr. Sie weinte nicht, sie jammerte nicht, sie kniff nur die Lippen zusammen und las nomas den Brief, welcher lautete:
„Gnädiges Fräulein!
Unsere heimliche Verbindung war ein Traum. Da ich Ihnen in Ihrem Unglücke nichts bieten kann, gebe ich Ihnen Ihr Wort zurück. Sie sind frei I Genehmigen Sic den Ausdruck meiner Hochachtung. ,
Guido v. Gilzingen."
Verächtlich warf sie das Papier in den Ofen. Nur einmal stampfte sie mit dem niedlichen Füßchen den Teppich, dann murmelte sie:
„Ein Felsen im Meer? — Ein Rohr i:n Winde I Pfui, Guido, ich verachte Dich !"
Sic wanderte ruhelos hin und her und zermatterie ihr Gch>rn über den Grund seines Rücktrittes; denn die wahre Ursache ahnte sie nicht.
Die nächsten Tage waren schreckliche für die Eppinger'fche Familie. Zuerst kam das Begräbi iS des Toren ,mit schlimme» Slunden, deren bitteiste dnßnige war, in weicher be- florte Träger mit beflissener Amtstrauermine den reich dekorierten Sarg fortschleppten; dann folgten die Cvndvtenzbrsuche, die neue Ordnung der Dinge endlich traf tief in das H«rz der Leidtiag nden.
DvciSl Löwe u> d Helle« orbneien die G' schätte des verstorbenen Lankeireklors mu dem Bankier Selbiger und retteten dabei aus de» Papieren ein Kapital von 60 000 fl Die Villa am Rt»g verkauften sie, und dieser Erlös verbunden mit jenen, Capital gaben einen Funds, dessen Zinsen der Familie ein bescheidenes Auskommen gestatteten.
Nun ward von EppingerS ein kleine« Häuschen in der Berstadt gemietet, wohin
sich die Familie zurückzog. Da diese« der bekannten Neigung der Frau von Eppinger für Einfachheit und Zurückgezogenheit entsprach, fiel eS Niemanden schwer, denn auch Alexandrine war es in ihrem geheimen Schmerze so recht und ließ Alles gewahren, da er wohl sah, daß jo Alles zum besten gelenkt wurde. Dar Mobiliar wurde meistens versteigert, die Dienerschaft entlassen. Jean erhielt 2000 fl, zur Etablierung eines kleinen Hotels. Pferde und Wagen fielen auch unler den Hammer de« Auktionator« und die Familie nahm so wenig Besuche an, al« sie solche abstaltete, wozu die Trauer hinreichenden Vorwand abgab.
Inzwischen erließ die orientalische Gesellschaft einen Nachruf für ihren treuen Direktor und ließ ihm einen herrlichen Granit» Obelisken über seiner Ruhestätte errichten. Auch erhielt die Witwe des Bankvirektor« durch den Verwatiung«rat eine jährliche Pension von 1000 Gulden zugebilligt. i Fortsetzung folgt.)
Verschiedene«.
.'. (Musik — Und Magen.) Ueber den Einfluß der Musik auf den Magen äußert sich ein New-Yorker Konzert-Restaurateur: „Es ist merkwürdig, welchen Einfluß die Musik auf den Magen hat. An den Abenden, wo das Orchester Wagner spielt, setze ich fünfmal soviel Lagerbier ab, als sonst. An den MendelSsohn-Abenden kauft niemand Schinkenbrötchen, und da ich an diesen 85 Przt. verdiene, halte ich nicht viel von Herrn Mendelssohn. Johann Eirauß ist der Komponist, der den Wein fließen macht. Der Mensch fühlt sich wohl, wenn er einem Walzer von Slrauß lauscht, und er bestellt sofort eine Flasche Champagner. — Oho i (Ein kleiner Unterschied.) A.: „Du siehst ja so zerhauen aus?" B.: „Ja meine Frau hat mich gestern mit Blumen beworfen I" A.: „Davon kannst Du doch nicht so aus- sehen ?" B.: „Ja, der Topf war aber auch noch dabei."
(Im Seebad.) „Ah, liebe Emma, ich mutz Ihnen noch gratulieren, Sie haben sich, wie ich höre, verlobt? Wie ist »as so schnell gekommen 2" — „Ich danke sehr, gnädige Frau i Aber ich bitte Sie, was soll man denn bei dem schlechten Wetter machen I"
(Umgekehrt.) A.: „... Ihr Mann soll ja auch unler dem Druck der Verhältnisse sehr zu leisen haben?" — Frau re» Dichters: „Mehr unler den Verhältnissen des — Nichldrucksl"
(Zugerechtgewiesen ) Oberst (zu dem
seine Verlobung «»meldenden Lieutenant): „Sie haben mir da mit ihrer V-rlovung einen Streich gespielt, hatte selbst dort Absichten." — Lieutenant: „Verzeihung, Herr Odeist, ich meine nicht die Mutter, sondern die Tochler."
— (Entfernung von Milchkaffeeflrcken.) Um solche Flecken aus seidenen obrr wollenen S»che» zu entfernen, bestreicht man einfach b>e betr>ffcnbe Stelle mit nicht parfümiertem Glykertn, wäscht dasselbe hernach mit lauwarmem Wasser wieder aus plättet die Stelle auf der linken Seite, so lange die noch feucht ist. Hierdurch wird selbst die zarteste Farbe nicht angegriffen und absorbiert das Glycerin nicht allein die Fettigkeit der Milch, iondern auch die Farbsäure des Kaffees.
Verantwortlicher Redakteur Bernhard Hosmann. Druck und Verlag von Bernhard Hosmann.