Rundschau.

DemSchwäb. Merkur" wird von Htilbronn geschrieben : Die Angelegenheit des Oberbürgermeisters Hegclmaier ist in ein weiteres Stadium getreten. Von seiten des k. McdizivalkollegiumS ist nämlich ein zweites Gutachten hier eingelsngt, in welchem darauf bcharrt wird, daß H. unheilbar geisteskrank ist, während bekanntlich Geh.-Rat Dr. Schüle in Jllenou sich nach Einsicht der Akten und auf Giund längerer persönlicher Beobachtung für die völlige geistige Gesundheit deS Ober­bürgermeisters H. in ganz bestimmter Weise ausgesprochen hat. ES gewinnt immer mehr den Anschein, daß man gerne um eine öffent­liche Verhandlung vor dem Disziblinarhof herumkomme» würde, wenn dies auf gesetz­lichem Wege möglich ist. Denn wie be­stimmt versichert wird, wurde dem H. bis jetzt weder eine Anklageschrift zugcstellt, noch ihm der Inhalt der gegen ihn erhobenen Beweismittel mitgeteilt, was nach Art. 90 des Beamtengesetzes sofort nach geschlossener Voruntersuchung hätte geschehen sollen. Des­halb steht man auch der hier bevorstehenden Gerichtsverhandlung allgemein mit begreif­licher Spannung entgegen, da ohne Zweifel diese über manche noch dunkle Punkte Licht bringen wird. Als Sachverständige sind näm­lich auf der einen Seite einige Mitglieder deS Medizinalkollegiums, auf der ander Seite Geh.-Rat Dr. Schüle geladen; es handelt sich somit darum, daß das Medizinalkollegium öffentlich den Beweis für die unheilbare Gei­steskrankheit des Oberbürgermeisters H. führt, was sehr erhebliche Haken haben dürfte. Die Verhandlung ist übrigens auf 10. August vertagt worden.

Eßlingen, 23. Juli. Hasen, Spatzen, Wespen und .Hornissen sind in der Zeit der Trockenheit so gediehen, daß sie anfangen, zur Plage zu werden. Große Spatzniflüge und Hasenrudcl setzen den Bauer in Schrecken, die Wespen und Hornissen den Weingärtner. Unsere Sladtveiwaltung hat schon vor Wochen für Einlieferung eines Wespennestes 30 und für ein Hornissennest 50 Belohnung ausgrsetzt, und namentlich die Jugend geht meistens zur Nachizeit eifrig auf die Jagd, so daß die Sladlkasse schon gegen 1000 ^ für cingeliefcrle Nester zu bezahlen hatte. Die Prämie für ein Wespennest wurde nun aus 10 herabgesetzt.

Psalzgrafenweiler, 20. Juli. Der Ortö- «nwalt Bohnet in Oberwaldbach fand gestern Abend einen jähen Tod. Er war vom Ab­schied eines Lehrers, da er sich nicht wohl fühlte, bald nach Hause zurückgek>hrt. Als er noch einmal zur Thüre hinauSging, stürzte er, wohl infolge eines Schlaganfalls, die Treppe hinab, wo ihn die Seinigen bewußt­los auffanden. Nach wenigen Stunden starb der Verunglückte.

Teillach, 25. Juli. Dank einer Stift­ung der verewigten Königin Katharina feierte «uch heute Teinach wider seinJakobifest". Dasselbe gestaltete sich zu einem wahren Volksfeste und lockte ein außergewöhnlich zahl­reiches Publikum an. Auch Se. Exccllenz der Oberjägermeistcr v. Plat» ist mit Familie von der Rehmühle aus hier eingetroffcn. Den Anfang des Festes bildete ein Umzug der Mitwirkcnden, von einer Musikkapelle be­gleitet. Nachher folgte Wettrennen von Kna­ben, Eselsrennen, Wettlaufen von Mädchen mit gefüllten Wasserkübcln, Sackhüpfen und zum Schluß der Hahnentanz. Besonder-

zur Erheiterung der Zuschauer ßrug das EselS- rennen bei, das de» meiste» der Kurgäste etwas Neues war. Ein hoher Kletterbanm, mit bunten Taschentüchern u. s. w. geschmückt, lud die Knaben ein , sich einen nützlichen Gegenstand zu erklettern. Ferner waren auf- geschlagen : l Zlikns, 1 Karnss.l, 1 Sch'- und 1 Phoiographiebude, der-n Besitzer gute Geschäfte gemacht haben sollen. Leider ist zu bemerken, daß die Nationaltracht unter den Mitwirkenden beim Jakobifest von Jahr zu Jahr mehr in Abgang kommt, wodurch das Fest an feinem historischen Reize verliert.

Zur Beseitigung von Zweifeln da rüber, wie weil die zweijährige Dienstz-il auf die jetzt Dienenden Anwendung finde, hat nach der Köln. Zlg., der Reichstagsabg Lorenzen-Büdetsdorf (Schl.-Hotst.) auf Grund einer Unterredung mit dem Major Wachs aus deni preuß. Keiegsministerium festgestcllt, daß die Mannschaft, weiche im Herbst 1892 eingestellt ist, unbedingt im Herbst 1894 (also nach zweijähriger Dienstzeit) entlassen werden wird, daß dagegen diejenigen, welche 1891 cintraten, nicht bestimmt vor Herbst 1894 auf Entlassung rechnen dürfen. Von diesen 1891 Eingestellten werde also ein Teil wie bisher unter den Fahnen bleiben müssen.

Ein gräßliches Unglück ereignete sich in Hagen in der Gußstahlfabrik von Eicken u. Co. Der Gießer S. glitt bei der Arbeit au- und fiel g-rade vor die Oeffnung des Schmelzofens. In demselben Augenblicke ergoß sich das wcißglühcnde Metall aus dem Ofen und verbrannte den Mann derart, daß er einige Stunden darauf seinen Geist auf­gab.

Ein schreckliches Unglück Hai sich dieser Tage in der Dynamitsabrik zu AblvN, un­weit von Honfleu'', zngetragen. Vier schnell aufeinanderfolgende Explosionen zerstörten um 9 Uhr morgens alle Gebäude der Fabrik, welche 160 Arbeiter und Arbeiterinnen be­schäftigt. Der Knall wurde 6 Kilometer weit in der Runde gehört und verursachte in der ganzen Umgebung eine große Panik. Die erste Explosion vollzog sich in einer Kase­matte, in welcher sich 7 Arbeiter befanden; sie blieben sämtlich tot, und ihre Leichen wur­den entsetzlich verstümmell am abend unter den Trümmern hcrvorgezogen. 20 Arbeiter sind verwundet, von denen jedoch 9 nur leich­tere Verletzungen erlitten haben. Die Ur­sache der Katastrophe ist bisher nicht bekannt; man berechnet den materiellen Schaden auf 150,000 Fr.

Ein Papagei als Unheilstifter. Ein Papagei ist der Urheber eines furchtbaren Unglücksfolls gewesen, der sich dieser Tage in der der Baronin Henriette Lodigiani-Luppis- Ramer gehörenden Villa Monguzzo in Mai­land ereignete. Am jüngsten Freilag abends gegen acht Uhr, während das Dienstpersonal der Baronin sich im Vorhafc aushielt und die Baronin selbst im Empfangszimmer mit einigen Freunder, plauderte, warf ein Papagei, der im Vorzimmer frei herumflsg, eine große Petroleumlampe um und die brennende Flüs­sigkeit ergoß sich auf einen der Vier großen Jagdhunde, die unter dem Tische lagen. Unter einem schrecklichen Geheul lief der Hund wie rasend davon, wobei die Flammen, die ihn umgaben, immer größer wurden. Das brennende Tier stürzte auS dem Vor­zimmer, lief in den Garten und schlug die Richtung nach den Pferdeställen ein, gefolgt von den «nderrn Hunden, die beim Anblick

ihres Gefährten vor Schreck gleichfalls laut bellten und beulten. Die Dienerschaft eilte herbei, aber Niemand wußte, wie man den vom Feuer erfaßten Hund von stinen Queuen erlöien sollte, bis endlich der Koch Morgauti die Idee hatte, feine Schürze auf das Tier zu weifen, i» der Hoffnung, so die Flam­men ersticken zu können; aber das wütende Tier wußte ihm wenig Dank daiür, sondern stürzte sich auf ihn und warf ihn zu Boden. Zwischen dem Manne und dem Hunde, dem das augebrannte Fleisch in Fetzen vom Körper hing, entspann sich ei» wilder Kamps; der Hund hatte noch die Kraft zu beißen und richtete den Koch schrecklich zu, sodaß er mit liefen Wunden am Halse und an den Armem vom Platze getragen werden mußte. Der brennende Hund verendete nach wenigen Minuten unter allen Anzeichen der Tollwut, die sich im l-tzten Augenblicke bei ihm eingestellt hatte. Auch bei dem gebis­senen Koch zeigten sich bald alle Sxmptome der Wasserscheu; er starb unter gräßlichen Schmerzen. Baronin LuppiS-Ramer wurde während der grausigen Scene von Herz­krämpfen befallen und liegt schwer krank dar­nieder.

Maschine für Arbeitslose ! Die Zeit­schriftConcordia" entnimmt einem englischen Fachblatte nachstehende heitere Mitteilung: Gegenwärtig, da Arbeitslosigkeit und Arbeits­scheu so schwer zu unterscheiden sind, erscheint die neueMaschine für Arbeitslose" nicht unzeitgemäß. Man kennt die Automaten, die gegen Einwurf eines Zehnpfennigstückes ihren Kunden Süßigkeiten rc. liefern, oder sie wägen und messen ; die LondonerEleklri- zity" weiß von einem neuen Automaten zu erzählen. Bisher lieferten diese gegen Geld, ein Werlobjekt; ln neu erfundenen wird das Prinzip umgekehrt. DaS Publikum soll 10 Pfennig empfangen, statt sie zu g?ben, und zwar ist die Idee folgende: Jedem, der eine Kurbel hundertmal umdreht, tiefer! der Automat 10 Pfennig. Die Kurbel ist innen mit einer Dynamomaschine verbunden und die 100 Umdrehungen erzeugen und speichern eine Quantität elektrischer Energie auf, die dann von den Besitzern des Auto- maien zu Leuchtzwecken ausgegcben werden kann. Der Plan scheinteinleuchtend" ge­nug, und hat, wie das Blatt bemerkt,für Arbeitslose" gewiß viel Reize. Niemand braucht zu hungern, der nicht zu faul ist, die Kurbel zu drehen. Und warum sollte nicht jeder Haushalt sich einen solchen Krafl- sammler anschaffen? Die Möglichkeit, sich eine Lichtquelle zu schaffen, gäbe gewiß der Zimmergymnastik einen ungeahnten Auf­schwung."

Fischen zur Nachtzeit. Durch die Ministerialverfügungvom 24. Dezember 1889 beiieffend die Ausübung der Fischerei ist insbesondere der Fang von Fischen u. Kreb­sen zur Nachtzeit seine Stunde nach Son­nenuntergang und eine Stunde vor Sonnen- '«ifgang) unter gleichzeitiger Anwendung menschlicher THStigkeit verboten worden. Diese Bestimmung scheint vielfach nicht gekannt und beachtet zu werden; es sind aber auf Zuwiederhandlungen Geldstrafen bis zu 45 Mark, bei unbefugtem Fischen und Krebsen zur Nachtzeit bei Fackellicht oder unter An­wendung schädlicher oder Explodierender Stoffe aber Geldstrafen bis zu 600 ^ oder Ge­fängnis bi< zu 6 Monaten »«gedroht,