Chicago gehen. Der Reichskommissar Geheimrat Wermut hatte mehr vorgeschlagen. Da» scheiterte aber an der Geldfrage. Die Sachverständigen erhalten insgesamt eine Entschädigung von 750 Doll, per Person, die Von der amerikanischen Regierung gezahlt werden. AnS Württemberg sind dabei: Graf Adelmann und Bergrat Dr. Klüpfcl.
Elbing, 29. Juni. Das Raubmörderpaar Karl Collin und Rosalie Schnack wird heute hingeriwtet.
— Der Zopfmarkt. In Morlans, ein-r kleinen Ortschaft im Departement Nstdxr- pyrenäen, findet jeden Freitag ein sonderbarer, sicherlich einzig i» der Welt dastehender Markt statt. Die Händler versammeln sich in der Hauptstraße de- Städtchens und gehen auf und ab, auSgestatlet mit einer mittel« eines Ledcrriemens am Gürtel befestigten groß» Schere. Die jungen Märchen, die sich ihres Haupthaare« zu entledigen wün scheu, stellen sich nun gewöhnlich parweise vor die Hausthüren, und werden, nachdem sie ihre Haarflechten aufgelöst habe» , von den Händlern angesprochen, die für jede Haarsträhne, je nach der Länge und Fülle des Haares, von drei bis zu zwanzig Francs
bieten. Nachdem man sich über den Preis geeinigt, bezahlt der Händler, setzt seine Schere an den Nacken de« jungen Mädchen» und schneidet den gekauften Zopf ab. Diese „Operation" wiederholt sich von Thür zu Thür.
— Eine Mordthal im Ostend von London. Eine Mordthat ist am Sonntag morgen im Ostend von London (Silverlookstreet) begangen worden, die an die Methode erinnert, welche „Jack, der Aufschlitzer" bei seinen Uebelthaten befolgte. Ein von der genannten Straße kommende« Geschrei leckte eine große Menschenmenge herbei. Eine ungefähr 45jährigc Frau, Namen« Thompson, wurde dort mit fast ganz durchschnittenem Halse gefunden. Sie hatte einen Hausschlüssel in der rechten Hand und zwischen ihren Fingern hielt sie ein 6 Pence-Ctück und einen Pfropfen. Die Personen, die zuletzt mit ihr gesehen wurden, waren eine Frau und ein Mann, mit denen sie in einem „Public-Ho.fie" trank. Später wurde sie mit dem Mann« allein gesehen. Da« Opfer ist eine verheiratete Frau, die sei! elf Jahren von ihrem Manne getrennt war. — Bei dieser Gelegenheit sei in« Gedächtnis zurück
gerufen , daß seit der WeihnachtSwochc in 1887 11 Frauen im „Ostend" unter mysteriöse» Umständen ermordet worden sind.
— AuS Kamerum sind schlechte Nachrichten in Berlin eingegang n. Ein Offizier und ein Feldwebel sielen in Gefangensäasi und wurden von den E.nge menen ermordet, ehe der zur Hilfe heranrückendc Lieutenant von Stetten Ertsatz schaffen konnte. Dieser wurde im Gefecht dnrch einen Schuß verwundet.
New-Aork, 30. Juni. Bei einem Sturm, von welchem der Staat Kansas hcimgcsucht wurde, kamen 3 Personen um. Ein ans Holz errichtetes SchulhauS wurde 250 Jords weit fortgeschleudert.
Im ersten Berliner Wahlkreise gab am Samstag ein Wähler einen Stimmzettel mit folgendem T>xt ab:
Wat thn ick mir vor Wahlen koofenl Ick bin für Kneipp in Wörrishofen,
Da, wo se alle baarfnß loofen Und sich in kaltes Wasser toofen I .-. (Der Gedankensplitter) Er: „Ich besitze die seltene Gabe zu erraten, was Jeder von mir denkt I" — Sie: „Da« muß aber sehr unangenehm für Sie sein I"
Im Banne des Blutes.
Roman von H. von Ziegler.
(Nachdruck verboten.)
28.
Auch der Landrat schüttelte Ruth warm die Hände, während die drei Hohenstein« sich nur kühl verbeugten und Olgas kallspotten- der Blick über Ruths tiefe Traucrgewänder hinglitt.
Aber Rnlh hatte sich unter demselben sogleich Völlig gefaßt; da« dunkie Lockenköpfchen ruhig emporrichlend und ohne Bettys Hand loszuiasscn, sagte sic einfach:
„Es war meine Pflicht hier zu sein, denn die teure Tode teilte nur erst in ihrer Todesstunde mit, daß sie meine Großmutter seil"
Ein dreifacher Ausruf von den Lippen der Hohensteins aniworteten dieser schlichten Erklärung. Nur Betty und ihr Mann blickten sich verständnisroll an und erster? sagte, Rut umarmend: „Ich weiß es, mein Liebling; Tanles letzer Brief hat mir das Geheimnis mitgeteilt, und ich freue mich unbeschreiblich, Dich, die ich so herzlich liebe, als V.rwandte begrüßen zu können."
„Was soll das heißen ?" frug jetzt Olga, sich völlig vergessend dazwischen, „davon kann doch keine Rede fein, daß dieses Fräulein — Berger Tante Aeltsch'« Enkelin sein kann?"
„Allerdings ist dies der Fall, Feäulein von Hchnstein," eittgegncte Ruth kühl und bestimmt, „Geoßmama's Sohn war mein Vater und ich bin die legitime Enkelin der Gräfin von Jeilsch, mein wahrer Name ist Comtesse Aeltsch."
„O, das klingt sehr romantisch, muß aber doch erst festgestellt werden," meinte Olga hochmütig. „Ohne die genügenden Papiere lassen sich etwaige Anspiüche oder Forderungen JhrersettS keinesfalls aufstcllen.
„Mein rechtmäßiges Herkommen, Fräulein von Hohenstein, wird hinreichend durch amtliche Dokumente und beglaubigte Abschriften bewiesen," erwiderte Ruth ruhig, „und von — Forderungen kann keine Rebe lein, ich Hab? nur Reckte, im klebrigen g-nügt mir das Bewußlfeii' , Großmama wenigstens in
einer kurzen Stunde meine Liebe habe beweisen zu dürfen."
Egon starrte wie versteinert auf diese schlanke, vornehme Mädchengestalt; wie ernst und stolz blickten Ruths braunen Augen auf Olgas wulverzehrlen Züge, wie vollendet vornehm dagegen wsr Ruth« Benehme».
Herr von Hohenstein, ein stiller, ziemlich phlegmatischer Mann, trat jetzl vor und sagte, Ruth die Hand dielend:
„Wie dem auch sei, gnädiges Fräulein I Die Tode liegt noch in diesen Räumen, und wir wollen all diese irdischen Angelegenheiten uneröiterl lassen, bis die Gräfin zur Ruhe bestallet ist. Führen Sie uns zu meiner armen Schwester I"
Auch Ego» ira! jetzt näher und murmelte, sich tief verneigend: „Gnädigste Comtesse ertauben —"
Aber Ruth hörte ihn nicht, sie hatte Bettys Hand ergriffen und zog diese mit sich in den schwarz dekorierten Salon, in dem man die Leiche der Gräfin aufgebahrt hatte.
Das Begräbnis der Gräfin ging vvtüber mit allem Glanze des gräflichen Ranges; manch eines der vielen Leidlrogenden blickte wohl verwundert auf Ruths schlanke Gestalt im schleppenden Trauergewande, welche dicht neben dem Sarge stand, das schöne Antlitz tief ernst, die Hände gefaltet. Sie mußlc die nächste Verwandte sein, aber niemand kannte sie, sie hielt sich völlig zurück, bis endlich Betty zu ihr trat und ihren Arm nahm.
„Warum sind Dein Detter und Dein Großvater nicht anwesend, mein Liebling?" frug sie leise, „eS steht so feindselig au«, daß sie fern bleiben."
„Großpapa kommt erst heute abend und Arnold meinte, er gehöre nicht hierher," gab Ruth zurück, „ich erfuhr erst heute, daß er sich mit Egon geschlagen hat — für mich I"
„Mein arme Ruth, Du bist so jung und hast schon so schwere Schicksale zu tragenI" murmelte Betty gerührt.
Am nächsten Morgen sollte das Testament eröfinei werden; die Siegel nahm ein Ge-
richtsbcamter gleich »ach dem Begräbnis ab, um das im Schreibtisch befindliche Codizill z» sich zu nehmen. Es lag sorgfältig cou- Verliert oben an, obschon Herr von Hohenstein sehr bestimmt das Vorhandensein eines solchen in Abrede gestellt hatte. Betreffen blickte er auf bei dem Anblick de« Dokuments und eine düstere Ahnung sagte ihm, daß die erhoffte Erbschaft seiner Töchter doch wohl nicht so ganz feststehen bürste. Olga war geradezu empört über die verstorben? Tante, als sie von dem Coeizill erfuhr. (F. f.)
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MerkU
* Dem Klugen nützen seine Feinde mehr als dem Thoren st ine Freunde.
Beraittwortlicher Redakteur Bernhard Hosorann. Druck und Verlag von Bernhard Hosmann.