Begründung des Urteils wurde wegen Gefährdung der Staatssicherheit unter Ausschluß der Ocffentlichkeit verlesen.
Madrid, 27. Juni. Die spanische Regierung hat heute mit der Firma Ludwig Löwe u. Comp, in Berlin die Lieferung von 25,000 Mauscrgewehren und zehn Millionen rauchloser Patronen abgeschlossen.
Ameisen-Regen. Au« Bilbao (Spanien), 19. Juni, wird berichtet: Der ganz außer- ordenilich heiße Südwind brachte gestern einen förmlichen Regen »on Ameisen, die besonder« im Mittelpunkte der Altstadt herniederficlen. Wie weit mögen diese unangenehme Gäste wohl durch die Luft geflogen sein? — Auf de» Feldern von Castellon und Villanmva de Gallego richten Heuschrecken-Schwarme große Verheerungen an.
— Mordlhat einet protestantischen Geistlichen in England. Am 25. d. M. früh wurde der 27jährige protestantische Geistliche George Grissith« aus Kifflyn, Grafschaft Kerry, im Eisenbahnhotel zu Killarney unter dem Verdachte, seine Mutter Tag« zuvor ermordet zu haben, verhaftet. Bor dem Untersuchungsrichter sagte da« Dienstmädchen Ellen Rüssel au«, daß Mutter und Sohn in an-
Im Kanne -es Blutes.
Roman von H. von Ziegler.
Nachdruck verboten.
27.
„Auf Wiedersehen I" erwiderte sie mit einem warmen Blicke, dann trat sie rasch ins Hau«, und Berger bestieg von Neuem den Wagen.
Es wsren dieselben Worte, welche einst eine Kinderhand steil und mühsam auf zierliches Pergament gemalt und die nun in stiller Winterluft an sein Ohr schlugen; der ernste bleiche Mann kämpfte furchtbar mit sich selbst, um die leise, goldige Hoffnung, die sich ihm in die Seele schleichen wollte, zu unterdrücken.
Oben im Krankenzimmer aber gab e« eine Scene tiefbewegten Wiedersehen«. Der Gräfin zitternde Arme umlcblessen zärtlich da« schöne Mädchen, heiß, Thrämn rannen über ihre Wangen und sie stammelte in abgerissenen Sätz'N : „Mein Kmd, meine Ruth
— ja, Du vist leme Tochtei I M in Altuecht
— lebt wieder ans — in D'liun braunen
— Augensternen I"
Ruth blied ganz still, obwohl ihr Herz mächtig pochte, sie meinte, die Kranke spreche im Fieber und ein Wiederspruch von ihr könne sie beunruhigen, deshalb strich sie leise über die magere, beringte Hand der Gräfin und sagte liebevoll t „Ich bleibe bei Ihnen, Frau Gräfin, beruhigen Sie sich; nun sind Sie nicht mehr allein I"
„Nein, Kind, nein I Laß mich nie mehr allein, denn dann steigt die ganze Vergangenheit schreckhaft vor mir empor! Ich sehe Deinen Vater auf dem Sterbebett, wie er stehend mir die Hände entgegen streckte — und bat: „Nimm sie zu Dir — mein Kind
— meinen Sonnenstrahl!"
»Frau Gräfin t" — — rief Ruth erschrocken.
„Latz mich Dir Alle« sagen, Ruth — dann stirbt e« sich leichter I Und ich nahm sie nicht — die Hand des geliebten Sohne«, der sich einst um seine« Weibe« willen von mir gewandt, ich wollte nichts wissen »on
scheinend herzlichem Verhältnis zusammen wohnten. Freitag früh sandte der Sohn seiner Mutter wegen nach einem Arzt, sagte aber dann der Zeugin, sic sei tot und verließ das Haus. Da« ärztliche Zeugnis ging dahin, daß die Verstorbene drei Kugelwunden im Kopf habe, von denen jede allein genug sei, den Tod herbeizuführen. Da« Dienstmädchen aber hat nicht schießen hören, und die Thür de« Wohnzimmers, in dem der tote Körper aufgefunden wurde, war «erschlossen. Der Wahrsprnch der Jury ging dahin, daß der Sohn den Mord an der Mutter verübt hat. Der Angeklagte wird für geisteskrank gehallen.
Jeddah, 27. Juni. Gestern kamen in Mekka 999 Choleratöde«fSlle vor.
.'. Ein Mann als Frau. Au« Belgrad wird der „Neuen Fr. Presse'' berichtet: Der Kaufmann Nikola Lukic in Valsev» entdeckte, daß seine ihm kürzlich angetraute Gattin Drangnija ein Mann sei. Die ärztliche Untersuchung bestätigte, daß Frau Dragnija Lukic ein vollkommen normaler junger Mann ist. Der Ehemann hat beim geistlichen Gerichte um dir Auflösung der Ehe anzesucht.
süßen, kleinen Mädchen, da« mich au« lachenden Kinderaugen anschaute — o Gott, e« war eine furchtbare Stunde, die ich gerne mit meinem eigenen Herzblut austilgen möchte aus dem Buche der Vergeltung."
Ruth ward immer bleicher. Welch' ein dunkles Bild voll Schmerz und Weh rollte sich hier vor ihren Augen I Waren e« nur Fieberphantasten oder — traurige Wahrheit, was die Gräfin da sprach?
„Albrecht wollte der Kleinen den süßen Namen „Großmama" lehren," fuhr die Sterbende fort, „da trat ei» bleicher Jüngling drohend vor das Kind, streckte seine Hand gegen dasselbe au« und sagte: Sie hat nur einen Großvater, aber keine Großmutter ! — O wie mir — diese Worte — noch jahrelang — in den Ohren gellten I Sie drängten sich zwischen mich und jeden Moment der Ruhe, sie haben mich -- noch kälter und härter gemacht — nur nicht gegen — da« süße Schneewittchen. Und nun — wenn ich du s Wort noch einzige«, letztes mal bören könnte — ehe ich sterbe — o, ich käme mir vor — wie entsühnt — wie neugeboren. Aber — ich habe kein Recht mehr darauf — ich bin eine Elende I Neulich, als ein Ehrloser e« wagte, sich zuerst in dies reine, sungfräuliche Gemüt zu drängen — aus Tändelei ohne ernste Absicht, da stand ich dabei — und zog das arme Kind nicht in meine Arme I Ein andrer mußte für ihre Ehre einireten — jener ernste Mann, jder mir einst ais Jüngling schon so herb ent- gegengeireten — Ruth, o Ruth— nun weißt Du — warum ich nicht sterben kann —"
Tief erschöpft durch das lange Sprechen, sank die Gräfin zurück in die Kissen, die Augen geschlossen, mühsam »ach Atem ringend. Da plötzlich knieeie das junge Mädchen an ihrem Lager nieder, preßte ihre Lippen fast ehrfurchtsvoll auf die feuchtkalten Hände der Sterbenden und hauchte in leisen, füßstehen- den Lauten:
„Großmama — meine liebe Großmama I"
Wie Engelsstimmen drang der Ton an das Ohr der bleichen Frau, langsam schlug sie die Augen auf, ein Leuchten verklärte ihre
Ein« der interessantesten und zugleich nützlichsten Blätter Deutschlands ist die „Berliner Gerichts-Zeitung I" „Ueber Land und Meer", da« altrenommierte, in Stuttgart erscheinende illustrierte Journal, erwähnte in einer Znlungs-Revue die „Berliner Gerichts-Zettung", auf die wir in voriger Nummer aufmerksam machten, wie folgt: „Von hervorragenden Berliner Blättern wäre noch ein dreimal wöchentlich erscheinendes anzusühren, nämlich die „GerichlS-Zei- tung", welche seil einer langen Reihe von Jahren besteht. Sic ist nicht nur in Berlin, sondern auch in der Provinz sehr gut einzeführt und so geschickt redigiert, daß sie neben den täglich erscheinenden Berliner Blätter sehr wohl bestehen kann." Es wird jeder Freund einer wirklich gediegenen, ebenso belehrenden wie unterhaltenden Lektüre sehr lohnend finden, sich mit der „Berliner GerichlS-Zeitung" durch ein Probe-Abonnement, da« jede Postanstalt nicht nur de« Deutschen Reiche«, sondern auch des Auslandes annimmt, bekannt zu machen. Probe- Nummern des Blatte« weiden von der Expedition, Berlin 0., Roß-Straße 30, stets auf Verlangen versendet.
welken Züge und sie stammelte mühsam: „Ist — e« — wahr, Ruth — kannst — Du — mir vergeben?"
„Ich kann's Großmama, und will'« von Herzen gern I" flüsterte Ruth und dann hielten sic sich umschlungen, in der Stunde de« Abschiede« ein selige« Wiedersehen feiernd I
Da« nur schwach noch atmendeLeben der Gräfin ging rasch zu Ende, aber sie lächelte selig, «l« der traurige Augenbtick kam; ihr letzter Blick traf die weinende Enkelin, ihr letzter Hauch war deren Name I
Als die Gräfin Arisch gestorben war, telegraphierte Ruch unmrzüglich an Bctch und Baron Hoh>»ft<in; auch Arnotd benachrichtigte sie uns bat ihn, sogleich zu kommen, um ihr bei all den nun heranstürmenden Geschäftssachen zu Helsen, bis die Hohensteins ankommen würde».
Das erste, was Arnold, der gewiegte Geschäftsmann lhat, war, durch« Gericht den Schreibtisch der Toten versiegeln und ein Protokoll über die ganze Hinterlassenschaft aufnehmen zu taffen; dann jedoch als Herr von Hohenstein feine und Olgas Ankunft angezeigt, zog er sich zurück und bestellte auch für Ruth in einem Hotel Quartier, zugleich den Großvater um seine Ankunft bittend, wenn er bei der Testamemservstnung zugege» sein wünsche.
Ruth war nicht eine Minute von der stillen Toten gewichen; ats unten der Wage» vorfuhr, welcher Haidens und Hohensteins brachte, da wechselte sie wohl die Farbe, aber ruhig und gefaßt trat sie den Ankommenden entgegen. Natürlich halte sie sogleich tiefe Trauer angetcg, den» nicht eine Stunde lang wollte sie das ihr zustehende Recht einer Enkelin der verstorbenen verberge».
Frau von Halsen, die zuerst eintrat, fiel der Freundin weinend in die Arme und lange, lange hielten sie sich umschlungen. „Gvlt lohne Dir, Ruth," flüsterte die junge Frau, „daß Du bei ihr warst in der Todesstunde, trotz dem Schmerze, den Du in unserem Hause erleben mußlest."
l Fortsetzung folgt )
Verantwortlicher Redakteur: Bern hard Hofwann.) Druck und Verlag von Bernhard Hofmann i» M Lbad.