Rundschau.

Se. Maj. der König hat am 19. t«. Mts. die RatSftelle bei dem VerwaltungSral der Gebäudcbrandversicherungsanstalt dem Hitssalbeiter im Ministerium de« Inner» tit. Negicrnngsrat Hofmann übertragen.

Herr Neg Rat Hofmann wirb üb­rigens, wie wir vernehmen, in seiner bis­herigen Stellung (im K. Ministerium des Innern) verbleiben.

Dem Badm ei st er P. H e l d in W > ldbad wurde die erbetene Erlaub­nis zur Annahme und Anlegung der dem­selben von dem Fürsten von Scdwarzburg- SondelShausen verliehenen fürstlich Schwarz­burgischen silbernen Verdienstmedaille erteilt.

Wildbad, 20. Juni. Sladlpfarrer Dr. Braig h^er H.U einen Ruf als Professor der Do^mank und Apologetik nach Münster er­halten. Dr. Braig ist 1853 zu Kanzach geboren und wurde 1878 zum Priester ge­weiht.

Stuttgart, 20. Juni. Eine Abordnung, bestehend aus dem Kammerpräsidenten von Hohl, Vizepräsident 1)r. Göz, Landtagsabge- ordneter Stockmayer, begaben sich dem Ver­nehmen nach heule nachmittag zu dem Mini­ster des Innern, um Maßregeln in Anreg­ung zu bringen, welche geeignet sind, der Nostage der Landwirtschaft, hervorgerufen durch Futtermangel, abzuhelfen. Heule nachmittag sind eine Reihe LandtagSabgeord- neter mit erfahrenen Landwirten im Hotel Dierlamm zusammengetreten, um wegen des Notstandes der Landwirtschaft zu beraten. Die Versammlung hat die Maßregeln beraten, die in der morgen im StändehsuS znsammcn- tretenden Sitzung ins Nähere erörtert werden sollen.

Stuttgart, 20. Juni. Der Volks­verein Stuttgart nahm heute Stellung zu der Stichwahl zwischen Kloß (Sozialist) und Siegle (Deutfchparteiler) Nach mit stürmi­schem Beifall anfgenommenen Reden Gallcr« und Payers ward ohne Debatte einstimmig der Antrag angenommen: Die deutsche Volks­partei tritt mit aller Kraft für die Wahl de« Sozialdemokraten Kloß ein.

Ludwigsburg, 21. Juni. Prälat a. D. v Lang ist gestern nachmittag im Alter von 78 Jahren verschieden.

Aichelberg, OA. Wkinsberg, 18. Juni. Vorgestern ertrank das 2jährige Söhnlein des WirtS Fr. Frisch in einer Viehtränke.

Lehrensteinsseld, OA. Weinsberg, 20. Juni. Vor einigen Tagen brachte sich der 50 Jahre alte Schneidermeister Kleinbach von hier in einem Anfall von Geistesstörung eine solche Wunde am Hals bei, daß er gestern vor­mittag starb. Kleinbach ist verheiratet und Vater von sünf Kindern.

Rottenburg, 18. Juni. Eine auswärtige Frauensperson, die nach Tübingen fahren wollte, stieg heute nachmittag aus Versehen in den Zug nach Horb. Sie gewarle bald den Irrtum, sprang zum Waggon hinaus und die Treppe hinunter; auf der untersten Stufe augekommen, wollte sie eben den ge­fährlichen Sprung zur Erde ausführen, als der herbeigecilte Kondukteur sie noch erfassen, zurückhalten und vor dem sicheren Verderben erretten könnt«. Gestern morgen ist in Obernau ein Schopf ganz abgebrannt. Ent- ftehungsurfache uncrmitlelt.

Rottenburg, 20. Juni. Heute früh 5 Uhr sah die MeSnerin vom Weggenthal, Stunde von hier, einen Mann in der

Kirche, der ihr auffiel; sic legte sich auf die Lauer und bemerkte durch eine kleine O-ff- nung, wie der Fremde Brechinstrumente her- vorzog und sich anschickt?, den oft inhsilreichen Opferstock der sehr besuchten Wallfahrtskirche zu plündern. Rasch besonnen, scdlug sie die Kirchenlhürc zu, drehte den Schlüssel um und der Dieb w«r gefangen. Der herbei­gerufene Stationskommandant sorgte für sicheren Transport desselben ins Gefängnis; e« ist der 49jährige Joseph Pfeifer von Gomaringen, welcher schon öfters in jener Kirche gesehen wurde.

Wiesbaden, 20. Juni. In der heutigen Nacht gegen 2 Uhr brach in der Provinzial- Jrrenheilanstalt Eichberg bei Eltdille in der Frauenabteilung Feuer aus, das die ganze Abteilung zerstörte. Die Insassen konnten gerettet werden.

Engen Richter erhielt in seinem Wahlkreis Hagen bei der Wahl vsn 1890 12 287 Stimmen gegen 3 794 nationallibe- rale. Die Sozialdemokratie stellte ihm da­mals keinen Kandidaten entgegen. Diesmal kommt Richter mit dem Sozialdemokraten in Stichwahl. Er erhielt 9842, der soz. Kandidat Breil 7048 und der Nationallibe- erale Lohmann 6820. Richter wird also seinen Sitz im Reichstag voraussichtlich den Nationalliberalen zu verdanken haben.

Aus Schleswig-Hllstein. Ein Raub­mord wurde vor einigen Tagen in der Ge­gend von Neumünster an der Frau des Land- manns Schaer verübt. Der Raubmörder ist jetzt in der Person deS Postbote Ernst Scheel entdeckt worden, der auf seinem Bestellgange die Blutthat vollführt hat. Scheel, der mit der Ermordeten denselben Weg wanderte, lud die schwerdelodcnc Frau zu einer kurzen Ruhe im Schatten einer Heide ein- Al- beide hier ruhten, führte Scheel seinen wshldurchdachten Mordplan auf folgende Weise aus : der her­kulisch gebaute Mann griff Frau Schaer mit beiden Händen um den Hal« und wirkte sie so lange, dir sie bewußtlos zusammcnsank, darauf zog der Unhold sein Messer hervor und durch schnitt mit einem starken Druck seinem Opfer den Hals, so daß da« Blut die Uniform des Mörders bespritzte. Dieser beraubte die Ermorderte, fand aber nur 9 Mark und ließ die Leiche am Thatorte liegen. Nachdem Sch. seine Uniform ein wenig ge­reinigt, setzte er ruhig seinen Bestellgang fort. Wie ein Biatt berichtet, zeigte die Uniform des Mördes noch Blutflecken bei der Heimkehr, doch ließ daS ruhige ».sichere Auftreten des Postboten keinen Verdacht auf- kommen- Al« indes festgestellt wurde, daß Sch. zuletzt in der Begleitung der Ermor­deten gesehen worden sei, erfolgte die Ver­haftung. Der Mörder leugnete anfangs alles, legte aber im Angesichte seines ermor­deten Opfers ein umfassendes Geständnis ab; er ist 25jährig, diente bi« vor einiger Zeit im 85. Infanterie-Regiment und scheint be­reits eine bedenkliche Vergangenheit hinter sich zu haben.

Augsburg, 21. Juni. Der Raubmörder Kratzer wurde heute hingerichtet.

Elektrische Beleuchtung in Leipzig. Die Stadt Leibzig wird nunmehr auch, wie man von dort schreibt, elektrische Beleuchtung erhalten. Die Stadtverordneten haben mit allen gegen eine Stimme die Genehmigung zum Bau einer elektrischen Zentrale zunächst für Alt-Leipzig erteilt und damit eine Frage erledigt, die schon seit dem Jahre 1886

schwebt. Die Firma, welcher die Anlage übertragen wird, erhält das Unternehmen ans 35 Jahre, und zwar auf völlig eigenes Risiko. Ein Teil des Ertrages muß jähr­lich an die Stadt gezahlt werden, sobald ein 6p'rozentiger Ertrag de« Anlagekapitals über­schritten wird. Ueberträgt der Rat der Stadt nach Ablauf des Vertrages der Firma das Unternehmen noch auf weitere 15 Jahre, ss gehl dasselbe nach Ablauf dieser zweiten Frist ohne Entschädigung in das Eigentum der Stadt über. Die Universität hat sich bereits bereit erklärt, ihre sämtlichen Insti­tute und Gebäude elektrisch erleuchten zu lassen, was etwa 6000 Glühlampen erfordert. Auch das Hauptpostamt, sowie eine Reihe größerer Privatinstitule und Geschäftshäuser Leipzigs haben ihre Beteiligung zugesagt.

London, 19. Juni. Die günstige Wend­ung der Reichstagpwahlen für die Militär­vorlage wird allgemein hervorgehoben. Die Daily News" sagt, eS sei kein Zweifel mehr, daß der Reichskanzler Graf». Caprivi die Schlacht gewonnen habe und die Militär- vorlagc durchgehen werde.Standard" be­merkt dazu, Deutschland ohne eine entsprech­end, Armee würde nicht mehr Deutschland sein, und ein Hohenzollcr, dem das Parla­ment die geforderten Truppen abschlägt, wäre ein entthronter Hohenzollcr. Die vorgestrige Scene bei der Ucberführung der im französi­schen Kriege 1870/71 gefallenen Offiziere und Mannschaften des 1. Gardcregiments auf deutschen Boden rief, obgleich sie eine freund­liche Begegnung war, doch die furchtbare Wirklichkeit der augenblicklichen Lage ins Ge­dächtnis ; kein Wunder, daß der Kaiser bei dem Ausbruch eine« Krieges gewappnet zu sein wünscht.Gegen die anhaltende Dürre wurden gestern in den Kirchen der Grafschaft Kent öffentliche Gebete abgehalten. In man­chen Dorfbezirke» wird das Trinkwasser mit 3 Pence für den Eimer bezahlt. Man rech­net auf Heueinfuhr au« Amerika. Die Ernte- auSstchten sind schon jetzt bedenklich.

Cette, 21. Juni. Gestern kamen vier Cholrratodesfälle vor.

Alexandrien, 20. Juni. In Mekka sind vom 13, bis 16. Juni 317 Todesfälle an Cholera vorgekommen.

Lyon, 21. Juni. Ein aus dem Süden zugereister Mann starb gestern unter Cholera- crscheinungen.

In der internationalen Jury der Chicagoer Weltausstellung wird das Deutsche Reich mit 43 Preisrichtern vertreten sein. Die Richter sollen am 15. Juli in Chicago zusammentreten. Die deutschen Mitglieder erhalten eine Entschädigung von 750 Dollars.

Verschiedenes.

Die Arbeitsleistung eines Wahlvor­stehers. Während der Reichstagswahl am vergangenen Donnerstag ereignete sich in Wernigerode etwas, da« wohl in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdient, da es zeig!, daß das Amt des Wahlvorstehers kein so leichte« ist, als wohl allgemein angenom­men wird. Da- Wahllokal für den ersten Bezirk war da« Stabtverordneten-Sitzungs- zimmer im Rathause. Als Wahlurne war die auch bei den Kommunalwahlen benutzte zur Verfügung gestellt. Doch war diese für eine große Zahl von Wahlzeiteln (der Be­zirk enthält 691 Wähler) zu klein. Es wurde deshalb aus dem nahe gelegenen Hotel «Gothischet Haut" eine große Suppenterrinr