Wildbad, 16 Juni.

Reichstagswahl.

Bei der gestrigen Reichstagswahl erhielten:

Gültlingen Cleß Proß Reichspartei. Volkspartei. Soz.-Dem.

Neuenbürg, O.Amtsbez.

2103

1356

394

Calw,

2239

1619

233

Hercnberg.

182!

1902

12

Nagold,

2097

1634

- 7 "

St.

8260 6511 639

Freiherr V.HGÜltlingen ist hienach mit einer Mehrheit von 889 Stimmen

Stuttgart, 15. Juni. (Abends 8'/s Uhr.) Bei der heutigen ReichStagSwahl erhielten : Gustav Siegle 10896 St.

Karl Kloß 14462 ,

Rechlsanw. Friedrich Haußmann 6137

Landrichter Gröber 876

Buchdrnckercitnsitzer NÜbling 493

Es hat sonnt eine Stichwahl zwischen Hrn. Gustav Siegle und Hrn. Karl Kloß stattzufindeu.

Heilbronn: Mayer 8363, Haag 5859,

Stichwahl

Kiitler 4949, Gröber 2272. zwischen Mayer und Haag.

Obcramt Weinsberg:

1060, Hartmann 1350, Kiene 50. Oberamt Oehnngen:

1032, Hartmann 3124, Kiene 20, Agster 87. Hall : Mühlhäuser 1223 , Hartmann 2348, Kiene 182, Agster 355.

Pforzheim : Frank 10 101, Dr. Rüdt, 7148, Dr. Heimburger 4355.

Mühlhäuser 50, Agster Mühlhäuser

Rundschau.

Cannstatt, 14. Juni. Eine ganz über­raschende Zusendung erhielten heute die hie­sigen Wahlvorsteher für die RcichSIagSwahl (und wohl alle Wahlvorsteher). Dieselbe lautet in Plakatform: ,,Zur Wahl einer durchaus tadellos gearbeiteten Schußwaffe empfiehlt die Gewehrs»! mit Dampfbetrieb Von .... ihre Preisliste, welche aus Wunsch jedermann kostenfrei zugestellt wird." In einer Nachschrift werden die Wahlvorsteher ersucht, diese Ankündigung im Wahllokale selbst oder in einem Vorraum desselben allen Wählern gut leserlich anzubringen, auch solche bei einerjeventuelle» Stichwahl nochmal» aus- zuhängen. Für erfolgreich au-geführtc Auf­träge werden 10°/o Provison zugesicheri. Ist das nicht den Reklameschwindel auf die Spitze getrieben.

Sulzbach a. M., 13. Juni. Heute nach­mittag wurde bei einem Bauern in Frankem Weiler eingebrochen und ca. 500^ an Geld und sonstige Wertsachen gestohlen. Der Verdacht lenkte sich alsbald auf zwei Hand- werksburschen, welche in dem genannten Hause ein Mittagessen erhalten hatten und hiebei die Räumlichkeiten in Augenschein nahmen. Dieselben dürften sich allem Anschein nach ihres Raubes nicht lange freuen, denn die Behörden haben alsbald die Verfolgung ein, geleitet.

Lausten a. N, 14. Juni. Gestern nach­mittag ertrank beim Baden im Neckar ein 23 Jahre aller, hier durchreisender Hand- wcrkSbursche, gebürtig aus Sachsen. Derselbe schwamm eine Strecke und tauchte dann plötz­lich unter. Seine des Schwimmens nicht kundigen Kameraden konnten ihm keine Hilfe leiste». Der Leichnam wurde abends ge­sunden.

Neuenbürg, 13. Juni. Heule nacht °/r12 Uhe wurde die Einwohnerschaft durch Feuerlärm in großen Schrecken versetzt. In der sog. hinlern Gasse (Mühlstraße) hinter dem Oberamteigebäudc war in dem Bub'- schen Hause neben Seifens. Mshler Feuer ausgebrochen, da- von einem Holzraum im untern Siock ausgehend, sich rasch und intensiv auf das Treppenhaus verbreitete, so daß alsbald von einem Ausstieg zu den Wohn­ungen keine Rede mehr sein ksnntc. Die Bewohner konnten kaum noch da» nackte Le­ben retten und so richtete sich in der ersten Aufregung die bange Sorge darauf, ob nicht noch einzelne Famiiienzliedkr sich im bren­

nenden Hause befinden. Die Feuerwehr griff so rasch wie möglich ein, doch vergebens, »as Feuer bedrohte auch mit Rapididät die andere Hälfte des großen Doppelhauses, in welchem sich das Spezereigeschäft de» Inva­liden Franz AndräS befindet. Plötzlich tauchte im Fenster des dritte Stocks eine Frauen­gestalt auf, eine einzelstehende Person, welche ein Zimmer da oben bewohnte. Sofort be­stiegen einige Feuerwehrkameradcn die neue mechanische Schiebleiter und entrissen die halb bewußtlose Frau gerade noch rechtzeitig dem immer mehr um sich greifenden Feuer. Die Schiebleiter, welche auf ihrer Bast» ge­dreht, und beliebig verengert, am Krcuzstock angelegt werden kann., hat sich in diesem Ernstfälle gut bewährt. Aber da« entfachte Elemcnt.suchte seinen Weg unaufhallsamweiter, wenn ihm auch durch die Wasserstrahlen energisch zu begegnen gesucht wurde. Die fast vöchige Windstille begünstigte die ange­strengten Löscharbciten; dieselben waren bei der sehr engen winkeligen Passage an der Hinteren Seite des brennenden Gebäude« sehr erschwert und es war bei diesem Umstand nicht zu wundern, daß schließlich auch das kleine Hintergebäude de» Ernst Büxenstein, in welchem die unversicherte Familie Ohn- gemach wohnle, vom Feuer ergriffen wurde. Das Wasser mußte in der Hauptsache von der Enz die städtische Wasserleilung ge­nügt ja bei Weitem nicht hergeleitet und beigebracht werden. Unbeschränkte, lobende Anerkennung verdient neben der Thätigkeit der Freiw. Feuerwehr der ernste Fleiß und die Ausdauer der Einwohnerschaft, namentlich aber der Wasserlrägerinnen. Dem glücklichen Umstand, daß fast völlige Windstille herrschte, ist e« zuzuschreiben, wenn der Brand keine größere Ausdehnung angenommen hat. Die Nachbargebäude, das Mahler'sche und Kapp- tcr'sche, namentlich das ecstere waren stark bedroht; eS galt sie unter allen Umständen zu reiten. Alles half zusammen, daß da« Brandunglück nicht noch mehr vergrößert werde. Wir sind hier im letzten Jahrzehnt von solchem gnädig verschont geblieben, von dem heutigen aber sind 7 Familien und die obenerwähnte so glücklich gerettete Frau schwer betroffen, mußten sie doch fast ihre ganze Habe zurücklassen. Bis gegen Morgen war das stattliche Doppelwohnhaus bis auf das untere Stockwerk niedergelcgt. Die Feuer­wehr arbeitet ununterbrochen de» ganzen Tag Mr an der Ahräumung der rauchende» und

glimmenden Brandstätte. Nachschrift: Heute abend gegen 7 Uhr, als die Feuer­wehr noch größtenteils lhälig war, wurden plötzlich wieder Feuersignale gegeben, diesmal wegen eines im Birkenfelder Wald bei der Schwarzlochfabrik ausgebrochenen Brandes. Die dahin abmarjchierle Feuerwehrabteilnng konnte jedoch, nahe am Ziel, wieder zurück­beordert werden, da der Walddrand, glück­licherweise gleich nach Entstehen entdeckt, durch sofort herbeigeeilte Personen bei energischem Vorgehen cingedämmt werden konnte. Es war jedoch die Alarmierung eine neue Auf­regung für die Einwohnerschaft.

Tuttlingen, 11. Juni. Unsere Stadt hat ihr Festkleid angczogen, um die aus Teilen des Landes herbeikommenden Teilnehmer am VIII. schwäbischen Brauertag würdig zu empfangen. Schon seit Wochen lassen es sich die zahlreichen hiesigen Brauereibesitzcr an­gelegen sein, ihre Häuser außen und innen zu verschönern. Zu der mit dem Braucr- taz verbundenen Ausstellung von Brauerei- Utensilien und Maschinen wurde eine schöne geräumige Halle neu hergestellt. An Auf­stellung dieser Gegenstände wird heute noch rüstig gearbeitet. Heute prangt die Stadt in reich-m Flsggcnschmuck. An dem Ein­gang der Stadt vom Hauptbahnhvf her ist ein Triumphbogen errichtet, der unter An­leitung von Prof. Cornel hier erstellt wurde. An demselben sind sinnige Inschriften an­gebracht, z. B.: .

Wohlthätig ist des Bieres Macht, Wird cs genossen mit Bedacht." Wasser, edle Himmelsgabe,

Sei gepriesen für und für,

Aber meine höchste Lade Ist und dlcibt ein Liter Bier."

,Trink nicht in Hast,

Als sei'« ein Spaß!

Der Weise schießt nicht übers Ziel,

Er trinkt bedächtig, aber viel." Wasserreich und hopfenarm Ist ein Bier daß Golt erbarm."

Auch gegen die Haltestelle zu ist eine Ehren­pforte errichtet. Die Gasthäuser sind nicht im stände, alle Festteilnehmer zu fassen; cS sind deshalb viele derselben in Privathäusern einquartiert.

In Magstadt wurde der langjährige Waldschütz Friedrich Roller mit seiner Ehe­frau beerdigt. Beide starben in einer Stunde. Die Ehefrau war schon längere Zeit leidend, der Mann dagegen noch rüstig und gesund.

In Meiningen hat sich der gewiß seltene Fall ereignet, daß ein Staatsbeamter (Gymnastalprofessor), der über 30 Jahre seines pädagogischen Dienstes waltete und am 1. Juni wegen andauernder Krankheit in den Ruhestand versetzt wurde, auf das ihm ge­setzlich zustehende Ruhegehalt zu Gunsten der Staatskasse verzichtete.

Petersburg, l 2. Juni. Minister v. Giers «urde heule vom Kaiser empfangen und über­nimmt wiederum die Leitung des Ministeriums des Auswärtigen.

^ InChic « go wurden dreißig Siück Spitzen au» der Frauenautstellung gestohlen, darunter ein Teil der kostbaren Spitzen, welche der Königin von Italien gehören und neulich in so zeremoniöser Weise gemeinsam mit den Tapisserien der Königin Viktoria der Ausstellung übergeben wurden.

(Druckfehlerteufel.) Am Saume des WaldeS stand eine uralte Tante, die zwei Männer kaum zu umspannen verm»chten.