Rundschau.
— Eisenbahnsache. Ucker die Pftagst- f-ierlage vom 20.—23. Ntai d. I. sind auf den Wümemdergijcke» StaalSeiseubahiicu mil den fahrplanmäßigen Zügen und 162 Sou- dcrzügen uwa 400 000 P rsonen — ohne die Durchgaiigereisendeu -- befördert worden. Die Gesamteinnahmen aus dem Personenverkehr betragen rund 330 000 Mark. Die Geiamtzahl der nach und von Eßlingen beförderten Personen beläuft sich zusammen auf etwa 34 000; diese außerordentliche Fr-quenz ist dauptsächlich durch den am 21. und 22. d. 'Dt. dastlbst adgehaltenen Krie- gerbunocStag veranlaßt worden,
Bom hintern Wald, 31. Mai. Wer gegenwärtig, so schreibt man dem Grenzer, von aabwärts in unsere Gegend kommt, spiicht s.ine g>oße Verwunderung darüber aus, daß man bei uns keine Spur von Schaden durch Trockenheit wahrnimmt. Wiesen und Kleefelder geben reichlich Futter, und die Wint-r- und Sommersaaten könnten nickt bcsstr stehen, während sonst im ganzen Lande sehr getiagl wird. Wir haben den gute» Stand der Vegetation dem reichlichen Schnee zu danken, der i» großen Massen lange liegen blieb, blS weil ins Frühjahr hinein, und der unseru Feldern reichlich Bodenfeuchtigkeit zuführte.
— In Schwenningen ist eine Kunstuhr fertig gestellt Worten. Ausgestellt ist dieselbe im dortigen RalhauSsaal. Die Uhr zeigt die Stunden, Tage, Monate und Jahre dis g-uuo 10 999. 70 Figuren werden durch
das Werk in Bewegung gesetzt. Die Figuren, die daS menschliche Lebensalter vorstellen, schlagen die Stunden und um 12 Uhr erscheint der Tod. Am Morgen früh 5 Uhr bringt das Werk eine Arbeilergruppe zum Vorschein, welche an einer Ritterburg vsr- dcimarscbiert. Ein auf der Burg befindlicher Trompeter bläst das Lied : „Früh Morgens, wenn die Hähne krähen". Um acht Uhr erscheinen Kirchengänger, bei welchem Anlaß der Küster läutet; hat die Kirchenthürs sich geschlossen, so spielt das Werk einen Choral. Um 7 Uhr abemvs biäst der Trompeter auf der Burg die Melodie: „Still ruht der See" und Abends 9 Uhr spielt ein Ftötenwerk „Gute Nacht". Aus diesen Andeutungen ist zu ersehen, daß das Werk sehr kunstvoll gebaut ist. Die Eigentümer, die Herren Schlenker und Fallor, haben das Werk innerhalb Jahresfrist unter Mitwirkung des Kunstuhrenmachers Hänsle in Villingen erstellt.
— Die Berliner Münze ist zur Zeit, wie eine Lokalkorrejpondenz berichtet, mil einem großen Auftrag der egyplischen Regierung beschäftigt. Es soll sich um die Herstellung von Gold- und Silbermünzen im Betrage von mehreren Millionen Mark handeln, die biS Mitle Juni d. I. fertig gestellt sein müssen. Bis Pfingsten mutzten die Angestellten des königlichen Instituts zur Bewältigung dieser Arbeit täglich zwei Ueber- stunden machen. Es ist daS erste Mal, daß tzgypt'N bei der Berliner Münze eine Bestellung gemacht hat.
— Der Kaiser soll für den Tag der Parade in Potsdam am SamStag eine Überraschung planen; eg bestehe die Absicht, dem Prinzen Eitel Friedrich, welcher am 7. Juli 10 Jahre alt wird, bereits jetzt die OsfizierS- kpauielten zu geben und ihn dem 1. Garde- regirnrnt rinjureihin.
Berlin, 25. Mai. Vor ungefähr einem Jahre war ein zu Schöneberg wohnender Arbeiter namens Groß von einem Hunde gebissen worden. Die Wunde heilte jedoch, ohne daß sich weitere Folgen zeigten. Noch am Abend des gestrigen Tages begab sich der Mann ruhig zu Bette. In der Nacht aber kam, wie die „Nsrdd. Allgem. Ztgck berichtet, die Wasserscheu plötzlich zum Ausbruche. Der Mann zerkratzte und zerbiß seine Frau derart, daß sie schwer krank darnieder liegt. Auf ihr Jammergeschrei stürzten ihre beiden Töchter herbei, und auch diese wurden von dem tollgewordenen Mann gebissen. Schließlich warfen ihm der Wirt und dessen Sohn nasse Tücher über den Kopf und banden ihn mit Stricken fest, um ibn ärztlicher Behandlung übergeben zu können.
— Daß die Ehrlichkeit noch nickt aus- gestorben ist, zeigt nachstehender Fall: An die Eckneidcrm-isterswitwe Frau Steinhard in Passau traf dieser Tage aus Paris ein ans 130 Mark lautender Wechsel ein, welcher durch ein hiesiges Bankgeschäft prompt erledigt wurde. Der Betrag galt für einen Anzug, welchen der Aussteller des Wechsels vor dreißig Jahren von dem nunmehr verlebten Schneidermeister Herrn Steinhard bezogen aber nicht bezahlt halte.
— König Christian von Dänemark wird auf der Rückreise von Wiesbaden den Kaiser Wilhelm besuchen und ihn einladen, nach Fredcnsbsrg während des Aufenthalts des Zaren zu kommen.
— Raubmordversuch in Köln. Die „Kölnische Zeitung" vom 2. Juni berichtet: Ein scheußlicher, mit großem Raffinement auSgesührt-r Raubmsrdvcrsuch wurde gestern Vormittag gegen 10Uhr gegen die am Gcrconsdriesch Nr. 6 wohnende bejahrte Schwester des Kaplans Müller ausgeführt. Um diese Zeit, als Kaplan Müller wegen der Fronleichnamsprozesston abwesend war, wurde die Schelle gezogen; Frl. Müller, 'welche sich mit ihrem 83jährigen bettlägerigen Vater allein im Hause befand, ging zur Hausthür, um zu öffnen. Vorher schaute sie durch das Gitterwerk der Thür, wer draußen sei. Dort stand ein 30- bis 35- jähriger Mavn, mittelgroß, mit fuchsigem Scknurrbart und hellgrauem Anzug bekleidet. Derselbe hielt ihr einen Brief entgegen und sagte, er müsse den Brief, welcher Geld enthalte, persönlich abgebcn und eine Bescheinigung über die richtig- Ablieferung erhalten. Als er sein Verlangen in besehlerischem Ton wiederholte, gewährte ihm Fräulein Müller Einlaß und führte ihn in das parterre gelegene Sprechzimmer. Hier zeigte er den Brief, auf welchem mit Bleistift geschrieben stand, „Einliegend 2000 Mark", vor und verlangte nochmals die Bescheinigung über die richtige Ablieferung des Briefes. Als fick nun Fräulein Müller an den Schreibtisch setzte, um die Quittung zu schreiben, faßte der Mensch sie am Halse und versuchte sie zu würgen. Dann hielt er ihr mit der linken Hand seinen schwarzen Schlapphut vor das Gesicht und versetzte ihr vier Stiche in die rechte Brust und einen solchen in dm Rücken. Die um Hilfe rufende Ueberfallene brach infolge eines eingelretmm Blutsturzes bewußtlos zusammen. Der alte gelähmte Vater schleppte sich auf die Hilferufe seiner Tochter ans Fenster und rief ebenfalls um Hilfe. Eine ältere Frau, die Mutter eines
Kaplans auS dem nebenliegendm Pfarrhause, hört« dies und eilte über den gemeinschaftlichen Hof in das Nebenhaus, wo sie den Morddube» gerade das Haus verlassen sah. Die Ukbeifallene fand sie später in einer Blutlache in dem Zimmer liegen. Der Mörder war unterdessen entstehen. Den Schreibtisch hatte der Bube, als er sein Opfer nie- dergesioße» hatte, erbrochen, die Schublade mit seinen blutigen Händen durchwühlt und 5 geraubt. Die Verletzungen des Frl. Müller, welcher Dr. Vogel sofort Hilfe leistete, sind lebensgefährlich; auch hat sie mehrere Schnittwunden an den Händen. Es Handel! sich allem Anschein nach um einen wohlüberlegten Raubmord; der Mörder bat, wie man erfährt, kurz vorher, während des Umganges der Prozession, auch schon in den Pfarrhäusern von Lyskirchen und Maria im Kapitol auf dieselbe Weise Einlaß zu erhalten versucht, wurde aber in beiden Fällen abgewiesen.
— Der enttäuschte Ordensjäger. Ein „Ordensiüstcrner", der Hofzahnarzt Dr. Klencke zu Hannover wurde vor einigen Tagen von der dortigen Strafkammer wegen grober Beleidigung der Kaiserin zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Der Angeklagte hatte an die Kaiserin, in der Hoffnung einen Orden zu erhalten, Ratschläge über Kindererziehung gesandt; anstatt de» gewünschten Ordens wurde ihm aber nur ein Dankschreiben zu Teil. Als Klencke sich derartig in seinen Hoffnungen getäuscht sah, hat er unchrerbie- tige Aeußerungm über die Kaiserin gethan, welche die Erhebung der Anklage zur Folge hatten.
— Der Frauen-Attentäter von Birmingham. Während der letzien Woche wurde» in den vornehmen Vorstädten von Birmingham Angriffe ganz eigentümlicher Art auf einige Frauen gemacht. Ein sonderbar aus- sehcnder Mann, wahrscheinlich ein Verrückter, mit einer langgespitzten Stahlnadel bewaffnet, stürzt auf seine Opfer los. In einem Falle griff er die Tochter eines Obersten an. Glücklicherweise brach die Nadel, ohne in den Körper zu dringen. In einem anderen Falle gelang es dem Verrückten, seinem Opfer eine Verwundung in der Brust beizubringen. Viele andere Damen waren solchen Angriffen ausgesetzt. Bis jetzt ist es der Polizei noch nicht gelungen, des Thälcrs habhaft zu werden. — Vor einigen Jahren trieb ein Uebel- thäter derselben Art in Northhampto sein Wesen. Er verwundete eine Anzahl von Damen mit einer Schuhmacher-Pfrieme. Die Angriffe wurden am Hellen, lichten Tage gemacht. Der Uebeltätcr wurde erst ergriffen, als eine Dame, die mutiger als die übrigen war, ihn packle, mit ihm rang und ihn so lange festhielt, bis einige Leute hinzukamen.
(Beruhigung.) Tante: „ . . . Ja, wenn die Herren Neffen Geld brauchen, dann denken sie au die alten Tanten — sonst mel" — Neffe: „Wie Unrecht thust Du unsl Wärst Du nur Abends bei uns auf der Kneipe, da hörtest Du nichts als: „Meine Tante, Deine Tante!"
(Mißverstanden.) . . Bei Ihrem Leiden rate ich Ihnen dringend, jede Kopfarbeit zu vermeiden — sonst werden Sie dasselbe nie ganz verlieren! — „Herr Doktor, da müßt' ich rein betteln gehen I" — „Ja, was sind Sie denn eigentlich?" — „Fnseurl"