Rundschau.

Stuttgart, 17. Mai. Das Festschicßen der Schützengebitde zu Ehren der Vermähl- ring deS Herzogs Albrecht hat gestern abend seinen Abschluß gefunden. Es wurde bi« zuletzt fleißig geschossen. Der große prächtige Pokal, den Herzog Albrecht als 1. Preis ge­stiftet , fiel Hrn. Reitz jun. von Schwäb. Hall zu. Bei der Preisverteilung am Abend ließ derselbe den Pokal mit edlem Safte füllen und brachte mit dem ersten Trank ein begeistertes Hock auf den Stifter aus, in welches die Schützen jubelnd einstimmten. Weitere Hauptpreije schossen: Blesstng-Raven- stein, Schcnk-Blaubeuren, Burk-Eßlingen. Ans der Meisterlcheibe hatte den besten Schuß: Ehninger-Stuttgart, auf die Kehrscheiben Kentiier-Heidenheim, auf der Jagdscheibc: Josenhsns-Stuiigart. Einen Becher hat u. A. herausgeschossen: W i l h. Treiber- W i l d b a d.

Stuttgart, 19. Mai. Die Volk-Partei in Calw-Nagold bot dem Bauunternehmer Cleß-Siuitgart die Kandidatur an. Cleß nahm die Kandidatur an.

Mergentheim, 19. Mai. Gestern wurde eine jüngere Frauensperson zwischen Tauber- bischofSheim und GerlachSheim von einem Handwerksdurschen angefallen. Das Mäd­chen, durch ein vorgehaltenes Messer geäng- stigt, gab schließlich ihre nicht gerade bedeu­tende Barschaft dem Strolch, nach welchem eifrigst gefahndet wird.

Bon den Limburger Bergen, 19. Mai. Als gestern früh ein Bäuerlein in seinen Stall kam, machte es die unliebsame Ent­deckung, daß eine von seinen Kühen verendet war. Sie hatte wie tierärztlich ststge- stellt wurde den Hungertod erlitten. Wenn je einmal, so bewahrheitet sich zum Leidwesen vieler Heuer das Sprichwort:Man muß nicht mit sechsen fahren, wenn man nur für zwei Futter hat.*

Ncuenstadt, 18. Mai. Von Kochersteins- feld ist heute ein bisheriger Sergeant Namen» Speiser nach Kamerun abgcreist, um bei der dortigen deutschen Schutzlruppe einzutreten. Derselbe hat der Neckarztg. zufolge mit der Reichsregierung einen Kontrakt auf drei Jahre abgeschlossen und begiebt sich zunächst nach Berlin. Er erhält neben freier Verpflegung und Kleidung eine jährliche Belohnung von 1150 ^ und Reiseenlschädigung für die Hin- und Rückreise.

Gmünds 19. Mai. Heute vormittag nach 10 Uhr wurde eine ältere, schwerhörige Frau, eine heriimzuhende Schirmmacherin, beim Bahnübergang in der Nähe des Gottes­ackers vom Zug überfahren und sofort ge­tötet. Sie halte trotz der geschlossenen Bar­rieren die Bah« überschritten und den heran« brausenden Zug nicht gehört.

Pfullingen, 20. Mai. Zur Einführung der elektrischen Beleuchtung in hiesiger Siadt sind die ersten einleitenden Schritte geschehen. Man ist in Verbindung mit der elektrotech­nischen Firma W Reißer in Stuttgart ge­treten. Als Triebkraft wird die Echatz bei der sogmannie» Bachmühle benützt.

Als Kuriosum aus Edenkobeil (Pfalz) wird mitgeleilt, daß Herr Drahtweber Stork daselbst einen Lehrling eingestellt hat, welcher das respektable Alter von 78 Jahren und das nicht minder respektable Gewicht von 2 Zentnern erreicht hat. DerLehrjunge", welcher bei den Lculen der Nachbarschaft als herBester «m< Amerika" bekannt ist, ge­

denkt nach beendeter Lehrzeit, welche auf ein halbes Jahr festgesetzt wurde, nach Amerika, seinem früheren Aufenthaltsorte, übirzusiedeln, um dort sein Geschäft als Drahtweber zu betreiben. Bemerkt sei, daß der Lernbegierige bei seinen Vermögen-Verhältnissen durchaus nicht nötig hätte mit seiner Hände Arbeit sein Brot zu verdienen, sondern da« Geschäft nur au« Liebhaberei zu betreiben beabsichtigt. Der Lehrling hat 150 ^Lehrgeld zu entrichten und machte sich verbindlich, nach vollendeter Lehrzeit das G> schält nie in der Stadt Eden- koben zu betreiben.

Prinz Eitel-Friedrich, der zweite Sohn deS Kaiserpaares, wird am 7. Juli d. I. sein zehntes Lebensjahr vollende» und, der Tradition de- königlichen Hause- entsprechend, in die Armee, und zwar in da« 1. Garde- Regiment z. F, kintreien und den hohen Orden vom schwarzen Adler erhalten. Es wird dieser Akt gleicherweise, wie beim Ein­tritt de« Kronprinzen in die Armee im »er- gangenen Jahre, mit einer besonderen Feier­lichkeit verknüpft sein, so daß jedenfalls erst nach diesem Tage der Kaiser seine Sommer- fahri «ntreten dürfte.

Zu dem in Kreisen der Großindustrie erwogenen Gedanken, die Kosten der Mili­tärvorlage durch frciwwilligc Beiträge einzel­ner wirtschaftlicher Verbände «ufzubringen, bemerkt dieNst.lib. Korr.:Ein solcher Ge­danke könne, wenn man mit ihm wirklich Ernst machen wollte, nur entschieden abge­lehnt werden. Da« deutsche Heer ist eine Einrichtung zum Schutze der Gesamtheit; Pflicht der Gesamtheit ist e< darum auch, die Kosten des Heere« zu bestreiten. Und, wo wäre cS selbstverständlicher, al« in dem Staate deS allgemeinen und gleichen Wahl­rechts, daß die Lasten der Gesamtheit auch von der Gesamtheit getragen werden? Die Aufbringung dcrarliger Ausgaben durch ein­zelne Private würde dem ganzen Wesen de« heutigen Staat- zuwiderlaufen. Man braucht die Schwierigkeit der DeckungSfrage nicht zu unterschätzen, aber man darf überzeugt setn : ist erst die Verständigung über die Militär­vorlage erfolgt, so wird auch diejenige über die finanziellen Mittel nicht ausbleibcn- Manl- und Klauenseuche bei Kindern. Wir lesen in einem Berliner Blatte: Die Familie eine« höheren Offiziers in Potsdam hatte au« einer ihr bisher als zuverlässig bekannten Molkerei die Milch für ihre im Alter von 25 Jahren befindlichen Kinder bezogen. Diese erkrankten plötzlich in der heftigsten Weise an der Maul- und Klauen­seuche. Es zeigten sich Geschwüre an den Händen, Füßen und Beinen; auch die Ge­sichter blieben icht frei. Wie da» Archiv für animalische NahrungSmittelkunde berich­tet, war die Ansteckung eine äußerst schwere, und Monate vergingen, ehe die Kinder von der häßlichen Krankheit geheilt waren.

Eine neuenärrische Reise." Ein gewisser Emilio Schicrso hatte den Entschluß gefaßt, auf einer hölzernen Kugel von Man­chester nach London zu reisen. Dieselbe hatte 31 Zoll im Durchmesser und wiegt 87 Pfd. Gchierso machte sich am 27. März auf den Weg und kam vorgestern beim Generalpost- amt in London an. Die Entfernung von Manchester dis nach London beträgt etwa 250 englische Meilen. Schiers» ist ein Deutscher guS BrcSlau, 24 Jahre alt. Wäh­rend seiner Fahrt nahm er 29 Pfd. an Ge­wicht ah und die hölzerne Kugel wurde um

10 Pfd. leichter. Schierso ist seines Zeichen« ein Taschenspieler. Während seiner merk­würdigen Reise hatte er beinahe 30 Paar Schuhe und zwei Anzüge abgetragen. Seine Nahrung bestand au- rohem Fleische und Schinken mit zerhackten Zwiebeln und Stücken gekochter Eier. Er trank Limonade und Limonadesaft. Er legte täglich «uf der Kugel balancierend, von 6 bi- 9 Meilen zurück. Zwei Zeugen «uf Vetvcipeden begleiteten ihn auf dem ganzen Wege.

Einen Kampf mit einem Tiger, der den Tod de« Ober-KommandeurS der Armee in Madras, Sir James Dormer, herbei­führte, schildert dieMadras Mail" » wie folgt: Sir James Dormer ging mit einigen seiner Freunde auf die Jagd. Während er allein war, bemerkte er einen Tiger: er schoß auf ihn und verwundete ihn. Er folgte ihm, befand sich plötzlich in seiner Nähe und der Tiger machte sofort einen Angriff auf ihn. Sir James schoß auf ihn und traf ihn wie­der. Dann stolperte er und fiel nieder. Darauf ergriff das Tier das rechte Bein des Generals, richtete dasselbe arg zu und bracht« ihm ungefähr zwölf Wunden bei. Ein Freund kam hinzu und schcß den Tiger endlich nie­der. Der General wurde in ein Hvspiial gebracht. Ein Teil der großen Zehe mußte amputiert werden der General erlag jedoch seinen Wunden.

In Vier Tagen von Europa nach Amerika. Auf einer englischen Werft wird gegenwärtig im Aufträge der White Star- Linie einGigamic* getauftes Scdiff gebaut, dessen Größenverhältnisse noch erstaunlicher sind alt di? de« berühmten Great Eastern. E« soll angeblich 700 Fuß laug und 68 Fuß breit sein und 45,000 Pferdekrast haben. E« würde mithin 8 Fuß läng-r sein als der Great Eastern, aber ein wenig schmäler; die Kraft würde aber die des Great Eastern weit übertreffen, da das letztgenannte Schiff nur 8000 Pferdekrast hatte. Der Gigsnlic soll eine Schnelligkeit von 27 Knoten haben; er würde also die Fahrt über den Ozean von Amerika nach Europa (England) in 100 Stunden, also in 4 Tagen ausführen.

Geschichte Württembergs. Im Süd­deutschen Verlags-Institut in Stuttgart er­scheint soeben die dritte verbesserte Auflage

derIllustrierten Geschichte von Württem­berg." Bekanntlich ist dieselbe das einzige existierende vollständige und illustrierte Werk über die Geschichte unsere« Lande« und eine reiche Unterhaltung und Belehrung für jeden Württemdcrger bietendes Buch. lieber 1000 Illustrationen schmücken dasselbe und veran­schaulichen neben dem von bewährten würlt. Schriftstellern geschriebencnDxt alles Wissens­werte unserer Heimar von der Urzeit an bis auf unsere Tage. Die neue Auflage ist we­sentlich bereichert und von Kart Oefterlen, dem bekannten Verfasser de« neuen Schau­spiel«Hie gut Württemberg allweg" , bis auf da« Jahr 1893 vervollständigt worden. Die Ausgabe erfolgt, um Jedermann die An­schaffung zu ermöglichen, in 50 Heften L 25 Gebunden kostet der stattliche Band 15 Mark. In mehr al« 10 000 Exemp­laren ist dieGeschichte von Württemberg" bi« jetzt im Lande verbreitet und es steht zu hoffen, daß das Werk Allgemeingut des württ. Volke« werde und dadurch seinen Zweck, die Festigung und Stärkung der Liebe zu unserer tnzrren Heimat, m hr und mehr erfülle.