diesem Todesfall, durch den das württ. Königshaus, nachdem es vor kaum 8 Tagen eine bedeutsame Familienfeier begehen durfte, wieder in Trauer versetzt wird, nimmt daS würit. Volk den herzlichsten Anteil. Prinzessin Paulinc, die am vergangenen Sonntag in Anwesenheit ihrer beiden Tanten da- Fest ihrer Konfirmation feierte, verliert in dem Fürsten ihren Großvater. Ihre Mutter, die im Jahre 1882 verstorbene Prinzessin Marie, war die zweite Tochter des Fürsten Georg; die Fürstin zu Bentheim, Pauline, ist die älteste, die Königin-Regcntin der Niederlande, Emma, die dritte Tochter!
Schmalkalden, 12. Mai. Gestern sind in Stcinbach-Hallenberg 13 Gehöfte abgebrannt.
— Die Juwelen der Gräfin von Flandern. Aus Brüssel wird gemeldet: Die Diebesbande, welche am 1. Febr. den großen Juwelendiebstshl im Palais des Grafen von Flandern verübte, ist nunmehr vsllständig entdeckt. Dieselbe zählte sechs Mitglieder und wurde von einem gewissen James White geleitet. White wohnt im hiesigen „Hotel du Nord", «ährend seine Complicen sich in der Nähe der gräflichen Palais einlsgierten.
White schlich sich als Lakai verkleidet gegen 11 Uhr nachts in den Palast ein und stahl den Kasten, welcher die Juwelen enthielt. Am folgenden Tage reiste die ganze Diebesbande über Ostende nach London ab und schiffte sich daselbst nach Amerika ein. Das Signalement White'S sowie das seiner Genossen wurde der Newyorker Polizei übermittelt.
— Jmpflragödie im Harem. Am Kon- stantinopeler Hose herrscht große Aufregung wegen des ganz plötzlich eingetretenen Todes von 12 der schönsten OdaliSken des Sultans. Der Tod war die Folge einer jüngst vor- genoinmenen Schutzpockenimpfung, der sich sämtliche 167 Odslisken de« Harems unterziehen mußten. Es gilt jedoch als sicher, daß daS Unglück nicht der Fahrlässigkeit beimpfenden Arztes zuzuschreiben ist, sondern der Unachtsamkeit der 12 Mädchen, die, wie die Leichenschau ergab, einer Blutvergiftung erlegen sind.
— Die französische Presse gebärdet sich wie toll vor Freude über die Ablehnung der Militärvorlage und des Antrag« Huene im deutschen Reichstag. Es ist gar kein Zweifel, daß viele elsäßische RcichStagsabgeordnete, die
sonst prinzipiell dem Reichstag fern blieben, nur auf französische Winke hin nach Berlin geeilt sind, um die Militärvorlage nieder- stimmcn zu helfen. Einige Pariser Blätter regen denn auch bereits die Sammlung vvn Geldern an, um den betreffenden elsäßffcheu Reichstagsabgeordneten ein Ehrengeschenk zu machen, vielleicht bleibt auch noch e niges Geld für Wahlzwecke übrig. Die Forderung nach Auflösung der französischen Deputierten, kammer wird immer lebhafter disputiert; das Ministerium scheint nicht abgeneigt zu sein, dieser Forderung nachzugcben, es ist nur noch darüber nicht schlüssig, mit welchen Mitteln auf die Wähler gewirkt werden soll, damit sie den Panama-Skandal u. s. w. möglichst vergessen.
(Eine fidele Sitzung.) Bei einem Vercinsdiner Halle es eine sehr lange Sitzung gegeben, gegen deren Ende der erste Vorstand noch eine zündende Rede halten wollte, aber alsbald unter den Tisch sank. „Ich, meine Herren," rief da der zweite Vorstand, „kann mich nur ganz und voll unserem ersten Herrn Vorstand anschließen —" und verschwand gleichfalls.
Im Hanne -es Blutes.
Roman von H. von Ziegler.
(Nachdruck verboten.)
13.
„Nun, Gsllnow , vorwärts I Da liegt das Dorf und >ch bin außerordentlich müde. Ich komme in den stattlichen Gutshof jedenfalls ein sehr gutes Quartier und will Ihnen ein gleiches wünschen," sagte jetzt der stattliche Osfizier zu seinem Kameraden.
„Sie sind immer ein bevorzugtes Kind des Glückes, Hohenstein," lachte der Ange- redete, „jedenfalls um das Maß desselben voll zu machen, wird Ihnen dort irgend eine lockige Huldgöllin den ersten Becher kredenzen, während ich mit meinem sprichwörtlichen Pech entschieden irgend ein verwahrlostes Loch als Quartier auffinve,"
„Mit der lockigen Huldgöttin möchten Sie allerdings Recht behalten," rief Lieutenant von Hohenstein, „ich kenne die schöne Enkelin des Herrn Berger, der jenes Gut besitzt, persönlich, denn sie ist mit meiner Cousine Belly befreundet und ich machte ihr eigentlich schon vor sechs Jahren stark den Hof. Sie heißt Ruth, ein bedeutsamer Name."
Die Reiter waren vorüber und hocherglühend griff die schöne Lauscherin in den Zügel ihres Pferdes, um weiter zu reiten.
»Eine Huldgöllin," lachte Ruth jbelustigl, „ob sich die Herren eine solche zu Pscrde wohl vorstellen können. Komm, Alräunchen," sagle dann die schöne Reiterin zu dem Pon- ny, „wir müssen vor der Einquartierung zu Hause sein; ich empfange die Soldaten im Sattel, neben dem Großpapa haltend. Also, eS ist Egon von Hohenstein, Betiy'S Vetter, der zu uns kommt? Ah, der soll ja Olga von Hohenstein heiraten! Ich gratuliere ihm dazu."
Das Talent zur Reitkunst hat Ruth von ihren Ellern geerbt, sie ritt mit wunderbarer Sicherheit und Anmut, und im Vollbcwußl- sein dieser Fähigkeiten gab jetzt Ruth ihrem Pferde die Sporen. Wie der ^Sturmwind flog der feurige Ponny auf dem Fahrweg
dahin und an den beiden Offizieren vorüber, welche erstaunt «uSwichen und in voller Bewunderung der graziösen Reiterin nachblick' trn.
„Alle Wetter, das war gewiß Ruth Berger , die Enkelin meines Qnartierwirks," murmelte Hohenstein frappiert, „sie reitet wie eine Amazone, und ich jagle am liebsten hinterdrein, um sie einznholen."
„Da« scheint aber eine tollkühne Huldgöttin zu sein, Kamerad," wandte sich Lieutenant von Gsllnow an seinen Begleiter. „Wenn sie dieselbe im Sattel einholen wollen, da müssen Sie noch wenigstens ein Dutzend Reitstunden nehmen."
Und wirklich, als Egon von Hohenstein bald darauf an der Spitze von zehn Husaren in den Norderhof einrückle, hielt Ruth neben dem alten Großvater, der, seine Pfeife im Munde, gutmütig nickend den Ankömmlingen zusah.
„Habe ich die Ehre, Herrn Berger zu sehen ?" frug der Offizier verbindlich grüßend, indem er näher ritt.
„Ich heiße Berger und bin der Besitzer dctNorderhofes," antwortete der Greis freundlich. „Willkommen im Manöverquanier, mein Herr I"
„Besten Dank, Herr Berg-r I Sie erlauben nun wohl auch, daß ich mich Ihnen verstelle': Lieutenant von Hohenstein."
„Ah, gnädiges Fräuleinwandte sich Hohenstein dann an Ruth, „welch' freudige Uebcrraschung ist es für mich, Sie hier zu lr-ffen; ich habe so oft mit Cousine Belty von Ihnen gesprochen."
„Herr von Hohenstein," erwiderte Ruth freundlich, „es ist ein sehr angenehmer Zufall, der Sie gerade in Großpapas Haus führt! Seien Sie herzlich willkommen I"
„Ich habe Eie schon vorhin gesehen und Ihre Reitkunst bewundert, Fräulein Berger," sagte Hohenstein dann, während der ehrwürdige Hausherr mit einem Knechte hinüberging, um nach dem Quartier der Mannschaften zu sehen. „Sie flogen ja wie eine Feenerschein- ung an uns vorüber."
„Nun jetzt können Sie sehen, daß es
keine Fee war, sondern ein schlichtes Mädchen von Fleisch und Blut. Ich wollte mir heule eigentlich das morgende Manöverterrain an- schen." .
„Ah, Sie werden uns die Ehre erweisen, mit hinaus zu reiten?" frug der Offizier.
„Ja, ich habe die Absicht, dem Manöver beizuwohnen, denn ich habe noch nie ein Manöver in der Nähe gesehen."
„Nun, Herr Lieutenant," redete der zu- rückkehrende Hausherr freundlich den Offizier an, „wellen Sie sich eS nicht bequem machen? Dort sind Ihre beiden Zimmert"
Mit artigem Gruße entfernte sich der Offizier, um von seinem Quartiere Besitz zu nehmen.
Als Ruth ihr Zimmer betrat, um ihre Toilette zu wechseln, atmete sie tief auf; ihre Augen leuchteten Heller, ihre Wangen glühten und ein ganz neues, fremdes Gefühl zog in ihre Seele. Sie wußte nicht, sollte sie darüber lachen oder weinen.
Die Sonne war längst untergegangen, eS dämmerte bereits stark, aber noch stand Ruth träumend am offenen Fenster u. hörte drs Vogelgezwitscher im Buchenwald und die Hufschläge der Husarenpscrde und die Stimme des Lieutenant von Hohenstein, welcher den Zustand der Pferde nach dem langen Marsche musterte. Dann glitt Ruth plötzlich in daS Zimmer zurück und barg ihr brennendes Antlitz in den Kissen des Sophas.
„Mutter, Mutier," schluchzte sie auf, „o warum kann ich Dich nickt besitzen. Warum kann kein Mutlerherz der Tochter raten und beistehen?"
, Fortsetzung folgtt)
Verschiedenes.
.'. (Nur für Natur.) Krauthuber zu seinem Nachbar, einem Anhänger des Natur- heilverfahrenS, der im Garten seinen Jungen prügelt): „Hören Sie mal, Herr Nachbar, gehört diese Prozedur auch zur N-tturheil- methsde?" — Nachbar: „Nee, da« ist die Naturkeilmethodel"
Verantwortlicher Redakteur Bernhard Hosmann. Druck und Verlag von Bernhard Hofmann,