Rundschau.
— In Hochdors bei Vaihingen verunglücke ein junger Bursche beim Hochzeilsschießen (die alte Geschichte!) dadurch, daß der Karabiner platzte und ihm eine Hand derart zerriß, daß sic abgenommen werden mußte.
— Ein Sägknecht in der Gumpmühle in Aalen wollte nachis den über den Mühlkanal sührende» schmalen Steg begehen, er glitt ans, fiel kopfüber ins Wasser, blieb aber mit de» Füßen am Steg hängen und fand so seinen Tod.
Vom Echazthal, 11. Mai. Die Ende der vorigen Woche eingelretenen Fröste haben der Vegetation erheblich geschadet, vor allem dem Weinstock in den unteren Lagen, auch der Ap'elblüie. Der beute früh gefallene warme Regen war daher hochwillkommen, weniger freilich den zahlreichen Ausflügler« des heutigen Himinelfohitsfestes. Doch hat sich der Himmel mittags freundlich aufge- hcitert.
Ellwangen, 11. Mai. Der bisherige Vertreter des Xlll. Wahtknises im Reichstage, Graf Heinrich Adelmann von Adel- mannsf. lden, erläßt in der Jagstzeitung fol« gende Erklärung: „An meine Wähler I Schon vor längerer Zeit habe ich Herr» Dr. Werfer in Ellwangen, den bisherigen Vorsitzenden meines Wahtkvmites, von meinem Entschluß, für den Fall einer ReicbstagSauf- lösnng nicht mehr zu kandadieren, schriftliche Mitteilung gemacht. Inzwischen ist die Auflösung erfolgt, und obwohl Herr Dr. Werfer namens zahlreicher bewährter Mitglieder der katholischen Partei, unter Zustimmung zu meiner Haltung in der Militärvorlage, mich zur Wideiannahme einer Kandidatur aufgefordert hat, fühle ich mich veranlaßt, diese Erklärung aufrecht zu erhalten, nicht allein, weil meine umfangreichen Berufspflichten mich allzusehr in Anspruch nehmen, sondern auch, weil ich ein ersprießliches Wirken innerhalb der Zentrumsfraktion zurzeit für aussichtslos halte. Im vollen Bewußtsein meiner schweren Verantwortung habe ich für den Antrag Huene gestimmt. Um Grundprinzipien der alten Zenlrumspartei hat es sich bei der Militärvorlage nicht gehandelt; sonst hätten gewiß nicht drei Präsidenten deutscher Katholikenversammlungen sich auf feiten der Minderheit gestellt. Dagegen habe ich im Antrag Huene einen annehmbaren Ausweg erblickt, um einerseits die voraussichtlich nur den prinzipiellen Oppositionsparteien zu gut kommende Auflösung des Reichstage« und ein vielleicht folgenschweres Zerwürfnis zwischen Reichsregierung und Volksvertretung zu vermeiden, andererseits, um unsere Wehrkraft den gesteigerten Röstungen unserer feindlich gesinnten Nachbarstaaten entsprechend weiter zu entwickeln zur Sicherung de- Weltfriedens und des heimischen Herde«. Dabei wäre der längst gehegte Wunsch nach Herabsetzung her aktiven Dienstzeit und die damit verbundene Entlastung »er Bevölkerung verwirklicht worden. Seit dretviertel Jahren ist leider durch Wort und Schrift — nicht zum wenigsten innerhalb der Zentrumspartei — die bei der damaligen wirtschaftlichen ungünstigen Lage erklärliche Abneigung gegen weitere militärische Belastungen möglichst und Nicht immer in objektiver Weise genährt worden. Wenn ich durch meine Abstimmung bei der Militär- Vorlage in Gegensatz zu »ielen meiner Witz
ler gekommen bin, so ist mir das sehr bedauerlich, konnte mich aber von der Vertretung meiner eigenen, bei den Verhandlungen über die Militärvorlage gewonnen gewissenhaften Ueberzeugung nicht abhalten. Indem ich meinen Wählern für das mir während nahezu 12 Jahre» geschenkte Vertrauen bestens danke, nehme ich von dem mir ans Herz gewachsenen XIII. Wahlkreis hiedurch Abschied. Möge derselbe stets einem Abgeordneten sein Mandat anvertrauen, welcher unerschrocken die Freiheit der katholischen Kirche und opferwillig die Liebe zum Vaterland vertritl. Ellwangen, den 10. Mai 1893. Graf Heinrich Adelmann."
Waldsee, 11. Mai. Ein Soldat des Infanterieregiments Nr. 120 in Weingarten, gebürtig von Aulcndorfl fand kein Gefallen an dem Soldatenleben und desertierte. Er begab sich zuerst zu seinen Ellern, welchen er vergab, von seinem Unterosstzier beauftragt zu sein, einen auS dem Urlaub noch nicht zurückgekehrten Soldaten in Eaulgau in die Kaserne znrückzuholen. Zu diesem Zwecke müsse er aber, um nicht sofort erkannt zu werden, Zivilkteider tragen. Die nicht- ahnenden Ettern waren damit einverstanden. Ihr Sohn aber nahm selbst Reißaus und wird nun vom Kommando wegen Desertion verfolgt.
— In Höchst i. O. hat ein junger Bursche von 20 Jahren Namen- Adam Wolf die 18jährige Emma Hofferbarth von dem benachbarten Münding-Krumbach, mit welcher er ein Liebesverhältnis unterhielt, das die Ellern nicht billigten, bei einem Rendezvous, wozu er sie bestellt hatt-, mit dem Jagdgewehr erschossen und dann sich selbst durch einen Schuß in den Kopf gelötet.
— Der deutsche Kaiser hat dem Eindaco von Rom 10 000 Lire zur Verteilung an die Armen der Stadt übermittelt.
— Der Ernst der Zeiten hat den Münchnern den fröhlichen Durst nicht geraubt. In 8 Tagen haben sie den Hofbräuhaus-Bock — 50 000 Liter — vertilgt. Er geniert sie dabei nicht, daß im Hofbräuhaus auf die Bedürfnisse deS Publikums wenig Rücksicht genommen wird. Obwohl man dort weiß, welche Massen von Trinkern täglich kommen, sind die vielbegehrten Bock- und Weißwürste um 10 Uhr regelmäßig schon vergriffen, und man fühlt sich nicht bemüssigt, da« nächste- mat mehr in Vorrat zu Hallen. Eingeschänkt wurde der Bock, namentlich im Hofbräuhauskeller, so schlecht, daß von der Aiche de» HaldliterS häufig ein halber Schoppen fehlte.
Dresden, 12. Mai. Die Prinzessin Elisabeth von Schwarzburg-Sondershausm ist gestern abend 9 Uhr gestorben.
— Aus der Schweiz An« allen Teilen de- Landes kommen Nachrichten über die schweren Schäden, die der Frost in der Nacht Vom Samstag auf den Sonntag angerichtet bat. Namentlich betroffen wurden die Kantone Wallis, Thurgau, Zürich, Schaffhausen, zum Teil auch Bern, Genf und Waadtland, die Ausdehnung des Schaden» läßt sich noch nicht ganz übersehen; an manchen Orten ist die ganze Ernte in Obst und Wein vernichtet.
— Der Vampyr Aberglaude. Ans L m- berg wird der „N. Fr. Pr." berichtet: Im Dorfe Muszyna im Bezirke Kolomea hatten sich in Folge eine« WirtshausgesprächeS elf Bauern entschlossen, die Leiche des vor Kurzem dort verstorbenen 83jätzrigen Greises
Nikolaus ObuSzak auS dem Grabe hcrvor- zuholen, weil behauptet worden ObuSzak sei ein Vampyr und als solcher die Ursache der langanhalienden Fröste im letzten Winter gewesen. Um sicher zu sein, daß der Vampyr nicht mehr am Leben bleibe, wurde die Leiche geköpft und verstümmelt. Die abergläubischen Landleute stießen über dies ei»en Pfahl in'« Herz deS Toten, damit der vermeintliche Vampyr, wie sie Vorgaben, außer Stande gesetzt werde, in Hinkunft sein Unwesen noch weiter zu treiben. Eine Gerichts-Kommission bat im Vereine mit dem Bezirksarzte den Thatbestand bereits fcstglstellt, und alle an der Unthat beteiligten Bauern wurden verhaftet.
— Im Käfig des Tigers. Aus Temerin in der BacSka wird dem „P. L." geschrieben: Auf dem letzten Jahrmarkt weilte eine Menagerie hier, in welcher zwei Löwen und ein herrlicher Tiger da« Interesse auf sich zogen- Mit Bewunderung sah dar Publikum der Tierbäntigerin, einem 16jährigen Mädchen, zu, als es blsS mit einer kleinen Reitpeitsche in der Hand die Bestien mit seinen durchdringenden Bücken einschüchterte. In einer nahen Garküche unterhielten sich mehrere Bursche und während des Trinkens kam die Rede auf die schöne Tierbändigern:. Ein bekannter Prahlhans, Georg Girics, bemerkt», das sei nichts, er habe als Soldat schon andere Wunderthaten auSgesühri; dieser Tiger würde sich vor ihm noch ängstlicher ducken. Auf diese Großsprecherei bemerkte ein junges Mitglied der Gesellschaft: „Ja, wir kennen Dich; einen großen Mund hast Du. Beweise einmal Deine Kunst I" Empört über diese Worte, sprang Girics auf. „Folgt mir nach I" und der Weg wurde zur Menagerie eingeschlagcn. Dem Girics gelang e», von der Rückseite des Zeltes durch eine Falllhüre in den Käfig des Tigers zu gelangen. Aber hier erging es dem Burschen schlimm, er wurde in dem Momente, als die Bestie seiner ansichtig wurde, von dem gereiztMTiere mit einem Schlage niedergc- schmettm. Zum Glück bemerkte der Eigentümer noch rechtzeitig das Unheil und befreite Girics aus den Klauen des Untiers. »Girics erlitt großen Blutverlust, und am Kopfe, an der Brust und an den Armen so gefährliche Wunden, daß die Aerzte an seinem Aufkommen zweifeln.
— Der Hungerskünstler Dr. Tanner hat, wie ans London gemeldet wird, durch einen Sturz aus dem Fenster eines Hotel- feinem Leben ein End-gemacht. Dr. Tanner war bekanntlich der erste Fastcnkünstlrr von Beruf, er hat den Hungersjport in die Mode gebracht und selbst ein 40tägigcs Fasten durchgemacht. Er fand viele Nachahmer, aber keiner, auch nicht der Italiener Succi brachte es zu jener „Vollkommenheit", deren sich der magere, blasse und wortkarge Engländer rühmen konnte.
— Ueber ein wahres Scheusal auf dem Thron bringt der Telegraph aus CaltUtN die folgende schauerliche Meldung: „Der Khan von Khelat hat, wie verlautet, dem Agenten de« GencralgouverneurS zugestanden, daß er 3000 Männer und Frauen seit seiner Thronbesteigung vor 36 Jahren getötet hat. Man glaubt, daß er zu Gunsten seines ältesten SohneS abgesetzt werden wird."
New-Aork, 10. Mai. In der Nähe der Stadt Lafayette entgleiste ein Expreßzug. 7 Personen find tv>, 6 schwer verwundet.