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Stuttgart, 5 Mai, Die Stuttgarter Schützengttbe veranstaltet zu Ehren der zu Anfang d. I, erfolgten Vermählung Sr. K. H. des Herzogs Albrecht von Württem­berg mit I. Kail. H. der Erzherzogin Marga rcthe von Oesterreich von 11. bis 16. Mai auf dem Schützcnhause ein Festschicßen.

Calw, 5. Mai. Kaum war man der gemeldeten FeucrSbrunst im Badischen Hof Meister geworden, als gegen Abend aufs neue Feuer gemeldet wurde. DaS Fabrik­gebäude von Naumann (Krstzcnfabrik) ehe­malig? Walkmühle, war, wie e- scheint, durch Selbstentzündung in Brand geraten. Der furchtbare Qualm erschwerte eie Rettungs­und Löscharbeit; doch gelang die Rettung mit vieler Mühe; «der der Schaden am Ge­bäude und au den kostbaren Maschinen ist sehr bedeutend.

Dürrmenz-Mühlacker, 7. Mai. In dem benachbarten Lomersheim brannte gestern nachmittag um 2 Uhr ein Wohngebäude mit Stallung nieder. Die «ngebaulc Scheuer blieb erhalten. Die zu Hilfe gerufene hiesige freiwillige Feuerwehr brauchte nicht mehr in Aktion zu treten.

Rottenburg, 7. Mai. Vergangene Woche machte der hiesige Fabrikant Frautz einen Besuch in einer Fabrik in Nagold. Der dortige Hofhund machte sich von der Kette los, überfiel den Ueberraschtcn und riß ihm am Genick ein Stück Fleisch ab. F. mußt? sich schmerzhaften ärztlichen Operationen unter­werfen; bei seiner Konstitution ging indes der Hetlungsprozeß so rasch von statten, daß er seine Rückkehr hieher nächster Tage be­werkstelligen kann.

Berlin, 6. Mai. Der Ncichsanzeiger publiziert eine kaiserliche Verordnung, welche die Wahlen zum Reichstag auf 15. Juni ausschreibt. (Nach Artikel 25 der Reichs- Verfassung müssenim Falle der Auflösung des Nuckstages innerhalb eines Zeiträume« von 60 Tagen nach derselben die Wähler und innerhalb eines Zeitraumes von 90 Tagen nach der Auflösung der Reichstag versammelt werden," Der neue Reichstag muß also spätestens Anfang August znsammentreten.)

Berlin. Von der verhängnisvollen An­wendung einer abergläubischenHeilmethode" erzählen hiesige Blätter folgendes Beispiel. Die 10jährige Tochter eines Gürtlers halte sich vor einigen Tagen eine Entzündung des linken Auges zug-zogen, die ihr viele Schmer­zen verursachte und sich schließlich derart ver­schlimmerte, daß das Kind keine Nacht mehr schlafen konnte. Anstalt nun einen Arzt zu befragen oder nach der Klinik zu zehen, wandte die Müller au ihrem noch dazu schwächlichen Kinde eine Wundekur an. Sic Halle nämlich einmal gehört, daß gegen solche Augenleiden« sogenannte Kkllerwürmcr (As­seln), die in ein vermodertes Spinngewebe eingewickelt werden, helfen sollen;Wirkung" sei aber nur dann zu erzielen, wenn das Paket nach Sonnenuntergang mit Gebet auf­gelegt werde. DieseHeilmethode" wandte sie bei ihrem Kinde an. Am andern Morgen war das ganze Gesicht des Kinde« zu einer unförmlichen Masse angeschwollen und beide Auge» blau-grau unterlaufen. Die Sehkraft beider Augen ist verloren.

I» den Kreisen, die vor Monaten schon die Bildung einer Bismarckpartei plan­ten, wird, wie in Reichstagskreisen verlautet, sofort nach der Auflösung eine Mosiendepu-

tation nach Friedrichsruh vorbereitet, um Bismarck um Annahme eines Mandats und um Unterstützung einer großen Wahlagitation, namentlich in Sübdeutschland, durch seine» Namen und seine Autorität zu bitten.

Das Dorf Zell bei AtSfetd in Ober- Hessen ist am Freitag zum großen Teil ab­gebrannt. Ungefähr 45 Gehöfte mit 125 Getänden sind eingeäschect. Ein heftiger Ostwind, Trockenheit und Wassermangel mach­ten die Lösbarkeit fast unmöglich. Viel Vieh ist verbrannt und der Schaden sehr bedeutend. Ein fünfjähriges, mit Zündhölzern i» der Scheuer spielendes Kind soll den Brand ver­ursacht haben. Menschen sin» nicht umge­kommen.

Die Blutthat in Genua. Ucker die furchtbare Tragödie, die sich am 2 Mai in Genu» abspielle die Ermordung der Herren Curr» geht ei» ausführlicher Bericht ein, der den Sachverhalt wesentlich anders dar- stellt als die kurz nach dem Vorfall einge- troffencn Telegramme: Der 73jährige Nic- eolo Curro aus Catanzaro hatte lange Zeit mit sizilianischcn Landcsprodukten, besonders mit Schwefel und Salz, gehandelt und sich, nachdem er ein ungeheures Vermögen er­worben hatte, vom Geschäft zurückgezogen. Er lebte mit seinem 30jährigen Sohne, der gleichfalls Niccolo hieß, in Genu«. Zu ihrer Bedienung hatten sic einen gewissen Michele Orstni aus Alexandria und eine alle Dienerin, die zugleich Köchin war. Der Vater war ein schöner kräftiger Greis, der Sohn der Liebling der Genueser Damenwelt und der aristokratischen Kreise der Hafenstadt. Bcide inleressierten sich für eine und dieselbe Frau­ensperson, nur daß der Sohn als der jüngere und stattlichere von dem leichtfertigen Mäd­chen mehr begünstigt wurde als der Vater, obwohl dieser sich den Verkehr mit ihr sehr viel Gel» kosten ließ. Der Sohn blieb dem väterlichen Hause oft Tage und Nächte lang fern; au« diesem Grunde kam es fast jede Woche zu Zwistigkeiten zwischen ihm und seinem eifersüchtigen Vater. Eine solche pein­liche Szene spielte sich auch am Dienstag nachmittag währen» des Mittagessens ad, an dem auch der HauS- und Geschäftsfreund der beiden Curro, ein Herr Belelli, tcilnahm. Der alte Curro machte seinem Sehne wieder heftige Vorwürfe darüber, daß er während der Nacht nicht zu Hause gewesen sei, spie ihm nach Außsage des Diners ins Gesicht und schrie:Du warst wieder bei ihr!" Der Sohn sprang auf, trat dem Vater in drohender Haltung entgegen und sagte:Wer sagt das?"Michele I" erwiderte der Vater. Der Sohn rief den Diener, packle ihn am Rockkragen, schüttelte ihn hin und her, gab ihm ein paar Ohrfeigen und sagte:Der verrät mich nicht w ch einmal." In seiner blinden Wut eilte der geprügelte Diener in da- Schlafzimmer seines Herrn, riß einen geladenen Revolver von der Wand, eilte in den Speisesaal zurück, und gab hintereinander sechs Schüsse aus den jungen Curro ab, von denen jedoch zwei den alten Niccolo Curro trafen und schwer verwundeten. Michele Orstni wurde wenige Minuten später festgr- nommcn unt/ ließ sich willig und ohne Wie­derstand zu leisten zur Polizeiwache führen. Bevor er jedoch abgesührt wurde, geriet er noch einmal in einen Zustand wahrer Ra serei und versetzte dem Leichnam d?S jungen Curr, mehrere Fußtritte. Dem Quäster er­klärte er ruhi-:Ich komme auf die Ga­

leere, aber ick bin unschuldig; die Lumpen haben sich gewissermaßen selbst getötet." Der alle Curro ist in der Nacht zu Mittwoch im Pammsiom-Krankenhause in Genua unter unsäglichen Schmerzen verschieicn. Der Mörder Orstni stand 15 Jahre im Dienste der Familie Curro.

Kannibalismus am Kongo. Der Reisende Poorlen, der soeben von einer For­schungsreise am obern Kongo nach England zurückgekehrt ist, berichte! von einem schreck­lichen Kannibalismus, den er ein wenig oberhalb Matadis a»traf. Bei einer seiner Touren stieß er auf zwei aneinandergefesselte schwarze Sklaven, die über den ganzen Körper bestimm!? Zeichen trugen. Nachfrage führte ihn zur Entdeckung, daß die zwei Leute am nächste» Tag geschlachtet werden sollten, und daß die Zeichen ans ihrem Körper von Per­sonen hcrrührten, welche die bestimmten Kör­perteile gekauft hatten und auf sie als erlesene Bissen Anspruch machten. Poorlen, der um­sonst iittervenierle, fand bald heraus, daß dieser Brauch in der Umgegend allgemein üblich sei. Als er den Führern Vorstellung über die Brutalität dieser Handlung machte, erwiderten sie ibm kühl, sie löteten ja nur Sklaven, nicht Freie, auf diese Weise.

Verschiedenes.

Die Glückskinder. Eine ergötzliche Einzelheit wird noch nachträglich von den römischen Hochzeitsfestiichkeiten berichlet. ES war seitens des Magistrat« festgesetzt worden, daß für alle Neugeborenen, die in dem Zeit­raum von 12 Uhr Nachts des 21. bis 12 Uhr Nachts des 22. April das Llcht der ewigen Stadt erblickten, ein Guthaben auf »er städtischen Sparkasse angelegt werden sollte. Die Durchschnittszahl der Geburten an einem Tage war für Rom sonst vierzig. DaS Erstaunen der Stadtväler war daher einigermaßen berechtigt, als ihnen für den glückbringenden Tag die Ankunft von sechtundneunzig neue» Weltbürgern gemeldet wurde. Optimisten wollten dies Wunder damit erklären, daß die Aussicht auf die ausgesetzte Prämie bei vielen Frauen das freudige Ereignis beschleunigt habe. Skepti­schere Gemüter aber sind der Ansicht, die jedensaUS mehr Wahrlcheinlichkeit für sich hat, daß eine Anzahl Geburten des 21. April einfach einen Tag lang verheimlicht worden sind. Jedenfalls haben alle dieseGlücks­kinder" je nach ihrem Geschlecht die Namen Umberto oder Marzhcrila erhalten. Das­selbe Phänomen, nur in noch stärkerer Form, war übrigens bereits bei der Jubiläumsfeier Leos XIII dagewesen: damals wurden für den einen Tag gar fünfhunderl Geburten beim Standesamt angemeldet.

So Wird maninteressant". Weib­liche Eitelkeit hat, wie demGesell." be­richtet wird, in der ostpreußischen Stadt Nogow» zwei junge Mädchen dahingerafft. Zwei Töchter des Schuhmacher« T-, gesunde und starke Mädchen, hielten es für unschön, rote Backen zu haben. Sie hatten in Er­fahrung gebracht, daß nur schmale, bleiche Gesichter schon seien und wollten durchaus gern blaß werden. Die Mädchen wurden plötzlich krank, der Arzt kam, forschte naL der Ursache der Krankheit, die Mädchen sagten ihm auch, was sie beabsichtigl hatten, nur da« Eine, was sie gegessen hatten, verschwiegen sie. Beide starben. Kurz vor dem Hw- scheiden der zweiten bckgi nt diese, botz sie