Rundschau.

Stuttgart, 4. M->i. I. M. di? Königen Wilhe>mine u»d di? Königin-Rege,ttin Emms dcr Jtiedc,laude nebst großem Gefolge (etwa 40 Personen) stad gestern abend mi! Son- dcrzug i» Lutwigsburg eingetroffen.

Calw, 4. Msi. Heule miltag nach 1 Uhr ertönten die Feuerglocken; es brannte im Badischen Hvf vsn Häring, früher Thu- dium; das Hcnt rgebäudc wurde gereltet.

Friedrichshafen, 4. Mai. Dieser Tage hatte ein Fischer von Eriskirch da« seltene Glück, einen drnzehnpfändigen Zander im Bodensee zu fangen, das größte Exemplar, welches bis jetzt im Bodensee gefangen wurde.

Das Bankhaus M. A. v. Rothschild u. Söhne in Frankfurt a. M. ist wieder in den Besitz ein-s Teiles der durch Rudolf Jäger verunlreulen Gelder gelangt. Jäger hatte ans der Flucht nach Aegypten einem Herrn Dr. Kanen 3000 zum Geschenk gemacht. Ganz unerwartet kam nun aus Brasilien von dem dortigen deutschen Ge­neralkonsul ein Schreiben mit 3000 ^ an die hiesige Polizei, worin bemerkt war, daß Dr. Kamen, nachdem er aus den Zeitungen erfahren, daß Jäger auf unredliche Weise in den Besitz des Geldes gelangt sei, daS Ge­schenk hlemit znrücksende.

Die Baseler Lebensversicherungsze- sellsckaft hat im Hauptbahnhof zu Frankfurt a. M. vier Automaten aufgesteltt. Jeder dieser Apparate gibt gegen Einschieden eines ZchnpfennigstücktS ein numeriertes und da­tiertes Tickei ab, gültig bis Mittag des nächst­folgenden TagcS, womit die Gesellschaft dem durch einen Eisenbahn- »der Dampfschiff Un­fall betroffenen und verletzten Reisenden eine Entschädigung gewährt, die je nach derSchwere des Falles bis zu 5000 ^ betragen kan». Reisende der 1., 2. und 3. Klasse können bis zu 4, 3 und 2 Tickets lösen, bei ent­sprechender Vervielfältigung der Entschädig­ungssumme.

Aus Baden, 2. Mai. Der Grsßherzog und die Grotzherzogin haben für die durch das große Brandunglück in Klengen betroffenen Einwohner eine einstweilige Gabe von 1000 Mark gespendet. Außerdem hat die Groß­herzogin für den gleichen Zweck dem Frauen­verein in Villingm neben einer Geldgabe eine größere Partie Frauen- und Kinder­wäsche zukommcn lassen.

Berlin , 4. Mai. Caprivi hat gestern noch in später Abendstunde eine längere Un­terredung mit dem Kaiser. Caprivi beab­sichtigt, soweit er das kann, auf eine Be­schleunigung der zweiten Lesung der Heer- Vorlage zu dringen. Die Auflösung des Reichstages erfolgt unmittelbar nach dem ab­lehnenden Beschluß.

Berlin, 4. Mai. Der Kaiser Hit heute nach einigem Schwanken seine Zustimmung zur Auflösung des Reichstags gegeben. Man erzählt im Reichstage, Caprivi besitze bereits die unterschriebene Ordre.

Berlin, 4. Mai. Der Kaiser fuhr ge­stern Abend gleich nach seiner Ankunft in Potsdam mittelst Sonderzug nach Berlin und verweilte längere Zeit im ReichSkanzlerpalais. Dann kehrte er nach Potsdam zurück.

Vereidigung durch Handschlag Die Vereidigung eines Menoniten fand, wie aus Berlin gemeldet wird, am Dienstag vor dcr ersten Strafkammer am Landgericht II. statt. Ein Sachverständiger, der zu vernehmen war, sollte vereidigt «erden, er überreichte dem

Vorsitzenden nun eine Bescheinigung, in der gesagt war, daß er als Menonit nicht schwören, sondern seinen Eid nur dadurch leisten könne, daß er durch Ja »nd Nein und Handschlag versichere, die Wahrheit sagen zu wollen. Der Vorsitzende, Landgericht-direkter Gartz, hielt diese Vereidigung durch Handschlag für zulässig und ließ den Sachverständigen ver­sichern, daß er die Wahrheit sagen wolle, worauf der Sack verständige dem Vorsitzenden die rechte Hand reichen mußte. Diese Zere­monie erfolgte, wie beim Eibe, unter Erheb­ung des Richterkollegiums und der Zuhörer.

Die Verlobung des Herzog« von Jork mit der Prinzessin Marie von Teck wurde amtlich bekannt gemacht.

In Bischofingen am Kaiserstuhl wur­den derBad. Lztg." zufolge schon die er­sten reifen Kirschen gepflückt. Desgleichen wird berichtet, daß man schon reife Erd­beeren findet, gewiß ein bemerkenswertes Zeichen ber auffachend frühen Entwicklung der Vegetation in diesem Jahre.

Von Haifischen gefressen wurde, wie sich jetzt herausgestellt hat, der tn Altona geborene, auf der in Brake beheimateten Dark St. Jago bedienstet gewesene Malrose Elver«. Er hat, als die Park im Dezember 1892 in St. Paul (Brasilien) in Quarantäne lag, am Abend des 24. Dezember gebadet, ist dann zwischen Haifische geraten und zerrissen worben. Sechs Haifische, die einige Tage später auf der R ede von St. Paul gefangen wurden, enthielten in ihren Magen Kleider» reste des Unglücklichen.

Aus Genua, 4. Mai, meldet man der Fr. Zig.: Der Millionär Cavaliere Nicola Curro, Chef eines großen HandiungShauscs, und sein Sohn gerieten gestern abend mit ihrem Diener Orsini in Streit. Letzterer stürzte sich auf den alten Herrn, worauf der Sohn die beiden trennte und den Diener hinausschaffte. Dieser kehrte aber bald zu­rück und streckte Vater und Sohn durch 5 Revvlverschüffc nieder. Der Sohn starb auf dem Transport zum Spital, der Vater liegt hoffnungslos darnieder. Der Mörder wurde verhaftet.

Aus Christiania wird der Frkf. Zig. geschrieben: Ein Fräulein Fouguer, welche hier seit 14 Jahren eine Erziehungsanstalt getestet hat, ist verhaftet worden, weil eS die ihr anvcrtrauten Kinder aufs ärgste miß­handelt HU. Obgleich wiederholt Klagen laut geworden sind, hatte man doch die Sache nicht weiter beachlet. Vor einiger Zeit ver­anstalte jedoch die Polizei eine Untersuchung, und es stellte sich dabei heraus, daß die Vor­steherin ein unmenschliches Strafsystem ein­geführt hatte. Sie band und peilschte die Kinder, legte ihnen Zwangsjacken an, stellte sie unler tropfendes Wasser und peinigte die Aermsten auf jede denkbare Weise. Sie scheint an religiösem Wahnsinn zu leiden; denn sie meinte, daß Gott die Kinder für ihre Sünden strafen werde, und sie glaubte, durch körperliche Züchtigungen die göttlichen Strafen abwenden zu können. Die Bevölker­ung wollte das Hau- dieser sonderbaren Er­zieherin stürmen, und die Polizei mußte sie gegen die Wut der aufgebrachten Eltern beschützen.

Ein ungeheurer Eisblock, welcher auf dem oberen Laufe der Wolga hinabtrieb, Hst bei Rishmij zwei Dampfer der Gesellschaft Stamolet" förmlich zerschnitten und einen Dampfer einer anderen Gesellschaft stark be­

schädigt. Die Dampfer lagen zum Aus­laufen gerüstet. Wie viel Menschen verun­glückt sind, weiß man noch nicht.

Jmpftag im Harem. Der türkische Sultan hat vor einiger Zeit seine Frauen impfen lassen. Da die wenigen Aerziinnen, die in Europa vorhanden sind, neck nicht bis zum Bosporus vorgedrungen zu sein scheinen, mußte man wohl oder übel einem Arzie den Zutritt zum kaiserlichen Frauen- gemache gestatten. Die Anhänger Muha- meds brauchen aber darum noch lange nicht außer sich zu geraten. Die Gesetze des Pro­pheten wurden nickt überschritten u. dieOdsliS- ken wurden nicht von anderen Augen be­trachtet als von denen ihres erlauchten Ge­bieters. In einem Saale des Palastes wurde einespanische Wand" ausgestellt, in welche ein Loch gebohrt worden war. Aus diesem Loche sah der Arzt hintereinander die 136 schönsten Arme der Weit herauskommen. Da waren schneeweiße und ebcnholzschwarze Arme kurz Arme für jeden Geschmack. Aber der Arzt, ein Italiener Namens Murracci, sah eben nicht« weiter als diese Arme. Die Impf­ung wurde in Gegenwart zahlreicher Eunuchen vorgenommen, daS Manour Ali und des Dsely-Mar. Letzterer ist ein baumlanger Abessinier, der jedesmal, so oft ein Arm­wechsel stattfand, das Haupt des Herrn Dok­tors mit einem schwarzen Tuche bedeckte«

Chicago, 2. Mai. Bei der gestern er­folgten Eröffnung der Weltausstellung bot unter unbeschreiblichem Jubel Präsident Cleve- tand den Vertretern dcr auswärtigen Nationen den Willkommengruß: Vor den Augen der Völker der alten Welt stier, durch eine junge Nation große Werke vollbracht worden. Das jetzt unternommene Werk sei der Erleuchtung de« Menschengeschlechts geweiht. Im Sinne der erhabensten Brüderlichkeit dcr Nationen möge an dcr wahren Bedeutung der heutigen Feier fcstgehallen werden. Durch den Druck auf einen Knopf funktionierten vermittelst Elektrizität sämtliche Maschinen und Spring­brunnen- Artilleriesalven krachten, Glocken­geläut« erscholl und die Festleilnehmer stimm­ten dasHalleluja" von Händel an. Da­rauf fand ein Festmahl statt.

(Aus Amerika.) Drei Millionen Junggesellen I Da« klingt sehr leckend, aber die Sache hat doch eine ernste Seite. Der Boston Globe" bemerkt, daß es nach dcr letzten Volkszählung in den Vereinigten Staaten von Amerika nicht weniger als drei Millionen Junggesellen giebt. Die Mehr­zahl davon, bemerkt das Blatt, bleibe aus bitterer Not ledig, denn die Umstände, die dazu beitragen, eine Frau und Familie zu ernähren, hätten sie unter den neuen indu­striellen und geschäftlichen Bedingungen durch­aus zum Nachteil verändert. So groß sei die Konkurronz in den leichteren Berufszweigen geworden und so groß sei die Anzahl von Frauen geworden, die jetzt Stellungen ein­nehmen , die früher nur von Männern be­kleidet wurden, daß ein großer Prozentsatz von Männern mit Einnahmen zufrieden sein müsse, die ihnen da« Heiraten unmöglich machte.

(Geschiistssprache.)Womit kann ich dienen, gnädiges Fräulein?"Könnt' ich vielleicht den Herrn Chef sprechen?" Momentan nicht auf Lager. Wenn Ihnen aber mit Aehrlichem gedient ist sein Sohn befindet sich im Nebenzimmer I"