liche der Diieese Aalen. Die Feier nahm einen durchaus würdigen Verlauf.

Von der Biihler, 1. Mai. In voriger Wocke zog sich ein Bauer in Sulzdorf durch einen Stoß gegen einen eisernen Eggenzahn eine leichte Verwundung am Schienbein zu, welcher er keine weilerc Beachtung schenkte. Es trat jedoch Blutvergiftung ein, und am folgenden Tag war der im besten MsnncS- altcr stehende Oekonom eine Leiche.

Oberndorf, I.Mai. Frau Kommerzien­rat Mauser dahier ist dieser Tage vom Sul­tan durch die Verleihung des Echefakat-Or- »en ausgezeichnet worden. Neun Meister der Wsffenfabrik erhielten gleichzeitig die türkische silberne Verdienstmedaille.

Ulm, l. Mai. Oberroßarzt Bub vom Dragoncrregiment Nr 26 ist vom General- kommand» nach Stuttgart kommandiert und hat die Geschäfte des CorpSroßarzteS deS XIII. ArmeecorpS übernommen. Gestern kamen zwei junge Leute, nachdem sie in einem Wirts­haus gezecht hatten, im Uedermut auf den Gedanken, in der noch recht kalten Donau ein Wettschwimmen zu halten. Kaum wa­ren sie im Wasser, so sank der eine, der 20jährige Sohn eine« hiesigen Briefträgers,

vom Schlage getroffen unter. Seine Leiche konnte bi« jetzt noch nicht «ufgefundcn werden.

Karlsruhe, 2. Mai. Trotzdem aufAller- höckslen Wunsch kein offizieller Empfang stattfand, hatte sich doch frühzeitig in- u. außerhalb des Bahnhofs ein sehr zahlreiches Publikum eingefunden und vom Bahnhof bis zum Schlosse füllten dichte Volksmengen die Straßen, so daß daS Passieren derselben kein Leichtes war. Am Eingang des Warte- falonS prankte eine Inschrift:Willkommen in der deutschen Heimat." Punkt '/-7 Uhr fuhr der kaiserliche Zug in die Halle. Zum Empfang waren erschienen das großherzcgl. Paar, die Prinzen Wilhelm und Karl mit Gemahlinnen, mehrere höhere Offiziere, wo­runter der Kommandeur des 14. Armee­korps sowie der preußische Gesandte Herr v. Eisendecher. Al« der Kaiser, der in seiner schmucken Husarenuniform sehr frisch und gesund auSsah, dem Wagen entstieg, wurde er mit brausenden Hochrufen empfangen. Vom Bahnhof fuhren die Allerhöchsten und hohen Herrschaften vor das Rathaus, wo Oberbürgermeister Schnetzler die Majestäten begrüßte und mit dem sich der Kaiser längere Zeit lebhaft unterhielt.

Die Haltung und Begrüßung der zu tausen­den und abertausende« aufgestauten Volks­menge war eine begeisterte. Am Karl Fried­rich-Denkmal überreichte eine Schülerin der hohen Töchterschule der Kaiserin einen präch­tigen Blumenstrauß Dann fuhren die Equipagen nach dem Schlosse.

Karlsruhe, 3. Mai. Aus der Fahrt nach dem Schloß begrüßte der Oberbürger­meister das Kaiferpaar vor dem Rathaufe und sprach feine Freude darüber aus, die­selben in dem Augenblick begrüßen zu können, wo der Kaiser ohne Sorge für die Wehr­haftigkeit zurückkehren könne, da dieselbe ohne innere Kämpfe gesichert erscheine. Der Kaiser danklc und fügte hinzu, er teile diese Hoff­nung und freue sich dieselbe ausfprecheu zu können in der Hauptstadt eines Fürsten, der stets den nationalen Gedanken gepflegt habe.

Der Afrikareisende Dr. Peters ist am SamStag in Baden-Baden angekommen.

In dem Dorfe Leihgestern bei Gießen wurden dieser Tage eine 50jährige Frau, als sie sich bückie, um die Späne an einer Dampffäge aufznlefen, von dieser erfaßt und ihr im Augenblick der Kopf vom Rumpf ge­trennt-

Im Banne des Blutes.

Roman von H. von Ziegler.

(Nachdruck verboten.)

8 .

Ja, Arnold Berger wird der Abschied vom Norderhofe in der That sehr schwer. Der Großvater ist siebenundsechzig Jahre alt, und wer weiß, ob er ihn wieder sehen wird. Und Ruth wird in der Zeit, wo Arnold im Auslande weilen muß, zur er­wachsenen stolzen Dame, die ihn vielleicht gar nicht mehr ansteht, wenn er wieder auf den Norderhof kommt. Aber Arnold kämpft schweigend, mannhaft all diese Empfindungen nieder; außer, daß er noch bleicher erscheint wie sonst, merkt man ihm nichts von dem Weh an, welches in den Tagen vor seiner Abreise sein Herz erfüllt.

Auch Friedrich Berger fühlte in Hinblick auf den Abschied von den Enkeln sich schwer bedrückt, und wenn er rauchend in seiner Sopdaecke saß, dann mußte er sich öfters verstohlen mit der Hand über die Augen fahren, um eine Thräne adzuwischcn. Aber dann nahm er wieder alle Kraft zusammen und sprach der Enkelin Mul zu.

Kopf hoch, Rut, es gehl nicht ans Lebe», wenn man ins Institut kommt," sagte er dann.Dort wirst Du ja viel schöner leben als bei dem allen Großvater I Schöne Klei­der, schöne Zimmer, viel kleine Spielgenof- stnnen findest Du dortl Nun, da ftiedt's doch keinen Grund zum Weine». Und in den Ferien kommst Du auf den Norderhof. Denke nur zu Weihnachten hole ich Dich mit den Schüttln und dem Schellengeläut ab, das wird Dir Freude machen!"

»Ja, ach ja, Großpapa," lächelte Ruth wehmütig.Und mein Ponny bleibt auch hier, damit ich reiten kann sobald ich wie­derkehre l"

Natürlich, Ruth, es bleibt alles so, wie Du r» haben willst," erwiderte der Groß­vater.

Nur der Vetter Arnsld fehlt," dachte der bleiche Mann, welcher soeben inS Zimmer

Irat und die letzten Worte vernahm.Ob man ihn dann vermissen würde?"

Das Erntefest verlief auf dem Nsrder- hof sehr schön und sehr heiter. Auf dem hvchbeladenen Erntewagen, welcher dem Guts­herrn zugefahren wurde, faß Ruth «iS Ernte- königin im weißem Kleide, goldnem Gürtel und goldnen Flüglein, im lockigen Haare einen Kranz, und reichte dem Großvater die erste Garbe dar, worauf eine der Mägde die Ansprache hielt.

DaS Erntemahl, w>lches nun folgte, war gleichfalls sehr schön, Ruth ging mit ihrem kleinen Weinglas überall umher, um mit allen anzustoßen, und sie sah heute ganz be­sonders lieblich anS, daß der Grsßvaler und auch Arnold kein Auge von ihr zu wenden vermochten.

Auf Wiedersehen!" klang eS ihr zu und wie eine Fürstin neigte sich Ruth dank­end nach allen Seiten. Nur als sie zum Großvater kam, als er ihr seine Arme ent­gegen streckte und sie ans Herz zog, da ließ ihr tapferer Mut doch nach. Sie verbarg ihr Köpfchen an seiner Schulter und begann bitterlich zu schluchzen.

Faste Dich, Ruth," tröstete sie der alte Mann, doch auch feine rauhe Stimme zitterte dabei,es ist ja nicht für immer und auf lange; in drei Monate» ist Weihnachten, da kommst Du ja schon wieder in die Ferien."

Und als dann die Geigen- und Ctavier- töne zum Erntetanz aufforderten, als der Großknecht gravitätisch auf Ruth zukam, um mit ihr den Reigen zu eröffnen, da versieg­ten Ruths Thränen und silberhell lachend flog sie dahin, während der Großvater ihr noch immer wehmütig nschfah.Ja, ja! S'ist ein Sonnenstrahl unsere Ruth," mur­melte er dann,wie wird sie uns fehlen an

allen Ecken und Enden I"

*

* »

Am nächsten Morgen stand auf dem Norderhvf der Rnfewagen, der Arnold und Ruih zur Eisenbahnstation bringen sollte, zeitig vor der Thür. Die Koffer wurden aufgeladen und, während Arnold vom Groß­vater noch allerlei Aufträge und Ratschläge

erhielt, eilte Ruth ins Haus und Hof um­her, um den letzten Abschied von den Be­wohnern zu nehmen.

Die Mägde weinten bitterlich, als Ruth sich von ihnen verabschiedete, und all' die vierfüßigen Lieblinge Ruths, die Pferde, Hunde und Kätzchen, ließen sich die Liebkosungen gern gefallen, als wüßten sie, was es be­deute, daß Ruth sie heute so zärtlich um­armte und streichelte und ihnen die schönsten Schmeichclnamen gab.

Nun eile aber, Kind," mahnte der Groß­vater, als Ruth mit dick verweinten Angen wicderkam,es wird sonst zu spät für die Eisenbahn und allzu rasch dürfen die Pferde nicht lausen. Hier ist auch das Frühstück, mein Kind. Und nun Gott befohlen, Herz­chen, mach's kurzl Adieu, Arnold, mein lieber Junget Glück auf Deine Reise und, wenn's der Himmel will, einst ein frohes Wiedersehen!"

Die wohl genährten Pferde zogen an, noch herzlich Grüße wurden einander zuge­winkt, und der Wagen verschwand. Dann schritt der alte Mann, die Pfeife wie immer im Munde, davon, um seinen Morgen jpazier- gang im Garten zu machen. Es war olles wie sonst, er band hier ein Rofenfiräußchen fest, nahm dort eine Raupe von den Blät­tern und bewunderte drüben eine leuchtende Georgine, ab-r es schien ihm Loch wie ein schwerer, kalter Traum aus dem ihm beim Erwachen das silberne Lachen frines Lieb­lings reißen müsse. VergebensI Still blieb es in Haue und Hof, das Leben ging dort wie gewöhnlich weiter, aber Ruth kam nicht wieder.

Berger seufzte tief, um feinen Mund zuckte ein wehmütiger Ausdruck und er fetzte sich endlich die Brille auf der Nase, die Pfeife im Munde in seinen Lehnstuhl, um zu leien und dabei zu vergessen, wie ein­sam er nun geworden war I

Indes lag Ruth zurückgelehnt im Wagen und schluchzte so bitterlich, als gehe es mit ihrem Leben zu Ende ober als müsse sie selbst jene Reise über das Meer antreten.

«Fortsetzung folgt)

Verantwortlicher Redakteur Bernhard Hof mann. Druck und Verlag von Bernhard Hofmann.