unter Wasser; mehr als 2000 Häuser sind überschwemmt. Der Schaden ist bedeutend.
— Von einem Alligator gefressen. Au» Sydney in Australien wird der „Frkf. Z." geschrieben: Aus entsetzliche Weise ist am 17. Januar ein zehnjähriger Junge, Jnme« Mafsn, unweit der Ortjchatt Etrathford tu Queensland um» Leben gekommen. Der Junge badete im Barron-Flusse, als er Plötzlich von einem aus dem Wasser empsrtauch- enbcn Alligator angepackt und sozusagen im Handumdrehen zu Brei zermalmt wurde. Was da» Gräßliche de» ganzen Vorgangs nsch erhöht, ist der Umstand, daß beide Eltern des Opser« keine zehn Schritt weit entfernt ebenfalls ihr Bad nahmen, da da» Wasser an der betreffenden Stelle ganz seicht ist Mil einem Male hörte der Vater ein heftiges Schlagen und Plätschern und er konnte gerade noch sehen, wie das Ungetüm mit seinem Opfer verschwand. Außer sich vor Schmerz und Verzweiflung tauchte er ihm nach und war auch so glücklich, das eine Bein seine» Kinde» erfassen zu können, allein trotz seiner geradezu übermenschlichen Anstrengungen vermochte er nicht dasselbe zu befreien. Ein paar Chinesen, welche auf die
Jammerrnfe der unglücklichen Mutter her- beieilten, machten sich mutig an die Verfolgung der Bestie, dieselbe war indessen nicht mehr zu entdecken, bis man ihrer endlich nach einer Weile mit einem Male wieder gewahr wurde, als sie, um Atem zu holen, plötzlich au» dem Flusse auftauchle. Mil Entsetzen mußten sich die Eltern aber auch sogleich davon überzeugen, daß im Nachen des Ungetüms nsch das eine Bein ihre» Lieblings sichtbar wurde. In der nächsten Sekunde tauchte der Alligator wieder in die Flut und verschwand samt den Ueberbleibseln seiner Beute.
Eine „elektrische Abendunterhallnng" hal Edison, der Erfinder im Menlo Park, für die Mitglieder des Franklin-Klub« jüngst in seiner Villa veranstaltet. Unter den man>g- fachen elektrischen Ueberraschungen, die Edison seinen Gästen bot, ist folgende besonder» bemerkenswert: Eine Wachsfigur, Franklin» Büste darstellend, war mit Lorbeirbäumen und Zicrgewächsen umgeben und von einem Meer von bunten Glühlampen beleuchtet aufgestellt. Obgleich die» an und für sich gewiß eine sehr sinnige Idee war, wuchs das Erstaunen, als der große Vorgänger Edison«
seinen Wachsmund aufihat und mit Hilfe eines in der Büste verborgenen Phonograpen die Gäste willkommen hieß, auch sonst noch einige Male recht passende Bemerkungen machte oder einige seiner bekannten goldenen LebenSregeln citierie. Plötzlich erloschen alle Lichter und es erschienen zwei Tolenskeletlc mit feurigen Augen und von gespenstischem Licht umflutet, um mit schauerlicher phono- graphischer Stimme einen Ver» zu singen: „So, wie Ihr jetzt seid, waren wir auch, So, wie wir sind, werdet Ihr auch", — eine recht anmutige Sektstimmung I Die Geister verschwanden, die Lichter entflammten wieder, und die Gäste gossen auf den Schrecken eins auf die Glühlampe. — In einem Aquarium trugen die Goldfische alle kleine Glühlämpchcn, die mit dünnen Kettchen der Stromlcitung angeschlossen waren.
(Eine gestohlene Lokomotive.) Der Frühzug auf der Nebenlinie Trevo»x-Lyon konnte am 16. d, M. nicht abgehen, weil man zur Abgangsstunke entdeckte, daß die Lokomotive gestohlen war und Ersatz nicht sofort beschafft werden konnte. Einige Stunden später wurde die entsührte Maschine auf der Strecke gefunden.
Irrwege.
Novelle von F. v. Pückler.
(Nachdruck verboten.)
9.
„Mein teures Kind," ries Volkert entzückt, „Du bist so gut wie Deine Mutier einstmals. Und denke an mich, Du wirst es mir einst noch danken, daß ich Dich zu Ruhm und Glanz geführt. Vielleicht machst Du auch Dein Glück in der Manege; haha, e« wäre nicht die erste Reiterin, die eine vornehme Partie einginge I"
„Da- zieh! mich nicht, Vater," entgegnete da» bleiche Mädchen stolz, „aber ich muß mein Leben unterhalten, ich habe — keine Heimat und will Onk-l Aisred nicht länger zur Last fallen. Lebewohl, auf Wiceerseheu heule Abend!"
„Wo ist das gnädige Fräulein?^ frug die Köchin den Diener und dieser den Kutscher, „der gnädige Herr hat schon wiederholt nach ihr verlangt."
„In ihrem Zimmer," antwortete das Stubenmädchen, „sic ging die Trippe hinauf, als sei sie krank, so langsam. Das gnädige Fräulein mag wieder gescholten haben."
„Wenn nur erst der Herr gesund ist, dann wirds schon besser werden; aber ich will den Thee besorgen, es ist Zeit dazu geworden."
Droben in ihrem eleganten Stübchen saß zum letzten Male die arme Jsa und schrieb einen Brief an Onkel Alfred; ihre Augen standen voll Thränen, ihre Hände zitierten merklich und da- Herz war ihr zum zerspringen voll. Der Brief hatte folgenden Inhalt:
„Mein lieber, teurer Onkel I"
„Wie ändert sich das ganze Leben und Schicksal doch oft in einigen Tagen I Neulich früh, an meinem Geburtstage, als wir so fröhlich mit einander durch den Buchenwald ritten, dachte ich nicht, daß ich mich s» bald von Dir trennen sollte. Und nun kommt es doch dazu! Ich gehe heimlich in tiefster Nacht fort, denn ich fühle es — ich kann Dir nicht Aug' in
Aug' gegenüber stehen um Lebewohl zu sagen. Mein Vater kommt mich hole», ich soll ihm folgen als Kunstreiterin in die Manege, soll mich vom Publikum anstarren und applaudieren lassen! Noch graut mir davor, wenn ich es überlege, aber er hat Recht — ich muß ihm gehorchen, es ist Kindespflicht; denn, wenn ich nicht mitkäme, und er ginge unter im Elend, so könnie ich dereinst nicht ruhig vor mein Müttcrlein treten, die ihm doch auch einst alles geopfert. Zudem nagt ein Wurm an meinem armen zerrisstnen Herzen! Tante Sophie frug mich neulich, ob ick eine Stellung flicken, oder mein ganzes Leben lang Deine Wohllhate» annehme» welle! Nein, nein! D» geliebter Onkel, Du väterlicher Freund, das kann und will ich lucht, deshalb lasse mich ziehen und zürne mir nickt. Sie werden mich fchteckl und undankbar nennen, Tante Sopbie zu allererst — ab r ich bin es nicht, ich liebe Dick mehr und kindlich treuer denn je, und wenn ick einstmals in Verzweiflung und Schm rz geraten sollte, nickt wahr, Onkel Alfred, dann darf ich an Dein Herz flüchten — dann wirst Du mich nickt von Dir stoßen? Vergiß mich nicht, vergieb mir und behalte tteb
Deine arme, unglücklicke Iss."
Unter heißen Thränen wurde der Brief geschrieben, dann ging das junge Mädchen zum Thee hinab. Fräulein von Waidstein faß schon an ihrem Platze mit bitterbösem Gesicht, sie erwiderte nur unmerklich den Gruß der Eintrctendcn und sagte spitz:
„Wo warst Du die ganze Zeit, Jsa? Mein Bruder frug nach Dir, aber ich konnte ihm nicht sagen, was Du vorhsbest. Der Doktor rühmte Deine aufopfernde Pflege so sehr, dock merkte ich nichts davon, denn Du hattest offenbar irgend etwas vor, was Dich mehr al» der Kranke interessierte."
»Ich schrieb einen Brief, doch will ich gleich hinübergehen und dem lieben, armen Onkel gute Nacht sagen."
„Der „liebe, arme" Onkel schläft sitzt," entgegnete die Dame höhnisch, „bitte, störe
ihn jetzt nicht, sonder» trinke ruhig Deinen Thee."
Mit aller Macht wußte Jsa die Thränen zurückdrängcn, der Bissen quoll ihr beinah im Halse und sie atmete erst erleichtert auf, als Fräulein Sophie sich erhob; nun aber eilte sie so rasch als möglich zu dem Kranken hinüber, welcher schon im tiefen Schlafe lag. Ein Wink von ihr hieß den Diener sich zurückziehcn, sie kniete am Belle und küßte leise aber innig die Decke, auf der Waldsteins Hände ruhten; dann schob sie den Brief in die Falten de» seidenen UeberzugS.
„Lebe wohl, mein teurer Onkel! Ich weiß, Du wirst mich nicht verdammen, Du wirst mich lieb behalten. Du bist der einzige Mensch auf der ganzen Welt, der mich liebt und ich danke Dw viel tausendmal dafür. Gott vergelte eS Dir."
Langsam, zögernd erhob sie sich, noch ein langer inniger Blick auf des Schlummernden unlchönes und doch so geliebtes Gesicht
— wann und wie würde sie ihn Wiedersehen!
— dann wandte sie sich um und schrill gesenkten Hauptes hinaus. Hinter der geschlossenen Thür blieb sie nochmals hochaufatmend stehe» : der Würfel war gefallen, die Kunst- reiieri» trat hinaus ins öffentliche Leben! Oben in ihrem Zimmer packte sie dann nech fleißig mit bebenden Händen und starrem, ihräneniosen Blick.
Als es zehn Uhr schlug schlüpfte eine dunkle Gestalt durch den Park; der Mond war hinter dunklem Gewölk verschwunden, ein kalter Luftzug strich über das blonde Haar Jsas und schaudernd eilte sie vorwärts ; nicht einmal sah sie zurück.
„Lebewohl, Jugend. Lebewohl Glück I Nun bin ich nicht mehr ein fröhliches Kind
— sondern eine Kunstreiterin!"
Abermals trat der Mond hervor aus
den Wolken, er malte lange, düstere Schatten auf den Kieswegen de» Parkes, er spiegelte sich in den Silberwellen des TeicheS
— er schaute in Jsa» leeres Stübchen — Vorbei! vorbei! —
(Fortsetzung folgt.)
Vrra-rtwortlicher Redakteur Bernhard Hofmann. Druck und Verlag vonBernhard Hofmann.