Rundschau.

Stuttgart, 13. Febr. Gestern stütz starb erschütternd rasch, nachdem er noch Tag« zu­vor in gewohnt,r Weist seinen AmtSgeschäf- ten nachgangen war, an Herzlähmung der Präsident der K. Oberregierung Wilhelm von Bätzncr, zugleich Vorstand der Land- gcstüis-Kommission, außerordentliches Mit­glied des K- Geheimerats und lebensläng­liches Mitglied der Kammer der Slandes- herren. Er hatte vor kurzem, veranlaßt durch astmathische Beschwerden, um seine Pensionierung gebeten. Präsident v. Bätzner hat die Laufrahn eine« Regiminalisten durch­gemacht, die ibn seiner Befähigung nach von den unteren Verwaltungsstellen der Reihe nach bis zu der hohen Stelle eines Präsi­denten im Ministerium des Innern und Stellvertreters des Ministers gebracht. Ge­boren am 2l. April 1824 in Calw trat er schon im Jahr 1838 als Inzipient beim Oberamt Calw ein, setzte daneben aber den Besuch der Lateinschule und privater Stndien fort und bezog im Jahre 1842 die Landes- univcrsität. Nach Erstehung der beiden höhe­re» Staatsprüfungen wurde er im Jahre 1851 als Kanzlei- und Kollegialhilfsarveiter zur Zentralstelle für Handel und Gewerbe einbernreu. Vom 21. Dezember 1857 bis 25. April 1866 war er Oberamtmann in Neuenbürg, von da an bis 1870 seil 1868 mit dem Titel und Rang eine« Re- giernngsrats - Oberamimann in Tübingen; in beiden Bezirken hat er sich durch umsich­tige und gewissenhafte Führung der Verwalt­ung, durch persönliche Anregung und Be­treibung nernr Wohlsahrt-einrichtungen und durch freundliches Entgegenkommen gegenüber den Wünsche» und Interessen des Bezirks­angehörigen den bleibenden Dank der letz­teren und ein ehrendes Andenken erworben. Im Juni 1870 in« Ministerium des In» »er» berufen, wurde er im Jahre 1873 Ober­regierungsrat und nahm an den gesetzgeberi­schen Arbeiten, welche den Ereignissen des KriegSjahrs folgten, namentlich auf dem Ge­biet des GewerbewesenS, regen Anteil und versah daneben der Reihe nach die verschie­denartigsten Funktionen. Der verstorbene hat sich in allen Beziehungen als ein durch­aus ehrenhafter Charakter und als ein wohl­wollender Vorgesetzter bewährt. Im Dezember 1884 wurde er zum lebenslänglichen Mit­glied der Kammer der Standcsherren er­nannt, im September 1887, nachdem Tode des Staatsministers v. Holder als außer- ordemliches Mitglied in den Grheimrat be­rufen. Auch sonst wurde seine vielseitige und erfolgreiche Thätigkeit an Allerhöchster Stelle durch zahlreiche OrdensauSzeichnunzen aner­kannt.

Stuttgart, 13, Febr. Seine Königliche Majestät baden ans die Anzeige vom Ab» leben des Vorstands der Kgl. Oberregierung, Präsidenten s. Bätzner, dessen Hinterbliebenen, ebenso wie den Mitgliedern der Oberregier­ung Allerhöchst Ihre aufrichtige Teilnahme an dem schweren Verlust, de» dieselben durch diesen Todesfall erlitten haben, aussprcchen zu lassen geruht.

Stuttgart, 7. Febr. Der 11. Bundes­tag de» würllemb. Kriegerbundcs wird nach den getroffene» Bestimmungen am 22. Mai (Pfingstmontag) in Eßlingen abgchalten wer­den. Der nächste Abhaltungsort wird aus dem Donaukreis gewählt werde».

Cannstatt, 15.Febr. JnletzterNacht

wurde aus einem hiesigen Goldwarenladen ln einer der frequentesten Straßen durch Aufschieben eines Rolladens und Eindrücken einer Fensterscheibe ein Ringkästchen mit 48 goldenen Ringen, 4 goldene Armbänder, ein silbernes Armband und 2 Garnituren goldene Kragenknöpfe im Gesamtwert von 586 ^ gestohlen. Nach dem ober den Dieben wird gefahndet.

In einer Wirtschaft in Neckarsulm spielte der dortige Fabrikarbeiter Laux aus Aalen mit einem geladenen Revolver. Da­bei ging ein Schuß los und traf den Fabrik­arbeiter liebele aus Heilbronn (Kameraden des Laux) in die Brust. Die Verwundung soll eine schwere sein. Laux stellte sich selbst dem Gericht.

Im allg. Krankenhaus in Heiden- heim a. B. verstarb dieser Tage ein ganz absonderlicher Man», nämlich ein Küfer von Heuchlingen, einer benachbarten Gemeinde von Gcrstelten. 7mal legte er in seinem langen Lebenslaufe Hand «n sich, und wurde bi« auf das letztemal immer wieder zum Leben zurückgebracht. Einmal sprang er in selbst­mörderischer Absicht in eine Hütbe, ein an­dermal knüpfte er sich ans, wurde aber noch rechtzeitig abgeschnitlen, einmal versuchte er sich die Pulsader zu öffnen, einmal trieb er sich 3 Nabeln in die Brust, die mit Zange» wieder auSgezoge» werden konnten, vor etwa 15 Jahren nahm er eine bedeutende Selbst­verstümmelung an sich vor, die aber nur ein kurzes Nettlager nach sich zog, dann war er wieder hergeslellt. Er litt auch »n einem großen Bruch, den er sich selbst aufschnitt, diese Operation führte dann endlich seinen Tod im Krankenhause Heidenheim, wohin er noch geschafft werden konnte, herbei.

Müllsingen, 14. Febr. Unter ungewöhn­lich großer Beteiligung wurde heute der im 85. Lebensjahre verstorbene resignierte Ober- amtStierarzt Hermann beerdige. Im vorigen Jahre legte er sein Amt nieder, das er mit seltener Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit 54 Jahre verwaltete. Von der Regierung wurden seine Verdienste anerkannt durch Ver­leihung der goldenen Zivilverdicnstmedaille und des Friedrichsordens. Auch der Gemeinde und der Kirche widmete er seine Kräfte. Viele Jahre hindurch war er Gemeinderat, Waisenrichter und kirchengcmeinderat, sowie Mitglied der evangelischen Landessyncde. Der allezeit freundliche, wohlwollende und be­scheidene Mann wird seiner vielseitigen Ver­dienste wegen in gesegnetem Andenk,n bleiben.

Gute Herzen. Aus Kelheim AN de'r Donau berichten bayerische Blätter: Ein Gen­darm attrapirte jüngst, als die Kälte noch arg und die Donau noch zugefroren war, einen arme», zerfrorenen Handwerksburschen, doch diesem wor die kalte Freiheit noch lieber als die warme Gefangenschaft; deshalb nahm er in einem unbewachten Moment Reißaus, schnurstracks über die Donau, der 'kühne Wächter lief tottsverachtend hinterher. Aber weil das Glück den Lumpen hold, kam der Stromer hinüber und der Gendarm brach ein. Als das der Verfolgte merkte, fühlle er ein menschlich Rühren, kehrte um und half seinem Verfolger heraus. Auch der Gendarm spürte jetzt ein solch' menschlich Rühren, und stellte seinem Retter vor, daß bei Anzeige dieser Thai eine sichere Belobung erfolgen werde. Doch der Handwerksbursche traute dem Landfrieden nicht und meinte, ihm sei eine sos-rtige Betohnnnz lieber, was auch

der Gerettete, einsah, der ihm zwei Mark schenkte und ihn in Frieden entließ.

Glatt (Hohenz.), 9. Febr. Adlerwirt Saite hier, ein tüchtiger Oekonom, der u. A. mit viel Glück und Geschick eie Schweine­zucht betreibt, hat dieser Tage ein Schwein in dem gewiß seltenen Gewicht von 570 Pfund geschlachtet.

In Speyer ist die Witwe des im vorigen Jahre verstorbenen Bäckermeisters Auth, eine sehr vermögende Frau, aus Geiz Hungers gestorben. Dieselbe hatte, obwohl krank, aus Geiz jede fremde Hilfe zurückge- wiesen. Man fand die Frau, als sie sich 24 Stunden lang nicht halte sehen lassen und man darauf gewaltsam die Thür ihrer Wohnung öffnete, tot im Lehnsessel sitzend. Der Arzt konstatierte Hungertod. Die ein­zige Tochter der Verstorbenen befindet sich in einer KreiSirrenanstalt.

Um eine Mark hat, wie aus Mann­heim berichtet wird, der Schuhmacher Joseph Genger von Helmsheim einen Mord begangen. In einer Wirtschaft in Obcrgrombach traf er mit dem Knecht Reff zusammen, der Ge­schäfte in Helmsheim hatte, und schloß sich demselben an. Am andern Tage wurde N> ff unweit Obergrombach mit 5 lebensgefähr­lichen Stichwunden anfgefunden und gab schon nach wenigen Stunden den Geist auf. Der Verdacht lenkte sich alsbald auf Senger, der verhaftet wurde und auch bereits gestanden hat. Das Portemonnaie, das er ihm raubte, enthielt nur 1

In Demschderg hArader Komitat) explodierte am Faschingsmontsg wähend eines BslleS im Saale des Wirtshauses im Keller ein Petroleumsaß. Das ganze Haus brannte nieder. Infolge der Gasentwicklung war ein Eindringen in das Haus unmöglich. Ver­brannt sind 14 Männer und 2 Mädchen. 22 Ballgäste, 12 schwer, 10 leicht verwundet, wurden unter den Trümmern hcrvorgezogen. Als Ursache'der Explosion wird angegeben, daß Kinder mit einer brennenden Kerze dem Fasse zu nahe gekommen sind.

Monte Carlo hat schon wieder zwei Opfer gefordert: einen Deutschen, Walther Petzsld ans Dresden, welcher sich auf einem Hügel bei Nizza erschoß, und eine junge Witwe, welche 200,000 Fr. binnen zwei Stunde» verlor und aus Scham vor ihren Verwandten, einer sehr bekannten einheimi­schen Familie, iu einem Hotel zum Revolver

griff-

Ein furchtbarer Massenmord ist, wie die Domsk. Plschela aus Mogilew (Ruß­land) meldet, im Homelschen Kreise verübt worden. Eine Israelitin, deren 17jähriger Sohn und drei Töchter von 13, 8 und 7 Jahren, sowie ein Arbeiter des benachbarten Gutsbesitzers, der die Nacht im Hause der Frau auf deren Bitte zubrachle, wurden er­mordet. Nur die älteste 14jährige Tochter zeigte noch schwache Lebenszeichen, obgleich an ihrem Aufkammen gezweifelt wird. Die gräßliche Mordthat ist mit einem Beil be­gangen worden. Die Mörder sind trotz ener­gischer Nachforschungen der Polizei noch nicht entdeckt worden.

Bei der Stadt Rowosenaki im Gou­vernement Tiflis wurde der Voss. Z-ttung zufolge ein Personenzug von zwölf bewaff. neten, tscherkessisch gekleideten Räubern über­fallen und der Zug zum Stehen gebracht. Die Räuber drangen in den Postwagen, töteten drei Beamte, verwundeten den vierte^