Rundschau.

Stuttgart. Man Hai gegenwärtig alle Hände voll z» thu», um die Wohnung sür Herzog Atbrecbt und seiner jungen Gemahlin, die am 6 Februar hierher zurückkehren, im KronprinzenpalaiS ferlig zu stellen. Die Einrichtung g.schiehl auf Kosten des Erz­herzogs Kart Ludwig. Mehrere hiesige Möbelfirmen sind bei den Lieferungen be­teilig!.

Bietigheim, 57. Januar. Mit welcher Frechheu gegenwäitig manche junge Leute auslreten, zeigt folgender Vorfall. In die Wirtschaft eines benachbarten Ortes trat ein junger Manu mit den Worten ein:Nur über meinen Leib fuhrt der Weg zur Wirt­schaft hinaus", zog das Messer, drohte jeden der Anwesenden zu erstechen, den halben Ort arzuzü >o>n und den Orlsvorsteher zu töten. Mit Müh? gelang es, den Burschen zu fes­seln ; rinzelue Bürger aber gaben ihm eine gehörige Tracht Prügel, als wohlverdienten Denkzettel für seinen frechen Uebermut.

Tübingen. Auszug der Geschworenen­tiste des 1. Quartals: Ehr. Bätzncr, Schuhm. in Wildbad; I. G- Braun in Lubelsberg; E. Gauß in Rohrdorf; Ehr. Kottler Unterjesingen; I. G. Oelschläger, Stiftungkpfl. i» Schömberg; F. Schmid in Nagvlv; L. Schütz in Calw; L- Weiß in Staminbeim.

Frcudenstadt, 30. Jan. Mit welcher Gie>chgilligk-ir von manchen Fuhrleuten deren Fuhrwerke geleitet werden, zeigt folgender, sich heute hier zugetragener Unfall. Zwei hintereinander befestigte, mit Langholz schwer beladene Schlitten, auf denen der Fuhrmann saß, statt neben seinen Pferden zu laufen, gerieten auf der Bahnhvfzufahrtsstraße bei dem Knabenschulgebäude infolge des Gefälls in raschen Lauf, was, da der Fuhrmann die Einlegung des Krätzers unterließ, zur Folge halte, daß ein Schlitten brach, der Fuhr­mann/ herabgeschleuderl wurde uud der andere Schlitten, auf dem nun die ganze Ladung ruhte, über ihn hinwegfuhr. Die Pferde rasten weiter, wovon eine- eine längere Strecke geschleift wurde, bis beide Pferde stürzten und das Fuhrwerk beim Gast­hof zum König Karl vollends zerschellte. Der Fuhrmann, welcher zudem bloß ei»en Arm hat, ist ichwcr verletzt, ebenso haben die bUdtN Pterde starke Verletzungen erlitten.

Von der bayerischen Grenze, 30. Jan. Ei» im Dienste ves Frhr». v. Bedeck in KioslerheideusUd befindlicher Knecht hätte jüngst durch einen unüberlegten Streich bei­nahe das ganze Anwesen in Brand gesetzt. Er umstellte wegen der herrschenden Kälte die Siallihüre mit Stroh, um dadurch den Stall wärmer zu halten. Nach wenigen Stunden mußte er in den Stall, aber das Stroh war fest angefrorcn, so oaß an ein Einbringen nicht zu denken war. Der klug? Mann wußte sich aber doch zu helfen, er fi ckte einfach das ganze Stroh in Brand, um die Tbüre aufzuwucn. Wären nicht gleich Leute zum Löschen zugegen gewesen, hätte der Schlaumeier das ganze Schloßgut eingeäschert.

Ulm, 1. Fe'w. Heute vorm, mit dem Schnellzug begaben sich 1 Feldwebel und 4 Mann des Pionierbataillons nach Lausten um daselbst im Kanal des ElektriezitälSwcrkS Eissprenguuge» vorzunehmen. DaS Eis hat sich dort in gefahrdrohender Weise bi- zu einer Höhe von 3 w jusammengeschoben,

und obwohl 60 Mann mit Wegschaffung des Eises zu thun habe», mußte die Leitung des Werkes die Erfolglosigkeit ihrer Anstreng­ungen einsehen. Ihre Bitte um Abkomman- diernng von Pionieren wurde sofort ensprochen. Das Sprengmaterial liefert daS Werk, die Pioniere nahmen in ihren Tornistern nur die Zünder mit.

Pforzheim, 27. Jan. Als der Kaiser in Slraßburg war und die Garnison alar­mierte, diente ihm ein Einjährig Freiwilliger de« säch. Jnf-RgtS. Nr. 105 als Führer. Es war die« der Sohn des hiesigen Fabrikan­ten Kämmerer. An jenem Tage herrschte besonders kaltes Wetter. Der junge Mann, Zögling der hiesigen Kunstgewerbeschule, war von dem Kaisertage ab kränklich und ist an den Folgen einer Erkältung vorgestern ge­storben. Die Beerdigung fand am SamS- lag unter außerordentlich zahlreicher Teil­nahme statt, namentlich hat auch der Com­pagnie-Chef durch eine liebevolle Ansprache seine Teilnahme bewiesen, auch zahlreiche Re­serveoffiziere wohnten der Beerdigungsfeier bei.

Slraßburg, 30. Jan. Der kaiserliche Statthalter hat am Sarge de« Einjährig- Freiwilligen Kämmerer einen prachtvollen Kranz niederlegen lassen. Kammereristein Opfer seiner Pflichttreue geworden. Er hatte sich im Dienste eine Erkältung zugezogen. Der Arzt hatte dem etwas brustschwachen jungen Manne sofort gesagt, er solle sich ins Lazaret begeben. Der junge Soldat blieb aber im Dienste, bi« die Lungenent­zündung sich zeigte, die ihn dahin raffte. Der obenerwähnte Lorbeerkranz trägt auf der seidenen Schleife die Widmung:Vom Statt­halter Sr. Majestät".

Berlin, 30. Jan. DerReichsanzeiger" veröffentlicht einen Erlaß deS Kaisers an den Reichskanzler, worin der Kaiser allen, welche an dem Geburtstage seiner gedachten, Dank sagt, und den Erlaß zu veröffentlichen beauftragt. Vor allem habe dem Herzen des Kaisers wohlgethan, so häufig dem Ausdruck der opferbereiten Vaterlandsliebe und des Vertrauens in seine Bestrebungen für die Sicherheit des Vaterlands zu begegnen, wo­durch seine Zuversicht bestärkt worden sei, daß diesen Bemühungen unter Gottes gnä­diger Führung der Erfolg nicht fehlen werde.

Zwischen dem Kaiser und dem Groß- fürsten-Thronfolger von Rußland soll wäh­rend des Aufenthalt de- letzteren am Ber­liner Hofe eines Abend« eine mehrstündige Unterredung ohne Zeugen stattgefunden ha. den. Falls dem in der That so gewesen ist, so könnte der Vorgang die politische Bedeut- ung des Besuche« des Zarewitsch nur noch erhöhen.

Am Montag früh ist auf einer Jagd bei RomanSweiler (Elsaß) ein bedauerlicher Unfall vörgekommen. Major a. D. Bühler, früher im würtlemb. Infanterie Regiment Grvßherzog von Baden" Nr. 126, der mit anderen Jägern bei Romansweiler jagte, wollte über einen Grabe» klettern und glitt aus. Dabei entlud jich sein Gewehr; der Schuß ging ihm in den Kopf, und die Hirn­schale wurde völlig gesprengt. Die Leiche mürbe ins Leichenhaus de- Spital« in Was­selheim gebracht und wird in Friedrichshascn bestattet werden.

Erfurt, 23. Jan. Der hiesigen Poli- zeiverwattung ist eine höchst ärgerliche Ge­schichte pafstert. Gestern »urbe nämlich hier

ein gefährlicher Einbrecher ststgenommen, der längere Zeit hier als Polizeisoldat Nachtdienste that. Wie sich jetzt herausge- st'llt Hst, benutzte der Wackere seine Stell­ung als Deckmantel einer Reihe verwegener Diebereien. An 40 Diebstähle sind dem Manne schon jetzt nachzuweilen, und eine Menge gestohlener Sachen wurde in seiner Wohnung gefunden.

Breslau, 31. Jan. Der Präsident des preußischen Herrenhauses, Herzog von Rati- bor, ist gestern abend gestorben. (Herzog Viktor von Raiibor, Fürst von Corveu und Prinz von Hohenlohe-Schillingssürst, ist ge­boren zu Langenburg am 10. Februar 1818 als ältester Sohn deS Fürsten Franz Joseph von Hohenlohe Schillingsfürst und der Fürstin Constantia, geborene» Prinzessin zu Hohen- tohe-Lsngenburg; erübernahm vermöae eines Familienvertrags daS Herzogtum Ratibor, das Erbe seines Oheims, des Landgrafen Amadeus von Hessen-Rothenburg, während Hohenlohe-Schillingsfürst zuerst auf den jüngsten Bruder Philipp Ernst, geboren 24. Mai 1820, gestorben 3. Mai 1845, und dann auf den Fürsten Chlodwig, geboren 31. März 1819, den jetzigen Stattthalter der Rcichslande, überging )

Am Mittwoch früh fand auf der Zeche General Blumenihal bei Recklinghau­sen eine Explosion schlagender Wetter statt, durch die 17 Personen sofort getötet und 18 verwundet wurden. Einer der letzteren ist bereits im Krankenhause gestorben.

Wie an« Nertheim (Hannover) ge­meldet wird, hat der Förster aus Imbshau­sen einen Wilddieb, den er stellte und der ihn mit der Waffe bedrohte, niedcrgeschosien, so daß derselbe alsbald eine Leiche war.

Alls Athen, 1 Febr,, wird gemeldet: Gestern vormittag sind durch Erdbeben in Zante mehrere Häuser eingestürzt, andere sind unbewohnbar geworden. Zwei Perso­nen wurden geiölet und mehrere verwundet. Die Erdstöße dauern fort. Es herrscht große Aufregung.

Der Ausschlitzer" in Rußland? Am 13. Jan. Morgens fand der Aufseher der Kathedrale des heiligen Klimenly in Moskau beim Säubern der zur Kirche führ­enden Stufen ein großes mit Bindfaden ver­schnürtes Packet und machte den bei der Kirche stehenden Polizisten auf den Fund aufmerk­sam. Bei dem Versuche des Polizisten, daS Packet zu öffnen, erblickten beide Männer zu ihrem Schrecken in demselben den Kopf eines Menschen. In Gegenwart des sofort her­beigeeilten Polizeivsrstehers wurde das Packet vollends geöffnet, und es stellte sich heraus, daß sich in demselben der in 40 Teile zer­stückelte Leichnam einer jungen Frau befand. Der Kopf war vom Rumpf getrennt, die Beine waren kunstgerecht in mehrere Teile zerschnitten, die Hände und Arme vom Kör­per abgelöst. Das Gesicht war durch Schläge mit einem Hammer entstell! worden. Wie die El. Petersburger Zeitung schreibt, ist das Verbrechen augenscheinlich an einem andern Orte vollbracht worden und die Mörder ha­ben, um die Spur der That zu verwischen, die Leiche in dem Ballen nach der Kirche ge­schafft. Der Verbrecher ist »och nicht ent­deckt, gagegen konnte das Opfer trotz der entstellten Gesichiszüge erkannt werden. Noch hatte sich die Aufregung über den Fund die­ser gräßlich verstümmelten Frauenleiche nicht gelegt, als schon wieder von der Auifindung