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Romin von H. v. Limpurg.
Nachdruck verboten.
40.
„Vater," seufzte der Verwundete, „ich »erstehe Dich nicht. — Laß Luise kommen
Und schon glitt die schlanke Gestalt der Gerufene» in's Gemach. Still und umsichtig griff dieselbe nach dem beruhigendenTranke, doch als sic ihn dem Bruder reichen wollte, sprang mit einem laut drohenden Ausruf ihr Vater heran.
„Fort von ihm, Du Schlange, knirschte er mit wild funkelnden Augen, die mageren Hände zur Faust geballt, „er ist mein und Du hast kein Anrecht an ihn. Du bist daran Schuld, daß er jenem Manne gegenüber trat, um meine Handschrift zu verteidigen
— Du hast gesagt, daß sie unecht sei! Aber ich leide es nicht — ich zertrete Dich wie einen Wurm, wenn Du mir nahe kommst
— Du bist nicht meine Tochter mehr — ich habe nur ein einzige- Kind!"
Im nächsten Moment war der vorher im Nebenzimmer weilende Arzt an des Ge- heimrats Seite und nahm ihn rücksichtslos am Arm. „Bitte, Herr Geheimrat," sagte der Arzt, „der Patient darf durchaus nicht erregt werden, Ihr Fräulein Tochter pflegt ihn »m besten"
„Meine Tochter?" sagte der alte Mann seltsam lachend und trat in das Nebenzimmer.
„Gehen Sie in Ihr Zimmer, Herr Ge- heimrat, Eie bedürfen der Ruhe," rief ihm der Arzt besorgt nach.
„Nein, nein, ich muß ins Freie, die Luft erstickt mich," schrie der Gcheimrat fast laut. „Ich will ihn suchen, Linden, daß er das Geld wider nimmt — und mir meinen Sohn gesund macht —"
Und er stürmte hinaus, ohne Hut und Ueberrock in die herabsinkende Dämmerung de« Winterabends. Kopfschüttelnd sah Juana ihm nach.
„Welch ein Vater I" flüsterte sic. Er konnte kaltblütig die Tochter opfern, um des Sohnes willen und — hat sich damit auch dessen Zuneigung verloren. O mein Himmel, und der Geheimrat scheint wahnsinnig geworden zu sein l Wie soll das noch enden!"
Tiefaufseufzend öffnete sie die Thür zum Krankenzimmer, aber sie fuhr sogleich zurück, als sie sah, daß Leopold das Haupt etwa- gehobcn hatte und leise, mühsam mit seiner Schwester sprach.
„Arme Luise! Gott helfe Dir! Aber
— er ist eben krank, habe Geduld mit ihm, Du Engel I" sagte Leopold.
„Rege Dich nicht auf, Leopold; der Arzt meint, das Fieber werde noch heute Abend eintreten."
„Wenn ich nur Eine« wüßte," seufzte mühsam der Kranke, „als der Schuß ertönte und die Herren empört, über — den Schurken herfielen, da war mir- — als hörte ich eine
— andere Stimme — JuanaS Stimme, Schwester ! Aber nicht wahr, cS ist unmöglich ?"
„Und wenn sie e» doch gwksen wäre," flüsterte Luise.
„So ist sie — um seinetwillen gekommen," fiel er bitter ein, „» — ich wußte e- wohl
— sie liebt ihn, deshalb wollte sie d«< Duell verhindern!"
„Nein, mein Leopold, Juana liebt Linden nicht, ich weiß cs. Aber nun lege Dich nieder und suche zu schlummern, der Arzt wünscht e« dringend. Ich bleibe bei Dir, rufe mich, wenn Du mich bedarfst."
Hand in Hand saßen eine Viertelstunde später Luise und Juana auf dem Sopha im Rücken des Krankenlagers und lauschten auf die Atemzüge des Patienten, welche mehr und mehr unruhig wurden, bi« sic endlich in fieberndes Stöhnen übergingen.
„Ich komme," rief der Kranke plötzlich so laut, daß Juana und Luise erschrocken in die Höhe fuhren, „ich komme um Luise zu rächen — auch an ihr, welche jenen Schurken liebt. Ich habe selbst »ernommen wie sie ihn Oskar genannt — o — und ich liebte sie so namenlos! Aberste ist eine Schlange, — sie kann nicht wirklich lieben."
„Still, Leopold," flüsterte Luise besänftigend, „hier nimm einen Schluck EiSwasser und laß Dir da« Kopfkissen glatt legen. ES wird noch Alle- gut werden. Schlafe aber jetzt, Liebster I"
„Ich kann nicht," seufzte der Kranke.
Bange Stunden verlebten beide Damen am Bette des Kranken. Die Nacht sank herab, der Arzt kam und blickte ernst auf den Patienten. Der Zustand desselben hatte sich entschieden verschlimmert.
„Nur Ruhe, gnädiges Fräulein." mahnte der Arzt, „ich hoffe, daß noch Alles gut wird, nur müssen alle etwaigen GemütSauf- regungen dem Verwundeten fern gehalten werden. Legen Sie eine Eisblase auf die Stirn und erneuern Sie dieselbe öfters.
Morgen früh bin ich wieder bei Ihnen."
«- »
Ruhelos irrte indes der Geheimrat durch den kalten Winterabend dahin dem Parke zu : alle Menschen, denen er in den Straßen begegnete, sahen ihn scheu von der Seite an und schüttelten den Kopf, denn der Gehcim- rat hatte so etwas Seltsame- an sich.
Professor Wiedemeyer bog jetzt um eine Ecke, gerade auf Norden zu, den er trotz der Dämmerung erkannte.
„Aber bester Herr Collcga," rief er voller Erstaunen, „wa- thun Sie hier ? Wo wollen Sie noch hin?"
„Ich suche ihn, wissen Sie," flüsterte der Geheimrat unheimlich lachend, „der mir die Handschrift gegeben hat."
„Nun, die ist aber doch falsch. Der Rektor l»S uns All-n heute ein Schreiben vor, auS welchem hervorgeht —"
„Haha, so glauben,Sie auch an die Verleumdung," schrie Norden jetzt, blaurot im Gesicht, „und ich sage Ihnen, das Lied ist echt. — Jeden, der das Gegenteil behauptet, schlage ich zu Boden.*
Entsetzt wich der kleine, bewegliche Professor zur Seite und erwiderte verlegen: „Erlauben Sie, mein bester Herr Kollege, das Niederschlagen ist doch nicht so ohne Weiteres gestattet!"
„Ja doch," schäumte der Irrsinnige, „ich habe den Baßschlüssel Sebastian Bach- und damit werde ich Sie töten — Sie und alle, welche sein Lied für unecht erklären. — Fragen Sir doch den Baron Linden, ob eS wirklich von Bach stammt."
Und dahin rannte der Gcheimrat in ein hohle- Gelächter ausbrechend. Der Profes,
sor aber stand verblüfft und schaute hinter ihm drein.
„Der arme Mann," brummte er vor sich hin, „der hat wahrhaftig durch die Skan- dalaffaire den Verstand verloren und wundern sollte eS mich nicht, wenn man ihn morgen als Leiche aus dem Wasser zöge. Seine beiden Kinder thun mir aufrichtig leid. Aber von wem mag der mysteriöse Brief nebst Geldanweisung gekommen sein ? Offenbar soll er selbst nicht erfahren, daß er sich mit dem Manuscript täuschen ließ. Der Baron Linden ist ein böser Schwindler und die Universität kann Gott danken, daß sie die hohe Summe wieder zurück hat, denn Norden hätte die Entschädigung nicht auf sich nehmen können I"
Weiler eilte inzwischen der unselige Geheimrat, immer weiter — bis er am Rande de« Flusse« stand, aber der Spiegel desselben war fest gefroren und die ersten Strahlen de» Monde» schienen sich darin zu brechen.
„Wo soll ich hin," keuchte er heiser und von seiner Stirn tropfte der Angstschweiß, „sic kommen, um mich zu fangen — sie «ollen meine kostbare Handschrift — hah, schon sehe ich die Flammen — es brennt — es brennt I Sebastian Bachö Lied ist vernichtet I"
Schon stand der Professor auf dem Eise; e« war sehr fest und trotz de« wahnsinnigen Stampfens mit dem Fuße hielt es ; der Unselige stöhnte dumpf, er warf sich auf die Knice und begann mit den Nägeln auf der festgefrsrenen Fläche zu scharren.
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
.'. (Fühlbarer Unterschied.) Herr: „He, Ihr beiden Jungen, seht einander doch auf's DanS ähnlich, wie kommt denn das?" — Erster Junge: „Mir zwee Beeden sei» Zwillinge.* — Herr: „Nun, wodurch unterscheidet Ihr euch aber, ein Merkmal muß eS doch geben?" —Zweiter Junge: „Ich kriege immer mehr Prügel als mein Bruder."
.'. (Verplappert.) Herr Albers sieht vom Fenster aus einen hartnäckigen Gläubiger nahen und befiehlt dem kleinen Sprößling: „Sag' nur, ich bin nicht zu Hause!" und damit voltigiert er in einen Kleirerschrank hinein. Al« der Manichäer auf der Dild- fläche erscheint, richtet der kleine Este die Bestellung besten» aus. — „Wan» kommt denn dein Vater wieder?" fragt der Gläubiger etwa« mißtrauisch. —Else stutzt zuerst, dann silt er an den Kleiderschrank und ruft ins Schlüsselloch hinein: „Vater, wann bist Du wieder zu Haus?"
Von den Inhabern der Ladengeschäfte wird seit langem über stauen Geschäftsgang geklagt. Seinem Schmerze hierüber macht ein elegisch angehauchter Berliner in folgendem Verse Luft:
Still ruht'S Geschäft,
Die Kunden schlafen.
Ein Flüstern nur vom Prinzipal,
Der Abend nabt, mit leerer Kasse
Zieht traurig heim der Prinzipal.
.'. (Eine schöne Jnserstenftilblüte) leistet sich eine Zeitung in Spcier: „Der Ausverkauf meine» seligen Mannes findet zu bedeutend herabgesitzten Preisen fortwährend statt u.s.w. Achtungsvoll Elise Schnaudizel Witwe, Wormserstr. 52."
r« h «rd Hosv,»» in Wildbad.
«traut»,rtlicher kkdaktkur ! «ernhari> Hoswan n.)' Kruck und Verlag von B e