Rundschau.

Von Mittwoch den 1. Februar 1893 einschließlich an erhält der an Werktage» laufende Personenzug 136 a Wildbad Pforzheim nachstehende veränderte Fahr­ordnung: v

Wildbad

ab

6.34

Calmbach

6.41

Höfen

6.48

Rothenbach

ßk

6.55

Neuenbürg

es

7 05

Wärterhaus Nr. 11

f,

7.10

Birkenfeld

l/

7.17

Brötzlngn

f,

7.23

Pforzbcim

an

7.30

Dieser Lokaizug geht also 24 Minuten früher als seither.

Die Sammlung von Petitionen mit Unter­schriften gegen die Aufhebung des Jesuiten- gelktzcs in Württemberg ergab, wie dem St.-A. mitgeteilt wird, 1000 Petitionen mit 146 681 Unterschriften gegen Petitionen mit 123 000 Unterschriften im Jahr 1890. Von 916 evangelischen Gemeinden sind 876 vertreten.

Unterboihingen, 27. Jan. Heute früh 7 Uhr wurde die 22jährige Maria Echter hier beim Wosfirholen vo» ihrem vor kurzem aufgegebenen Liebhaber durch 2 Pistolenschüsse schwer verwundet. Schuß in die Brust. Der Thäter, ein 22 Jahre alter Fabrikarbeiter Namens Hagman», ging nach der Thai in sein Zimmer und schoß sich daselbst eine Kugel in den Kopf. Hagmann ist ebenfalls lebens­gefährlich verletzt.

Blberach, 26. Jan. In dem Einödhof EngliS, Gemeinde Steinach, brach gestern nacht Feuer aus, welches denselben vollständig vernichtete. 9 Stück Vieh, 1 Pferd, 3

Schweine, sämtliches Geflügel gingen in den Flammen zu Grunde. Das Feuer griff s» schnell um sich, daß die Bewohner kaum das nackte Leben retten konnten.

Berlin, 25. Jan. Der Kaiser verlieh dem Großfürstcn-Thronfolger die Kette zum Schwarzen Adlerorden. Der Großfürst- Thronfolger stattete heute Vormittag den kaiserl. Majestäten und den Mitgliedern de- Kaiserhauses, sowie den fremden Fürstlich­keiten Besuche ab und empfing später deren Gegenbesuche. Nachm, nahm er mit dem König von Sachsen an der kaiserl. Früh­stückstafel teil. Der König von Sachsen empfing heute Vormittag den Reichskanzler Grafen Caprivi.

Wie der Berliner Berichterstatter des Temps" seinem Blatte meldet, hätte der Großfürst-Thronfolger dem Kaiser ein eigen­händiges Schreiben des Zaren überbracht.

Halle, 26. Jan. In der Irrenanstalt Nietleven sind gestern nachmittag zwei Todes­fälle und fünf Erkrankungen an Cholera vsrgekommc«. Professor Koch meint, da» Saalkivasfer tm rde lange Zeit selbst hei einer Filteranlage gefährlich sein.

Halle, 26. Jan. Von gestern Mitter­nacht bis heute Mitternacht sind in Nttleben 4 Erkrankungen, 5 Todesfälle an Cholera vorgekommen, insgesamt bis jetzt 109 Er­krankungen, 38 Todesfälle.

Wien, 26. Jan. Die österreichische Re­gierung ordnete infolge beS erneuten AuS- brucheS der Cholera an, daß von Halle und Hamburg kommende Reisende in fünftägiger Beobachtung an der Grenze bleiben müssen.

Tkplitz , 26. Jan. In Sterbina zer­sprang bei dem Oekonomen Wlassaz eine Mit Garslin gefüllte Lampe, w,durch vier

Kinder verbrannt, und Frau, Knecht und Magd schwer verletzt wurden.

Prag, 25. Jan. Weiteren Zeilungs- mcldungen zufolge sind im FvrlschrittSschachte zu Ossegg insgesamt 250 Bergleute ange­fahren, wovon bisher über 100 als tot fest- gestellt wurden. 56 Tote und Verwundete sind neuerlich herausbcfördert worden. Ueber 60 noch im brennenden Schachte befindliche Arbeiter sind wahrscheinlich verloren. Die zur Hilfeleistung hinobsteigendrn Bergleute müssen wegen der Erstickungsgefahr ohne Erfolg umkehren. Weitere ZeitungSmel- dungen ans Ossegg schätzen die Zahl der Verunglückten auf 130, da 50 bl» 80 noch verschüttet und unrettbar verloren sein dürf­ten. Als Ursache de- Unglücks ist er­mittelt wvrdcn, daß ein Arbeiter trotz des Verbote« im Schachte eine Pfeife anzündete.

Die Universität Neapel wurde infvlge Unbotmäßigkeit der Studierenden geschlossen.

Eine von Stieren überfallene Groß­stadt. Ungeheure Aufregung herrschte vor einigen Tagen in Barcelona, denn die ganze Stadt befand sich in der Gewalt von etwa 100 amerikanischen Stieren. Mittwoch (18. Januar) früh wurden von den beiden ita­lienischen FrachtdampfernMcssapia" und Re Umberto" im Hafen von Barcelona ge­gen 300 süsamerikanisLe Stiere und Büffel- Kühe ausgeladen, von denen 80 für Valen­cia und die übrigen für den Markt von Bar­celona bestimmt waren. Während die Aus­schiffung vor sich ging, befreite sich plötzlich eine ganze zusammengckoppelte Stierhecrbe von ihren Fesseln, stürmte über den Belt- ramdamm hinweg und zerstreute sich in den Straßen von Barcelona. Man kann sich vorstellen, welche Panik sich der Bürger be­mächtigte. Acht Stiere sprangen in das Hafenbecken, von wo sie mit Hilfe von Stricken und eisernen Ketten mittels de« Anlände- krahns wieder hinausgezogen wurden. Alle anderen Stiere hatten den Landweg einge­schlagen und wanderten teils nach Klein-Bar- cslon», teil« nach dem Stadtpark, lisch an­dere trotteten durch die Alleen der Stadt­wälle nach Fort Monjnich (Llons llovis) und nach dem Nachbarstädtchen Sans. Die Straßen wurden natürlich bald vollständig den schwerfällig dahertrottenbe» Vierfüßlern überlassen. Alle« flüchtete sich. Trotzdem ereigneten sich zahlreiche blutige Zusammen­stöße zwischen Tieren und Menschen, wobei die letzteren sehr schlecht wegkamen. An der >m Centrum von Barcelona gelegenen St. Pautstraße wurde ein junge» Mädchen von einem Stier buchstäblich zertreten. Ein an­deres Ungetüm, das in der JunqueraSstraße mitten in eine Schaar spielender Kinder hin- einstürmte, wurde noch rechtzeitig von der aufmerksamen Polizei ergriffen undanseinen Hörnern im Triumph durch die halbe Stadt geschleift. Ein anderer Stier sprang in das Schaufenster einer Spielwarenhai,dlung hin­ein, w» er eine greuliche Verwüstung an- richte. Einen dritten Stier banden beherzte Arbeiter an einen Baum, das hatte jedoch nur zur Folge, daß nach wenigen Augen­blicken ber Stier samt dem mit seinen Wur­zeln aus dem Boden gerissenen Baum das Weite suchte und noch Zeit fand, vor dem Jesuittenkollegium eine alte Dame aufzu­spießen. Al« die Lage immer gefahrdrohen­der wurde, ließ sich die Bürgerschaft und da« Militär in eine regelrechte Schlacht mit »en Wildlingen ein. Ein Apotheker erlegte v,^

einem Fenster aus mittels wvhlgezielte, Schüsse zwei von den amerikanischen Flüchtlingen. In der Prinzesstnnenstraße wurden drei Stiere gestellt und umzingelt, e» gelang ihnen jedoch ausznbrechen und ein Schilderhaus samt dem Schildwactzc stehenden Soldaten über den Haufen zu rennen. Das hatte zur Folge, daß die Pferde eines vierspännigen Wagens scheu wurden, davoneilten und über eine alte Frau hinweggingen, die schwer verwundet vom Platze getragen wurde. Gegen Abend halte man mit Mühe und Hot mehr als 70 Stiere teils lebendig eingefanqen, teils ge­tötet. Die hingeschlachteten Opfer lagen auf den Straßen und es war sonderbar anzu­sehen, wie die Bürger, mit großen Küchen­messern bewaffnet, herbcieilten und sich bald eine fette Rippe, bald ein Stück Keule oder Lendenbraten Herausschnitten. Etwa 30 Stiere waren Mittwoch abend noch nicht ein­gefangen. Verwundet sind im Ganzen 9 Personen, am schwersten ein 68jährigcr Schul­lehrer. Mittwoch Nachts veranstaltete der größte Teil der Garnison und der Ouarclia oivil eine R-zzia ans die noch in Freiheit befindlichen Ausreißer.

DaS Geldzählcn ist unter Umständen keine so angenehme Beschäftigung, wie viele Leute eS sich manchmal vorstellen. In dem Bureau zur Einlösung der Nationalbanknoten in Washington sind etwa 120 Frauen an­gestellt. Sie haben während der Geschäfts- stunden von morgens 9 bis nachmittags 4 Uhr nicht« anderes zu thun, als Banknoten zu zählen und erwerben darin eineGewand- heit, der eS selbst der flinkeste Bankkassierer nicht gleich thun kann. Aber obwohl die meisten angestellten jung sind, sehen sie meist blaß und abgemagert au» ; viele haben wunde Hände, und bei manchen zeigen sich offene Wunden im Gesicht und kranke Augen. Da» kommt von dem Arsenik in der grünen Farbe der Noten. Trotz der größten Vorsicht, welche alle anwenden, kommt das Uebel früher oder später zum Ausbruch. Eine kleine Haut­abschürfung an der Hand genügt, um eine Entzündung zu veranlassen, und durch die Hände wird das Gift ins Gesicht und zu den Augen geführt. Jeden Morgen erhält eine jede Zählerin ein neues Schwämmchen zum Anfeuchlen der Finger; aber vor Abend ist e« schwarz von dem Arsenik. Manche werden von dem Gift so angefressen, daß sie Stellung aufgcben müssen. Die Besoldung ist pro Monat 75 Dollars (318 Mark).

Vermischtes.

Honig als Mittel gegen aufgesprungene Hände. Honig mit frischer ungesalzener Butter oder mit Glyzerin gemischt und auf die aufgesprungene Haut zu widerholten Malen «ufgetrogen, beseitigt das Uebel, wie Ver­suche hinreichend bekunden, in kurzer Zeil.

(Entschuldigt.) Bei der Verteidig­ung der Festung Küstri» während des sieben­jährigen Krieges waren große Fehler vorge- kommcn. Als sich der Kommandant dieser- halb bei Friedrich dem Großen entschuldigte, antwortete dieser ganz ruhig :Er hat recht, Er kann nichts für die Dummheiten. Der Fehler liegt an mir selbst, warum habe ich auch einen solchen Esel, wie Er ist, zum Kommandanten gemacht!"

(Ein neues Wort) Feldwebel (bei der Rekrutenmusterung):Kerl, hat er aber einen Bauch; er scheint ja der reine Frcß- ?Don-Zu»n zu fiini"