Vas Vekeimiüs äer I'rau äv 1a Rare.
Roman von H. v. Limpurg.
(Nachdruck verboten.)
33 .
„Guten Morgen, Papal" sagte sie.
„Nun weshalb kamst Du nicht zum Frühstück?" frug der Geheimrat rauh, „ich möchte Dich doch sehr bitten, jene Rücksichten auf mich zu nehmen, die ich verlangen kann."
„Verzeih' mir, lieber Papa —"
„Es ist gut. Du weißt ich liebe über solche Themata nicht lange Redereien. Ich kam, ehe ich fortgehe, nur nochmals zu Dir, um Dir zu sagen —"
Er stockte, der wehmütige Blick ihrer großen blaue» Augen verwirrte ihn, aber er ward dadurch schließlich noch gereizter.
„War wünschest Du, bester Vater?" frug dann Luise.
„Ich wünsche nicht — sondern befehle, daß Du die Werbung des Barons von Linden um Deine Hand annimmst. Hast Du mich verstanden?"
„Sehr gut, aber ich erkläre Dir, mein Vater, eben so offen, daß ich dem Hauptmann Leulhold Herz und Hand versprochen habe und mein Wort niemals brechen werde."
„Ist das Dein letzter Entschluß, Luise?"
Sie erschrak fast vor dem halblauten, lauernden Ton seiner Worte, vor den flammenden Augen und dem Knirschen der Zähne hinter den festgelchlossenen Lippen.
„Mein letzter und heiliger Entschluß, Vater I"
„Nun denn, so erkläre ich Dir hiermit, daß Du den Baron heiraten mußt — wenn Du nicht Deinen Vater als Betrüger auf der Anklagebank — und als Verbrecher im Gefängnis sehen willst!"
D«S unglückliche Mädchen ward totenbleich, sic blickte, als habe sie nicht recht gehört, den Sprecher an, doch d»r nickte nur bestätigend mit dem Kopfe.
„Es ist, wie ich Dir sagte, Luise!" begann dann der Geheimrat. „Ich habe, um Leopolds Schulden zu decken, fine Handschrift Sebastian Bach» als echt anerkannt — und dafür eine Summe Geldes vom Baron Linden empfangen, mit der Leopold« Schuld be- zahlt wird. Aber Linden fordert nun noch Deine Hand — und ich denke Du hast mich Verstanden I" —
Ach, sie wußte, was er meint', sic sah, welchen Weg sie unabänderlich zu gehen hatte — und sank mit leisem, jammernden Ausruf zu Boden.
„Vater, o mein Vater l" flehte sie. „Muß ich denn das Opfer fein? Habe Erbarmen — Erbarmen I Schone mich."
„Erbarmen?" frug er rauh, mit gerunzelter Stirn, „und weshalb willst Du Dich nicht opfern für die Deinigen? Du weißt, daß Dein Bruder unser Stolz ist, daß ich nicht leben kann ohne ihn und Du wolltest für ihn kein Opfer bringen.
„Alles," flehte sie, „alle« , mein Vater, will ich thun, nur von ihm kann ich nicht lassen I"
„Von ihm?" höhnte Norden und riß die zitternde Tochter am Handgelenk in die Höhe. „Wie kannst Du e« wagen, noch an jenen Mann, den ich abwies, zu denken? Ich sage Dir, heute noch wirst Du an Linden« Arme im Theater erscheinen — oder
willst Du den Bruder am Bettelstäbe, den Vater im — Zuchthaus sehen — und Dir dann immer sagen: Ich bin Schuld an ihrem Elend I Ich habe sic beide — aus Selbstsucht geopfert?"
Immer dringender, immer herrischer redete der unbarmherzige Vater in da« arme Mädchen hinein und endlich — war sie bezwungen ; das blonde Haupt gesenkt, die eiskalten Hände über der Brust gefaltet, stand sie da und sagte, die Stimme von Thränen erstickt: „Ich will, Vater, und Gott helfe mir, den Willen auszuführen!"
Erleichtert atmete der Geheimrat auf, hastig strich er mit der Rechten über den blonden Scheitel seines Kindes und sagte freundlich: „Siehst Du, mein liebes Herz, nun bist Du vernünftig I DaS freut mich herzlich. Aber nun versprich mir noch Eines I Gage Leopold nicht, daß Du um seiner Schulden willen den Baron heiratest. Er ist leicht sonderbar, weißt Du und — überhaupt vorläufig etwas — gegen den neuen Schwager eingenommen."
„Ich verstehe, Papa," sagte Luise bitter, „und werde mich danach richten. Nur bitte ich Dich, für heute den beabsichtigten Besuch im Theater mit Linden zu unterlassen, denn — ich fühle mich noch nicht wohl genug dazu."
„Wie Du willst, LuiSchen. So wollen wir mit zwei oder drei guten Bekannten heute Abend das frohe Ereignis feiern. Wenn Linden kommen sollte, bitte, nimm ihn freundlich auf und — gieb ihm Dein Jawort,"
„Wie Du befiehlst, Vater," sagte Luise mechanisch.
„So, und nun wollen wir gemeinsam frühstücken, Kind. Gieb mir Deinen Arm. Eie war doch ziemlich aufregend, diese Scene, aber jedes Mädchen weigert sich anfangs, ihre Freiheit zu opfern."
„Vergieb mir, Papa, wenn ich Dich nicht begleite," erwiderte Luise, „ich muß noch einen Brus beenden, der mir sehr am Harzen liegt. Auf Wiedert'hen bei TischeI"
„Nun, wie Du willst, Kind ; aber höre, sprich doch mit Leopotd, damit er vernünftig w>ri> und uns keinen Querstrich durch die Rechnung macht. Linden ist wirktich der angenehmste Mensch — uns Ihr dürft nie verg'ssen, daß Euer Vater zum ersten Male ei» Opfer von Euch fordert, für alles, was er an Euch gethan hat."-
DaS war wieder der eiskalte, drohende Ton und jener irrfunkelnde, lauernde Blick, welche die junge Dame so entsetzten.
Als der Vater gegangen, siel Luise von Neuem zu Boden und weinte so bitterlich wie noch nie in ihrem ganzen Leben.
Als die Mutter gestorben, da hatte Luise auch gemeint, nun sei alle« Glück für sie tot, nun könne die Sonne nie mehr hell scheinen und die Blumen nicht mehr duften. Schwarz und öde war damals alles um sie her gewesen, aber heute fühlte sie sich noch tausend Mal elender. Mitten hinein in ihr liebesrmeS Dasein, welches nur Leopold- brüderliche Freundschaft erwärmte, war wie ein blendendes Himmelslicht die Liebe zu dem schönen, stattlichen Offizier getreten; in seinem ernsten Blicke, seinem warmen, huldigenden Worte fand da- junge Mädchen Alles, was ihr fehlte, und als sie endlich die Gewißheit erlangt hatte, auch von ihm wieder geliebt zu werden, da meinte sie, es gäbe kein glück
licheres Wesen «uf Erden als sich selbst. Und nun war diese kurze, wundervolle Glückseligkeit zu Ende I Nun lag ein armes trostloses Weib am Boden und rang mit ihrer heißen Liebe zu dem Geliebten und der harten KindeSpflicht gegen den Baten, der sie — nie geliebt, und nur dem Bruder Alles geopfert hatte.
„O, mein Gott, mein Gott, nimm mich zu dir," flehten die blassen Lippen, „wie gern will ich sterben, wenn ich dadurch dem schrecklichen Geschick entgehe. Friedrich, Friedrich, was sollen Deine Worte bedeuten? Du giebst mich auf und liebst mich doch? Aber ich will ihm schreiben; wissen muß ich, was sein Brief bedeutet, wer ihm von jenem Opfer sprach, „das mein Vater von seinem Kinde annimmt." Freilich, wenn ich an PapaS Stelle wäre, ich stürbe lieber, ich trüge lieber Schmach und Schande, che ich ein andere« LebenSglück dem meinen opferte. Doch still, solche Worte ziemen mir nicht; eine Tochter muß gehorchen I"
Auf den eleganten Briefbogen, auf welchen Luise schrieb, rollten heiße Thränen, daß so manches der Wort« ausgelöscht wurde, aber sie achtete nicht darauf, denn zum letzten Male sprach sie im Geist mit dem Geliebten I
Als das Couvert beschrieben und versiegelt war, da stand sie auf, weiß wie eine Lilie und blickte starren Auges auf die festgefrorenen Fensterscheiben.
„Eisblumen," murmelte sie schmerzlich, „auch meine Glückesknospen sind erfroren, getötet und begraben in Eis und Schnee. Vorüber, vorbei I Luise, denke nicht mehr an vergangene Tag:, steh vorwärts — auf den kalten, öden Pfad der Pflicht, Gott wird helfen — bis zum Endel"
In wilder Aufregung war Eugen fortgeeilt, vor dem Bankgeschäft von Olfers erst blieb er stehen, um Atem zu schöpfen.
„Wär's doch hinter mir," murmelte er seufzend, „noch nie in meinem Leben habe ich mich gedemütigt wie heute, aber, wenn Olfers ein Ehrenmann ist, wird er mich verstehen!"
Er trat ins Comptoir und ward nach dem Privatrimmer des Chefs gewiesen, der ihn sehr höflich empfing.
„Sehr erfreut, Sie zu sehen, Herr Assessor," sagte OlferS. „Wie befinden Sie und die Ihren sich? Gratuliere auch zu dem Glücke Ihres Herrn Vater« mit der Bach'» scheu Handschrift. Wirklich äußerst interessant und wertvoll." (Forts, folgt.)
(Eingesandt.)
Den beiden Damen (Freundinnen) der mittleren und unteren Stadt, die sich beim Neujahrswechsel so sehr bemühten, durch — mitunter ganz gemeinen Witz-KarttN — Aer- gerniS zu erregen, wäre er besser angekom- men wenn Sie ihr Geld zu anderen nützlicheren Zwecken verwendet hätten ; der Dank für diese Karten soll ihnen gewiß nicht entgehen.
Merk's.
„Die stillen, stillen Wasser,
Die haben tiefen Grund —
Latz ab von Deiner Liebe,
Sie ist dir ungesund l"
— Unserer Zukunst steht manchmal nicht- im Wege als unsere Vergangenheit.
Druck nutz Verlag von Bernhard Hvfma.nn in Wildhab. (Verantwortlicher Redakteur Bernh. Hofma n.n.)