Rundschau.

Sulz a. N , 4. Januar. Die hiesige katholisch'. Gemeinde, welche schon seit einiger Zeit einen Kirchenbaufonds gegründet hat, hat in den letzten Tagen von einem hiesigen Bürger ein Grundstück uni 800 ^ zu einem Bauplatz erworben. Die projektierte Kirche kommt vor die Stadt an die Fischinger Straße zu stehen. Mit dem Bau derselben soll im t'öinnnnde>> Fnihjahr begonnen werden. In Leinst,nen, OA. Sulz, geriet letzten Dienstag nachmittag ein Knecht beim Holz­führen zwischen zwei Langholzwagen und wurde von demselben buchstäblich zerdrückt, was den ioiortigen Tod zur Folge halte.

Liniphcnn, 4 Jan. Dem vor einiger Z-it in hiesiger Gegend verübten Raub reiht sich leider wieder ein weiterer an. Am Christ­abend wurden zwei Frauenzimmer auf dem Wege von Ersingen nach Ritztissen von einem unbekannten Manne überfallen. Das eine konnte sich flüchte», während das andere von dem Lotterbuben überwältigt, gebunden und seiner Barschaft beraubt wurde. Die von dem ersten Frauenzimmer zu Hilfe gerufenen Ortsbewohner verjagten den Uebelthälcr. In kurzer Zeit ist d:es schon das viertemal, daß derartige Verbrechen teils versucht, teils ver­übt wurden.

MÜnsillgeil, 4. Jan. Rastlos thätig bis zum letzten Augenblicke, verstarb gestern an einem Schlaganfall im 83. Lebensjahr der in weiten Kreisen bekannte älteste Orts­vorstand des Bezirks, Schultheiß Vögel in Böttingen. Von seiner Arbeit auf dem Rat­hause wollte er sich im Hause seiner Toch­ter beim Vesperschoppeu erholen, und starb, bis man ihn in das Haus verbrachte. Seine ersprießliche Thätigkeit als OrtSvorstand, Ausschußmitglied des landwirtschaftlichen Be- zirksverctnS und als Mitglied des AmtSver- sammlungsauSschusscS wurde längst auch höheren Orts anerkannt durch Verleihung der goldenen Verdienstmedaille. Ehre dem wackeren Biedermanne!

Ulm, 5. Dez. Gestern abend ließ sich ein Soldat bei Jllerttssen vom Bahnzug über­fahren. Es ist der bayerische Kanonier TituS Unzer aus Wcilheim, der beim ersten bayer. Fnßartilleriebataillon in Neu-Ulm stand. Furcht vor Strafe wegen einer Veruntreuung in der Küche hat ihn in den Tod getrieben.

Aus dem badischen Oberlande: In dem Amisstäetcben Stockach im Se-krcis brach am Nenjah^stag abends 10 Uhr in der Kunstmühle deö Herr» Heinrich Winter, dem giößten und leistungsfähigsten Mühl­werk i» der ganzen Gegend, Feuer aus, das so rasch um sich griff, daß das umfangreiche Gebäude mit sehr bedeutenden Mehl- und Fruchtvorräten binnen wenigen Stunden in Schult und Asche lag. Der Schaden ist sehr groß, aber durch Versicherung gedeckt. Die Löschmaßregeln waren durch Einfrieren der Feuerspritzen gehemmt. DaS Mühlwerk ist schon zweimäl und zwar 1867 und 1880 abgebrannt; vor einigen Jahren war cs auf das neueste Walzensystcm eingerichtet worden.

In der Montag-Nacht brach im Waisen­hause zu Freiburg l. B. Feuer aus. Es entstand eine gioße Panik. Leider ist bei dem Brande ein Kind umgekommcn.

Karlsruhe, 5. Jan. Morgen werden zwei Bataillone von hier nach Rastatt ver­legt. In der verflossenen Nacht starben weitere zwei Soldaten de» Leibgrenadierrcgi- rnenl- an der Genickstarre. Neun wurden

in da» Spital übergeführt. Man führt die Epidemie auf den schlechten baulichen Stand der Kaserne zurück, die vom Schwamm durch­setzt sein soll.

Zu spät erwiesene Unschuld. Eine ergreifende Geschichte ist vor einiger Zeit in Rehme bei Oeynhausen sKreiö Mindens zum Abschluß gekommen. Am Weihnachts-Hei­ligenabend waren es gerade 30 Jahre her, als sie ihren Anfang nahm. An diesem Tage sl862^ schickte der Salzfaktor v. Prom- nitz seinen Diener Anton Körtner zur Post, um einen Geldbrief von 450 Mark abzu­holen. Anton übernahm nebenbei den Auf­trag, einen für dle Kirche bestimmten Weih- »achtSbaum dem Pfarrer zu überbringen. In Folge der schweren Last halte Körtner das Unglück, aus seiner Tasche den Wert­brief zu verlieren. Trotz allen Suchen» war das Vermißte nicht wieder aufzufinden. Anton sollte die schweren Folgen seines Miß­geschick- bald merken. Mit einer gründlichen Tracht Prügel entließ ihn Herr v. Prom- nitz aus seinem Dienste und zwang ihn außerdem, den Verlust zu ersetzen. Wo war aber der verhängnisvolle Brief hingckommcn? Einige wollten gesehen haben, wie eine Frau, die des Wege» kam, etwa- Weiße» aufge­hoben und in ihrem Korbe verborgen habe. Diesen Verdacht hat die längst dahingeschie- dene Frau mit in's Grab genommen. Herr und Diener ruhen längst im Schoße der Erde; keiner denkt mehr an den traurigen Vorfall; aber durch eine Begebenheit wird ec Denen, die ihn mit erlebt, aus's Neue ins Gedächtnis gerufen. Vor einiger Zeit erhielt der Pfarrer Eeippcl in Rehme eine Geldsendung mit Begleitschreiben. In dcm- seben wird erzählt, daß Absender dieser Send­ung der unehrliche Finder diese» GeldbriefeS sei, der Anton Körtner, den ehemaligen Diener des v. Promitz, in so große» Un­glückgebracht; durch Gewissensbisse, die ihn, den Reuigen, angesichts des nahen Todes im­mer mehr gequält hätten, sei er zu diesem Schritt getrieben worden. Er zahle die Ver­mißte Summe nebst Zinsen zurück und bitte de» Pfarrer, dieses Geld den Erben des verstorbenen Anton Körtner zukommen zu taffen. Dem betreffenden Erben ist das Geld, rund 900 Mark, durch den Pastor auSge- händigt worden.

Der Jäger von seinem Hund er­schossen. Unter der Anklage »er fahrlässigen Tötung stand am 31. Dezember dcr in Ber­lin wohnende Kaufmann Albert Stroscher vor dcr Strafkammer in Echneidemühl. Der Angeklagte ging am 15. Oktober d. I. mil seinem Freunde, Kaufmann Gustav Zillmcr aus Weißenhöhe, zur Jagd. Al- sie müde wurden, legten sie ihre Gewehre in einer Furche nieder, wobei Strofcker so unvorstch- lig war, sein Gewehr nicht zu sichern. Der Hund des Zillmer sprang auf da» Gewehr, ein Schuß krachte und die Kugel drang dem in gebückter Stellung sich t»findenden Zill­mer in den Kopf, so daß der Tod sofort einlrat. Der Staatsanwalt beantragte eine Gefängnisstrafe von 3 Monaten, der Ge­richtshof erksnnle auf eine solche von einem Monat.

In der eidgenössischen Pulverfabrik Worblaufcn ist ein Gebäude infolge dcr Ex­plosion von Schießbaumwolle in die Luft ge­flogen, wobei ein Arbeiter getötet wurde. Der Schaden ist bedeutend.

Ans Petersburg, 4. J«n., wird ge­

meldet: DaS Bergwerk in Jurjewka an b-r Donezbahn war überschwemmt. Von II Bergacbeitcr» retteten sich drei ins Freie; die übrigen acht wurden erst nach 10 Tagen au» dem Schacht herausgeschafst, nachdem das Wasser sich entfernt hatte; sie letten noch trotz des Mangels an Nahrungsmitteln.

Rom, 5. Jan. Die Negierung brachte einen Gesetzentwurf ein, wonach die Zivil- irauung der kirchlichen Trauung voranzugehen habe unler Androhung von Gefängnisstrafe und Pfründenverlust für znwiderhandelndc Geistliche.

New-Aork, 4. Jan. In der Strafan­stalt zu Helena in Arkansas waren 18 Ge­fangene in auffälliger Weise gestorben, und die UnisnSregierung hatte einen Arzt dorthin zur Feststellung der Todesursache abgesandt. Derselbe hat nun sein Gutachten dahin ab­gegeben, daß die Gefangenen einer bösartigen Form von Cholera erlegen seien.

New-Avrk, 5. Jan. 500 maskierte Per­sonen griffen das Gefängnis in Bakersville sRordcarolina) an und lynchten den dort in­haftierten Mörder eines angesehenen Bürgers. Sieben Gendarmen, die dcr Menge cntgegen- tralen, wurden alle getötet. Von de» Lynchern fielen 25, darunter angesehene Bürger.

(Wie Michel belogen wurde.) Von einem Bauern, der jedenfalls .sehr große Kartoffeln baut, erzählt dieDüsseldorfer Bürgerzig." folgende Geschichte: Vorgestern Nacht weckte die Frau eines Landbewohner» in einem benachbarten Orle ihren Michel mit den Worten:Ich glaube, es ist Je­mand im Hause I" Michel leiltc diesen Glau­ben aus naheliegenden Gründen nicht, mußte sich aber auf das wiederholte Drängen seiner Eheliebsten dock zum. Anstichen bequemen. Er öffnete nun schläfrig die Thür und rief in de» dunklen Hausflur:Ist Jemand hier?"Nein" , anlwouete eine Stimme, worauf der brave Michel wieder ins Belt kroch und kamt seiner lieben Frau ruhig weiter schlief. Leider aber stellte sich am folgenden Morgen heran», daß doch Jemand dagewesen war, denn Frau Michel bemerkte tieAbwescnhkiterheblichen Teiles ihrer Flcisch- und Eiervorräle. Der so schmählich belogene Michel soll seitdem den Glauben an die Wahrheitsliebe der Menschen verloren haben.

(Aus den Bus» geklopft 4 Der Chef eine« bedeutenden Geschäfts in Leipzig hatte, nach denDr. N.", entdeckt, daß unter d n. zahlreichen Verkäuferinnen eine Diebin sein müßte, da fortwährend Waren vermißt wur­den, ohne daß es gelang, die Schuldige zu entdecken. Er rief eines Abends nach Schluß des Verkaufes sämtliche acht bei ihm be­schäftigte Mädchen zusammen, erklärte ihnen, daß er durch Zufall die Diebin, welche sich unter ihnen befinde, entdeckt habe, aber unler der Bedingung von einer Anzeige absehen wolle, daß die betreffende den nächsten Mor­gen und für immer seinem Geschäfte fern bliebe ie'p. freiwillig ihre Entlassung nehme. Wie erstaunte aber der Kaufmann, als sich am andern Morgen von seinen acht Ver­käuferinnen nur drei zur Fortsetzung ihrer Dienstverrichtungen cinfanden und also nicht weniger als fünf wegblicben.

.-. Angenehme Aussicht. Denist Du denn auch manchmal an die zwanzig Mark, die ich Dir unlängst gepumpt habe?" Ob ich daran denke, alter Freund . . . Du wärst der Erste, zudem ich wieder ginge, wenn ich mich in Verleg-nheit befände!"