(Enztalbote)

Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Ms»«M«tt

für das obere Cnztal.

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Nummer 299

Fernruf 178.

äbsä, vonner5tsg, äen 23. verember )92<)

Pvvnruf 178

54.^krtii-gsng

Der Polnische Staatsbankrott.

Nach einer Meldung desWarschauer Kuriers" steht der polnische Staat vor dem Bankrott. Tie polnische Regierung ersuchte die Verbündeten um Hilfe für den trostlosen Kurs der polnischen Mark, wobei sie darauf hinwies, die schlechten Finanzen Polens werden von Deutschland weidlich ausgenützt, um in Obershlesien und in den Grenzgebieten überhaupt Stimmung gegen Po­len zu machen. Wenn das nicht verfängt! Es ist nur fraglich, ob Frankreich Lust hat, zu seinen 65 Mil­liarden Franken, die es bereits in das Unglaublich dumme Polen-Unternehmen gesteckt hat, noch weitere Milliarden die Polen wünschen eine neue Anleihe von 20 Mil­liarden in den bodenlosen Sumpf zu werfen. Von England ist ja doch wohl nichts zu erwarten, denn Lloyd George riet schon auf der sogenannten Friedens­konferenz von der Errichtung eines Groß-Polens ab, aber da die Franzosen eigensinnig auf ihrer großartigen Ab­schnürungspolitik gegen Deutschland verharrten, so blieb dem englischen Diktator nichts anderes übrig, als in gewohnter Weise nachz-ugeben, obgleich er sehr richtig vorausgesagr^ hatte, Polkn werde für die Verbündeten nur eine Last, kein Nutzen sein. Jetzt kommt aber der Geldpunkt in Frage und da wird Lloyd George wohl et­was zäher sein sein, am Geldbeutel Hort ja seine Macht überhaupt aus.

Tie Tinge scheinen nun aber in Polen sehr schlimm zu stehen. Tie polnische Mark hat an den Börsen schon lange keinen Kurs mehr, sie wird nichtnotiert". Jetzt ist auch die Warschauer Börse'geschlossen worden. Es gibt in Polen nichts mehr zu handeln als mit Papier­scheinen. Diese sind aber allerdings überreichlich vor­handen. Vor zwei Jahren mit der Erschaffung

Groß-Polens durch Verbands Gnaden begann das Elend. In seiner ganzen Geschichte hat Polen von je ge­zeigt, daß. es alles könne, nur keine Ordnung halten, am allerwenigsten in wirtschaftlichen und finanziellen Dingen. Es wäre wohl einige Hoffnung gewesen, aus Polen ein einigermaßen geordnetes und solides Staats- . wesen zu machen, wenn der Weltkrieg eine andere Wen­dung genommen und Polen unter die Fittige des deut­schon Ördnungsstaats gekommen wäre. Aber die Polen brannten darauf, ihrem anererbten Haß gegen das. Deutschtum nach ihrer Befreiung von der russischen Herrschaft die Zügel schießen lassen zu können und .warfen sich mit der Begeisterung der Wahnsinnsverbleu- deten den Franzosen in die Arme. Mle diese Voraus­setzungen mußten dahin führen, wo Groß-Polen nurr- , mehr angelangt ist: beim fürchterlichen Katzenjammer, beim Bankrott.

Ms Polen vor zwei Jahren selbständig wurde, hatte es einen Banknotenumlauf, von 900 Millionen Mark, ein recht mäßiger Betrag bei einer Bevölkerung von etwa 22 Millionen. Mitte 1919 war das Papiergeld auf 2 Milliarden gestiegen und betrug am Ende dieses Jahres 5 Milliarden. Im ersten Halbjahr 1920 ver­mehrte sich der Umlauf auf 26 Milliarden und Mitte Oktober waren es 36 Milliarden. Am 10. Oktober wurden wehere 9 Milliarden ausgegeben und in diesen Tagen werden noch einmal 15 Milliarden aufgelegt. 55 Milliarden in einem Jahr!

Die Staats aus gaben beliefen sich, wie wir dem ,iSchwäb. Merkur" entnehmen, nach dem ersten Haus­haltplan auf 2i/s Milliarden, im zweiten auf 15 Mil­liarden und im letzten vom 1. April 1920 bis 31. Dezember 1920 ans 50 Milliarden. Das alles neben der französischen Unterstützung. Und die Einnah­men? Aus dem Nichts ist auch nichts herauszuwirt- schasten und Finanzgeuies sind die Polen nun ein­mal gar nicht. Selbst ihr bewährtes Pumpgenie, das sie bisher nie im Stich ließ, scheitert an dem zuneh­menden Mißtrauen ihrer Ententefreunde. Tie aller­günstigste Rechnung ergibt für die Einnahmen'des pol­nischen Staats in diesem Jahr die Summe von 3 Milliarden, während allein für das Heer im September Ihr Milliarden verausgabt wurden.

Dabei unterhält Polen ein Heer von 410000 Be­amten, die glücklicherweise sehr wenig zu tun haben, denn sie taugen meist nicht viel, und die tüchtigen deutschen Beamten hat man davongejagt. Ter Beamtenapparat verschlingt jährlich 18V- Milliarden und dieser Miß- stand wird noch schlimmer werden, wenn das polnische

Heer aufgelöst werden muß. Außerdem schuldet Polen noch an die Vereinigten Staaten gegen 100 Millionen Dollar oder 26 Milliarden polnischer Mark, sowie die Anleihe, für die von den polnischen Ausgewanderten in Amerika gesammelt wurde und die 13 Millionen Dol­lar (3V» Milliarden Mark) ergab.

Das Eisenbahnwesen liegt in Pol»n gänzlich darnieder. Von 3000 Lokomotiven ist etwa die Hälfte betriebsfähig; der Eisenbahnfehlbetrag von mehreren Milliarden soll durch Verdoppelung der Tarife ausgeglichen werden, was die jetzt schon unglaublich hohen Warenpreise noch mehr in die Höhe treiben wird. Es besteht der Plan, die Eisenbahnen an amerikanische Gesellschaften zu verpach­ten. Etwa 320 Industriebetriebe liegen still, weitere 500 können sich kaum mehr halten. Das französische Kapital hat sich bereits eines großen Teils der polnischen Industrie bemächtigt. Es fehlt an Kohlen und Roh­stoffen.

In Polen werden jetzt Stimmen laut, man solle sich an Deutschland anlehnen und mit ihm einen Wirtschasts- block bilden. Allein der Deutschenhaß in Polen läßt diese Stimmen der Vernunft nicht aufkommen, die Deut­schenverfolgung in den Polen zugesallenen Reichsteilen treibt üppigere Blüten als je zuvor Deutschland könnte jetzt den Zerfall Polens gar nicht mehr aufhalten, auch wenn cs den besten Willen, Mr.. harre. Das verhindern unsere eigenen Nöte und w' stloscn '.»stände in Po­

len, von dem Widersprn^' st-r-

n', zu schwei­

gen. Aber dafür ist wenigstens zu sorgen, daß nicht immer neue Landesteile, die wie Oberschlesien unter deut­scher Verwaltung zur Blüte gebracht worden sind, in den Strudel der polnischen Wirtschaft hineingezogen werden und in ihm untergehcn. Der polnische Bankrott ist das beste Mittel, der Bevölkerung in den umstrittenen Grenz­gebieten von selbst die Augen zu öffnen und ihre Stimm­abgabe zu beeinflussen. Einer besonderen Agitation von deutscher Seite, wie die polnische Regierung behauptet, bedarf.es dazu kaum mehr.

Vereinfachung der Neichsverwaltung.

Berlin, 22. Dez. (Amtlich.) Das Reichskabinett beschäftigte sich, in seiner gestrigen Sitzung mit einer Reihe von Vorschlägen, die der Reichskommissar für die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Reichsver­waltung in Verfolg des ihm erteilten Auftrags vorge­legt hatte. Tie Vorschläge beziehen sich insbesondere auf die Verminderung der Zahl der Ministerien, auf die Entlastung der Zentralbehörden von solchen Geschäften, die sachgemäß von Nachgeordneten Behörden vorgenom- meu werden können, auf die Abgrenzung der Zuständig­keit zwischen den verschiedenen Reichsbehörden und zwi­schen den Reichs- und Laudesbehörden. Ter Reichskom­missar betonte, daß die Flut der Anträge auf Betvilli- gung von Reichsmitteln für kulturelle, wirtschaftliche und selbst soziale Zwecke entschieden eingedämmt werden müsse. Der Reichsminister des Innern.brachte sodann in einem Vortrag unter weitgehender Würdigung der vorgetra­genen Grundgedanken auch diejenigen Umstände zur Gel­tung, denen bei aller Sparsamkeit im Interesse der Ge­sundung unseres gesamten staatlichen Lebens Rechnung zu trägen ist. Er erinnerte an die übermäßige Be­lastung der Arbeitskraft der Ministerien durch die ver­mehrte Tätigkeit,, die der Peichetag. der Reichswirtschafts­rat und der Reichsrat erfordern, und bezeichnet? es als notwendig, eine Reform der Arbeitsweise dieser Stellen in die Erörterung einzubeziehen. Ten Schwerpunkt der Reform sieht der ^Minister in einer weitgehenden Dezen­tralisation aller Arbeiten, die nicht im Interesse un­serer außen- und innerpolitischen Einheitlichkeit uiuer der unmittelbaren politischen Verantwortung der Reichs­regierung geleistet werden, müssen, durch Abgabe an die den Reichsministerien Nachgeordneten Stellen, die Lan­desregierungen und die Gemeinden. Das Kabinett be­schloß, die Minister zu schriftlichen Aeußerungen in kurzer Frist zu veranlassen, wie die Gesichtspunkte der Sparsamkeit und der notwendigen Erfüllung der Staatsaufgaben zu vereinigen sind.

.Ter vor einigen Monaten neu eingesetzteReichs- Sparkommissar" Tst. Carl kam unlängst wieder dadurch in Erinnerung, daß gemeldet wurde, er habe Rücktritts- gcdanken laut werden lassen. Ties scheint mannigfache Widerstände, aus die er wohl in seiner Amtsführung

pstoßeu sein mag, mürber gemacht zu haben und so oerbteibt der Reichskommissar zunächst cn seinem Amt. Zeinen Sparplänen kann man nur guten Erfolg wün­schen.

Neues vom Tage. !

Ersetzung der Wahlkoften.

Berlin, 22. Dez. Nach dem Reichswahlgesetz ist die Reichsregierung zur Ersetzung der Kosten für die Stimmzettel verpflichtet- Im Einvernehmen, mit sein Reichsrar und dem Reichstag hat die Neichsregie- rung einen «Beitrag von 15 Pfennig für jeden gültigen Stimmzettel bestimmt. Tie Belastung für die Reichs­kasse beläuft sich auf 3,9 Millionen ohne die Ausgabe» für die bevorstehenden Wahlen in ven Abstimmungsge­bieten. Die Sozialdemokratie erhält 840000 Mk die Unabhängigen 735 000 Mk., die Deutschnatronale» 556 000 Mk., Deutsche Volkspactei 540000 Mk., Zen­trum 525 000 Mk., Teutschdemokraten 330 000 Mk., Bayerische Volkspartei 177 000 Mk. usw.

Eisenbahnerstreik?

Berlin, 22. Dez. Der Deutsche Eisenbahnerverband, die Reichsgewerkschaft deutscher Eisenbahnbeamten, die Gewerkschaft deutscher Eisenbahn- und Staatsbediensto- ter und der Mlgem. Eisenbahnerwerband erklären im Vorwärts", wenn ihre Forderungen nicht durch Ver­handlungen erreicht iverden können, so werden sie ge­meinsam zu dem Mittel des Streiks greifen. ,

Kohlenanssall.

Berlin, 22. Dez. Nach demBerl. Lokalanzeiger" beträgt der Förderausfall im sächsischen Steinkohlengebiet infolge des elftägigen Bergarbeiterausstands 140000 Tonnen.

Bayerische Ausländsanleihe ?

München, 22. Dez. Finanzminister Tr. Krautz- neck weilte dieser Tage in der Schweiz, um auf Grund einer Ermächtigung durch den Landtag mit einer aus- tändischen Bankengruppe eine bayerische Anleihe zur Ab­schaffung von Lebensmitteln und Rohstoffen abzu­schließen.

Besprechung der süddeutschen Regierungen übe» das Spcrrgesetz.

Darmstadt, 22. Dez. Wie WTB. berichtet, ist noch für Ende dieses Jahres eine Aussprache der süddeutschen Regierungen geplant, die die Besoldung, sätze ihrer Be­amten nachprüfen wollen, um sie mit dem vom Reichs­tag angenommenen Gesetz zur einh.'itlichen Regelung der Beamtenbesoldungen (Sperrgesch) zwischen dem Reich und den Ländern in Einklang zu bringen.

Ansprüche des Herzogs von Braunschweig.

Braunschwcig, 22. Dez. In der Landesversamm- tung machte das Staatsministerium Mitteilung von den Forderungen, die das Herzogs Haus an den braun­schweigischen Staat gestellt habe. Wie dieBraunschio. N. Nachr." melden, haben diese Forderungen einen Ver­mögenswert von zusammen 250 Millionen Mark. Ta- Herzogshaus macht Rechtsansprüche auf das gesamt» braunschweigische Kammergut (Bergwerke, Forsten und Domänen) geltend. Gefordert werden u. a. 8634 Hektar Staatssorsten, 3412 Hektar Domänen, d. i. der fünfte Teil der gesamten Staatsdomänen, der Ertrag aus den Domänen seit dem 1. Juli 1919, das Schloß Blan­kenburg i. H., das Gestüt von Harzburg, die Bibliothek von Wolfenbüttel, das Landesmuseum in Braunschweig, sämtliches Mobiliar in Schlössern und Hofstaatsgebäuden, und soweit es verkauft wurde, den Gegenwert in Gold­mark. Das Staatsministerium hat die Forderungen ab­gelehnt.

Meuterei im Russenlager.

Hannover. 22. Dez. Wegen der Verhaftung eine- internierten Russen durch die Staatsanwaltschaft mach­ten die Russen im Lager Soltau (Lüneburger Heide) einen Krawall. Zur Unterdrückung der Unruhen wur­den zwei Kompagnien der Schutzpolizei Hannover ab­gesandt.

Die Konferenz in Brüssel.

Brüssel, 22. Dez. Aus den Vorschlägen, die in den Einzelbcricbten der Verbündeten gemacht werden, kan» man unter Vorbehalt mitteilen: 1. das deutsch« Er­suchen, die in Südamerika noch internierten deut-