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klsmmer 280 Fe«u«f IV».
„Die Stunde naht!"
Von Professor Ferd. Dreher.
Die ganze Welt speit seit 1914 Gift uns Galle auf Deutschland, das in ml ge seiner uu ' -- „gz
„alleiniger Kriegsbrandstifter" verleumdet werden konnte und dem man deshalb „zur Sühne" den Schmachsrieden von Versailles aufzwang. Denn der gute Michel hat aus seinen Geheimakten mit Heistern Bemühen alles ihn irgendwie belastende Material selbst hervorgezerrt, unter dem Hohnge'ächter der Ententestaatm. die. nicht im Traum daran denken, auch ihre Karten auszudecken. Dem Michel hat da das eimältig? Herz wieder einen üblen Streich gespielt. Ein Verbrechen an unserem Volk und an seinen toten Helden ist es aber, wenn wir nun aus lauter Zartgefühl gegen unsere seitherigen Feinde verschweigen, was sich bei weiterer Prüfung der Kriegsent- stehungsfraaen zu unseren Gunsten ergibt. Die gesamte deutsche Preise bat die Pflicht, hier nach Kräften mitzuwirken, um den Fluch von unserem 'Volk zu nehmen daß „es allein" den Krieg verschuldet babe. Damit wäre auch dem Schandvertrag von Versailles die H'auptvor- suZsetzung entzogen und seine Abänderung begründet.
„Die Stunde naht!", Mit dieser Ueberzeugnng traten Rußland und seine slawischen Trabanten. Frankreich und England durch das Tor des Jahrs 1914, bis an die Zähne bewaffnet. Am' 10. Januar 1914 mußte der von Deutschland entsandt: Genera! Li man von Sanders seine Stellung als Kommandeur des 1. Türkischen Armeekorps unter dem Druck der Entente aufgeben, und vier Tage später setzte der Generalgouverneur von Paris, General Michel, beim Ausschuß des Pariser Gemeinderats die außergewöhnliche eVrprovian- tieruug der Stadt Paris mit Mehl für den Kriegsfall durch: „Dieses Jahr ist ein außergewöhnliches. Wir wissen nicht, ob wir im Monat März oder April die Mobilmachung haben werden." Aehnliche Anspielungen bedrohlichster Art häufen sich nun besonders in der pan- slawischen Presse, zudem mit den im Februar 1914 beginnenden russischen „Probemobilmachnngen".. Am 7. März erschien ein Alarmartikel in der „Nowoje Wremja": „Die Stunde naht!", und am 28. März 1914 schrieb A. R. Brancaninow, nach seinem Empfang bei Poin- carc und Edward Grey, frohlockend in dem tschechischen Hetzblatt „Nowoje Zveno":
„Europa wird in 6—8 Wochen einem Weltkrieg ent- gcgengehen, und England ist bereit, an der Seite Rußlands und Frankreichs zu kämpfen, für England ein erwünschter Ausweg aus inneren Schwierigkeiten (Irische Frage)."
Auch in Frankreich zeigt das Barometer „Sturm". Voller Sorge weist der belgische Gesandte in Paris'darauf hin, daß man jetzt in der Hälfte der Theater nationalistische und kriegerische Stücke spielt (Bericht nach Brüssel 16. April) und.daß die Franzosen „behaupten, des Siegs gewiß zu sein" (Bericht nach Brüssel 8. Mai). Schweres Unwetter steigt ringS mit das ahnungslose Deutschland auf- 2. Juni betont der russische Botschafter in Lvnton in einem Brief an Kapitän Wockoff, „daß man über die Landung (russischer Truppen) in Pommern und über die zu diesem Zweck erfo.gende Entsendung von englischen Transportschiffen nach der Ostsee noch vor Kriegsbeginn nur mit großer Vorsicht sprechen darf" (Dokument der Sowjet-Regierung!) Acht Tage später schreibt der deutsche Marine-Attache in Tokio: „Ich bin betroffen über die Gewißheit, mit der hier alles den Krieg gegen Deutschland in naher Zeit sür sicher hält." (10? Juni 1914.) Japan war hellhörig. Ebenso der belgische Gesandte in Berlin, der seine Regierung in Brüssel unter dem 12. Juni darauf hinweist, daß Rußland, „ohne von Deutschland bedroht zu werden, seine Rüstungen in beängstigendem Mage vermehrt." Und schon gellt in der „Petersburger Börscnzeitung" vom 13. Juni 1911 der Augrifft- rus des russischen Kciegsministers Suchomli'now: „Rußland ist fertig und erwartet, daß auch Frankreich fertig ist!" 28. Juni erfolgt dann die von Pariser einge- weihten Kreisen lange zuvor „prophezeite" Ermordung des österreichischen Thronfolgers, jedoch in Deutschland denkt kein Mensch an Kriegsmöglichleiten. Der Kaiser tritt seine Nordlandsreise an, Tirpitz und Moltke gehen Ms Urlaub. Ja, das preußische Kriegsministerium ver-
MNäbsiZ, Mittwoch, äen 1. Dezember 1920.
siiar unter dem 9. Ju'i harmlos, daß bis zum 1. April ^ r?05 (fünfzehn!) zu berichten sei, ob eine Verkürzung > der Verprovialttitwungsfristeil der c.sassischen Festungen zulässig wäre. Deutschland führt sogar noch im Juli 1914 erhebliche Mengen Brotgetreide nach Frankreich aus, während der geheime englische Kronral vom 15. Juli 1914 dem Jrenführer Redmvnd die Frage stellt, ob England in dem „notwendigen" Krieg gegen Deutschland unbedingt aus. die Iren rechnen könne. Daunt haben wir auch den Schlüssel sür die zum 19- Juli angeordncte „Probemobilmachung" der gesamten eng!:- scheu Flotte. Bereits am 26. Juli, einen Tag vor der Nückluuft Kaiser Wilhelms HI. aus 'Norwegen, wußte der französische Botschafter Jules Eambou in Berlin: „England marschiert mit uns!"
Tie hier mitgeteiiten Belege dafür, daß Deutschland nicht „allein schuldig" am Kriegsausbruch ist, schwellen von Tag zu Tag an, und zwar sind es ausländische Stimmen, die immer lauter für uns Zeugnis ablegen. Und wir harren, ohne Unterschied der Partei, zuversichtlich der Stunde, wo die Weltgeschichte uns Gerechtigkeit widerfahren läßt!
Die dämmernde Erkenntnis, daß Deutschland nicht der Anstifter des Weltkriegs war, könnte der erste Schritt zu wahrer Völkerversöyuung werden und würde vor allem bei uns den inneren Frieden fördern, die Vorbedingung zum Aufbau!
Der LnsLschiffersatz abgelehnt.
Berlin, 30. Nov.
Der Vorsitzende der deutschen FrieöenZabordnung in Paris hat der Botschafterkonferenz in Paris eine Note übergeben, in der u. a. gesagt ist:
Mit Note vom 16. November hat die verbändlerische Lustfahrkontrollkomruission einen Beschluß der Bot- schafterkonferestz vom 8. November mitgeleilt. wonach die deutsche Regierung für die in den Monaten Juni und Juli 1919 erfolgte Zerstörung von sieben deutschen Marineluftschiffen verantwortlich gemacht wird. Der Beschluß bestimmt, daß die verbändlerische Luftfahrkontrollkommission als Ersah sür zwei der zerstörten Luftschiffe die beiden Zivil lustschiffe „Bodensee" und „Nordstern" zu beschlagnahmen hat. Der Wert der übrigen Luftschiffe soll in Geld oder durch Neubauten ersetzt werden.
Die deutsche Regierung vermag nicht, anzuerkennen, daß ihr aus der Zerstörung der Luftschiffe irgendwelche Ersatzpflicht erwachsen kann.
Aus der Fassung des ersten Protokolls über die Hinterlegung von Ratifikation?: künden zum. Friedensvertrag vom 10. Januar 1920 geht unwiderleglich hervor, daß es sich bei den verlangten Entschädigungen für vermeintliche Verstöße Deutschlands gegen den Waffenstillstandsvertrag (Versenkung der Flotte bei Scapa Flow, Zerstörung einiger Tauchboote, Ausfuhr von Luftschiffmaterial) um eine Art Generalabrechnung handelte, durch die alle derartigen Ansprüche des Verbands erledigt werden sollten. Es ist daher nicht angängig, nachträglich aus Vorgänge zurückzugreifen, die vor die Zeit der Abfassung des genannten Protokolls fallen, umso weniger, als die Vernichtung der 7 Luftschiffe durch die Presse überall bekannt gemacht wurde und auch zur Kenntnis der Ucberwachungskomnnssionen und des Verbands gekommen sein mußte. Die deutsche Regierung bestreitet, daß der Botschafterrat überhaupt die Befugnis habe, die Frage von Ersatzleistungen allein zu entscheiden, oder daß vollends die Ueberwachungskom- missionen, die nur berufen sind, die Ausführung gewisser Vertragsbestimmungen zu beaufsichtigen, das Recht besitzen, selb st Beschlagnahmungen in Deutschland vorzunehmen. Sollten die Verbündeten den deutschen Standpunkt auch jetzt nicht als berechtigt anerkennen, so schlägt die deutsche Regierung vor, die Angelegenheiten der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu unterbreiten.
Neues vom Tage.
Aus Oberschlesien.
Berlin, 30. Nov. Dem „Hamb. Fremdend! ' wird gemeldet, die Oelfabrik in Aeuhaum MberMesten)
Fernruf Lk».
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sei in die Luft gesprengt worden. 40 bis 50 Beamte der Abstimmungspolizei seien ums Leben gekommen. Einzelheiten fehlen noch.
Kattowitz,- 30. Nov. In den letzten Wochen sind viele Soldaten des polnischen Generals Haller mit voller Löhnung nach ihrer oberschlesischen Heimat entlassen worden.
Aus dem besetzten Gebiet.
Paris, 30. Nov. Die Zurückziehung der Schwaben aus dem besetzten Gebiet der Rheinlande ist, wie der „Temps" meldet, mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand der Schwarzen erfolgt. Sie werden in Süd- srankreich Winterquartiere beziehen und im Frühjahr in die Garnisonen in Deutschland zurückkehren. *
Die Kohlenablieserung im Oktober.
Paris, 30. Nov. Die Wiederherstellungskommissio« teilt mit: Die Kohlenlieferungen, die als Wiedergutmachung gelten, betrugen für den Monat Oktober 1920 2186968 Tonnen. Diese werden verteilt wie folgt: 1520 334 an Frankreich, 272 864 an Italien, 265 770 an Belgien, 168000 Tonnen an Luxemburg.
Fortsetzung des Abkommens von Spa.
Paris, 30. Nov. Da das Abkommen von Spa in Bälde- abläuft, haben nach dem „Temps" die Verbündeten beschlossen, daß Deutschland die gleiche Menge Kohlen, wie sie in dem Abkommen festgelegt ist, auch weiterhin zu liefern habe. — Diktat!
Paßverweigerung sür Linkssozialisten.
Bern, 30. Nov. Die französische Regierung vev- weigerte die Pässe für die Abgeordneten des linken Flügels der Sozialisten zur Teilnahme an dem von den deutschen Unabhängigen nach Bern einberufenen internationalen Kongreß.
Oesterreich unter Finanzaussicht.
Wien, 30. Nov. Die Kreditunterstützung Oesterreichs durch den Verband wird nach T.U. die Unterstellung der österreichischen Staats finanzwirtschaft unter die Aufsicht einer Ueberwachungskommission des Verbands zur Folge haben. Die Aussicht soll aus die Gehalts- und Lohnverhältnisse der Beamte und Staatsarbeiter ausgedehnt werden dergestalt, daß bei Verhandlungen übe« Lohnfragen die Verbandskommission das entscheidende Wort zu sprechen hat. Das Privatkapital soll zur Sicherheitsleistung für den Kredit herangezogen werden.
Die Donaukonferenz.
Wien, 30. Nov. Die Tvnaukommission hat unte» dem Vorsitz des englischen Admirals Tvoubridge di« verwaltungstechnischen Beratungen begonnen. Die Do- naukonferenz tagt weiter in Paris. In Wien werden nur die Fragen der Schisfahrtstechnik und der Strom- regulierung entschieden.
„Sehr befriedigt.*
Paris, 30. Nov. Ministerpräsident Loygaes cst gestern nach Paris zurückgekehrt. Nach der Par.pc Pres,« äußerte er sich sehr befriedigt, konnte aber Einzelheiten über die Londoner Verhandlungen nicht mitteilen, da diese noch nicht abgeschlossen seien. Es solle verbucht werden, vor der Volksabstimmung in Griechen- Bad zu einem Kompromiß in der griechischen und de«
. enifrage« zu gelangen. ,
^ Der italienische Minister Graf Sforza hatte gestern eine längere Unterredupg mit Lloyd George uni Lord Curzon ' '
Cirrsomrnettsregckttttg. (
Essen, 30, Nov. Zufolge einem Abkow, :
dem Zechenverband und dem kaufmännischen Angc^ic.car- Verband für-Bergbau wurde das Gehalt der Angestellten von unter 20 Jahren um 50 Mk.. das Gehalt'der Angestellten über 20 Jahre um 75 'Mk. monatlich erhöht. Außerdem wurde die Zulage von 50 auf 100 Mk. fü« je 1 Kind und den Monat erhöht und ein Hausstandä- geld von je 180 Mk. im Monat eingeführt. Internationale Eisenbahnerkonserenz.
London, 30. Nov. Gestern wurde die vom Transportarbeiterverband veranstaltete internationale Eisenb ahnerkonferenz eröffnet. Vertreten waren: Deutschland, Holland, Schw-chcn, Dänemark Frankreich. Luxemburg, Oesterreich, und Bel^