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(Enztalbote)
Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt
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Druck der Buchdruckeret Wildbader Tagblatt; Verlag und Schrtftleitung: Th. Sack in Wildbad
Nummer 270
Fernruf 17S.
Vssilädsä, kreitsg, den 19. November I9A).
Fernruf ILd.
54. ^L»brgan>
Die VerLandsnoLe an Angarn.
Der Verband bat dieser Tage an die ungarische Negierung eine Note gerichtet, in der mit Beziehung auf die Ratifizierung des Friedensvertrags mik scharfer Deutlichkeit ausgesprochen wird, daß Ungarn keine Aussicht gelassen werde, daß die im Friedensvertrag festgelegten Grenzen durch den Verband in irgend einer Weise zugunsten Ungarns verändert werden- 'An dem Friedensvertrag verliert Ungarn bekanntlich den Hauptteil seines ehemaligen Gebiets nach Osten an Serbien und vor allem an Rumäniens Tie Verbandsnote traf in Budapest einige Tage später ein, als der rumänische Minister des Aenßern Take Jonescuin Warschau von der polnischen Regierung eine Absage erhalten hatte auf seine von Frankreich unterstützte Einladung, der sogenannten „kleinen Entente" beizutreten. In holländischen Blättern ist dieser Tage der kleinen Entente nur ein kurzes Leben vrophezeit worden. Tie „kleine Entente", deren Hauptstützen in Prag und Belgrad liegen, beabsichtigte, ihre Politik unabhängig von der' französischen Ostpolitik zu gestalten. Diese französische Ostpolitit suchte einen großen Ostbund der neugeschaffenen Staaten zustande zu bringen und ihn als eine chinesische Mauer gegen Deutschland nach Osten hin aufzurichten. Ter Plan wurde durch die kleine Entente, insbesondere durch die Reise des tschechischen Ministers Benesch durchkreuzt, und nun versuchte Frankreich zuerst Ungarn gegen die kleine Entente auszuspielen. Dabei waren offenbar Ungarn von französischer Seite ganz bestimmte Zusagen in der Gestaltung der ungarischen Grenzen gemacht worden. Diese Zusagen sind durch die Sätze der oben genannten Note zurück- ge nommen. Offenbar in demselben Augenblick, da Frankreich in dem geschmeidigen Herrn Take Jonescu ein geeigneteres und wohl noch gefügigeres Werkzeug f seiner Pläne zu haben glaubte. Jonescu hat denn auch über große politische Erfolge berichtet. So z. B.> daß Griechenland im Begriff stehe, Mitglied der , kleinen Entente zu werden, was nicht zutreffend und § nach dem Ausfall der griechischest Neuwahlen auch nicht wahrscheinlich ist. Jonescu hat, wie erwähnt, weiterhin seine Reise nach Warschau gemacht. Diese Reise nach Warschau war offenbar von Paris aus gewünscht; denn das zu Ungarn neigende Polen sollte einen wesentlichen Teilnehmer in dem Spiel der französischen Orieutpolitik bedeuten. Wenn die Reise des Herrn Jonescu vergeblich gewesen ist, so liegt das wahrhaftig nicht an ihm, sondern anscheinend daran,
Daraus aber dürfte man in Ungarn lernen, was eine französische Zusage wert ist. Tie Haltung Frankreichs in Budapest hatte erst den Gegensatz zwischen Ungarn und Prag-Belgrad, der ja an sich schon stark genug ist, .in die große Politik einbezogen. Dieser Gegensatz war zuerst rein lokaler Natur, zumal man sich auch in Ungarn keineswegs verhehlen konnte, daß der Friede nicht ohne Opfer zustande kommen werde. Ungarn ist gerade durch die Haltung Frankreichs mehr und mehr zum bloßen Objekt in der Politik der Mächte geworden und hat sein Vertrauen noch mit dem Verlust weiterer, nationaler Güter bezahlt, ist also nur in doppelte Abhängigkeit geraten. Auch das steht in der Entente- Note an Ungarn.
früher
jetzt *
./L
60—70 On<l
1,2- 1,4 Will.
ca. 100 000
2 000000 ,
ca. 40 00e>
651930 l
ca. 30 OOO
553 940
ca. 5 000
81710
ca/ 4 000
66 080
man aus polnischer Seite doch ein Haar in der Sache gefunden hat. Tenn diese Politik ist zu weit aus- holcnd, weist Polen zu^em eine zu aktive Rolle zu, als daß man sich in Warschau nicht fragen müsste, ob die Grundlage, auf der sie ruht, auch breit genug ist. In dieselbe Linie der Erfolglosigkeit der Bemühungen Jonescus fällt die jetzt erfolgte Veröffentlichung des Tefensiv- Bündnisses zwischen Belgrad und Prag; denn dieses richtet sich offensichtlich gegen den Versuch, die kleine Entente in das Fahrwasser Frankreichs zu steuern. - Jonescu hat nun weiter behauptet, daß auch Bulgarien bereit sei, in die kleine Entente einzutreten. In Bulgarien setzt man aber auch heute seine Hoffnungen auf Rußland, das man als Befreier empfindet. In diesem Sinn ist der Panslawismus noch lange nicht tot. Freilich ist es ein anderes Rußland als das heutige, das in den Träumen der bulgarischen Patrioten lebendig ist.. An dieses künftige Rußland glaubt man auf dem Balkan. Deshalb ist nicht auzuuehmen, daß Bulgarien in dem Sinn ein Glied der kleinen Entente sein könnte, wie es Take Jonescu und seine Auftraggeber haben möchten. Was heute von der kleinen Entente vorhanden ist, das ist im wesentlichen das Bündnis zwischen deine.ben l mls in Er
scheinung traten, als die Tschechoslowakei noch einen Bestandteil der Donaumonarchie bildete. Wie weit, darüber hinaus etwas zustande kommt, das liegt im wesentlichen in der Gesch.stichkeit Jonescus und seiner Hintermänner. Im Augenblick hat Ungarn darunter zu leiden, daß die französstchen Hoffnungen aus Take Jonescu sich nur in bescheidenem Maße erfüllt haben; denn diese Nichterfüllung büßt es mit der Zurückziehung der französischen Zusage, büßt es mit der jetzigen Ententenote an Ungarn
Der Stand der Brotversorgrmg«
Nach den kürzlich erfolgten Mitteilungen des Reichs* «rnährungsckinisters ist der Bedarf des Reichs an Brok* getreide einschließlich der bereits angekauften 902 OOLk Tonnen Auslandgetreide bis Mitte März gedeckt. Der Bedarf für die -letzten 5 Monate des Wirtschaftsjahr- vom 16. März bis j,5. August 1921 beträgt monatlich 250 000 Tonnen, für die 5 Monate also 1250 000 Donnen. Da die programmäßige Beschaffung von AnS» tandgetreide für das ganz« Wirtschaftsjahr einschließli" deS Streckungsmaises auf 2 V, Millionen Tonnen berechnet st? bemerch 90H 000 Tonnen bereits
mit Devisen (Auslandswechietu) gekauft und bezahlt sind, so hat die Einfnhrgesellschast nach rund 1,6 Millionen Tonnen im Ausland zu kaufen. Davon werden nach Deckung des Bedarfs für die reine Brotversorgung für die Zeit nach dem 31. Dezember noch rund 350 000 Tonnen verfügbar sein. Dazu kommen die Eingänge der inländischen Ernte. Geht man davon aus, daß das Gesamtablieserungssokl in diesdm Jahr höchstens vielleicht 1 Millionen Tonnen Brotgetreide betragen, wird, und nimmt man'ferner nach den Erfahrungen der Vorjahre an, daß dieses Soll bestenfalls zu 80 Prozent erfüllt wird, so würden an inländischen Eingängen für die Zeit nach dem 31. Dezember noch rund 500000^ Tonnen zu erwarten sein. Mit dem Auslandgetreide zusammen wären also noch 850 000 Tonnen Getreide verfügbar, mit denen die Bedürfnisse des Heers, der Nährmittelbetriebe, die Abgabe von Kochmehl und die Lieferung von Streckungsmitteln an die selbstwirtschaftenden Kommunälverbände zu bestreiten sind. Der volle Bedarf für diese Zwecke für die in Frage kommenden 9 Monate beträgt also rund 1,4 Millionen.Tonnen; es fehlen also noch rund 550000 Tonnen- Diese Fehlmenge müßte, wenn sich nicht etwa eine stärkere Mehraulieferung an Jnlandgetreide ergibt,4>urch vermehrte Einfuhr beschafft werden, oder es müßte, wenn dies nicht möglich ist, der Bedarf für die erwähnten Zwecke entsprechend gekürzt, in erster Linie die Ausgabe von Kochmehl wieder aufgehoben werden. -
Ter Aufwand für die bereits gekauften 902000 Tonnen Anslandgetreide stellt sich auf 4000 bis 7000 Mark die Tonne; durchschnittlich wird man 6000 Mark annehmen dürfen, da die , Einkäufe fehlerhafter Weise von d er Einkaufsgesellschast zum Teil erst gemacht wurden, als die deutsche Valuta wieder stark gesunken war. Das , ergäbe bis jetz-v einen Aufwand von über 5,4 Milliarden Mark-. Zurzeit kostet die Tonne Auslandgetreide nach dem gegenwärtigen Kursstand der Mark durchschnittsich 7500 Mark. Wenn die' Valuta sich nicht bessert,' würden also für die noch zu kaufenden 1,6 Millionen Tonnen Auslandgetreide 12 Milliarden Mark aufzuwenden sein. Für diese Käufe ist aber noch keinerlei Deckung vorhanden und sie können erst ausgeführt werden, wenn es gelingt, die nötigen Devisen bereistzustetlen. ! ^ ^
Die Elendswirtfchaft der Eisenbahn.
Tie Prozentsätze in der Steigerung der Kosten für Eisenbahn-Betriebsmateastalien, die durch den Neichsver« kehrsminister gegeben wurden, geben einen Anhaltspunkt, wenn mau die Friedenspreise den heutigen gegenüber- 'stellt. So kostete Z > / /j. I ^ -2. ^
1 Tenderlokvmokive 1 Schnellzuglokomoiive 1 T-Zugwagen 2. Klasse 1 D-Zugwagen 3. Klap'e 1 15-To.-Güterw. bedeckt 1 15-To.-Güterw., offen
Wenn man sich nun vergegenwärtigt, daß zur Aufrechterhaltung des Verkehrs die an die Entente zur Ablieferung gekommenen 800 000 Waggons und 5000 Lokomotiven ersetzt werden müssen, so wird man "bald ein anderes Bild vor Augen haben, wenn man bedenkt, daß hierfür ein Betrag von ca. 87,5 Milliarden Marl erforderlich ist. Diese Kosten werden jedoch noch bei weitem übertroffen ' durch die Wiederherstellung des Eisenbahnkörpers; wurden doch in den Jahren 1914 bis. 1920 die Betriebsmittel ebenso wie der Eiseubahnober- bau überhaupt nicht erneuert! Außer dem rollenden Material kommt auch der Neubau des gesamten Eisenbahnnetzes in einer Gesamtlänge von 40 448 Kilometern in Frage.
Tie Erneuerung des Eisenbahnoberbaues, also der Schienen, Schwellen usw., ist alle 5 Jahre erforderlich. Diese Umbauten sind jetzt durchaus dringend und dafür; ist ein Gesamtbetrag von 20,224 Milliarden Mark erforderlich. Außer diesen besonderen Kosten kommt di» laufende Wiederherstellung der abgenutzten rollenden Be», treibsmittel mit einem ungefähren Betrag von 5,9 Milliarden Mark in Ansatz.
Es bleibt außerordentlich bedauerlich; daß man zur Beschaffung von Kupfer während der letzten beiden Kriegsjahre die unentbehrlichen kupfernen Feuerbüchsen unh Achsenlager der Lokomotiven in Anspruch genommen hah^ ebenso wie die Küchen in den bürgerlichen Haushaltungen bei der Metallbeschlagnahme ausgeräumt wurden^ während entbehrliches Kupfer und Dressing in öffentlichem Besitz unangetastet blieb und vielfach auch durch ein«! rätselhafte Verkettung von Umständen den Weg zu der Stelle zurückfand, von wo es entnommen war. Bezeichn «end für die Mißwirtschaft bleibt es, daß das bei End» des Kriegs noch vorhandene enteignete Material an! Neuerbüchsen und Achsschalen nicht etwa der Eisenbahn-! Verwaltung in unversehrtem Zustand zurückgegeben war»! tzen ist, sondern daß es meistbietend an .Händler ver*, schleudert und au die Industrie verkauft wurde, von dev es die Eiseubahuverwaltuug'Tmuu zu in..-., n.m Nie/' sen zurückkaufen mußte.
Neu,es vom Tage.
Aufhebung der Wirts iastlicheu Teinobilrnatt m:g.
Berlin, 17. Nov. Der Hauptausschuß des Reichstags nahm einen von allen bürgerlichen ^Parteien unterstützten Antrag an, wonach die Verordnungen des Bundcsrats über die wirtschaftliche Demobilmachung vom November 1918 aufgehoben werden sollen, ferner eine Entschließung, wonach für-die Kö- uigsberger Ost messe ein einmaliger Beiirag von 7ps Millionen Mark im Ergäiizuugsetat eiuzuseeeu sek unter der Vorausse"-uug, daß sich Preußen mi! einem angemessenen Betrag beieilig'.
Das Bankhaus Cruser.
Berlin, 18. Növ. Wie die „Voss. Ztg." erfährt, heißt das Bankbaus, da? die Kavitr'versebiebuupeu für seine Kunden ins Ausland vorgenommeu hat, Cruser, Philipp Sohn u. Co. Angeblich sollen etwa 400 Millionen Mark verschoben worden sein. Die in Betracht kommende Kundenliste ist noch nicht abg schlossen, es sollen' aber darunter auch fürstliche Vertonen und Angehörige der früheren Kaiserfamilie sich beünden.
Unterdrückung des Deutschtums.
Danzig, 18. Nov. Nach Meldungen aus Bromberg ist in den abgetretenen früher deutschen Gebieten die polnische Sprache zur allgemeinen Amtssprache der höheren Verwaltungen und Behörden erklärt worden- Die Biehablieserung.
Paris, 18. Nov. Die Verhandlungen der deutschen Sachverständigen mit- der Wiederberstecki^gskommissisu über die Viehablicferung haben nach mehrtägiger Dauer noch zu keiner Einigung geführt.