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(Enztalbote)
Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt
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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleituug: Th. Sack in Wildbab.
Nummer 269
Fernruf 179.
men, worin die sogleich für den Ist er aber für wird
Miläbsä, Donnerstag, äen 18. November 1920.
Feimruf 152.
54. Iskrgans
ZurSoz a isierungdes Berghams
'Wenn das Verlangen nach neuen Lebens- und Arbeitsformen allgemein geworden ist, so soll der Staat „die ^Klinke der Gesetzgebung" in die Hand nehmen und die Türe weit aufmachen. Das war Bismarcks' Ansicht. Die Tinge im Fluß zu halten: alle beteiligten Kreise an der Mitarbeit zu intersisieren, die gemeinsame Arbeit vor unfruchtbarem Gezänk zu bewahren und immer wieder auf praktisch durchführbare Ergebnisse hinzulenken, das zurzeit Mögliche nicht von dem in ferner Zukunft einmal Wünsch m'werten abwürqen zu lassen: das sollen in solchen Fällen die Aufgaben der Regierenden in Staat und Partm sein. Eine Frage, wofür unbedingt eine praktische Lö'nng aefunden werden muß, ist das, was mit einem Modischst:gwort als die „Sozialisierung des Koblenbergbans" bezeichnet wird. Gelingt uns eine schiedlich-friedlickie Lötung d'estr Frage nicht, gelingt sie nicht bald, dann wird der begehrliche französische Kapitalismus versuchen, den Knoten mit dem Schwert des Marschalls Foch durchzubauen. Es scheint nun aber, daß die Sitzung des Ausschusses de?. Reicks- wirtschastsrats vom 10. November uns der Lö'ung der wichtigen Frage erheblich näher gebracht hat. Die bisher vorliegenden zw'ei Vorschläge der sofortigen radikalen Sozialisiermna und der allmählichen Ablösung des Berg-- bans in 30 Jahren können wohl als abgetan gelten. Dagegen wurden in der Sitzung voin 10. November drei neue Vorschläge eingebracht, die erwogen werden müssen, und es war zum mindesten voreilig, 'wenn der Vorstand des Bergarbeitsrverbands in Bochum sich dazrr»ohne weitere- ablehnend verhielt, er hätte wenigstens die Erörterung der verschiedenen Vorschläge vor dem Wirtschafts-Parlament abwarten sollen. Um so, mehr, da sich gerade für den Vorschlag Silverberg-Stinnes, den der Bochumer Beschluß verwirft, doch auch die Mehrheit der Arbeitervertreter im Unterausschuß des Wirtschaftsrats eingesetzt hat. Theoretisch brächte man vielleicht dem Vorschlag Beckmann den Vorzug geben, als dem für die Staatswirtschaft vorteilhaftesten. Danach soll, ganz kurz gefaßte der Staat die Eigentumsrechte am Grund und Boden der Kohlenreviere abwscn — durch verzinsliche Schuldverschreibungen — und die Bergwerke den bisherigen Eigentümern verpachten. Neue Kohlur- felder sollen meistbietend vergeben werden, und die' Arbeiter sollen sich in der'Form von Genossenschaften an der Verpachtung beteiligen können. Der Vorschlag ist .einfach und einleuchtend, setzt aber einen starken Staat voraus, wie er uns nun abhanden gekommen ist. Sozialisierung wurde in der Revolution kurzweg als Besitzergreifung verstanden, und wenn da auch ohne Zweifel eine allgemeine Ernüchterung eingetr'ten ist, so bleibt es doch fraglich, ob die Arbeiter sich mit einer Umformung zufrieden geben werden, die ihnen nur die Möglichkeit genossenschaftlicher Pacht neu zu erschließender Felder bietet. Die Eigentümer aber werden natürlich nicht m't Freuden dreinwilligm, in Tomän.-np icht r um ewandelt zu werden. Und ob der gegenwärtige Staat imstande wäre, die Reform gegen den vereinigten Widerstand vm Arbeitern und Eigentümern durchzudrücken, ist do'"' w hl' mehr als nur unwahrscheinlich.
Auch der Arbeiter, der zwischen dem Vorsblag B ck- mann und dem Vorschlag Stinnes zu wich en h:t, wird sich in seinem Herzen vermutlich ohne Besinnen für den Vorschlag Stinnes entscheiden.. Tenn der bietet ihm unmittelbaren Anteil am Grubeneigentum in Form von Kleinaktien, und Sitz und Stimme im Aufsichtsrat. Der Vorschlag Stinnes hat zwei Angelpunkte. Ist die Schaffung von K.einaktien der eine, so ist die Verbindung des Kohlenbergbaus mit kohlenverbrauchenden Industrien zu kraft- und geldsparenden G e mei n w i r ts ch a fte n der andere. Ter Gedanke von Wissells Planwirtschaft lebt hier wieder auf, nur gespannt in einen engeren Rah- Durchführung leichter sein wird, als Umfang des gesamten Staatsb.triebs. die Kohlengemeinwirtschait erst durch- er an ihren Grenzen nicht haltmachen. Es heißt doch etwas, daß sich für den Vorschlag Stinnes nicht nur die drei Arbeitgeber des Unterausschusses erklärt haben, sondern von den drei Arbeitnehmern zweie.' Eine entscheidende Frage bei der Gemeinwirtschaft wird auch die sein, wie das Interesse des Staats, mit seinem überwiegenoen Kohlenverbrauch für die Reichseisenbah- »en. darin ..verankert" wu.ü..
Der dritte Arbeitnehmer im uiuerausia-Mü hat einen eigenen Vorschlag ausgearbeitet. Dieser, Vorschlag Werner begegnet sich in seinen allgemeinen Gedanken- gängcn vielfach mit dem Vorschlag Stinnes, fordert aber die sofortige „Vollsozialisierung". Zugunsten einer dureaukratischen Zentralleitung — die der Vorsch'ag Stinnes ebenso vermeidet wie der Vorschlag Beckmann —- tritt hier der Gedanke organischer Gemeinwirtschaft zwischen der Kohle und den kohieverbranchenden Endindustrien bedenklich zurück. Damit, daß der 'Vorschlag erklärt, jede.Burcaukratisicrung und hindernde Ueberord- uung sei auszuschalten, ist das leider noch nicht verbürgt. Auf ihren Gründungspapiercn wollten unsere Kriegsgesellschaften auch nicht bureaukratisch sein, in der Pr xis entarteten sie aber unheimlich rasch. Und die Frage ist: )b wir in der herrschenden tlebergangszeit, das Risiko gerade Lei der Kohle laufen dürfen. Ausfallend ist doch, saß hier selbst dem sozialdemokratischen „Vorwärts" in letzter Zeit schwere Bedenken gekommen zu fein scheinen. Er veröffentlichte in seiner Sonntagsnummer vom 31. Oktober einen Leitartikel „Entschcidungskampf", der dies« Bedenken durchsichtig verschleiert zum Ausdruck brachte. Tr bedauert, daß es selbst in dieser grundlegenden Frag« üine einheitliche Arbeiterfront gebe, und daß Täumm - Reichstag erklärt habe, aus der Sozialisierung mack-- sie — die M.Emmter —. sich überhaupt nichts.
Ter „Vorwärts" führte dann weiter aus, eine Niederlage )es Sozialismus in Deutschland bedeute seine Niederlage in der ganzen Welt. Er ermahnte die Arbeiter, sich ihrer VerantworAmg bewußt zu fein und stellte die Forderung auf: die Sozialisierung der Kohle dürfe nicHt irbeitern. Das macht sich auf dem Papier soweit ganz schön, der unbefangene- Leser erkennt aber daraus: in tzer Redaktion des „.Vorwärts" gcht bereits das Ge- svenst des Scheiterns der Kohlen-Vollwzialisierung um. Da darf die Sozialdemokratie anderen Kreisen auch nicht verübeln, wenn sie vor dem Sprung ins Dunkle stutzig werden.
Aus den gleichen Gründen, wie den theoretisch empfehlenswerten Vorschlag Beckmann, möchte man also den theoretisch radikalsten Vorschlag Werner hinter den praktisch gangbarsten Weg des Vorschlags Stinnes znrückgestellt sehen. Damit ist selbstverständlich' nicht gesagt, daß dieser Vorschlag nun unbesehen angenommen werden Müßte. An ihm wird im einzelnen noch' manches zu vertiefen und zu festigen fein, und kann dabei eine Angleichnng an andere vertretbare Forderungen erfolgen — um so besser! Nur Ablehnungen in Bausch und Bogen — sofern sie von ernst zu nehmenden Körperschaften kommen, sind in diesem Stadium der Frage vom Uebel. Das Ziel muß doch' fein, eine Lötung zu finden, die uns in absehbarer Zeit mehr Kohle und billigere Kohle verschafft, die zugleich aber in der Arbeiterschaft die Ueberzeugung weckt, daß dadurch die Sache der deutschen Kohle auch ihre Sache geworden ist. Der deutschen Arbeiterschaft nicht nur, sondern der Arbeiterschaft der ganzen Welt. Darin würde der beste Schutz-gegen Raubgelüste des französischen Kapitalismus lim-n.
Die Lleberwindung der Alb durch den Kanal«
Tic Fortführung des Rhein-Neckarkanals im Filstal von Geislingen' a. St. ab bis Zur Donau bei N l m begegnet . der Schwierigkeit, daß die Alb vorgelagert ist und einen mächtigen Wall der Führung der Wasserstraße entgegenstetlt. Das Hindernis ist natürlich keineswegs unüberwindlich, die Frage ist nur, wie die Alb zu bezwingen sei. Vielfach wurde daran gedacht, durch das Bergmassiv einen Tunnel zu stoßen, der oberhalb tllm in das Donau- bzw. Blautal mündet. Und der Plan hat jetzt noch viele Anhänger. Ter Tunnel, der an sich Wohl ausführbar und auch! sonst schon angewendet worden ist, hat den Vorzug, daß er den Wasserweg nicht unwesentlich verkürzt und eine gerade Linie ermöglicht. Andererseits sind aber die ent- gegcnstehenden Bedenken doch so gewichtig, daß de, Tunnel praktisch nicht mehr in Frage kommen kann. Baurat Tr. Bö hmler-Mannheim gibt darüber einen interessanten Aufschluß, im Novemberhest der Vereinsmitteilungen des Südwestdeutschen KanalvercmS. Wir entnehmen dem Aufsatz folgendes:
Ter Tunnel nncer oer ruo ymourw würde von Geis- .ingen a. St. auszugehen haben und bei Ulm in die Lonau münden: seine Länge betrüge bei knappester Be-. Messung 241/z Kilometer. Das Ausbruchprofil des einschiffigen Tunnels ist bedeutend größer, als dasjenige eines zweiteiligen Eisenbalmtunnels. Ein zweischiffiger Tunnel kommt wegen seiner hohen Kosten überhaupt nicht in Betracht. Ein einschiffiger Tunnel, der 5 Millionen Tonnen Verkehr bewältigen soll, benötigt vier Ausweichstellen von je ungefähr 1200 Meter Länge, an welchen Längen das Tunnelprosil mindestens zwei- schifsig, wenn nicht noch breiter ausgebildet werden mußi. Ein solcher Tunnel kostet (nach den neuesten Erfahr rungen der Mannheimer Firma Grünu. Bilfinger A-G.i bei einen: Moseltunnel) einschließlich der Kosten für die Ausweichstellen, und einschließlich der 4 senkrecht ab-« geteuften Förderschächte, die zur Jmmgrissnahme des Stollenbaus 140 Meter tief, gleichzeitig an 4 Zwischenstellen notwendig sind, bei heutigem Preist 108 000 Mk. für den laufenden Meter, bei 24,5 Kilometer Länge also 2650 Millionen Mark. Rechnet man 6 Jahre Bauzeit, so kommen bei 5 Prozent Bauzinsen 480 Millionen Mark hinzu, so daß sich Gesamtbankosten von 3050 Millionen Mark ergeben. Tie Kosten eines offenen' Kanals über die Alb hinweg, einschließlich etwaiger Tauchschleustn oder Hebewerke, betragen dagegen Kn heutigen Preisen 820 Millionen Mark, wozu bei nur vierjähriger Bauzeit 80 Millionen Mk. an Bauzinsen hinzukommen und 900 Millionen Mk. Gesamtbaukosten entstehen. Der Tunnel ist also bei den heutigen Preisen 2,12 Milliarden teurer als die offen« Kanalstrecke, für deren Anlagelosten eine Verzinsung und Tilgung nur bei stärkstem Schiffsverkehr erzielt werden dürfte. Diese Milliarden müßten daher als verlorene Baukosten, ohne Aussicht auf Verzinsung und Tilgung aufgebracht werden. Ter Albtunnel kann niemals ausgeführt werden.
Neues vom Tage.
Das Gesetz über die Selbständigkeit LberschlesienS
Berlin, 17. Nov. Ter Gesetzentwurf betreffend die Bildung eines Landes Oberschlesien bestimmst daß innerhalb zweier Monate nach Uebernahme der Verwaltung durch die deutschen Behörden eine Volksabstimmung darüber stattfinden soll, ob ein Land Oberschlesien gebildet werden soll. Ties ist im Fall der Bejahung unverzüglich zu bilden. Zunächst ist eine oberschlesische Landesversammlnng zu bilden.
Hue in London.
Berlin, 17. Nov. ' Der Abgeordnete Hne ist als Vertreter des deutschen Gewerkschaftsbunds gestern zum internationalen Gewerkschaftskongreß nach London abgereist.
Ministerielle Erklärungen in München.
München, 17. Nov. Im Landtag erklärte gestern Ministerpräsident v. Kahr, de Uebertreibnng des Einheitsgedankens im Reich wirkte eher zerstörend, wäh>- rend ein gesunder Föderalismus erhaltend wirke. Die bayerische Regierung sei 'nicht daran schuld, daß man bei der Schaffung der Reichsverfasiung in Weimar diese Streitfrage in den brodelnden Hexenkessel geworfen habe. Zurzeit fei der Staat noch nicht so gefestigt, daß man an die Auflösung und Entwaffnung der Einwohnerwehr denken könne. Die Einwohnerwehr verstoße auch nicht gegen den Friedensvertrag. Sie erhalte einen Zuschuß von 15 Millionen Mark, während eine entsprechende Polizei etwa das Zehnfache kosten würde. Die Ausstreuungen vom Rechtsputschen seien Hirngespinste. Fi- nanzmünster Krausneck führte aus, Deutschland werde demnächst eine Schuldenlast von 320 Milliarden haben. Wie könne es die noch von Frankreich verlangten Riesensummen bezahlen? Im ganzen Reich müsse einmütig die Abänderung des Friedensvertrags verlangt werden. Der Staatskredit werde namentlich durch die vielen Börsenspekulationen und das ewige Geschrei vom Staatsbankrott geschädigt.
Das Handelsministerium hat im Landtag eine Forderung für Errichtung einer selbständigen bayerischen Post; und Eelegraphenberichtstelle zur Vertretung Bayerns im Reichsrat eingebracht.
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