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(Enztalbote)

Amtsblatt für Wildbad. Chronik und AnzMenblatt

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftloitnng: Th. Sack in Mildbad.

Hummer

Fernruf

Miläbsä, 5am5lsg, den 6. November 1920.

Fernruf 17S.

54. Isbrgöng

Nick t ftilleftehn.

Freund, so du etwas bist, so bieib doch ja uicht stehn; Man muß aus eines Licht fort in das andre 'gehn. Angelus Sitesiiis. (Joh. Scheffler) 16241677.

Nach mehrtägiger Unterbrechung hat am Donnerstag der Reichstag die Ansspr n ch e ii l>erdenReichs- haushalt wieder aufgcllommen. und die Sitzungen wer­den wohl etwas belebter werden, als die ersten Tage waren, die noch unter dem niederdrückenden Einfluß der Borträge des Reichskanzlers von dem ein Schweizer Blatt, nebenbei bemerkt, behauptete, daß er «mts müde sei und des Reichsfinanzministers stan­den. Inzwischen hat nämlich der Ausschuß sich an die Turcharbeit des Haushaltplans gemacht und man­che Rosine aus dem Kuchen herausgezogen. So wurde derFall Hermes" ausführlich behandelt. Dem Reichsernährnngsminister wird so manches zur Last ge­legt, wofür er was kann und wofür er nichts kann. Daß er persönlich ein Ehrenmann ist, wurde allseitig anerkannt, und daß er von seinem Fach als praktischer Landwirt etwas versteht, was man ja nicht von allen Millistern behaupten kann, das ist von den Fachleuten in der Kommission rückhaltlos ausgesprochen worden. Wenn er aber trotz der Verarmung des Reichs und trotz der täglichen programmatischen MahnungSeid sparsam!" sich ein Tienstauto auf Reichskosten um 280 000 Mk. zugelegt hat, so ist das, gelinde gesagt, unbegreiflich. Der Äbg. Tr. Helfferich machte darauf aufmerksam, daß vor dem Krieg der Reichskanzler nur einen Zwei­spänner, der Minister des Auswärtigen, mit seinen vie­len Staatsbesuchen, einen Einspänner hatte; alle an­deren Minister gingen zu Fuß oder bezahlten gelegent­liche Fahrten aus eigener Tasche. Jetzt hat jedes Mi­nisterium mindestens ein Auto und braucht nach dem Haushaltplan an jährlichen Unterhaltungskosten' 80 bis 90 000 Mark. Der Ernährungsminister wurde auch für einen Bestechungsversuch an einem seiner Beam­ten, dem lieben Augustin, verantwortlich gemacht. Aber sehr zu unrecht. Von dem Fall hatte er lange keine Kenntnis, und als er davon erfuhr, hat er den Beam­ten entlassen. Weit bedenklicher ist, daß ein an lei­tender Stelle stehender Direktor einer Kriegsgesellschaft, an der das Reich und Preußen stark beteiligt find, der Ackerbaugesellschaft, den Bestechungsversuch un­ternehmen konnte. Das geht doch über das Bohnen­lied. Auch dieser Beamte, Ramm geheißen, hat feine bürokratische Zeitlichkeit segnen müssen, er ist kurzer­hand kaltgestellt worden. DerFall Hermes" wird jetzt Wohl zur Ruhe kommen. Weiter wurde im Ausschuß -ur Sprache gebracht die käufliche Erwerbung der Kas­seler Schloßmöbel durch den dortigen Oberbürger­meister Abg. Scheide mann, die Nachprüfungen der Steuererklärungen des Abg. Erzberg er, de­ren Ergebnis, wie der Reichssiuanzminister Dr. Wirth mitteilte, veröffentlicht werden soll. Besonderes Interesse fanden die zum Teil vertraulichen Mitteilungen des Reichsschatzministers von Raumer über die Besat- znngsk osten im Rheinland. Das ist ein Ka­pitel,' über dem noch immer ein Dunkel gebreitet ist. Lange wußte man überhaupt nicht, woran man war, und die Regierung rückte mit den Zahlen nicht heraus. Erst durch den Haushaltsplan erfuhr man zum allgemeinen Erstaunen, daß das ausgesogene Deutschland für die Fe­rienkolonien der feindlichen Soldateska im Jahr 1920 nicht weniger als 15 Milliarden Mark aufzubringen habe. Und darüber ist kaum eine Woche hingegangen,^ da macht der Rcichsschatzminister dem Reichstagsausfchuß die ver­blüffende Eröffnung, daß diese Summe noch gar nicht hinreiche; er bezifferte die Kosten auf 15724000000 Mark. Daneben muß ein merkwürdiges und noch nicht recht aufgeklärtes Mißverständnis über die Angaben des Ministers unterlaufen sein, die trotz ihrer Vertraulichkeit alsbald den Weg in die Zeitungen fanden. Nach diesem Bericht berief sich der Abg. Helfferich auf eine Mit­teilung des Ministers, daß die 17 000 amerikanischen Soldaten tägliche Kosten von 1220000 Dollar oder 90 Millionen Papiermark verursachen, im Jahr also 32 Milliarden, Das sind, wie Helfferich sagte, keine fi­nanziellen Zahlen mehr, sondern schon mehr astrono­

mische. Allgemeine Zustimmung, vermerkt dabei der Bericht.' Die übrigen Ausschußmitglieder mußten also sie Aeußerung des Ministers ebenso gehört haben wie Helfferich. Halbamtlich wurde aber der^ Zeitungsbericht als unzutreffend bezeichnet; die genannte Höhe der Ko­sten fei eine Unmöglichkeit. Hat nun dar Minister sich in feiner Angabe geirrt oder hat er sichversprochen"? Dann müßte er doch sofort durch die Worte Helfferichs darauf aufmerksam geworden sein und er hätte sich kor­rigiert, wovon in dem Bericht nichts gesagt ist, so wich­tig und ausschlaggebend das gewesen wäre. Die- Zahlen sind allerdings so ungeheuerlich, daß es kaum möglich ist> einen Irrtum nicht anzunehmen. Andererseits find wir in Punkto Besatzungskosten gewohnt, daß die Ziffern in unglaublichster Weise hinauskorrigiert werden. Zuerst sprach man von 2Vs bis 3 Milliarden, dann wurden's 4 bis 5, der Haushaltplan nennt 15 und inzwischen sind schon wieder Dreiviertetmilliardcn dazu gekommen. Nichts scheint also so sehr im Fluß zu sein wie düse Ausgaben.

Daß es den feindlichen Faulenzern auf deutschem Boden so gut gefüllt und daß ihrer immer mehr aus dem schönen Frankreich herüberkommen, >st kein Wun­der, wenn es ihnen so gut geht. Sie haben auf un­sere Kosten einTischlein deck dich", wie es auf der Welt sonst keines gibt und nie gegeben hat. Ihre An­sprüche. wachsen aber fort und fort. So verlangten die Franzosen in Ludwigs Hafen a Rh. eine neue Kaserne. 8 ftz Millionen Mark sollte sie kosten; aber nichts war fein und nobel genug, sie kommt jetzt auf 42 Millionen zu stehen. Dabei muß man die Schweineställe gesehen haben, die man in Frankreich Keserncn nennt. Ta sollten Regierung und Volk in Deutschland endlich einmal ganz energisch Front machen und sagen:Jetzt hat es ein'Ende!" Und hiuausschreien soll maus in die Welt, uicht vertuschen, was uns die sauberen Gäste vom Senegal, von den Riffen Ma­rokkos usw. kosten. Das würde nützlicher und wichtiger sein, als der Streit um Orgesch und Einwohner­wehr, von dem man wieder so viel Aufhebens macht und der zu einer recht bedenklichen Spannung zwischen der derzeitigen Regierung in P rLu ß e u und Bayern ge­führt hat. Ter Minister Severing in Preußen hat sich vom Justizminister ein GutM, ten erbeten, um eine gesetzliche Grundlage zur Auflösung derOr g e s ch" zu erhalten, die auch in ganz Preußen stark verbreitet ist. Die Orgesch (Organisation Escherich) ist nämlich jetzt ein Verein ohne jede militärische Grundlage, ohne Waffen und dergleichen, und sie hat sich die. Ausgabe ge­setzt, für die Ordnung und die Sicherheit der Staats­bürger einzutreten. Das Gutachten ist nun aber nicht nach dem Wunsch Severings ausgefallen. Die Orgesch, so lautete es, zu verbieten, gehe nach den Gesetzen nicht an, da die Verfassung allen Deutschen die Freiheit vcübürge, sich in Vereinen zusammenzuschließen, die nicht gegen die Gesetze verstoßen. Für die Ordnung und die Sicherheit der Bürger einzutreten, könne aber nicht als etwas Unerlaubtes betrachtet werden.' Obgleich somit der rechtliche Grund zum Einschreiten gegen die Orgesch fehlte, verfügte Severing nochmals die Auslösung der Vereine in Preußen er hatteZchon vor einiger Zeit einmal ein Verbot erlassenaus politischen Grünheu!" Das wurde nun aber in Bayern, wo die Orgesch entstanden ist, und wo sie ausdrücklich von der Regierung anerkannt und gefördert wird, fast wie eine Kampfansage ausgenommen, umso mehr als man in Bayern vielfach glaubt, die neuerliche Forderung der feindlichen Ueberwachungslommission in Berlin, daß die Einwohnerwehr in Bayern ihre Waffen wie die übrcgen Einwohnerwehren im Reich auf 1. Oktober hätten ab- liefern sollen, während Bayern zuerst ausnahmsweise eine Fristverlängerung bis 10. März 1921 bewilligt war, fei nur auf eine Einbläserei in Berlin zurück­zuführen. In einer entschiedenen Note erklärte die baye­rische Regierung der Reichsrcgierung, sie werde unter Berufung auf das erste Abkommen die Einwohnerwehr nicht auflösen und die Orgesch werde anerkannt bleiben- Ta ist die Reichsrcgierung nun in einer nicht geringen Verlegenheit; auf der einen Seite der Befehl ds fran­zösischen Generals Rollet, auf der anderen Seite die Weigerung des zweitgrößten, Bundesstaats, sich 'dem Ansinnen zu unterwerfen. Wie man aus der fatalen Lage heranskommt, darüber sinnt man in Berlin hin uind her, leicht wird der Weg nicht zu finden sein. Das kommt aber davon, daß man in Deutschland

immer nochj nicht eiusehen gelernt hat, daß innere Streitereien uns nur immer neue Schädigungen und Demütigungen bringen, und daß mau es noch nicht über sich bringt, Parteimeiuuugeu dem Wohl des Ganzen unterzuordnen. Gerade die preußische Regierung hätte es am wenigsten nötig, die Börsten herauskehren, denn das preußische Staatsgefüge kracht zur höllischen Freude der Franzosen, Tschechen und Polen in allen Ritzen Oberschlesien und vielleicht dann auch das übrige Schlesien löst sich aus dem preußischen Staatsver- baud los und wird selbständiger Bundesstaat. Die Reichsregierung hat einen diesbezüglichen Gesetzentwurf schon ausgearbeitet und die preußische Regierung' hat bereits zugestimmt. Tie Rheinprovinz ist auf dem Weg, sich loszmnachen, auch Schleswig-Holstein hat sich schon gemeldet, ebenso natürlich Hannover. Nun haben aber auch die Helgoländer, die so reichs­treu geworden waren, erklärt, sie wollen nicht mehr bei Preußen bleiben, sondern unter die englische Staats­hoheit zurückkehreu. Was ist dann noch Preußen!

Man sieht beinahe, wie die Poincare, Mitleraud und Fach sich die Hönde reiben vor Vergnügen, daß die unbelehrbaren Deutschen ihnen so in die Hände ar­beiten und ihren schlimmen Absichten den Weg bahnen. Mitleraud hätte mit Lloyd George uicht so leichtes Spiel gehabt und immer wieder seinen Starr­kopf zu Deutschlands Ausräubung dnrchgefetzt, w.'nn"Llo,'d George an dem einmütigen und entschlossenen Witten Deutschlands selbst eine wirksamere Handhabe gegen den französischen Uebermnt gehabt hätte. Tie Stimmung der Engländer gegen denverbündeten Freund" ist ja nachgerade fast zur Feindseligkeit umgeschlagen. Der offene Brief des englischen Herausgebers derDaily News", Gardiner, an den Herrn Poincare spricht in dieser Beziehung eine beredte Sprache.

Aber freilich, wenn den Deutschen selbst ihre lebens­wichtigsten Fragen nicht so dringlich sind, daß sie wie ein Mann gegen die tolle Vernichtungswut ihres Feindes znsammenstehcn, was sollön da andere sich für uns ereifern! TieWiederh er st el lun g s ko nfe- renz" wird dasselbe werden, was die Konferenz von Spa war, so Hot Millerand verkünden lassen. Tie Reichsrcgierung hat erklärt, sie werde die Einladung nicht annehmen, wenn die deutschen Vertreter nicht voll­berechtigt seien, denn dann kommt es ja doch auf das ' gleiche heraus, ob sie ans.der Konferenz find oder nicht, diktiert wird ja doch,' nur können die wahnsinnig hohen Reisekosten gespart werden. Bleibt die Regie­rung fest, dann kann sie abgesehen von Frankreich in den Augen der anderen Verbündeten nur gewinnen. Dies gilt-besonders von Amerika.

Aber gerade von Amerika und nur von dort könnte uns Hilfe kommen, und sie würde kommen, wie der amerikanische Vertreter auf der Finanzkonferenz deS Völkerbunds in Brüssel rund heraus gesagt hat. Tie Gelegenheit wäre günstig. Ter Hanswurstpolitik Wilsons wurde durch die Wahlen am 2. No­vember vom amerikanischen Volk das Todesurteil gesprochen, das Verhältnis zwischen Deutschland und.Ame­rika kann also nicht schlimmer, sondern nur besser wer­den, nstmn chir nämlich klug das unsere dazu bei­tragen und uns bei den Amerikanern wieder in Respekt setzen. Das amerikanische Mitleid nützt uns nicht viel, die Erfahrung haben wir in Brüssel gemacht; aber die Acht u n g drüben könnte uns ein starker Bun­desgenosse werden bei einem Volk, dessen WahlsPruchi heißt: ,,Hilf dir selbst, so hilft dir Gott".

Neues vom Luge.

Der Reichskanzler -leibt.

Frcibnrg i. B., 5. Nov. TieFreiburger Tagespost" bringt von ihrem Berliner Vertreter folgende Mittei­lung: Von Basel aus sind Gerüchte verbreitet, wonach der Reichskanzler Fehrenbach Rücktrittsabsichten habe. Wie mir von dem Herrn Reichskanzler selbst mitgeteilt wird, hat er niemand gegenüber eine solche Aeußerung getan. Es liegt auch keine Veranlas­sung dafür vor.

Hnndgebung gegen die Besetzung des Rnhrgebicis

Berlin, 5. Nov. Die im Ausschuß des Allgemeinen Gewerkschaftsbunds versammelten Gewerkschastsvorstände