Abstimmung in Kärnten. Mit Zweidrittelmehrheit haben die Kärntner sich zum Deutschtum und zu Deutsch-Oesterreich und dsamit zum Anschluß an das Deutsche Reich bekannt. Mag ihnen dieser vorerst noch durch fremde Willkür, die auch! ihr eigenes Blend-- wort von der Volksabstimmung ganz nach ihrem Gefallen behandelt, verwehrt werden, der Gedanken und der Wille wird erstarken, je größer die Not wird. Und auch die französischen Bäume toerden nicht in den Himmel wachsen.
Neues vom Tage.
Die Danziger Frage.
Paris, 15. Okt. Ter Danziger Oberbürgermeister Sahm hat beim Botschafterrat den Wunsch vorgebracht, daß Danzig ein unabhängiger Freistaat werden solle; die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten und die Ueberwachung des Hafens und seiner Zugänge solle nicht Polen, sonder einer anderen Macht, etwa Deutschland übertragen werden. Ter Botschafterrat lehnt die Vorschläge Sahms ab, da sie mit dem Vertrag von Versailles nicht vereinbar feien.
Die Abstimmung in Kärnten.
Klagensnrt, 15. Okt. Die südslawische Regierung hat gegen das Ergebnis der Abstimmung beim Verband Widerspruch erhoben. In das Abstimmungsgebiet sind — angeblich nicht „reguläre" — südslawische Bataillone eingerückt. Wie verlautet, hat die Verbandskommission die südslawischen Behörden aufgefordert, die Verwaltung am 16. Oktober an Deutsch-Oesterreich abzugeben. Nach einer anderen Meldung will die Berbands- kommission die Verwaltung vorläufig selbst übernehmen.
Tie Regierung hat von dem Einmarsch jugoslawischer Bataillone in das Kärntener Abstimmungsgebiet der Botschafterkonferenz Mitteilung gemacht und die österreichische Gesandtschaft in Belgrad beauftragt, bei der jugoslawischen Regierung Einspruch zu erheben.
Die ungarische Königsfrage.
Budapest, 15. Okt. In der Nationalversammlung erklärte Ministerpräsident Graf Teleki auf eine Anfrage, die Regierung vertrete einmütig die Ansicht, daß die Königsfrage nur auf gesetzlichem Weg gelöst werden könne. Allein die Lage sei hierzu noch nicht reif. Ueberdies müßten zuvor noch gewisse Verfassungsfragen geregelt werden.
Millerand hat gesiegt?
Paris, 15. Okt. „Journal des Debats" erfährt, Frankreich habe der Abhaltung der Genfer Konferenz zugestimmt, doch sollen von der Sachverständigen-Kon- ferenz, von der. die Kriegsentschädigung zu regeln fei, die Deutschen ausgeschlossen bleiben.
Reuter meldet, Lloyd George habe sich jetzt damit einverstanden erklärt, daß in der Beratung der Kriegsentschädigung die deutschen Vertreter bei der Erledigung der technischen Fragen zwar zugelassen,, daß sie aber zu der vorberatenden Konferenz der Sachverständigen nicht zugezogen werden sollen.
Ter Brüsseler „Soir" berichtet, Lloyd George und' Delacroix seien übereingekommen, die Konferenz in Genf erst abzuhalten, nachdem die Konferenz der Sachverständigen — ohne die Deutschen — die Art Und Weise der Gesamtentschädigung festgesetzt habe. Die endgültige Entscheidung in der Verhandlungsart werde weiteren Vereinbarungen mit Paris und Rom Vorbehalten bleiben. (Alle diese Winkelzüge lausen darauf hinaus, Deutschland ganz auszuschalten, wie Millerand es von Anfang an haben wollte.)
Brüssel, 15. Okt. (Havas.) Delacroix erklärte nach seiner Rückkehr aus England einem Vertreter der „Nation Beige", er sei von seiner Reise befriedigt. Es sei ein Grundsatz Lloyd Georges, Deutschland vor allem zu ermöglichen, sich wieder zu erholen, damit es Belgien für die Kriegsschäden Ersatz leisten könne. Der Ministerpräsident erklärte, man dürfe den statistischen Aufstellung der Deutschen nicht trauen.
Das alte Lied.
Roman von Fr. Lehne.
23. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
Ein wilder Trotz überkam sie; mag kommen, was will; ihr ist es recht! Sie hatte doch auch ein Anrecht auf Glück. Warum sollte gerade ihr das versagt sein? Ta fielen ihr die ersten mahnenden Worte des Vaters ein, d.e er gesagt, als sie den Antrag des Grafen so freudig annehmen wollte:
„Du hast keine Ahnung, törichtes Kind, tvas es heißt, verheiratet sein — immer an einen gleichgültigen Menschen gekettet sein, während das Herz nach Liebe schreit — und diese Stunde wird auch Dir kommen, und dann hilft kein Gold und kein Rang, den Schrei des kranken Herzens ersticken."
Und seine Antwort auf ihre Frage, wenn das doch einmal der Fall sein würde.
„Tann bete zu Gott, daß er diesen Kelch an Dir vorübergehen lasse und Dich wiederum auf den rechten Weg führen.. Doch eine treue Frau dar) solche Ge- dauken gar nicht aufkommen lassen und darf weder nach rechts noch nach links blicken."
Alles das stand so lebhaft vor ihrem Geist — o, wie hatte der Vater recht gehabt; wäre sie ihm nur gefolgt, — dann wäre sie noch zu Haus und frei gewesen; sie hätte Gernot kennen gelernt und —
Bitterlich aufschluchzend schlug sie die Hände vor das Gesicht — sie sollte kein Glück haben! Ihr blieb versagt, was anderen mühelos zufiel. Warum nur ihr? —
Sie hatte es verscherzt — und Cesare Conechi war gerächt. Bei diesem Gedanken, der jäh kam, zuckte sie zusammen. Er war daran schuld, er hatte ihr.Unglück aewünicht. O. wie wurde die Vergangenheit heute lebendia vor ihr! Jene Abschiedsstunde in Rom. . Jedes seiner
Streik in England?
London, 15. Okt. Die Versammlung der Vertreter der Bergarbeiter beschloß, die Streikankündigung am 16. Oktober fällig werden zu lassen. Die Eisen- und Stahlfabrikanten m Cleveland und Yorkshire treffen Vorbereitungen, ihre Werke im Fall des Bergarbeiterstreiks stillzulegen.
Tie Regierung glaubt, daß sie nach der Weigerung der Bergarbeiter, sich den Ansichten ihrer eigenen Führer anzuschließen, keine weiteren Schritte unternehmen solle, um die Lage zu retten. Sie glaubt, gegen alle Möglichkeiten gerüstet zu sein und rechnet auf die Unterstützung des Publikums.
Krieg im Osten.
Helsingkors, 15. Okt. (Havas.) Ter Friede. Over- trag zwischen Rußland und Finnland wurde gestern rn Dorpat unterzeichnet.
Paris, 15. Okt. Ter Völkerbunds rat hat gestern dem Vertreter Polens, Paderewski, eine Note überreichen lassen über die Ereignisse in Wilna. Paderewski wurde ersucht, den ganzen Ernst der Lage vorzustellen. Tie polnischen Truppen haben die dem Völkerbund gegenüber übernommenen Verpflichtungen verletzt. Wenn Wilna nicht in allerkürzester Zeit geräumt werde, müsse der Völkerbund eiligst zusammentreten, um die Lage zu prüfen, die man nicht ernt genug ansehen könne.
London, 15. Okt. Reuter erfährt,, daß eine neue Note der Sowjetregierung eingetroffen ist. Es wird für möglich erachtet, daß die Heimschaffung der Gefangenen jetzt befriedigend vor sich gehen wird. In der Note werde die Forderung Curzons betreffend Einstellung der bolschewistischen Propaganda nicht erwähnt.
Konstantinopel, 15. Okt. (Havas.) Wrangel hat auf dem Tnjester-Ufer einen bedeutenden Erfolg davongetragen.
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Die Dieselmotoren.
Berlin, 15. Okt. Nach einer Münchener Meldung der „Voss. Zta." sind die Verhandlungen über die Zerstörung der Dieselmotoren mit der Entente wieder ausgenommen worden. Die Reise der Entente-Kommission, die die vom 13. Oktober an vorgesehene Zerstörung durchführen sollte, sei vorläufig aufgeschoben worden.
Streik.
Dresden, 15. Okt. Die städtischen Arbeiter befinden sich im Ausstand. Auch in Bautzen haben!die städtischen Arbeiter mit Ausnahme der Tiefbauarbeiter den Streik erklärt. Gas und Elektrizität jind gesperrt. In Chemnitz wurde der Streik beendet, nachdem bedeutende Lohnerhöhungen bewilligt waren.
Vergiftung des Königs Georg.
Paris, 15. Okt. Nach einer „TemPs"-Meldung aus Athen hat der nach dort berufene Pariser Chirurg Vidal nach eingehender Untersuchung des Königs erklärt, daß die Vergiftung eine sehr ernste sei.
Sozialdemokratischer Parteitag.
Kassel, 15. Okt. In der gestrigen Nachmittagssitzung des Sozialistenkonqresses wurde der Antrag Heilmann, dem Ernährungsminister Tr. Hermes das Mißtrauen auszusprechen, mit 138 gegen 137 Stimmen angenommen. Zur Sozialisierungsfrage wurde die von Braun eingebrachte Resolution einstimmig angenommen, die großzügige, wenn auch schrittweise Vergesellschaftung der Produktionsmittel verlangt. Me er seid-Köln berichtete über den internationalen Sozialistenkongreß in Genf und begründete die von ihm eingebrachte Resolution, nach der der Parteitag sich auf den Boden der Genfer Beschlüsse stellt. Er empfahl sodann die Resolution der Frau Jucherz, die sich gegen die neue Ententeforderung von 810 000 Milchkühen richtet. Beide Resolutionen wurden einstimmig angenommen. b i
Worte war mit Flammenschrift in ihre Seele geschrieben und tat ihr fast körperlich weh bei der Erinnerung daran. Sie sah ihn wieder vor sich stehen in einem heißen, ungestümen Werben und leidenschaftlichen Drängen und hörte seine Worte:
„Tie Madonna mag sie davor bewahren, einzusehen, auf wie schwachen Füßen ihre Behauptung steht — Sie werden in der Sehnsucht nach Liebesglück untergehen, und niemals werde ich einem anderen gönnen, die Seligkeit von Ihren Lippen zu trinken, die mir versagt worden ist."
Seine Worte waren in Erfüllung gegangen; sie konnte mit ihm fühlen, was er gelitten — nein, sie litt mehr, viel mehr als er — und das war die Strafe für ihre Kälte, ihren Hochmut. — Sie dachte und dachte — sie verlor fast das Gefühl, wie unrecht sie tat, wie sie in Gedanken sündigte und ihre Ehe brach. — Es war ihr alles so grenzenlos gleichgültig, die erhabene Natur, das Leben und Treiben der vornehmen Welt, die sich hier ein Stelldichein gab, die Bewunderung, die der „schönen blonden Deutschen mit den traurigen Augen und dem alten Manne" — wie ein junger/ eleganter Franzose sagte — gezollt wurde. Früher hatte sie sich immer über die Huldigungen, die ihr dargebracht wurden, gefreut, — jetzt wurde ihr das fast peinlich.
Ihre Abreise stand bevor — doch sie konnte sich nicht auf die Heimat freuen. Bleich und still ging sie einher, ängstlich von ihrem Manne beobachtet, der jetzt längst aufgehört hatte, sie mit.Fragen zu quälen. Er sah, wie lästig ihr das war, und er bemühte sich im stillen, dev Grund ihrer Nervosität zu finden. Er nahm sich aber vor, einen Arzt zu Rate zu ziehen. Als sie das erfuhr, lächelte sie bitter.
„Gib Dir doch keine Mühe, Adalbert, mir fehlt nichts als die Sonne."
Verwundert sah er sie da an und verständnislos.
„Was bedeuten Deine Worte, Regina?"
Aus der Heimat.
Wildbad. den 16. Okt. 1920.
Kirchweihbrärrche.
Wo keine besondere Zeit der Kirchweihfeier herkömmlich ist, begeht man die allgemeine Kirbe am dritten Oktobersonntag, dieses Jahr also am 17. Oktober. Auf die Kirbe wurden die Häuser gereinigt. . Kinder und Alte bekamen in den Zeiten vor dem Krieg womöglich neue Kleider. Mehrere Tage vor dem Fest wurde eine Unmenge dünner und dicker Kuchen gebacken. Von den Kuchen erhielten auch die Dienstboten zum Teil in stattlicher Menge. So bekam in Neuenbürg jeder Dicnst- bote in wohlhabenden Häusern 6 dünne und 1 dicken Kuchen. Auch die Gemeindehirten erhielten von dem Kirbekuchen. Tie ledige Jugend feierte die Kirbe gemeinsam. Schon einige Sonntage vorher wurde die Kirbe „verdingt". Es wurde ein Ausschuß unter den Buben gewühlt, Kirbebuben und Kirbeverdinger, die das Aeußere des Festes vorbereiteten. Am Kirbemittag holten die Buben ihre Mädchen zum Tanz ab. Dabei wurde im Schwarzwald ' früher vor den Häusern der einzelnen Mädchen getanzt. Besondere Arten des Tanzes sind: Ter Huttanz, Hammcl- tauz oder Bretzeltanz. Mit der Wahl des Mädchens zum Bretzeltanz bekannte sich der Bursche öffentlich als Verlobter des Mädchens. Es tanzte abwechselnd immer nur ein Paar. Während des Tanzes wurde eine Kerze abgebrannt, in der ein Geldstück steckte. Das Paar, das in dem Augenblick tanzte, in dem das Geldstück herunterfiel, gewann eine große Bretzel. Aehnlich wurde es beim Hammel.a.iz gehalten. Neben dein Tanz gab es an der Kirbe meist auch Glücksspiele, an denen sich die Aelteren vorzugsweise erfreuten. Umzüge wie au Fastnacht oder Pfingsten gab es da und dort noch an der Kirbe, so das bei Aalen und Ehingen noch geübte Kirbe- hereiuknallen. Die Buben versammelten sich an der „Saukirbe" vor dem Ort und zogen unter Peitschenknallen von Haus zu Haus, um Geschenke einzusammeln. In verschiedenen Orten wird keine Kirbe mehr gefeiert. Man sagte diesen Orten nach, sie düpen keine mehr feiern, i weil sie früher einmal auf einer Kirbe einen Bettler tot gefüttert haben oder aber haben verhungern lassen.
Württemberg.
Stnttg.rt, 15. Okt. (Amerikaspende.) Bon dem Kaffeekränzchen „Germania" in Chicago wurden der Stadtverwaltung weitere 2000 Mark für bedürftige Waisenkinder und erblinde.e K.iegst-'ilnehmer überwiesen.
Stuttgart, 15. Okt. (Rohe Mutter.) TieTag- löhnersehesrau Ernestine Klingen st ein in Cannstatt mißhandelte ihr 5 Jahre altes Kind lange Zeit Hindurch so roh, bis das unglückliche Geschöpf schließlich durch eine rasch verlaufende Nierenentzündung von seinen Leiden am 13. Januar d. I. erlöst wurde. An der Leiche konnten mehr als hundert Verletzungen, Schwellungen und blutunterlaufene Stellen nachgewiesen werden. Die Strafkammer verurteilte das Weib zu 1 Jahr Ge-, fängnis.
Zuffenhausen, 15. Okt. (Teurer Most.) Ter hiesige Konsumverein kaufte für seine Mitglieder aus der Würzburger Gegend Mostobst ein. Der Zentner stellt sich auf 70—80 Mark, was einem Mostpreis lvon etwa 500 Mark für den Eimer gleichkommt.
Calw, 15. Okt. Das Hotel „Monopol" in Liebenzell ist um den Preis von 350 000 Mk. samt Einrichtung in den Besitz der Ortskrankenkasse Ludwigsburg übergegangen. . —->
Letzte Nachrichten.
Zum Wortbruch des Verbands.
Berlin, 15. Okt. Die deutsche Regierung hält daran seit, daß die Kriegsentschädigung auf einer Konferenz, au der Deutschland gleichberechtigt teilnimmt, fest-
„Nichts, Adalbertz" jagte sie müde, „nichts! Ich bin nur nervös. Vielleicht ist mir die See doch nicht so gut bekommen. Am Ende wäre ein stilles Ostseebad besser gewesen. Tu hast mich eben zu sehr verwöhnt! Zu Haus wird es wieder anders werden."
Mit klopfendem Herzen kam sie dort an. Es war gerade Manöver und Schönstedt infolgedessen nicht in Z. Vielleicht war das ganz gut so. Ihren Hochzeitstag hatten sie unterwegs verlebt; sechs Jahre war sie nun schon Gräfin Rodenberg — sechs Jahre — eine Ewigkeit schien es ihr, wenn sie darüber nachdachte.
Sie hatten sich bald wieder eingelebt, und Regina sah, wie ihr Gatte ordentlich aufatmete, wieder daheim zu sein. Ihm war der Aufenthalt im Bade gar nicht so gut bekommen: in seinem Alter vertrug.man das Reffen nicht mehr so gut.
Regina erschien die Heimat öde und leer; ihr fehlte Schönstedt, und mit Ungeduld seynre sie seine Rückkehr herbei.
Endlich war das Manöver zu Ende und die Truppen kehrten die Garnisonen zurück. Gleich am anderen Tage machte der junge Offizier seinen Besuch in Rodenbergs Villa. Mit unverhüllter Zärtlichkeit leuchteten ihm die Augen der jungen Frau entgegen, als sie ihn mit einigen freundlichen Worten willkommen hieß. Es. war wohl das erste Mal, daß er dies bemerkte, und es wurde ihm heiß bei dieser Beobachtung. Sie hatte sich doch sonst immer so gut zu beherrschen gewußt, daß er manchmal dachte — ist ihre Zurückhaltung nur Zwang — oder bist du ihr wirklich gleichgültig? Aber er füMe ganz genau — sie liebt dich — sie wartet auf ein Wort von dir — das er aber nie sprechen durfte.
^ (Fortsetzung folgt.). -