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(Enztalbote)

Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt

für das obere Enztal.

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schristleitung: Th. Gack in Wildbad.

Nummer 229

Fernnrf 179.

Sonntagsgedauk-eu.

Du r.uS die ander». - Willst du, daß wir mit hin,'in in das Hans dich bauen,

Laß es dir gefallen, Stein, daß wir dich behauen.

Müöbaä, Samstag. äen 2. Oktober 1920.

Fernruf 179.

54. IsbrWng

R ü ck e r t.

Von der Umbildung der Regierung und dem Wiedereintritt der Sozialdemokratischen Parte: in das Kabinett ist es wieder ganz still geworden. Bon seiten >er derzeitiger^ Regierungsparteien märe die ^Verbrei­terung der Regierungsgrundlaae" durch die Rückkehr der Sozialdemokraten, der stärksten Partei des Reichstag-?, uillkommen geheißen worden. Aber in der Sozialde-- mokratie drang schließlich der Scheidemann'.gel durch, )em das Zusammenregieren mit BürMlichen, wie Schci- demann einmal sagte, an sich ein Uebel ist, das unter gewissen Umständen zwar notwendig werden kann, dem man aber am besten aus dem Weg geht: auf jeden Fall aber, will diese schärfere Richtung ein Zusammengehen mit der Deutschen Vollspartei, den früheren National- liberalen meiden. Zwar haben sich die Anschauungen zugunsten einer versöhnlichen Haltung etwas gewandelt. Ter frühere Kanzler Hamann Müller hatte nach den letzten Reichstagswahlen, als es sich um die Bildung einer- neuen Regierungsmehrheit handeste, erklärt:Nur übar meine Leiche geht der Weg an die Seite der Deutschen Volkspartei!" Jetzt hätte selbst Müller gegen die Ver­einigung nichts mehr einznwenden gehabt. Tagezen blieb aber doch der schroffere Scheidemannsche Standpunkt aus­schlaggebend, der die Fühlung mit der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei nicht aufgeben, will in der Erwartung einer schließlichen Wicde.rvcreiwgnng beider sozialistischen Richtungen, die nach der inzwi'ch.m ein­getretenen Spaltung der Unabhängigen in die Anhänger der Moskauer dritten Internationale und die Verteidiger der Parteiselbständigkeit, dem Bereich der Möglichkeit näher gerückt ist. Tie sozialdemokratischen Parteien wollen nun vorerst ihre- Parteitage abhalten und alsdann wird die Mehrheitssozialdemokratie sich ent­scheiden. Tie Frage der Regierungsumbildung ist sonach zwar nicht aufgehoben, aber aufgeschoüen und eine wei­tere Aufforderung an die Sozialeemokralie zum Eintritt hat, wie. auf dem dieser Tage in Ulm abgehaltenen de­mokratischen Fraktionstag ausgesprochen wer­de, keinen,Zweck mehr: es sei jetzt an der Sozialdemo­kratie, die nötigen Schritte zu tun.

Dieser Sorge wäre nun die Regierung vorläufig ent­hoben. Andere Fragen beschäftigen sic jetzt. Zwischen dem Reich und einigen Staaten ist nicht alles so ganz im Glatten. Tie preußische Reglern n g geht ihre eigenen Wege, die. mit denen der Reichsregierung sich öfter kreuzen. Ilm die preußische Regierung willfähriger zu machen, sich in den.Rahmen des Reichsganzen einzu- fügen, ist vorgeschlagen worden, so auch auf dem de­mokratischen Frokiionstaa, Preußen möglichst zu dezentralisieren", d. h. den einzelnen Provinzen möglichst weitgehende Selbstverwaltung und Unabhängig­keit von der preußischen Regierung unter Wahrung der Rcichseinheit zu geben. Aber ob das nicht eine Kur nach'Tr. Eisenbarth wäre, ist doch noch nicht ausge­macht. Und welche Mittel stünden dem Reich zu Ge­bote, diese Maßregel gegen den Willen Preußens durch­zudrücken? Vielleicht gibt es auch einen anderen Weg, die Harmonie wiederherzustcllen. Alan darf eben nicht übersehen, daß die Gesetzgebung seit der Revolution in der Sorge für die Reichseinheit mannigfach zu weit ge­gangen ist und daß die Gegenbemegnng gegen die über­spannte Zentralisation der Reichsgewalt keineswegs auf Preußen allein beschränkt ist. In cilbm süddeutsch?!! Staaten ist eine Stimme, daß die Reichszentralisat ou Grenzen haben muß und daß 'das Kleid des Einheits­staats auf den Leib des Reichs nicht Paßt. Es mag in der Form über das Ziel hinan ssp pH'sstn sein, wenn auf dem Bamberger P'ärteitag der Baheriichen Volkspartei ein föderalistis ^cs Programm aufgestellc wur­de. Es- war wohl auch nicht io schlimm gemein«, denn die Bayern sind gute Reichsdeutsche und wollen cs bleiben.

Sie wollen ein Reich von Bundesstaaten: ein Staaten­bund nach amerikanischem Muster, wofür einzelne Hitz­köpfe in dem Eifer gegen das moderne Berlin eintra.cn, ist gewiß nicht nach dem Sinn der großen Mehrheit des bayerischen Volks. Tavo.n konnte sich Reichskanzler F eh- renbach überzeugen, als er in den kehlen Tagen nach München reiste, um mit dem bayerischen Ministerpräsi­denten von Kahr überschwebende politische Fragen" sich zu besprechen. Es war sicherlich ganz gut, daß der Reichskanzler durch persönliche Aussprache einige , Miß- bcerstündnisse" behoben hat. Er ist ja selbst Süd ewscher und er weiß, daß in Süddeutschland der Rcichsgedanke so lebendig ist als irgendwo im Reich, aber er wird es auch verstehen,, daß man in Südde «tschland den be­rechtigten Wunsch hat, man möge in Berlin den Bogm nicht übcrspannen. Beiderseits scheint in München ein volles Einverständnis erzielt worden zu Pein. Bayern wird voraussichtlich einen regelrechten , Reichsgesa n d - len" erhalten, was eine besondere Aufmerksamkeit der Reichsrcgiernng wäre, und keinen ReichTo "mist'ar, der - das bayerische'Gefühl verletzen müßte. Tie Frag? bleib! allerdings offen, ob dann auch di? anderen Sta cken der Ehre besonderer Gesandtschaften t.ilh.'s ig w rnn. ig wäre eine solche Stellenvermehrung wohl nicht. Aber wenn schon, trotz der Wohnungsnot. Frankreich den deut­schen Einzelstaaken Gesandte und Konsuln zu irgendwel­chen Zwecken zusendet, so kommt es ans eia paar eigene Gesandte mehr oder weniger auch nicht an.

Großzügig" ist fa doch nun einmal alles, was im Zeitalter des. sogenannten Völkerbunds geschieht. Groß­zügig, aber zwecklos ist auch die Fin a nz ko n fere nz, die der Völkerbund nach Brüssel cinberufen hat. Selbst Deutschland ist die Ehre geworden, teilnehmen zu dürfen und es hat aus der großen Zahl seiner Sachverständigen wer ist heutzutage nicht sachverständig! sükks auser­wählt, um den Sachverständigen der Bölkerbundswelt die fürchterliche Notlage klarzulegen, in 'die Deutschland durch den Fricdensvertrag von Versailles gekommen ist. Es sind der Unterstaatssekretär Bergmann, der Vize­präsident der Neichsbank von Glasenapp, Prof. Tr. Lotz ans München, der Geheimrat im Reichswirtschasts- ministerinm Tr. Trendelenburg und-Herr Urbig von der Diskontogesellschaft in Berlin. Bei der Eröff­nung der Konferenz erklärte der Vorsitzende Ador, wei­land Bundesvräsdent der Schwez, dem man nachsagt, er habe im Weltkrieg den Italienern manche Winke gegeben Über militärische Operationen, die die deutsche Heeresleitung vorhatte: lieber den Vertrag von Versailles darf aus der Konferenz nicht geredet werden! Welche Ueberraschung! Ter Ver­trag von Versailles ist doch das und das 0 in der der ganzen Finanzmisere nicht bloß Deutschlands. Was aber Deutschland auf der Finanzkonferenz noch tun soll, wenn vom Friedensvertrag nicht geredet werden darf, ist nicht recht erfindlich, denn daß die Armut meistens von der Powertet) hertommt, das ist uns allen seit Outet Bräsig geläufig, und über finanztechnische Fra­gen weiß man in Deutschland so gut Bescheid wie in an­deren Ländern. Aber worauf es uns ankommen mußte, das war, Hilfe zu erhalten und die Milde-- r.ung der unerhörten Friedensbedingun­gen dnrchzusetzen. Das hat freilich der neue Diktator von Frankreich, Miller and, zu hintertreiben gewußt. Er ließ die .Konferenz von Genf, ans der wir vollends die ganze Schwere des Vertrags kennen lernen sollen, nicht vor der Brüsseler Konferenz stattsinden und die deutschen Vertreter in Brüssel hatten somit noch nicht einmal die Unterlagen, um das deutsche Elend in sei­ner vollen Wucht zu schildern. Was Bergmann vor- znbringen hatte, war allerdings schon hinreichend, um ans die Hörer einen tiefen Eindruck hervorznbringen, wie der amtliche Bericht sagt. 210 Milliarden Reichs- schnlden, die sich mit sonstigen Verbindlichkeiten ans 406 Milliarden erhöhen, ein Achlbetrag im Reichshanshalt für das eine Jahr 1920 von 56 Milliarden, dazu 72yst Mil-

' siarden ungedecktes Papiergeld, im Innern eine unge­heure Steuerlast von 38 Milliarden. Was bisher an

! Leistungen für den Feind aufgebracht wurde, erreicht die

- .Höhe von über 47 Milliarden, darunter 15 Milliarden allein für die feindlichen Besatzungen, Ueberwachungskom- missionen nsw ungerechnet die Tausende von Hektar besten

- Ackerbodens, die von den Feinden für Bauten, Nebungs-

: uno Spielplätze in Beschlag genommen wurden; unge­

rechnet ferner die zwei weiteren ckmppenübnngsvlätze, die die Belgier verlangen. Fortwährend kommen neue Einquartierungen, müssen Wohnungen und Kasernen für die Fremden bereit gestellt werden usw.

Tie Schilderung hat, wie gesagt, auch ohne das noch zu erwartende Diktat von Genf »Aussehen erregt und es hat etwas Rührendes, wenn Bergmann seinen Berich! > mit den Worten schloß: In der ungeheuren Aufgabe, durch diesen Berg von Schwierigkeiten sich dnrchznarbci- ten, reichen die wirtschaftlichen Kräfte Deutschlands allein nicht aus: trotzdem halte aber die deutsche Regierung du Finanzlage nicht für verzweifelt. Wenn der Ünterstaats- sekrctär aber hoffte, vom Völkerbund Hilfe zu erwirken, so hat er sich getäuscht. Ter Sachverständige Eng- lands, Brand, erklärte, Großbritannien befinde sich wieder in einer befriedigenden Lage. Es habe sich selbst geholfen und so müßten es die notleideüden Staaten auch machen. Arbeiten und sparen und eine geordnete Staatsfinanz wirtscha ft, das seien Pie einzigen Mittel, um wieder auf die Bsine zu kommen. Tie Engländer haben da gut reden. Sie haben sich von der Kriegsbeute gleich vorneweg das beste geholt, sie haben unter den Kriegsbeteiligten über­haupt verhältnismäßig die geringsten Schäden gehabt, ab­gesehen von den Seeschiffen, für die sie sich aber durch die deutschen, Kriegs- und Handelsschiffe bezahlt gemacht haben.

Von den anderen Staaten hatte jeder auch Klagen vorzubringen: die Ausgaben seien unnatürlich gestiegen und die Einnahmen konnten damit nicht Schritt halten; Papiergeldwirtschaft, Geldentwertung, Teuerung, Rück­gang der Kaufkraft und der Produktion seien die Folgen. Nur Spanien war so ehrlich, zuzngeben, daß es im Weltkrieg ausgezeichnete Geschäfte gemacht habe. Seine große Auslandsschuld sei bis auf 50 Millionen nicht Milliarden Franken zurückgezahlt und die Bank von Spanien habe '2 Milliarden Gold ansspeichern können.

Das entscheidende Wort auf der Konferenz sprach der Amerikaner Mister Boy den, der gewissermaßen als Privatperson anwesend ist, denn die Vereinigten Staaten, die den Völkerbund nicht anerkennen, wollen auf der Konferenz nicht amtlich vertreten sein. Auf Trängen der erleuchteten Gesellschaft gab er dann seine private Meinung zum besten, die sich die Europäer wohl hinters Ohr schreiben dürften: Man werde es den Amerika­nern nicht verdenken können, wenn sie für das notlei­dende Europa kein Geld übrig haben, solange hier nichts als Zwietracht, Haß und Neid bestehe. Frankreich har nun einen Erfolg und einen Mißerfolg. Es hat die Brüsseler Konferenz des Völkerbunds tatsächlich be­deutungslos gemacht und sich die Freiheit für das Diktat in Gens Vorbehalten. Es sieht sich aber auch Wohl in der Erwartung getäuscht, daß der Bund der Völker dem . .asgewgenen Deutschland eine Anleihe von einigen Milliarden vorstrecken werde, die Frankreich sofort als Abschlagszahlung über den Tisch streichen wollte. Ter Völierbnnd selbst schneidet auch nicht gut ab und die Konferenz von Brüssel wird, dazu beitragen, die Abnei­gung gegen ihn in Amerika zu vertiefen und die Wahl- anssichten des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Harding zu stärken, der neulich erklärte, er werde den: Wilsonschen Zerrbild einen wahrhaftigen Verband der Nationen entgegensetzen. In diesem Verband wird dann auch für Deutschland und die übrigen vomVöl­kerbund" versehmten Länder Matz sein, ohne d«ß sie darum zu betteln brauchen.

Lec Staats Haushalt von Sowjet-Rußland.

^Tas englische SozialistenblattDaily Hcrald" ver­öffentlicht den Staatshaushalt für das erste Halbjahr 1919, den Lenin für Sowjet-Rußland aufgestellt hat.

1. Produktion.

in Millionen Rubel

Nationalisierte Industrie Zuckermonopol Branntweinmonopol Holzmonopol

Einnahmen

Ausgaben

5812

8684

493

344

257

242

104

88

"6726

9358"