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(Enztalbote)
Amtsblatt.für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt
für das obere Enztal.
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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung: Th. Gack in Wildbad.
Nummer 212 Fernruf 179.
Als im Vorjahr den deutschen Kindern und Greis'tl das Achtel-Liter täglicher Milch noch beschnitten wurde ' durch die Auslieferung von 1-10 000 Atilchküheu, da regte - ein praktischer Deutschamerikaner in Chicago an, Amerika möge den Milchhung igen armen Würmern den Ausfall wenigstens teilweise ersehen, indem cs Deutschland Milchkühe als Liebesgabe sende. Ter Gedanke wur- de freudig ausgenommen und ein Ausschuß von 40 Mann s brachte durch Zeichnung von je 500 Dollar sofort die ' Mittel auf, um ihn unter die Masse Zu werfen und s für ihn zu werben. Trotz mancher Schwierigkeiten brach- ! te man schließlich im Lauf des vorigen Sommers eine j lange Reihe von Unterschriften zusammen, die eine ! Stiftung von etwa 20000 Milchkühen verbürgten. s Tie Tiere sollten einstweilen in den heimischen Ställen i auf den "Farmen bleiben, sobald aber die Vorbereitungen ! beendet waren, sollten die Kühe- in ein Sammeilager in . der Nähe von Chicago gebracht und Port in eigens ' eingerichteten Sonderwag.m in ein anderes Sammcllager ! in der Nähe von Neuyork oder Boston gebracht wer- ! den, von wo aus dann der Versandt zu Schiff vor s sich gehen sollte. Tie Amerikaner hatten sich al.e diese - Vorarbeiteil eine Stange Gold kosten lassen —, man ^ sprach von 40 000 Dollar ---, die für Werbearbeit, für ! Vertragsabschlüsse und Abfindungen asm. draufgiugen, s die Kühe selbst waren und blieben Geschenk. Nachdem : man in Amerika den Plan einwandfrei zu Faden ge- i schlagen hatte, wurde er nach Berlin gebracht, wurde . dort für sehr gut befunden und dann zunächst dem Akten- v staub und Aemtcrneid, dem Kompetenzstreit und dem ^ Schema ? überantwortet. Vom September 1919 bis., zum September 1920! j
Tie'lange Vorgeschichte ist peinlich. Das Ernährnngs- s Ministerium stieß sich an den Kosten der Beförderung, - da die Amerikaner in ihrer Herzenseinfalt annahmen, die. deutsche Regierung werde wenigstens dafür sorgen, daß sie in den Besitz der dringend benötigten Milchkühe käme, aber sie hatten sich verrechnet. Daneben erklärte eine andre Amtsstelle, die Tiere müßten erst seuchenpolizci- s lieh untersucht werden, nnd zwar durch deutsche Tierärzte selber an Ort und Stelle, also in Amerika ans den amerikanischen Farmen. Als aber wegen des noch dauernden Kriegszustands die Washingtoner Regierung nicht mit der Reiseerlaubnis herausrückte, konnte die Unter- t suchung nicht vorgcnominen werden, also mußte uns die Milchguelle verschlossen bleiben. Schließ ich entdeckte man in Berlin, daß die amerikanischen Kühe den deutschen Kühen das ohnehin knappe Fnt er wcgsr.sstn würden, und daß man sie auch deshalb nicht gebrauchen könne. Als man den Berlinern dann von Amer.ka aus erklären ließ, daß die 140 000 Kühe, die nach Frankreich gingen, ja jetzt kein deutsches Futter mehr fräßen, daß also 20 000 amerikanische Kühe ganz wohl ' an ihre Stelle treten könnten, als man weiter 'erklärte, daß man den Kühen auch noch den nötigen Mundvorrat mit auf den Weg geben würde, daß die Tiere natürlich drüben ebenfalls auf ihre Gesundheit untersucht nrerden könnten nnd würden, und daß man übrigens die' Knauserei wegen der Beförderung nicht verstehe, daß man aber vielleicht auch hier einen Ausweg werde finden können, da senkte sich auf die ganze Frage der wohltätige Aktenstanb.
Cs ist nun in der Oefsentlichke.it die Frage aufgeworfen worden, warum denn das Note Kreuz die Sache nicht in die Hand nehme. Darauf wird vom Roten Kreuz mitgeteilt, daß auf Anregung des Reichsministers Simons in seiner Reichstagsrede vom 26. Juli 1920 das Rote Kreuz allerdings mit den Freunden in Amerika in Verbindung getreten sei und sowohl die ? Frage der Verfrachtung der Kühe, als auch deren zweck- ! mäßige Verteilung zu regeln im Begriff gewesen sei.
Es hatte sich nach Schiffsraum erkundigt und war in der Läge, die Kühe zum Preis von 2700 Mark für das Stück nach Deutschland verfrachten zu lassen, während von der Regierung 3500 Mark verlangt worden waren. Das Neichsernährungsministerinm habe aber in einem Telegramm vom 2. August d. Js. über die Ein- ! Mischung des Roten Kreuzes in die Angelegenheit seine s Mißbilligung ausgesprochen nnd es ersucht, sich wei- i terer Tätigkeit in der Transportfrage zu enthalten.
So ist denn in der Sache noch nichts geschehen, mehr
Miläbsä. Montag, äen 13. September 1970.
Fernruf 179.
54. lalirgsng
als 1 Jahr nach dem Beschluß der Amerikaner, Deutschland zu helfen. Daß dies dem deutschen Ansehen in Amerika nicht gerade förderlich ist, liegt auf der Hand. Tie Fraktion der Deutschen Votkspartci hat tm württ. Landtag denn auch eine Anfrage eingebracht, um die Rcichs- regierung zu einer Aeußerung in dieser mehr als sonderbaren Geschichte zu veranlassen.
Nach der Meldung eines Berliner Blatts soll die Einfuhr der Milchkühe von der Neichsregicriing nun doch genehmigt worden sein.
Richtlinien für die WaffM- ablieferrmg.
1. Wer muß abliesern?
Zur Ablieferung ist jedermann verpflichtet, der Militärwasen in seinem Besitz hat. Von der Ab- liefcrungspsticht sind ausgenommen die Angehörigen der Reichswehr und diejenigen Beamten, die die Waffen zur Ausübung, ihres Berufs führen. Der
. Besitz eines Waffenscheins oder Jagdscheins entbindet nicht von der Ablieferungspflicht.
2. Wo müssen die Waffen ab geliefert
werden?
Die Waffen müssen bei den von den Gemeindebehörden jeden Orts eingerichteten Aüueiernngsstelten abgeliesert werden, deren Unterbringung -n ortsüblicher Weste bekanuigegeoen wird.
3. Wann muß ab geliefert werden?
Die Zeit der freiwilligen und straffreien Ablieferung erstreckt sich vom 15. September bis l. November 1920. '
4. Wer erhält eine Prämie?
Eine Prämie erhält derjenige, der in der Zeit vom 15. September bis zum 20. Oktober Militär- Waffen, Teile von solchen, oder Munition abliefert.
Die Stückprämien werden vom 15. September bis 10. Oktober in voller Höhe, vom 11. Oktober bis 20. Oktober zur Hälfte gewährt. Vom 21. Oktober gibt es keine Prämie mehr.
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Wie wird abgeliefert?
Cs ist nicht erforderlich,, daß der Besitzer seine Waffe selbst abliesert. Die Person des Abgebenden wird nicht festgestellt, eine Legitimation wird nicht verlangt. Es ist deshalb auch ohne Belang, ob die Ablieferung in der Heimalgemeinde oder an einem anderen Ort geschieht.
6. Für wen gilt die Straffreiheit?
Das Gesetz sichert jedermann, der vom 15. September bis 1. November Militärwaffen abliefert, oder der Anmeldepflicht nachlommt, Straffreiheit zu wegen unbefugter Aneignung sowie wegen Zuwiderhandlung gegen Vorschriften über die Waffenabgabe.
7. Was geschieht mit den abgeiieferten
Waffen?
Tic abgelicferten Waffen werden sofort im Beisein ves Ueberbringers von einem Beauftragten der Ablieferungsstelle unbrauchbar gemacht. Sie werden , sodann unter ständiger Aussicht abtransportiert und der Vernichtung in den Verschrottungsanstalten zugeführt.
8. Wer unterliegt der Anmeldepflicht?
Ter Änmeldepslicht unterliegen Vereinigungen, die selbst oder deren Mitglieder in dieser Eigenschaft Militärwafsen oder Munition im Besitz oder Gewahrsam haben. Tie Vorstände oder Leitungen solcher Vereinigungen sind verpflichtet, bis zmn 1. Oktober 1920 bei den zuständigen Landes- bzw. Bc- zirkskommissaren Meldung zu erstatten unter Angabe des Orts und der Art der Unterbringung sowie ihrer Zahl und Art. -
Der gleichen Anmeldepflicht unterliegen Lager von Milüarwafscn und von Munition, die sich im Besitz oder Gewahrsam von Privatpersonen oder Firmen befinden. Für diese Lager von Privatpersonen und Firmen besteht neben der Anmeldepflicht die allgemein vorgeschriebenc Ablieferungspflicht bis zum 1. November 1920.
9. Aus wen erstreckt sich die Anzeigepflicht?
lledermnnn. dm: »an Waisen- und Munitionsla
gern Kenntnis hat oder erhält, ist verpflichtet, unverzüglich dem zuständigen Landes- bzw. Bezirks- kominissar Anzeige zu erstatten.
10. Was geschieht mit widerrechtlich nicht
gbgelieferten Militärwaffen?
Militärwafsen, welche nicht innerhalb der festgesetzten Fristen angcmetdet oder abgeliefert werden, sind vom Reichsiommissar oder' den von ihm bestimmten Stellen ohne Entschädigung als dem Reich verfallen zu erklären.
11. Wen treffen die Strafbestimmungen des
Gesetzes?
Mit Gefängnis nicht unter 3 Monaten, mit Geldstrafe bis Zu 300000 Stark, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren wird bestraft:
1. wer nach dem 1. November Militärwaffen unbefugt in Gewahrsam hat oder der ihm obliegenden Anmeldepflicht bis zum 1. Oktober nicht nachgeko,mmen ist. (Als Inhaber des Gewahrsams gilt auch der, in dessen Wohnung, Gebäude, aus dessen Grund und Boden oder Schiff sich Militärwaf en mit seinem Wissen befinden.)
3. wer den vom Reichsiommissar oder den Lan
des- bzw. Bezirkskommissaren erlassenen Anordnungen züwiderhandelt,
3. wer seiner Anzeiaepslicht nicht nachksmmt,
4. wer nach Inkrafttreten des Entwasfnungsge- ' setzes ohne Genehmigung des Reichskommissars
Militärwafsen hersteltt, anbietet, fcilhält, veräußert, erwirbt oder ihre Veräußerung und ihren Erwerb vermittelt,
5. wer öffentlich zum Ungehorsam gegen das Ent- wassnungsgesetz oder die Anordnungen des Reichskommissars ansfordert.
Die Prämien. ' ?
Es werden bezahlt für das Stück:
Für vollständige Waffen:
Geschütze 10000 Mk., Geschütze unter 5 cni Gcschoß- durchmesser 5000 Alk., Minenwerfer 2000 Mk., Maschinengewehre 1000 Mk., Vorrichtungen, die zum Wersen von Sprengkörpern oder Gasbomben bestimmt sind 500 Mk., Flammenwerfer 500 Mk., Granatwerfer 50 Stk., (R-wehrgranatcnwnrfbecher 20 Mk., Maschinenpistolen 300 Mk., Gewehre und Karabiner 100 Mk., Tanigewehre 500 Mk., Armeercvolver und Armeepistolen 30 Mk., Gewehrgranaten, Wurf- und Handgranaten 3 Mk.
Für wesentliche Teile der Waffen: von Geschützen: Rohr 3000 Mk., Verschluß 2000 Mk., Richtvorrichtung 1000 Mk.;
von Minenwerfern: Rohr und Rücklausbremse je 500 Mk.; von Flammenwerfern: Ringkcssel 100 Mk., Gaskugel 100 Mk.: i
von Maschinengewehren: Lauf 60 Mk., Schloß 20 Mk.,i Zuführer 10 Mk.; 1
von Maschinenpistolen, Karabinern und Gewehren: Schloß 10 Mk, Laus 20 Mk.;
von Armeerevolvern oder Armeepistolen: Trommel 5 Mk., Gleitschiene 3 Mk., Lauf 3 Mk. ^
Für Munition: s
für ungebrauchte Artillerie- und Minenzünder 2 Mk.; Handgranatenzünder, Sprengkörper und Sprengkapseln' 0.50 Mk.;
Schußsertige Artilleriemumtion für Kilogramm Gewicht 0j20 Mk.; , F
Patronen für Handfeuerwaffen jeder Art 0,10 Mk.
Bei nachgewiesenem rechtmäßigen Erwerb einer ablieserungspflichtigen Waffe wird Entschädigung in Höhe des Verkansswerts der Waffe zur Zeit der Ablieferung gewährt. Eine etwa bei Ablieferung der Waffe ausgezahlte Prämie wird ans den Entschädigungsbetrag angerechnet.
Neues vom Tage.
Die Lage in O-erschlesien.
Breslau, 12. Sept. Es ist festgestellt, daß die nach Polen geschafften Waffen heimlich wieder nach Schoppin itz (an der polnischen Grenze) gebracht worden sind.