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(Enztalbote)

Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt

für das obere Enztal.

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung: Th. Gack in Wildbad.

Nummer 125

Miläbaä, Donnerstag, äen 3. ^uni 1920.

54. )at,rgemg

lutüstünd und Gestaltung der

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Mk wcrocn um Aufnahme nachstehender Kundgebung der Handelskammer Breslau gebeten. Die Ausführungen decken sich im wesentlichen mit dem, was wir in verschiedenen Artikeln kn den letzten Tagen zu der Valutaverschiebung zu sagen batten. Äucb wir können nur davor warnen, allzu große Hoffnungen auf die Hebung des Markkurses zu setzen, die kvir wiederholen es in der wirtschaftlichen Lage des Reichs selbst nicht begründet ist. Das hindert aber nicht, in der «alutabesscrung den Anfang einer Wendung zum Besseren zu sehen, und es kommt jetzt darauf an, die Möglichkeit klug tu benützen. Die Schriftleitung.

Eine erfreuliche Erscheinung der jüngsten Zeit ist das wenn auch nur geringe Steigen der Deutschen Mark im Ausland. Sollte es sich hierbei nicht bloß um eins zwecks Absatzes ihrer ungeheuren Rohstoffvorräte künstliche und vorübergehend bewirkte Maßnahme des aus­ländischen Exporthandels handeln, so könnte dies ein Anfang für den Gesundnngsprozeß unseres Wirtschafts­lebens sein, wenn gleichzeitig die Arbeitsleistung tm Inland gesteigert wird und andererseits die ge­stiegene Valuta nicht durch gleichzeitige Erhöhung der Einkaufspreise für den deutschen Importeur wieder ausgeglichen wird. Ties kann nnr die Zukunft lehren. Das Publikum setzt nun bei dixs.m Vorgängen weitgehende Hoffnung auf Senkung der Preise im Kleinhandel vucht für die täglichen Bedarfsartikel. Wie sicht es in Wahrheit aus? Tie Einfuhr fertiger Anslandsware schei­det durch die strengen Einsührnngsbestimmungen von vorn­herein aus. Ein Preisrückgang der im Inland herge- nellten Fertigwaren dürfte bedauerlicherweise jedoch für dis nächste Zeit noch nicht zu erwarten, sein. Hierfür rinige Tatsachen:

Die Reichswirtschaftsstelle für Flachs hat die Leinen- Aarnpreife in allerletzter Zeit um 150 Proz. erhöht. Der verband sächsischer S trump fware n - Fabriken hat den Deuerungszuschlag um 30 Proz. erhöht. Der Verband deutscher Buntwebereien hat einen weiteren Preis­schlag aus die vor dem 1. März 1920 getätigten Ab­schlüsse von mindestens 2 Mark für den Meter beschlos- ^ n. Der Verband deutscher Porzellansabriken hat eit dem 13. April einen weiteren Aufschlag von 50 ^roz. erhoben; gleiche Aufschläge sind seitens der Ver- ände der Glas- und.Steingutindustrie erfolgt. Ter Verband deutscher Schn Hw ar e n h ä n dler hat kürz­lich der Presse die Mitteilung gemacht, daß das Sinken der Häute- und Fellpreise durch die steigenden Löhne Hnd Gehälter mehr als ausgeglichen würde und an ein Billiaerwerden der Schuhe in diesem Jahr nicht zu den­ken fei. Die Preise der Cretonne-Stoffe sind an der Stuttgarter Börse vom 2. Februar bis 21. April 1920 vrn etwa 15 Proz. gestiegxn.

Durch die Sperrung des ,.Lochs im Westen" werden «Ine große Reihe von'Bedarfsartikeln wie Hemdenstoffe, Fettstoffe usw. nicht mehr eingeführt und die Folge dürste kein, baß in wenigen Wochen diese Artikel kaum noch zu staben sein werden. Ueberhaupt dürften für Textilien im Lauf des Scanners nicht unerhebliche Preiserhöhun­gen eintreten und sich schon in nächster Zeit ein Man- an Waren bemerkbar machen.

Die Kette dieser und ähnlicher. Beispiele ließe sich un­endlich verlängern und diese Tatsachen sehen leider nicht nachAbbau der Preise" aus. Ter Grund dafür, daß rür im Inland hergestellte Waren zunächst mit keiner Preissenkung zu rechnen ist, liegt in folgenden Tatsachen:

1. Fortdauernder Kohlenmangel in großen Teilen der Industrie, der durch die von der Entente-Kommission in pberschlesien geplante Kohlenverteikung katastrophal zu werden droht.

^ Sr Sperrung desLochs im Westen" und hierdurch nappheit in gewissen bisher eingcführten Waren. ^

E Steigende Preise für die wichtigsten Jnlandsrohstofse, Mmlich Kohle und Eisen.'

L. Fortgesetztes Steigen aTer Löhne und Gehälter, sowie sämtlicher Geschäftsunkosten (Transport- und Ver- Ucheningc svefen usw.).

^ 8. Internationaler Warenhunger und' Knappheit der sstohstoi-e im Inland.

' 8. Steigen der Preise für andere Rohstoffe, Zutaten Mrd Materialien. Zudem vergeht bei der Verarbeitung pnd V-redelnng der Rohstoffe eine Zeit von etwa 6 bis H Monaten. Eine Vcrbillianna der Rohstoffe kam: sich

im Einzelhandel also frühestens nach Ablauf dieser Zeit bemerkbar machen. Diese Verbilligung wird aber für Julandssabrikate nicht nur ausgeglichen, sondern über- trofsen durch erhöhte Preise für Löhne, Unkosten und Grundrohstoffe (Kohle und Eisen).

Wir stehen daher vor keinem Konjunkturrückgang, son­dern lediglich vor einer Verschiebung der Preisbildungs- saktoren und da sich in einem durch den Stand unserer Valuta isolierten Land die Warenpreise nicht nach An­gebot und Nachfrage richten können, bleiben die Ge­stehungskosten der wichtigste Maßstab für die Preis­bildung. Ferner ist ein grundlegender Unterschied zu ma­chen einmal für die Produkte, die verbranchsfertig ans dem Ausland herciukommen (z. B. Lebens- und Genuß­mittel) und bei billigerem Einkauf auch sofort billiger an den Konsum abgegeben werden können, auf der an­deren Seite für Rohstoffe, die einen uneridlich langwierigen und kostspieligen Verarbeitungsprozeß durchlaufen müs­sen (Textilien, Maschinen und Apparate, Eisen-, GlaS-, Porzellan- und Wirtschaftsartikel), ehe sie z. B. als fer­tiges Kleidungsstück oder Gebrauchsgegenstand in die Hand des Konsumenten gelangen. Der reelle Handel kann da­her für die nächste Zeit fertige Waren nicht billiger ans den Markt bringen, und die Ängstverkäufe, die von Spe­kulanten etwa vorgenommen werden, dürften nur eine vorübergehende ErfchmnuNg fern, me sich auf die Dauer und für die Masse der Konsumenten leider kaum merkbar machen dürfte.

Rerres vorn Tage.

Die Pntschsorgen.

Berlin, 1. Juni. Ein Vertreter desBcrl. Tage­blatts" erfuhr im Reichswehrministerium, die Regierung sei der gegenwärtigen Reichswehrtruppen sicher. Außer­dem verfüge sie über die Brigade in Döberitz und die Sicherheitswehr, denen gegenüber jeder Ueberrumpelungs- versuch als aussichtslos gelten müsse. Tie Nachrichten über Putsche von rechts oder links seien mit Vorsicht aufzunehmen. Die Landarbeiterbewegnng sei allerdings in ein radikales Fahrwasser gekommen, zahlreiche Guts­besitzer schicken ihre'Familien in die Städte, weil sie be­fürchten, daß die Landarbeiterbewegung gefährliche For­men annehmen könne. Die Regierung stehe der Ge­fahr aber nicht tatenlos gegenüber. General v. Seekt und der Reichswehrminister seien zurzeit dauernd unterwegs, alle Punkte, wo Gefahren drohen können, persönlich zu

Reichstvehrschulen.

München, 1. Juni. Gestern wurde hier die erste Jn- santerieschule der deutschen Reichswehr eröffnet. Nach einer Ansprache des Kommandeurs der Jnfanterieschnle, Oberst Lindemann, begrüßte Generat v. Möhl, der Oberbefehlsbaber des bayrischen HcereZteils, die ausge­stellten Schüler und Truppen und wies auf die hohe Be­deutung der neuen Militärbi.dungsanstalt hin. Im An­schluß hieran wurde die Pionierschulc eröffnet.

Eondergericht gegen Kriegsbcschuldrgte.

Berlin, 1. Juni. Aus Zürich berichtet dieDeutsche Atlg. Ztg.": Wie die Pariser Blätter aus Lille melden, hat das dortige Militärgericht Befehl erhalten, ein Ver­fahren in Abwesenheit gegen alle Deutschen einzuleiten, die irgendwelcher Kriegsverbrechen beschu'digt werden. Die­se Verfahren sollen ohne Rücksicht aus die in Leipzig stattfindenden Verfahren durchgeführt werden. Ausliefe- rnngsbegehren an Deutschland werden nicht gestellt, da­gegen sollen Verurteilte, sobald sie die französische Grenze überschreiten, verhaftet werden. Bisher sind etwa 50 An­klagen wegen Mord und Plünderung anhängig gemacht.

, 5 ' t» ^ e'vl- - r. 'k'» Ter frühere russische Minister des Zaren anonow

L,Uev5. sonders-hat die Leitung der Bewegung gegen.den Bolschewismus

Mal sich nicht wieder von "Berlin entfernen, sondern, wenn es sein müsse, den Kampf an Ort und Stelle aus­nehmen. Jeder Versuch der Störung der Ruhe, ob von rechts oder links, werde scheitern. .

General v. Reinhardt erklärte: Es stehen genü­gend verfassungstreue Truppen zur Abwehr bereit. Wenn jetzt irgendwo Truppenteile ausgelöst werden, so sträu­ben sich selbstverständlich die zur Entlassung kommenden Mannschaften und reisen zuweilen in kleinen Trupps allen­falls auch.nach Ostpreußen oder ähnlichen Punkten. Das erweckt den Anschein von bestimmten Mannschaftsbewe- gnngen, die an sich gar nichts Gefahrvolles zu besagen haben. Wenn anderswo Pntschanschläge vorbereitet wer­den, so haben die örtlich zuständigen Reichswehrkom­mandos daraus zu achten. Tic Brigade Döberitz hat mit der Bekämpfung von Putschvorbereitungen nichts zu tun. Sie steht als unmittelbare Reserve dem Reichs­wehrminister zur Verfügung und hat dort anszntreten, wo sich Widerstand gegen die Staatsgewalt zeigt, um Verfassungsbrüche zu vereiteln.

Bewaffnung der Arbeiter?

Berlin» 1. Juni.. Die Vertreter der Gewerkschaften stellten gestern in einer Versammlung die Forderung auf, daß der achte Punkt des Märzprogramms, Auflösung der gegenrevalntionären Truppenteile und ihre Ersetzung durch organisierte Arbeiter, sofort durchgefüht werde. E-tlaffmrgerr.

Berlin, 1. Juni. Nach demVorwärts" haben die Warenhäuser Wertheim und Tietz mit Massenentlassungen von kaufmännischen Angestellten begonnen. Bei Wert­heim sind an einem einzigen Tag 150 Kündigungen aus­gesprochen worden. Auch die Berliner Fachgeschäfte be­ginnen Mit Kündigungen.

Am letzten Samstag soll im rheinisch-westfälischen In­dustriegebiet l 015 000 Arbeitern gekündigt worden sein.

Putschgeriichte in Wien.

Wien, 1. Juni. Staatskanzler Renner hat heute dem ungarischen Gesandten erklärt: Der Staatsregierung der Republik Oesterreich liegen Nachrichten vor, daß an der Ostgrenze Deutsch-Oesterreichs ungefähr 1000 Offi­ziere österreichischer Staatsbürgerschaft organisiert sind, die gegebenenfalls in Oesterreich einznbrechen beabsich­tigen. Die österreichische Regierung ist auch unterrichtet, daß dieser Legion von der ungarischen Regierung ein Be­trag von 10'Millionen Kronen ausgeworfen worden ist. Sie erwartet eingehend Ausschlüsse über diese Vor­gänge, umsomehr als sie geneigt erscheinen, eine höchst bedauerliche Trübung der Beziehungen beider Staaten her- beizusühren.

Kraffin in London.

London, 1. Juni. Ter Abgesandte der Sovjetregie- rung in Moskau, Krass in, hatte gestern eine Unter­redung mir Lloyd George, Bonar Law und anderen Mi­nistern. Reuter meldet, daß die Minister vor allem die Freilassung der englischen Gefangenen verlangt haben; die Wiederaufnahme der .Handelsbeziehungen sei unmög­lich, solange die bolschewistische Werbung für die Welt­revolution fortgesetzt werde.

frühere russische Minister des Zaren

im Ausland niedergelegt. Sein Nachfolger ist dep gegen­wärtige russische Vertreter in London, Giers (Hirsch), ein Sohn des früheren Ministers.

Krieg im Osten.

London, 1. Juni. Nach derTimes" hat die polnische Gsaenoiiensive im Raum von Minsk eingcseyt. Minsk soll noch nicht von den Russen besetzt sein, sie seien in die Vorstädte cingedrungcn, hbben sie aber wieder geräumt.

Nach Meldungen oer volnischen Gesandtschaft in Ber­lin, ist der bolschewistische Vorstoß zum Stillstand ge­kommen. Die Stadt Berditschew sei von den Polen wieder besetzt. > ? '

Die persische Regierung hat gegen das Eindringen bolschewistischer Truppen in Persien bei der Sovjetregie- rung Widerspruch erhoben. Nach englischen Blättern ist darauf in Moskau eine Antwort in Teheran eingelausen, die andentet, daß die Roten Truppen möglicherweise ganz aus Persien zurückgezogen werden. (Sollte das mit Kcas- sin in London verhandelt worden sein?)

Nach Meldungen, die in London eingegangen sind, sollen zwei rote Regimenter in den Bezirk Eriwan (Ar-r meinen) eingerückt sein. -KHP ^

Allgemeine Wehrpflicht in Finnland.

Kopenhagen, 1. Juni.Berlingske Tidende" meldet ans Helsingfors, der Reichstag habe den Antrag aus Umbildung des finnischen Heerwesens in eine Volksmiliz abgelehnt und sich für die allgemeine Wehrpflicht, verbunden mit allgemeiner Arbeitspflicht in ge-j wissen Fällen, erklärt. :.. i

Gegen die Anarchisten.

Brittos Aires, 1. Juni. Die Regierungen von Ar­gentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Paraguay, Uru­guay und Peru verpflichteten sich, sich gegenseitig übev anarchistische Umtriebe in diesen Ländern zu unterrichten^.