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Nummer 77

^ilädsä, 0ien5wg, äen 6. ^prN 1920.

54 . )kckrgung.

Die Valuta der Mark.

Tie Rückwirkungen, die das Kappabenteuer und der Aufstand im Rnhrrcvier auf den Kredit der Marknote ausgeübt haben, lassen sich jetzt einigermaßen übersehen. Es kann festgestellt werden, daß die Mark von diesen Vorgängen weniger berührt worden ist, als unter anderen Verhältnissen zn erwarten war. Tie Knrsentwicklnng war folgende (in 100 Mark):

Friedcnskurse 2.1.19 11.3.20 13.3.20 Jetzt Kopenhagen Kronen 88,89 47,45 9^50 8,40 8,00

Stockholm Kronen 88,89 44,00 7,25 0,25 6,45

Amsterdam Gmden 59,25 38,40 3,90 3,20 3,70

Zürich Franken 123,45 60,00 8,05 7,10 7,90

Das Ausland zeigt also unverkennbar eine Zunahme des Vertrauens zur Marknote. Besonders bezeichnend ist hiefür, daß sich in der letzten Zeit der Kurs der deutschen Mark besser gehalten hat, als der Kurs des französischen Franken und der italienischen Lira.

Ihren Ausgangspunkt nahm die Widerstandsfähigkeit der Mark von dem' lebhaften Interesse, das die Ber­einigten Staaten für Marknoten, wie überhaupt für deutsche Werte, an den Tag legen. Während der Tage der Kapp-Negierung haben die Amerikaner umfangreiche Käufe in Reichsmark und deutschen Werten vorgenommen. Daher glauben die übrigen Länder an ein baldiges ameri­kanisches Hilssunternehmen für Deutschland. Sie haben sich in diesem Glauben auch durch das Stocken der deutsch­amerikanischen Kreditverhandlungen nicht bcirrcn lassen. Besonders in den neutralen Ländern stößt man überall auf die Auffassung, daß zwar an einen großen ameri­kanischen S t a a t s kr esi it an Deutschland nicht zu denken sei, daß aber Deutschland privat große Lebens­mittel- und Rohstoffkredite erhalten werde. Tse amerika­nische Volksströmung verlangt, angesichts des anhaltendcn Rückgangs der amerikanischen Ausfuhr als Folge des hohen Dollarknrses die baldige Einräumung von Valuta­krediten an Deutschland, zumal erfahrungsgemäß die Mo­nate vor der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten ein Nachlassen des einheimischen Handelsver­kehrs bringen, was die Wiedergewinnung des deutschen Absatzgebiets der amerikanischen Handelswelt besonders wichtig erscheinen läßt. Auch die englische Presse betont auffallend, daß der englische Handel, der in den Ueberseeländern schwer mit der Konkurrenz der amerika­nischen und japanischen Waren zu kämpfen hat, die ge­samte europäische Produktion, an erster Stelle aber die deutsche Produktion brauche, um sein Warenangebot in Uebersee möglichst reichhaltig gestalten zu können.

Beachtenswert ist ferner die Zurückhaltung im Warenha ndel. Die Kreise, die bisher so viel Waren­bestände, als irgendwie erreichbar waren, aufstapelten, kaufen augenblicklich nur das Notwendigste, weil der plötz­liche Rückgang einer Anzahl von Warenpreis.m ihnen zum Bewußtsein gebracht hat, welch großes Risiko' in den hohen Warenpreisen liegt. Diese Entwicklung hat auch zu einer Einschränkung der wilden Einfuhr von entbehrlichen und von Luxnswaren geführt.

Die italienische Lira und der französische Franken haben neue Valu ta einbußc erlitten. Tie Lira notierte am 1. April im freien Verkehr nur mehr 35 Cts., der französische Franken wurde mit 36 Cts. gehandelt. Das sind die niedrigsten bisher verzeichnten Kursnotierungen. Die Massenangebote in Lire und Fran­ken weisen darauf hin, daß man die Wirtschaftslage in Italien und Frankreich für sehr ernst ansieht.

Neues vom Tage. >-

Verabschiedung-er Offiziere.

Berlin, 5. April. Nach einer Verordnung der Reichs- regiernng werden aus den 31. März 1920 alle Offiziere, Sanitäts- und Beterinäroffiziere und Fähnriche des Uebergangshecrcs, der neutralen Zone, deS Abwicklungs- Wesens nsw. verabschiedet. Offiziere und Fähnriche, die vom l. Oktober 1919 bis 31. März 1920 aktiven Dienst getan haben, werden auf den 9. April verabschiedet. Nicht inbegriffen sind die in der Reichswehr haushaltmäßig eingestellten Offiziere.

Nene Mainlinie?

, München, 5. April. Der nengcgründete -Bayerische

Ordnungsblock", der sich bereits über ganz Bayern er­streckt, nimmt in einem Aufruf scharf gegen die Reichs- regierung Stellung; in dem Ausruf heißt es u. a.: Es geht znm EndkamPf zwischen Bürgerin m und T e rror, zwischen Roter Armee und Reichswehr, zwischen internationalem Pöbel und Nationalismus. Die Reichs­regierung, die gegen jeden Versassungsbruch von rechts flammend protestiert, beschützt jeden Verfassungsbruch von links. Die Reichsregiernng unterdrückt willkürliche Streiks nicht, die das Volk endgültig verelenden und dem Pöbel jederzeit jede Ordnung ansliefern. Die Reichsregierung macht sich eins mit den radikalen Bestrebungen. Sie un­terstützt dadurch den Klassenkampf, sie verläßt damit selbst die Verfassung. Worauf läuft das hinaus? Haben wir die Rätezeit vergessen, die wir schaudernd in Mün­chen erlebten? Die äußerste Gefahr droht. Der bru­talste Kampf bis aufs Messer wird uns angesagt. Es heißt jetzt, untergehen oder sich sammeln gegen den Um­sturz. Dazu bemerkt dieAugsburger Abendzeitung": Wenn es nicht gelingt, auch Norddeutschland endlich auf- und zusammenzurusen zum Kampf gegen den Bolsche­wismus, dann dürfen wir nicht davor zurückschrecken, eine neue Mainlin ie zu ziehen."

Tie Aammerwahlett in Bulgarien.

Sofia, 5. April. Gewählt sind 113 Agrarier, 48 Kom­munisten, 34 Demokraten, 15 Nationalisten,'7 Sozialisten, 7 Fortschrittler, 6 Radikale, 3 liberale und 3 Ghena- diewisten. Die Agrarier gewinnen 27 Sitze, die Sozialisten verlieren 30.

Der Streik in Italien.

Mailand, 5. April. Der Streik der Landarbeiter nimmt gefährlichere Formen an. Verschiedene Güter wur­den zerstört, die Gendarmerie hatte mehrfache Kämpfe zn bestehen. Von den Staatsangestellten sollen sich 77 000 im Ausstand befinden. Seit dem 2. April stehen 30000 Papierarbeiter im Streik. Nach demCorriere della Se­ra" streiken im Gebiet von Turin 50000 Metallarbeiter trotz des großen Entgegenkommens der Arbeitgeber. Der Avanti" meldet, in Genua seien 50000 Mann Truppen znsammengezogen. - c- . D 2F-P

Kopenhagen, 5. April. Der Reichstag wird aus den 14. April einberufen. Die Neuwahlen sollen am 22. April stattfinden.

Die dänische Bauernschaft hat de'm König ihre Hul­digung ansgedrückt; aus dem ganzen Lande und aus vie­len Städten gingen zahlreiche Telegramme ein, die dem König für seine Festigkeit dankten. Die radikalen- So­zialisten veranstalteten in Kopenhagen Umzüge und Pro­testkundgebungen. Ministerpräsident Liebe ist! ermäch­tigt, über das Königreich den Belagerungszustand zu verhängen. Die im Hafen liegenden englischen und schwe­dischen Schiffe haben die Versorgung mit Lebensmitteln zugesagt, sodaß der Generalstreik die Versorgung der Be­völkerung nicht gefährden würde.

London, 6. April.Times" melden, die Türken in Kleinasien unter Keniat Pascha haben Adabazar besetzt und stehen den englischen Streitkräften im Bezirk Jsmid gegenüber. In Konstantinoepl soll ein islami­scher Kongreß von Vertretern der Türkei, Aegyptens, Indiens und Persiens abgehalten werden.

Ereignifse im Reich, v -

Berlin, 5. April. Da die Aufständischen im Ruhr- gebiec sich nicht an das Bielefelder Abkommen gekehrt haben, hat Zivilkommissar Severing in Münster freie Hand erhalten. Aus dem Ruhrgebiet laufen fortgesetzt Bitten um Hilfe gegen die plündernden Banden ein. Dm Truppen rücken von Norden her gegen Duisburg und von Osten gegen Unna vor.

Reichskanzler Müller machte Vertretern der Presse gegenüber Mitteilungen über den Stand im Rnhrge- biel. Die Lage ist sehr ernst. Tie Regierung habe sich über acht Tage lang bemüht, eine friedliche Lösung herbei- znsjühren. Jetzt sei sie überzeugt, daß die Heilung von innen heiÄus nicht erfolgen könne. Besonders in Duisburg, Mülheim und Essen stehe es schlimm. Allen Notschreien gegenüber habe er (Müller) eine ge­wisse Zurückhaltung beobachtet,'da sie nur aus Kreisen der bürgerlichen .Parteien und der christlichen Arbeiter

kamen. Nun seien aber die Klagen auch von sozialistisches Seite eingegangen. Die ganze Bevölkerung würde den Einmarsch der Reichswehr als Erlösung betrachten.^ Un-, ter den Aufständischen befinden sich zahlreiche Bätsche«, wisten. Die Verhältnisse seien in der Presse bisher; viel zu günstig dargestellt worden.

Berlin, 5. April. Nach amtlichen Nachrichten hat in einer großen Anzahl von Orten, so in Elberfeld, Rem­scheid und Hagen hie Waffenäbgabe stattgefunden, doch nicht in genügendem Umfang, so daß sich noch immer! die Hälfte der Waffen in den Händen der Aufrührer be-, finden. In Duisburg, Dortmund und Bochum wird die Wasfenabgabe überhaupt verweigert. Die Behörden sind fast überall wieder in ihre Rechte eingesetzt, doch sind sie fortwährend den Schikanierungen der Aktionsausschüsse ausgesetzt. In Herne wurde das Rathaus gestürmt, Dinslaken ist von Reichswehrtrnppen besetzt worden. In Hamborn wird schwer gekämpft; auch Artillerie greift in den Kampf ein. Man hofft, heute noch Duisburg zn entsetzen. In Elberfeld glaubt man ohne militärische Mtion auszukommen. Auf Stsrkrade wa­ren Reichswehrtruppen im Anmarsch. Der Teil der Roten Armee, der die Stadt besetzt hielt, ist daraufhin geflüchtet. AuS Duisburg werden umfangreiche Plün­derungen vom >Läden und Lagern gemeldet. In Essen fluteten bedeutende Massen der Roten Armee zusammen. Sie verlangten, von der Stadtverwaltung gelöhnt zu wer­den, und wollten dann die Waffen abgeben. Die Stadtver­waltung hat dies abgelehnt. In Düsseldorf wurde er­neut der Generalstreik proklamiert, doch ohne viel Erfolg.

Esten, 5. April. Die Aufständischen haben verschie­dene Banden gebildet, die die Städte und das Land brandschatzen. Auf ihrem Rückzug nahmen sie die Ge­schütze mit, was darauf hinweist, daß sie den Kampf fort­setzen wollen.

Saarbrücken, 5. April. In Saarbrücken und Saar­louis fanden Versammlungen statt, die von vielen Tau­senden besucht waren. Es wurden gegen die französi­schen Bedrückungen Widerspruch erhoben und feierlich erklärt, daß alle Lockungen und alle Quälereien nicht im­stande sein werden, die Bevölkerung im treuen Festhalten am Deutschtum wankend zn machen.

Wilhelmshaven, 5. April. Das Reichsmilitärgericht hat angeordnet, die 600 verhafteten Seeoffiziere freizu­lassen. Sie sind noch in Hast.

Königsberg 1. Pr., 5. April. Der Hafenbetrieb ruht infolge des Streiks der Hafenarbeiter vollständig.

Plauen, 5. April. Im Vogtland hat der Voll­zugsausschuß des Arbeiterrats in Oelsnitz eine Be­kanntmachung veröffentlicht, in der zur Vermehrung der Arbeiterwehr aufgefordert wird und von zehn bekannten Oelnitzer Fabrikanten je 100000 Mk. zur Unterhaltung der Arbeiterwehr verlangt werden.

Paris, 5. April. Millerand erklärte dem deut­schen Geschäftsträger Mayer, die französische Regie­rung werde den Nachschub deutscher Truppen in die neutrale Zone nicht gestatten, sie werde aber die von Mayer vorgebrachten Gründe nachprüfen.

Das Nebereinkommen von Münster.

Esten, 5. April. Zwischen demKampszentralrat" und der Reichsregierung ist in Münster folgende Verein­barung getroffen worden: Die revolutionäre Arbeiter­schaft stellt bis 2. April, mittags, den Kampf ein, liefert die Waffen ab und läßt die Gefangenen frei. Die Regie­rung sichert für alle Arbeiter, die bis 2. April die Waffen mederlegen, volle Straffreiheit zu; sie verpflich­tet sich, den Ausnahmezustand und das Standrecht auf- znhcben, den Einmarsch der Regierungstruppen in das Industriegebiet zu verhindern, eine Untersuchung ge­gen General Wat4er wegengegenrevolntionärcr Betätigung" einzuleiten, alle am Kapp-Putsch Beteiligten zu cntwa f fnen und zu bestrafen, alle nicht un- bedingt zuverlässigen Militär-Formationen aufzu lö­sen und durch organisierte bewaffnete Ar­beiter zu ersetzen und die im Ruhrgebiet gebildeten Arbeite r räte, Bezirksräte und den Zentral­rat anzuerkennen. Außerdem verpflichtet sich die Regierung, die 9 Punkte der Berliner Gewerkschaftszen- tralc durchzuftrhren. , ,

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