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Nurymer 75

Vv'iläbsä, Vonnerstsg, äen 1. ^prN 1920.

54. Ikckrgsng.

' - - Ernste Lage.

Me Berichte, die über die Verhältnisse im rheinisch- westfälischen Industriegebiet einlaufcn, bestätigen, daß die Lage dort überaus ernst ist. Das Bielefelder Abkommen wird von den Ausrührern nicht angenommen und ist von ihnen sofort gebrochen worden, indem sie die Angriffe auf einzelne Teile der Reichswehr aufnahmen, wo sich günstige Gelegenheit bot, und indem die gewaltsame Bei­treibungen von Geld und Lebensmitteln fortgesetzt wurden. Von der Ablieferung der Waffen und Gefangenen, die in dem Abkommen verlangt wurde, ist keine Rede. Der Reichskanzler Müller und Reichswehrminister Geß- ler richteten am 28. März ein Ultimatum an den revo­lutionären Zentralrat oder dieRote'Regierung", mit der Forderung, daß bis 30. März, mittags 12 Uhr, das Bielefelder Abkommen seitens der Kommunisten ausge­führt werden müsse; nach Ablauf der Frist werde dem General der Reichswehr v. Watter freie Hand gegeben, die Ordnung wieder herzustellen. Die Antwort war eine Forderung, die Frist zu verlängern. Die Reichs­regierung ging darauf ein, wie aus den Mitteilungen des Reichskanzlers in der Nationalversammlung am 30. März hervorging. Müller erklärte, die Regierung habe beschlossen, alle unnötigen Schroffheiten gegen die Auf­rührerischen zu vermeiden; die Reichswehr dürste nicht! nach Arbeiterblut. Es sollen sofort -Lebensmittel in das Juoustriegcbier abgesührt werden, und die Bedingun­gen, die General v. Walter den Roten gestellt habe, seien gemildert worden. Die Regierung hoffe, die Ruhe mit Hilfe der vernünftigen Arbeiter wieder Herstellen zu können. , .

Aus der Gegenseite ging man nun aber zum Gegen­angriff über. Zu einem förmlichen Ultimatum an die Regierung, wie einige Blätter wissen wollten, scheint es nach den Versicherungen des Gemerkschaftsführ ns Le- : gien nicht gekommen zu sein, aber es ist der feste Ent- ! Muß der Konferknz der Gewerkschaftsvertreter, an die i Regierung folgende Forderungen zu stellen: 1. Bindende ! Zustimmung zu dem Bielefelder Abkommen; 2. Auf- ! Hebung aller darüber hinausgehenden Befehle und Maß- ! nahmen; 3. Entlassung des Generals Matter und Ein- ! räumung einer neuen Frist von 43 Stunden zur Ausfüh- ^ knng des Bielefelder Abkommens. Die Gewerkschaften : werden im Falle der Ablehnung den General- ! streik aufs neue verkünden. In einem Kabinetts- i rat wurde die neue Lage besprochen^ man kam aber zn > Kunem Schluß. Es wurde aber das sehr weitgehende Zu- ! ständniS gemacht, daß die Volkmachten des^Zivilstaats- nmissars Severiug dahin erweitert wurde!!, daß ! - Rnhrgebiet keine militärischen Unternehmungen statt- bcn dürfen, ohne seine ausdrückliche Erlaubnis, ich soll der Zivilkommissar darüber entscheiden, wer verhaften sei und ob die bereits Verhafteten fcstzuhal- oder frcizugeben seien. Seinem Ermessen soll es ner anbeimgestellt sein, Anhänger Kapps in Haft zu tilgen oder zu entlassen. Severing wird endlich er>^ mächtigt, für einzelne Städte und' Bezirke Zivil-Unter- : bevollmächtigte zn ernennen, die d-.n militärischen Stellen als politischer Berater bei gegeben sind. !

Ob es zutrifft, wie die Berliner Blätter an­nehmen, daß die Reichsregierung ihr Ultimatum vom ' 83. März tatsächlich ganz zurückgezogen habe, erscheint vorläufig zweifelhaft, entscheidend dürfte erst die neue ' Sabinettssitzung sein, die für Dienstag abenh anberanmt wurde, deren Ergebnis aber zur Stunde 'noch nicht be­kannt ist. Inzwischen haben sich die Reichswehrtruppen östlich des Ruhrgebiets in Bewegung gesetzt, ohne jedoch mik den Roten Truppen Fühlung ge,kommen zu haben. ^ Letztere sollen in funkentelegraphischer Verbindung mit i der Sovjetregierung in Moskau und der gegen Aalen ! vorrückenden Roten Armee stehen. j

' WTB. veröffentlicht über die Lage f'-lgende Mel- ! düngen:

In einer Besprechung von Vertretern der Arbeitsge­meinschaft freier Angestehtmverbänd', der Generalkom­mission der Gewerkschaften, der beiden sozialisischcn Par­teien und der kommunistischen Partei, der auch Arbeiter- vertreicr aus dem rheinisch-westfälischen Industriegebiet, sowie Vertreter aus Schleswig und Sachsen sowie Süd-, deutschlands beiwohnten, wurde ein neuer General­streik beschlossen; unbedingt für den Fall, daß der Ein­marsch in das Industriegebiet veranlaßt werden sollte, bedingt, falls das Ultimatum der Regierung nicht zurück- aezoaen würde. - -

Berlin, 31. März. Nach demBerliner Lokalanzei- ger" ist in Hagen der gestern früh verkündete Gene­ralstreik abgesagt worden. Gestern nachmittag sind Reichswehrtruppen vor Hamm eingetrosfen. In Bar­men haben die drei sozialistischen Parteien das Ulti­matum der Regierung mit der Verkündigung des Gene- ralstreiks im Wuppertal beantwortet. Tie öffentli­chen Betriebe arbeiten noch. Tie Waffen werden nicht abgeliefert.

In Bochum ist der alte Urbeiterrat durch einen ra­dikalen ersetzt, der den Generalstreik ausries. Auch in Dortmund ist der Generalstreik proklamiert worden.

Nach derVossischeiw-Zeitung" ist im Ruhrgebiet der Generalstreik an einzelnen Orten ausgebrochen, so in Bochum und Elberfeld. Durch Elberfeld ziehen zahlreiche Truppen der Roten, die zur Verstärkung der Front nach Norden und nach Duisburg gehen, ebenso einzelne Harden, die aufgelöst der Heimat zustrebcn. In Düsseldorf haben 205 Mann der zurückflutenden Ro­ten das Rathaus und Ständehaus besetzt und den Voll­zugsrat vertrieben. Sie haben nur eine kurze Herrschaft ausüben können. Aus dem Rathaus sind sie nach Ver­handlungen abgezogen, aus dem Ständchans haben her­anmarschierende Arbeiter s'eheransmanövriert". ^

Mn Bericht der Roten Armee aus Buer sWeMMi). stellt fest, baß bis T-ienstag Morgen noch keine Regie- rungstruppcn südlich der Lippe standen, doch stießen stark» Reichswehrpatrouillen im Lauf des gestrigen Tags nach Dorsten über, die Lippe vor. Dort sollen Rote Truppen- die Lippebrücke gesprengt haben. Reichswehrtruppen, die an anderen Orten den Liptzeübergang zu erzwingen such­ten, sollen nach spartakistlsckchr Darstellung geschlagen wür­den sein.

Ein Bericht des Wehrkreiskommandos Münster b.sagt, daß das Ultimatum der Regierung bei den Aufrührern, im allgemeinen keine Beachtung gefunden hat. An der Nordfront sind die Angriffe fortgesetzt und Verstär­kungen herangezogen worden.

Tie Eisenbahnbeamten und die christlich organisierten Arbeiter im Aufstandsgebiet sind gegen den spartakistischen Terror in den Generalstreik eingetreten. "Die Streikenden wollen aber gegebenenfalls Wasfentr/nsporte zum Wehr­kreiskommando nach Münster befördern.

Berlin, 31. März. Tie Reichöregjerung hat aus> Duisburg das nachstehende Telegramm erhalten: Die Lage in Duisburg hat sich so zu gespitzt, daß die Ordnung nur durch unverzügliches Eingreifen! der Reichswehr wiederhergestM werden kann. Rück-4 flutende bewaffnete. Massen haben die AuSgänge der Stad­besetzt und zwangen mit Gewalt die Werke zum Stillstand. In der Stadt selbst herrscht nach wie vor die Willkür einiger linkskommunistischer Elemente. Die Hoffnung, in der Stadt beim Zusammenbruch der Roten Front mit Polizei- und Ortswehr die Ordnung selbst wieder herzu­stellen, muß anfgegeben werden. Oberbürgermeister, Zen­trumspartei, Sozialdemokratische Partei, Deutsch dem. Partei.

Berlin, 31. März. DemBerliner Tageblatt" wird aus dem Haag gemeldet, daß am Sonntag ein belgi­scher Offizier und ein Beamter dem Spartakistenfnhrep Wildt in Duisburg eine Frist zur Räumung von Düis-^ bürg und Wahrung einer neutralen Zone von 10 Kilo­metern östlich des Rheins überreicht habe.

Münster, 31. März. Duisburger Banken berichten, daß der Vollzngsrat der Kommunisten in Duisburg sämt­liche Banken beschlagnahmt bat. In dem Kreis Lüding­hausen und Recklinghausen haben Rote Truppen geplün­dert und die Landwirte gebrandschatzt. Eins Eisenbahn­brücke bei Selm wurde gesprengt.

Falkenstein i. V., 30. März. TerRote Vollzugs­ausschuß" erläßt einen Aufruf an die besitzende Klasse, in dem beim eventuellen Einmarsch von Truppen mit der Proklamation des Generalstreiks und der Stillegung alter Betriebe, auch der lebenswichtigsten, gedroht wird. Sollte diese Maßnahme nicht genügen, um den Einmarsch der Rcichswehrtruppen zu verhindern, so werde lischt da­vor zurückgeschreckt werden, die Maschinen in den Fabriken zn zerstören und die Häuser der besitzenden Klasse sowie die Gebäude der Behörden in Brand zu setzen oder in die Luft zu sprengen. Zu diesem Zweck seien ein Brand- ausschnß und ein Racheausschuh gebildet, um beim Her­annahen der Truppen sofort in Tätigkeit zu treten und unter der besitzenden Klasse ansznräumen.

Magdeburg, 3l. März. Laut j,Magdebnrgischer Zei­tung" forderten die Kämpfe in Halle a. S. 270 Tote der Hivilbevölkeruna. hauptsächlich auswärtige Arbeiter, rum

^eil Russen. Die Verluste der 27 Tote und 95> Verwundete. h!

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Neues vom Tage.

Ter Getverkschaftsbund gegen den Generalstreik.

Berlin, 31. März. Der Deutsche E .verkschastsbund, umfassend die Gesamtverbände der christlichen Gewerkschaf­ten, der Deutschen Angestelltenverbände und der Beamten- und Staatsangestelltengewerkschasten, befaßte sich in ei­ner gestrigen Sitzung seines Vorstandes mit den an ver­schiedenen Stellen auftauchenden Absichten, einen neuen Generalstreik zu entfachen. Nach sorgfältiger Erwägung aller für einen solchen vorgebrachten Gründe vermochte die Leitung des Deutschen Gewerkschaftsbundes nicht an­zuerkennen, daß gegenwärtig ein neuer Generalstreik mit seinen für das Volks- und Wirtschaftsleben verderblichen Folgen zu rechtfertigen wäre. Nicht gewerkschaftliche Interessen, sondern linksradikale Macht- und Diktatur­gelüste seien es, denen die neuerliche Generalstreikbewe­gung dienstbar gemacht werden soll. Für die Mitglie­der des Deutschen Gewerkschaftsbundes lautet daher die Parole: Gegen den Generalstreik.

Berlin, 31. März. LautB. Z. am Mittag" haben in Berlin die zuständigen Gewerkschaften in Überein­stimmung mit den mehrheitssozialistischen und unab­hängigen Mitgliedern erklärt, daß ein Generalstreik noch nicht erwogen, geschweige denn angedroht ist. An der Generalstreikandrohung halten nur die revolutionären Ob­leute fest, wilde Vertreter einer von der Arbeiterschaft nur teilweise anerkannten syndikalistischen Richtung, die von Rechtssozialisten und Unabhängigen in den Gewerk­schaften nicht zu den Verhandlungen zugelassen werden. Bsrgleichsvorschlag der Metallindustricllen.

Berlin, 31. März. Ter Verband der Berliner Metall- industriellen hat nach demLokalanzeiger" dem Me­tallarbeiterverband das Angebot gemacht, den Arbeit­nehmern eine sofortige GeldbeihUe als Ersatz für den Lohnausfall an den Streiktagen zu zahlen, vorausgesetzt, daß die Arbeitnehmer bereit sind, zur teilweisen Deckung des Arbeitsausfalls durch den Generalstreik innerhalb der nächsten vier Monate 50 Stunden nachzuarbeiten. Tie Beihilfe werde auf den Lohn für diese Ueberstunden nicht anaerechrret. -

Ereignisse im Reich.

Berlin, 80. März. General v. L.üttwitz ist nach derVossischen Ztg." spurlos verschwunden. Die Kom­mandantur in Berlin hat einen Haftbefehl erlassen.

Berlin, 30. März. Einer amtlichen Bekanntmachung der Reichsregierung zufolge werden die den Militär- oberbesehlshabern erteilten Befugnisse zur Erlassung von Ausnahmebestimmungen und Einsetzung von Standge­richten zurückgezogen. Standgerichte bleiben nur in den Regierungsbezirken Düsseldorf, Arnsberg und Müncher so­wie im Westteil Thüringens bestehen.

Elberfeld, 30. März. Die sozialdemokratische Partei in Elberfeld verlangte von der Retchsregierung eine Ver­längerung 1er am 30. März mittags 12 Uhr ablaufen­den Frist zur Waffenniederlegung um drei Tage. Der Zeutralrat hat den Generalstreik beschlossen, will aber die Bielefelder Abmachungen anerkennen. Die Regierung antwortete, sie müsse auf dem Abkommen bestehen, dagegen sei von der Gegenseite noch kein Zeichen der Anerkennung zn bemerken.

Duisburg, 30. März. Unter den Arbeitern drohen Unruhen anszubrechcn, da die Betriebe nicht mehr aus­zahlen können. Der rote Vollzugsrat versucht eigene Geldnoten herzustellen und zwangsweise auszugeben. Die roten Soldaten haben schon zwei Tage nur den halben Sold bekommen.

Düsseldorf, 30. März. Die Stadtverwaltung wurde gizwangen, für die revolutionäre Sicherheitstvehr des Vollzngsrats 185 000 Mk. auszubezahlen. Eine Anzahl Bewaffneter verlangte weitere 200 000 Mk. Die Stadt­verwaltung mußte darauf noch 100000 Mk. dem Voll- zugsrat überlassen.

Karlsruhe, 30. März. Nach ausgefangenen Depe­schen haben die Kommunisten den 30. März als den Tag des allgemeinen Losschlagens bestimmt. Von Man n- he im und Stuttgart aus soll der Sturm in Süd- dcutschland einsetzen. Von Norddeutschland aus will inan die süddeutschen Kommunisten mit Maschinengewehren und Munition versehen, zunächst aber soll Frankfurt a. M. in ihüe Gewalt gebracht werden. Aus einem in russischer Sprache abgefaßten Brief aus Essen geht hervor, -ab alle Vorbereitungen getroffen seien. ---