T«1«»ach, S9. März. Die Diebstähle bei Gebr. Kiefer ZM- rum Teil schon aufgeklärt. Junge Burschen, denen die Vohen Löhne noch nicht reichen, suchten sich auf dem Wege des Diebstahls noch weiteres Einkommen zu verschaffen, damit sie »och mehr Viertel Wein trinken und noch mehr Zigarettle rau­che» können, Zeit dazu haben sie ja genügend. Aber immer tzvjri»er bewahrheitet sich das Sprichwort:Müßiggang ist aller ißWer Anfang."__

Stuttgart, 27. März. (Frauen im Gemeindcrat.) Bei den ,ten Gemeinderatswahlen sind in 45 Gemeinden des Landes Frauerl gewählt worden. Auf 11 Städte mit über 10 000 Einwohnern entfallen 21 weibliche Gemeinderäte und zwar auf Stuttgart 4. Ulm 3, Feuerbach, Ravensburg, Reutlingen, Schramberg, Tübingen je 2, Böckingen, Eßlingen, Gmünd, Heil- Monn je 1. Von den Gemeinden unter 10 000 Einwohnern wurden 34 Frarien gewählt.

Stuttgart, 27. März. (Neue amtliche Postwertzeichen.) Mir He« Uebergang der württembergischen Postverwaltung an das tleich am l. April werden die bisherigen Postwertzeichen für amtlichen Verkehr der Staatsbehörden wie im amtlichen Bezirksverkehr ungültig. Es werden neue amtliche Wertzeichen » bisherigen Markenbildes, jedoch mit dem UeberdruckDeut- Hhes Reich' eingcführt und zwar zunächst Freimarken zu 5, 10. SO, 30. 50 und 100 Pfennig, sowie Postkarten zu 10 Pfennig.

Stuttgart, 27. März. (Die Schätze einer Dirne.) Um die Reichtümer einer Prostituierten handelt es sich bet einem Ein­bruch, der am 3l. August vorigen Jahres in einem Hause der Llostergasse in Stuttgart verübt wurde. Der 21 Jahre alte Friseur Karl Haide hatte als Sohn einer Bedienungsfrau die Verhältnisse der Prostituierten T. kennen gelernt und dabei auch «fahren, daß diese in einer Kassette neben einem großen Bar­betrag zahlreiche Brillantsachcn aufbewahrte. Er erzählte da­bo« dem Elektromonteur Otto Cammerer, der der Meinung war, daß man da leicht vielverdienen" könne. Gemeinsam mit dem Mechaniker Wilhelm Roth von hier brach er im Einver- Pstndnis Von Haide in die Wohnung ein,, nachdem Haide sich Mvor vergewissert hatte, daß niemand anwesend sei. Die ge­stohlene Kassette enthielt neben 8000 Mark Bargeld eine goldene Armbanduhr, Brillantringe, Brillantohrringe, ein Brillant­kollier und eine Perlenkette im damaligen Gesamtwert von SO 000 Mark. Weitere 600 Mark Bargeld fanden die Diebe in <«er anderen Schublade "vor. Mit dem Raube machten sie sich Mte Tage. Jetzt hatte sich die Diebes- und Hehlergesellschaft in ««er ausgedehnten Verhandlung vor der ersten Strafkammer Stuttgart zu verantworten. Diese erkannte wegen des Dicb-

hls gegen .vaidc und Cammerer auf je 1 Jahr Gefängnis, «gen Roth unter Einbeziehung einer zurzeit verbüßenden Diebstahlftrafe von 2 Jahren Gefängnis auf eine Gesamtstrafe Mn 3 Jahren Zuchthaus und fünfjährigem Ehrverlust. Wegen Hehlerei wurde eine Reihe anderer Angeklagter zu Strafen von Luem Monat bis zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. (Und zur Sammlung solcher Reichtümer geben sich deutsche Männer her, «pfern Geld, Gesundheit und guten Ruf! Schriftl.)

Stuttgart, 29. März. (Vom Schwäb. Sängerbund.) Am Samstag fand in der Liederhalle eine außerordentliche Mit­gliederversammlung des Schwäb. Sängerbundes statt. Von den «ehr als 400 Vereinen, die im Bunde zusammengeschlossen Und, hatten 300 einen Vertreter entsandt. Der auf neuer Vrnndlage in demokratischem Geiste aufgebaute Satzungsent­wurf wurde gutgeheißen. Die Vereine, erhalten dadurch weit­gehende Selbstbestimmung. Zum Bundespräsidenten wurde wieder Oberbürgermeister Jäkle-Heidenheim gewählt. Das Nächste allgemeine Sängerfest des Bundes soll in Ulm statt- «uden.

Rottwell, 29. März. (Deutlich.) Aus dem Hegau wird »e,chrieben: Ein berufsmäßiger Schmuggler, der erst kürzlich «v^dem Kantonsgefängnis in Schafshausen entlassen und über Ne Grenze gebracht worden war, bot den Landwirten im Hegau >00 Mark für 100 Eier an. Diese Kreatur gehört an den Gal- a»n, denn eine Kugel ist zu schade für ihn. Wie dieSchwarz- Balder Burgerztg." hört, ist auch in einem Rottweil benachbar­te Bezirk ein Schweizer Eieraufkäufer in ähnlicher Weise tätig. Dem sollte das Handwerk gründlich gelegt werden!

Schramberg, 27. März. (Streik. Nicht übel.) Ein Teil

N» ein Werkführer mit mehreren Mechanikern hatte und wobei « gegen einen tätlich wurde. Die Mechaniker verlangen nun die Entlassung des Werkführers, worauf aber die Firma nicht ein- Zeht, da er über 30 Jahre bei ihr beschäftigt ist. Ein gestern beschlagnahmtes Schwein, das in das städtische Schlachthaus Verbracht worden war, wurde in der Nacht gestohlen. Von den Dieben hat man noch keine Spur.

Schramberg, 29. März. (Notzeichen.) In der Generalver­sammlung der Aktionäre der Gesellschaft Falzziegelei Alpirs- bach ist.die Auflösung der Gesellschaft beschlossen worden.

Aalen, 26. März. Ein Riesengewinn.) Bei dem in der «nanzausschußsttzung des Landtags vom 24. März erwähnten «chrottverkaufen in Wasseralfingen handelt es sich um einen §^^L^^°^E>^resgut-Verwertungsstelle, nicht des Hüttenwer­ke- selbst. Das Schrottmaterial stammte aus den Heeresliefer- »ngen des Hüttenwerkes und gehörte der Heeresverwaltung. Dmse hat un Laufe des letzten Jahres den Eisenschrott im Ge­wicht von 9000 Tonnen an die badische Sanitas-Gesellschaft m. b. H. in Liebenzell, deren Inhaber ein Herr Rotschild aus Pforzheim ist, zum Preise von 129.30 Mark pro Tonne, also »m den Gesamtpreis von etwa 163 700 Mark verkauft. Wie die ^rocherzeitung" berichtet, soll nun das Eisenschrott von dieser Gesellschaft um den Preis von 320 Mark für 100 Kilo, also mn 3200 Mark für die Tonne, nach dem Rheinland weiterver- Auft werden. La der Gesamterlös für 9000 Tonnen sich auf WB Millionen Mark belaufen würde, wäre mit diesem Handel »er ganz außerordentliche Gewinn von 27 636 300 Mark ver­bunden gewesen. Und dieser soll den Profitlern bleiben??

26- März (Schiebergut.) In der Pfalz wurden 6 Eisenbahnwagen Schiebergut, bestehend aus Waren im Wert von mehreren hunderttausend Mark, beschlagnahmt, das von Am, .9"? ins Ausland verschoben werden sollte. Die näheren Umstände dieser dunklen Geschäfte sind noch nicht ermittelt.

Tabakanbau unb Bolksernähruug.

Im württembergischen Landtag hat kürzlich bei den Bera­tungen über eine Eingabe der Tabakpflanzer der Abg. Oster er­wart: Die württembergische Regierung solle bei der Reichs- «gierung dahin wirken, daß die Anpflanzung von Tabak, der An Luxusartikel sei, mit Rücksicht auf die Volksernährung ver­boten und auch die Einfuhr unterbunden werde. Zum minde- Uen solle wder Raucher beim Kauf einer Zigarre eine Brot­marke abgeben müssen. Der Abg. Pflüger fugte hinzu, daß ge­rade der arbeitenden Bevölkerung mit dem Anbau von Nah- rnngsmitteln besser gedient sei als mit dem Anbau von Tabak, «er der Abstimmung zeigte sich, daß die Mehrheit des Hauses auf diesem Standpunkt stand. Jetzt, wo wir vor einer schlim-

Lnrecht^ ar? unseren^ 8^olk^' anpflanzen, ist einfach ein

Bade«.

Karlsruhe, 30. März. Die Wiedereröffnung des Per­sonenverkehrs an Sonn- und Feiertagen auf den badischen Ttaatseisenbahnen beginnt am Oster-Sonntag, den 4 April Am Karfreitag ruht der Personenverkehr noch. Der Verkehr wir- jedoch nur beschrankt ausgenommen, sodaß am Ostersonn- M>» nur Personenzüge Verkehren.

.^Ureiburg. 27. März. Der Pforzheimer Bijouteriewaren- fM»«ant Karl Friedrich W. hatte mit Unterstützung von 5 Per­

sonen Gold-, Silber- und Doublefabrikate von Pforzheim über Lörrach nach Basel zu schaffen versucht. Im Dienstauto des da­maligen Borstandes des Grenzverkehrsamtes schmuggelte em Chauffeur die wertvolle Fracht von Lörrach nach Basel, wo sie zum Teil verkauft wurde. In der Schweiz bekam nun der Fabrikant wegen unerlaubter Einfuhr eine Geldstrafe von 30 000 Mark. Die Freiburger Strafkammer verurteilte den Fabrikanten wegen unerlaubter Ausfuhr von Goldwaren zu 67 398 Mark.

Lörrach, 27. März. Der Volksmund hat für die neue elektr. Straßenbahnverbindung von Lörrach mit Basel eine originelle und treffende Bezeichnung geprägt: Wie derOberl. Bote" be­richtet, heißt die Straßenbahn im VolksmundeDer Valuta­schlitten."

Mannheim, 28. März. Auch in der Maschinenfabrik Jos. Vögele wünscht man revolutionäre Betriebsräte. Führende Arbeiter begaben stch in das Direktionszimmer und forderten Einsetzung der Betriebsräte mit einem Direktor an der Spitze. Darauf die Direktion: Wir setzen Ihrer Forderung kein Hin­dernis in den Weg. Sic können sofort unter Ihren Betriebs­räten arbeiten lassen, wenn der derzeitige Stand der Fabrik aus­genommen ist. Da aber unsere Beamten und Angestellten nicht unter einer solchen Leitung arbeiten, wird denselben mit den Direktoren ein Urlaub von einem Jahr gewährt. Darauf lange Gesichter und Abzug. Die Entschließung der revolutionären Betriebsräte steht noch aus.

Die Zeitungspapierfabriken liefern heute nur noch gegen bar innerhalb 4 Wochen und . zu ungeahnt hohen Preisen. Die laufenden Barmittel reichen bei nachträglichem Eingang des Zeitungsgeldes nicht aus, um den Verbindlichkeiten nach­zukommen. Dem Zwange gehorchend, werden wir deshalb vom 2. Vierteljahr ab, wie dies anderwärts und auch bei der Post üblich ist, den Abonnementsbetrag im voraus vnd zwar

monatlich

zun! Einzug bringen und hoffen auf verständnisvolles Ent gegenkommen.

Wir glauben durch dieses vereinfachte Verfahren den Wünschen der Mehrzahl unserer Leser zu entsprechen auch im Hinblick auf die durch die verteuerte Hcrstellungsweise der Zeitungen notwendig gewordene Bezugspreis-Erhöhung, von der sich keine einzige Zeitung ausschlietzen kann. Etwaige Abbestellungen bitten wir bei Nebcrgabe der letzten Nummer dem Trägerpersona! «itzuteilen, um unnötigen Papierver­brauch zu vermeiden. Annahme der ersten Monatsnnmmer gilt als Weitertzezug.

Im übrigen bittest wir auch bei den veränderten Bezugs­preisen uns Treue zu bewahren. Ohne Zeitung kann heute niemand mehr sein; Sparsamkeit ist hier am Unrechten Platze angewendet. Das heimische Lokalblatt ist in erster Linie dazu berufen, die Verbindung unter den Bezirksbewohnern zu vermittelst; sie über die Vorgänge in der engeren Heimat zu unterrichten, wie auch jenen, die in der Ferne weilen, Nach­richten aus der Heimat zu melden, das Band zu bilden, das die Heimat mit dem ferne Weilenden verbindet.

Geschäftsstelle desEnztäler".

Vermischtes.

Kirschenblüte. An der Bergstraße hat sich schon die Kir- jchenblüte entfaltet. Wenn die Blüte gut von statten geht, ist für das Jahr 1920 eine ergiebige Kirschenernte zu hoffen, denn die Bäume hängen dicht voller Tragsprossen. Auch die anderen Frühobstsorten, wie Mandeln, Pfirsiche, Pflaumen, Aprikosen und dergl. stehen in voller Blüte da. Die Apfel- und Birn­bäume versprechen ebenfalls viel. '

Die Jagd nach dem Pfennig. Seit einiger Zeit haben sich die Hamsterer auch auf den sonst so verachteten Pfennig gewor­fen, um ihn, mit bedeutendem Aufschlag natürlich, zu gewerb­lichen Weiterverarbeitungszwccken zu veräußern. Ueberall wer­den die Pfennige zurückgehalten, denn sie sollen einen 25fachen Nutzen bringen. Wo bleibt die Regierung? Wenn die Schieber alles verschoben haben, wird es sich zeigen, daß das Ausland mit dem billigen deutschen Geld das ehedem so reiche Deutsche Reich durch Aufkäufe aller Art recht arm gemacht hat.

Preise und Gehälter in Petersburg. Eine kurze Fahrt mit der Straßenbahn kostet zurzeit in Petersburg 12 Mark. Trotz­dem sind die Gehälter nach wie vor verhältnismäßig niedrig bemessen. So erhält eine Maschinenschreiberin 6400 Mark mo­natlich, ohne Lebensmittelzuschutz in Produkten. Die Rote- Kreuz-Schwester erhält 5200 Mark monatlich und eine Solda­tenration Lebensmittel täglich. Die russische Tagesration für Soldaten setzt sich gegenwärtig zusammen aus: ein halbes Pfund Pferdefleisch, ein Pfund Brot, ein Viertelpfund Grütze und etwas Zucker und Fett. Als in Petersburg kürzlich der Handel mit Lebensmitteln auf den Märkten verboten wurde, kam es auf dem Alexanderplatz zu einer förmlichen Schlacht zwischen Soldaten und Händlern, in deren Verlauf gegen 20 Personen getötet wurden.

Durchhaltestreichhölzer. DerAllgäuer Anzeiger" erzählt folgende nette Geschichtchen: Kaufte sich da kürzlich ein Kemp- tener Bürger eine Streichholzschachtel zu dein nachrevolutio­nären Preis von 35 Pfennig in der Meinung, ganz neue, unter den jetzigen hohen Produktionskosten erzeugte Ware", wie es immer so schön heißt, eingekauft zu haben. Aber welche Ueberraschung, als er zu Hause auf der Schachtel das Bild des alten Fritz erblickte und darunter den schönen Spruch:Es mutz das Jahrhundert stark und scharf hergehen, aber man muß die Ohren steif halten, und jeder, der Ehre und Liebe für das Vaterland hat, muß alles daran setzen. Friedrich der

3 Pfennige beliefen. So muß der alte Preußenkönig einen Preiswucher entdecken, den er wahrscheinlich zu Lebzeiten noch mit dem Krückstock aüsgetrieben hätte. Aber recht hat der alte Fritz doch: Es geht wirklich stark und scharf her auf dem Zündholzmarkt, und man muß die Ohren steif halten, wenn

Die Enttäuschung der Amerikanerin. Die Vereinigten Staaten sind das eigentliche Land der Frauenverehrung. Nir­gends genießt das weibliche Geschlecht eine so hohe Achtung und spielt eine so entscheidende Rolle in der Gesellschaft, eine Erscheinung, die hauptsächlich aus der besonderen Stellung zu erklären ist, die die Frau stets in Kolonialländern einnimmt. Nun sollte man meinen, daß die Amerikanerin glücklich und zu­frieden sei. Aber das ist durchaus nicht der Fall. Sie ist viel­mehr über ihre Behandlung durch den Mann enttäuscht. Diese Empfindung kam deutlich zum Ausdruck in einem Vortrag des spanischen Dichters Blasvo Jdanez, der in Amerika weilt. Der Spanier, der Sohn eines Landes, in dem seit uralten Zeiten die Gesetze derRitterlichkeit" hochgehaltett werden, äußerte seine Freude über denMinnedienst , den der Amerikaner dem schöneren Geschlechts weiht. Aber dieDamen selbst stimmten ihm durchaus nicht zu. Er hat, wie 'er bei einem Fest des Philadelphia-Nniversity Clubs mitteilte, von einer großen Anzahl amerikanischer Frauen die Erklärung erhalten, daß sie von dem kriechenden Wesen und der übertriebenen Höflichkeit der Männeer angeekelt sind. Allgemein behauptet die Damen­welt, daß ihnen das Herrschen langweilig sei und daß sie lieber von den Männern beherrscht werden möchten. Der Spanier gab daher notgedrungen den amerikanischen Männern den Rat, J»ie Frauen in der nächsten Zeit etwas schlechter zu behandeln. Sie wollen augenscheinlich derber ungefaßt werden!'

Die Koste» Ser Lebenshaltung.

Berlin, 26. März. ..uDie heutigen Preise der wichtigste« Lebensmittel werden bekanntlich seit vielen Jahren amtlich fest­gesetzt und allmonatlich veröffentlicht. Es werden dann die Er­nährungskosten eines Marinesoldaten festgestellt und daraufhin die Kosten des Lebensunterhaltes einer vierköpfigen Arbeiter­familie, bestehend aus zwei Erwachsenen und zwei Kindern, ermittelt. Für die Kriegszeit erstreckten sich die Feststellungen nur auf die rationierten Lebensmittel und deren Höchstpreise. Bedenke man nun, daß wir uns in den letzten Jahren, bst heute noch, nach u. nach quantitativ einschränken mußten u. für vieles, sehr vieles, das uns früher unentbehrlich schien, nichts auszugeben brauchten, so fällt der Unterschied zwischen einst und jetzt noch beträchtlich mehr ins Gewicht. Im ganzen Jahr 1914 stellen sich die wöchentlichen Ernährungslosten auf durch­schnittlich, 26 Mark. Aber schon im Januar 1915 wurden sie auf

29.65 Mark berechnet und stiegen jeden Monat höher. Im Januar 1916 betrugen sie schon 41.26 Mark, im Januar 1917: 53,67 Mark, im Januar 1918: 56,50 Mark, im Januar 1919:

63.65 Mark. Von da an ging die Steigerung noch rapider vor sich: im Februar auf 65 Mark, März 67,30 Mark, April 69,65 Mark, Mai 73,70 Mark, Juni 78,65 Mark, Juli 82,50 Mark, August 85.45 Mark. Im November war sie bei 98 Mark ange­langt! Soviel also muß jetzt eine vierköpfiae Familie nur für die wenigen rationierten Lebensmittel pro Woche aüsgeben, wenn sie sich so ernähren will, wie im Frieden ein Marineioldat ernährt wurde! In diesen Beträgen sind keinerlei Ausgaben für etwaige Schleichhandelswaren inhegriffen und keinerlei Hamsterpreise angesetzt. Ebensowenig die Kosten für anderwei­tige Bedürfnisse an Kleidung, Schuhwerk, Wäsche, Haushalts- bedürsnissc, Bücher, Spielzeug, Vergnügungen, Eisenbahnfahr­ten, Miete, Arzt und Apotheke usw., die ja noch ganz bedeutend höher im Preise stiegen und heute das Füns- bis Zehnfache betragen wie vor dem Kriege. Sehr beächtlich ist die gewaltige Steigerung von Monat zu Monat im Revolntionsjahr 1919, trotz der iK Milliarden, diezwecks Senkung der Lebensmittel­preise" bewilligt 'wurden. Und wir sind noch nicht am Ende! Die Kundigen sagen, daß alles noch teurer, noch viel teurer werden wird!

Neuere Nachrichten.

Stuttgart, 29. März. Die Forderungen der Gewerkschaften : und der Streikkommission haben auch den Bürgerrat Groß- Strtttgart zu einer Kundgebung veranlaßt. Er fordert die würt- temvergische Regierung auf, diesen diktatorischen Machtansprü- chew eines Standes ein kategorisches Nein entgegenzustellen, die eben beschworene Reichsverfassung getreulich zu. wahren und allen Versuchen, die Einwohnerwehren aufzulösen oder in ihrer Schlagfertigkeit zu beeinträchtigen, entschieden entgegenzutreten.

Der Bürgerrat erhebt nachdrücklichst Einspruch gegen etwaige Versuche, durch einen einseitigen Kampfruf gegen rechts den > Klassenkrieg zu verewigen. Nur die Sammlung aller Staats­bürger dürfe die Losung der Stunde sein.

Stuttgart, 29. März, Die Mehrheitssozialdemokratie Würt­tembergs hat die Proklamierung des neuen Generalstreiks ab­gelehnt.

Stuttgart, 29. März. Die Landesversammlung der U..S.P., die am Samstag und Sonntag in Stuttgart stattfand und von > 230 Delegierten besucht war, brachte nach einem Bericht in der Schwäbischen Tagwacht" erhebliche Gegensätze zutage zwischen dem radikalen Flügel unter Richard Müller und der gemäßig­teren Richtung. Das Urteil derSchwäbischen Tagwacht" gebt dahin:Der Verlauf der Landesversammlung zeigt, daß dre U.S.P. Wiirttembergs unbedingte Anhängerin des Rätesystems und der Diktatur des Proletariats ist.

München, 29. März. Die radikalen Betriebsräte des ober- vahrischen Bergbaus stellten, wie die München-Augsburger Abendzeitung mitteilt, neue Lohnforderungen, die bei einem Akkordzuschlag von 10 Prozent auf einen Tageslohn von 60 bis 65 Mark hinauslaufen. >

Plauen i. V-, 29. März. Der Falkensteiner Kommunist Hölz ließ heute in Plauen eine Bekanntmachung öffentlich anschlagen, in der er den Bürgerrat auffordert, die gestern von Hölz bei dem Kaffeehausbesitzer Trömel beschlagnahmte Summe von 100 000 Mark diesem zurückzuzahlen. Außerdem fordert er von dem Bürgerrat in Plauen wöchentlich eine Summe von 100 000 Mark für die in Bildung begriffeneRote Armee". Sollte die erste Rate bis Dienstag abend 9 Uhr im Schloß Falkenstein nicht eingetroffen sein, so hätten sich die besitzenden Kreise Plau­ens die daraus entstehenden Konsequenzen selbst zuzuschreiben Unterzeichnet ist der Anschlag mitDer rote Vollzugsausschuß".

Berlin, 29. März. Die Führer der drei Mehrheitsparteien haben am Schlüsse der heutigen Sitzung der Nationalversamm­lung für das neue Kabinett ein Vertrauensvotum eingebracht Der Antrag lautet:Die verfassunggebende deutsche National­versammlung billigt die Erklärungen der Reichsregierung. Die Nationalversammlung verurteilt den gegen Staatsordnung, Staatswohl, Verfassung und Nationalversammlung gerichteten verräterischen Aufruf und die Anstifter und Helfershelfer des Staatsstreichs. Die Nationalversammlung spricht allen Teilen des Volkes, die durch ihren gemeinsamen Widerstand die Ver­fassung geschützt haben, den Dank des Vaterlandes aus. Der Antrag trägt die Unterschriften von 315 Mitgliedern der Na­tionalversammlung.

London, 29. März. Einer DepeschL derTimes" aus Rot­terdam zufolge, sind die spartakistischen Erhebungen in West­deutschland, die Streiks in Holland und die Streikbewegungen der Bergarbeiter in England nach ziemlich sicheren Anzeichen auf einen großen methodischen Plan der Kommunisten zurück­zuführen, die hoffen, im kommenden Sommer die Weltrevolu­tion zu entfesseln.

Rufe zum Zusammenslchutz aller ordnungsliebenSeu Elemente.

Stuttgart, 29. März. Wie bekannt, haben Gewerkschafts­und Arbeitervertreter am Samstag mit der württembergischen Regierung ähnlich wie in Berlin, Vereinbarungen getroffen, die die gegenwärtige politische Lage klären sollten. Das Organ der Unabhängigen schreibt zu diesem Abkommen: Diese schwam­mige Erklärung der württembergischen Regierung beweist, daß sie mit den Militaristen unter einer Decke stecken. Nun ist es an der württembergischen Arbeiterschaft, zu beraten, was zu tun ist. 'Ernst, sehr ernst ist die Stunde. Wenn die Arbeiterschaft des Ruhrbeckens zum Verzweiflungskampf getrieben wird, dann droht vielleicht völliger wirtschaftlicher Tod. Wenn die Berg­werke vernichtet sind, dann muß Deutschland sterben! Wir - warnen!

Stuttgart, 29. März. DerSiaatsanzeiger" schreibt in einem amtlichen Artikel unter der Ueberschrist:Zusammen­schluß" zu den politischen Vorgängen im Lande selbst folgendes: Neben den Gewerkschaften der großen Städte haben auch andere , Erwerbskreise des Landes Anspruch auf Beobachtung, und es ' widerspräche den elementarsten Grundsätzen der Demokratie, sie ausschalten zu wollen. Wenn man von der Bürgerschaft im weitesten Sinne des Wortes verlangt, daß sie der demokratisch­republikanischen Staatsform treu bleibt, so muß sie bei ihrer Verteidigung geschlossen mitzuwirken Gelegenheit haben. Auch bei uns in Württemberg sollte die Entspannung der Lage Ver­anlassung zu einem noch engeren Zusammenschluß aller ehrlich demokratisch gesinnten Volksteile geben.

Stuttgart, 29. MäA. Die württembergische Bürgerpartci sieht sich zu folgender Erklärung veranlaßt: Württembergische Gewerkschaften haben an die württembergische Regierung die Forderung gestellt, sich den bekannten neun Punkten, die die Berliner Gewerkschaften ausgestellt haben, zu unterwerfen. Diese Forderungen bedeuten die Ausrichtung einer gewalttätigen Ne- : benregierung, die Entrechtung aller anderen Berufsgruppen t zu Gunsten der sozialistischen Gewerkschaften und damit den k