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Nr. 147.

Amis- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

96. Jahrgang.

«-inunaSwet 1«- vmalwb-tzentlich. Luzeigenprets: Tlr klklnspalUzcZ-il-MPfa.

Me?r. Aus Lammelanzeig«» komnit «UI Zuschlag »an IM»/, girnspr. g.

Dienstag, 28. Juni 1S21.

Bezugepiei«: In der Stadt mit TrSgerlohn Wk. 12,80 oirrteliührUch. preis Mk. 12.80 mit Bestellgeld. Schluß d«>

. . Postbezug», er Anzeigenannahme s Uhr »orinittag».

Deutscher Reichstag.

Ain die deutsche Handelsflagge.

Atrli», 27. Juni. Rach Erledigung einiger geschäftlicher Ange- liMhkiten nahm der Reichstag heute in zweiter Lesung einige Rach- Il-zsttats an und zwar den des Reichsministcriums für Wicderauf- da, des Reichsarbcitsministcriums mit einen, Antrag Hoch (Soz.), tu eine Million Mark als Beihilfe zur Schulung von Betriebsrats- Miedern auswirft, sowie den des Reichsveckhrsministeriums. Dann irat das Haus in die Beratung eines schleunigen Antrags der Rrchirn, des Zentrums und der Demokraten ein betreffend die Außer- klastsitznng der Anordnung des Reichspräsidenten über die deutsche N«e vom 11. April ds. Js. In der sehr ausgedehnten Debatte mchien die Antragsteller geltend, daß die neue Flagge geeignet sei. dm überseeischen Wiederaufbau zu gefährden und daß sich alle see­männischen Kreise, darunter selbst die sozialdemokratischen Senatoren im Hamburg und Lübeck, und die Arbeitnehmer der Reedereien, so- «>ie dir Ausländsdeutschen für die Beibehaltung der alten Handels- ß-ggr ausgesprochen hätten. Die Frage sei keine politische, sondern line rein flaggentcchnische. Demgegenüber wurde aber von den Red­nern drr sozialistischen P' ' betont, daß die Gesamtheit des Vol­ks rin Interesse daran . , daß die Flagge der Republik auch draußen gezeigt werde. Die deutschen Waren würden, nach ihrer Qualität beurteilt, nicht nach der Flagge. Bei der Flagge handele iS sich Grunde am den Kampf der Flagge der Monarchie gegen die der Republik. Bei der schließlich auf Antrag der Rechten vor- Mommeneii nrmentlichen Abstimmung stimmten von 246 anwesende» Abgeordnete,, 126 für und 121 gegen den Antrag bei 5 Stimm­enthaltungen. Demnach bleibt also die Anordnung des Reichspräsi­denten in Geltung, wonach die Handelsflagge schwarz weiß-rot mit der Eckeneinfügung in den Reichsfarbcn autzgrführt wird. Für die morgen Aachmittag 2 Ilhr beginnende.Sitzung stehen Anfragen und Nachtragsetats ans der Tagesordnung.

Der Neichsinne,Minister

über die Entwaffnungsfrage.

Berlin, 27. Juni. Im Hauptausschuß des Reichstag erklärte Reichsminister des Innern, Dr. Gradnauer, daß das Reichs- Mhnninisterinm eine Bedrohung der ostpreußischen Grenze auch säe möglich haste. Der Kanzler habe sich dafür eingesetzt, daß baldigst der Abbau des Ausnahmezustands erreicht werden »wge. Die Regierung sei durchaus gewillt an dieser Zusage sestzuhalten. Aber cs lasse sich nicht verkennen daß der Weg schwierig sei. In der Provinz Sachsen steht der Oberpräsident 1B. aus dem Standpunkt, daß in gewissen Teilen der Provinz tie völlige Beseitigung des Ausnahmezustands noch nicht emp­fehlenswert sei. In Bayern sei die Belastungsprobe sehr schwer gewesen. Aber auch hier werde man, so bald die Ent- "assnung und die Auskösungssrage geregelt sei. zu einer nor­malen Lage zurückkehren können. Hinsichtlich der Orgesch sei « auf Grund des Ultimatums selbstverständlich Pflicht der Landesregierungen, die nötigen Schritte zu tun. um zur Durch­führung der Bestimmungen zu gelangen. Die Strafbestimmun- M beruhten auf dem Gesetz vom 22. März. Der Minister be­baute dann nochmals, daß von der Reichsrogierung in Württem­berg überhaupt nichts veranlaßt worden sei und der Ausnahme- O°nd dort nicht besteht.

Die Auflösung der bayrischen Einwohnerwehren.

Berlin, 28. Juni. Nach einer Blüttermeldung aus München . die bayerische Regierung sogleich den Erlaß der Reichs- regieiung zur Auflösung der Einwohnerwehren dein Register- "d« zugehen lassen, der die Löschung der Organisationen im ^reinsregister vollziehen und bekanntgeben wird. Die bayr­ische Einwohnerwehr würde darauf den Beschluß fassen, sich .st auszulösen, sodaß weitere Maßnahmen der Regierung sich «übrigen.

Zur Lage in OLerfchlefien.

- Die Räumung.

' 20' 3>mi. Die gestrigen Räumungsarbeiten führten b/ ^.^achung mehrerer Gleise des Rangier-Bahnhofs für " Güterverkehr. Der Schaden wird auf zirka 58 Millionen !om schätzt- Von glaubwürdiger Seite verlautet, der Kreis- roiieur sei gegen die Repressalien der Polen gegen die ! """Schaft eingeschritten, worauf die Verhafteten aus besetzt wurden. Auch die verhafteten Eisenbahner °"'d-n steig-lassen.

gini-n^!* 2uni. Im südlichen Bezirke rücken die Jnsur- Inraenl r beit gestern nachmittag wird der Abbau der Jn- boribs,s>"n "b und die Aufhebung der einzelnen Ortsquartiere Met m'l!' Kandrzin, Kattowitz und dem Jndustrie-

>rd mit einigen Zügen der Verkehr aufrecht erhallen.

Berlin 28. Juni. Wie derBerliner Lokalanzeiger" aus Beuthen meldet, ist «in Teil der in Rosenberg zusammenge­zogenen Insurgenten mit Waffen und Munition in der Rich­tung nach Deutsch-Pieker adgezog. In Kattowitz haben die Insurgenten den Südpark geräumt.

Nach einer Meldung derDeutschen Tageszeitung" ist in dem zwischen dem General Höfer und dem General Henniker abgeschlossenen Räumungsabkommen vorgesehen, daß der pol­nische Rückzug durch englische Kommissionen nachgeprüst werden soll. General Höfer hat darauf bestanden, daß die Räumung Zug um Zug erfolgen muß und erklärt, daß der Selbstschutz nicht tatenlos zuschen wird, falls die Polen über das vom Selbstschutz geräumtze Gebiet herfallen.

Berlin, 28. Juni. Wie dieVosfische Zeitung" meldet, vollzieht sich der Rückzug des deutschen Selbstschutzes in Oberschlcfien ohne Störung. Vereinzelte Versuche jüngerer Offiziere, sich dem Rückzugs­befehl des Generals Höfer entgegenzusehen, wurde von älteren Offi­zieren mit Erfolg cntgegengetreten. Es ist airzunehmen, daß zur vor- geschricbeiien Zeit die erste Linie des Räumungsplans von allen deutschen Kräften erreicht sein wird.

Korfantys Täuschungsmanöver.

Gleiwitz, 26. Juni. (Verspätet erngetroffcn.) Vertreter des oberschlesischen Berg- und Hüttenwesens in Gleiwitz und Hin- denburg haben an Lloyd George und Giolitti ein Telegramm gesandt, in dem es heißt: Zuverlässig erfahren wir, daß dir Interalliierte Kommission mit Korfanty über die Räumung des Industriegebiets verhandelt. Nach unseren Informationen be­steht kein Zweifel, daß diese Verhandlungen von Korfanty in unehrlicher Absicht geführt werden. Trotz Korsantys Zusage, das Industriegebiet von Truppe» zu räumen, hat er die feste Absicht, sein gesamtes Kriegsmaterial an der polnischen Grenze t» Sicherheit zu bringen und seine militärischen Organisationen in einer verschleierten Form, zum Teil als Ortswehrcn, aus­recht zu erhalten. In Znsurgentenkreise« wird bereits von dem vierten Aufstand gesprochen. Es besteht auch die Absicht, durch Verzögerung der Räumung eine Amnestie für die In­surgenten und ihre Schandtaten zu erzwingen. Wir fordern dringend entscheidende Maßnahmen zur schnellen Nieder­werfung des Aufstands, der das oberschlestsche Wirtschaftsleben vernichtet. In diesem Verlangen wißen wir uns einig mit der gesamten oberschlesischen Industrie.

Vergebliches Leugnen der Franzosen.

Berlin, 27. Juni. DieAgence Havas" bezeichnet den vom Berliner Lokalanzeiger" veröffentlichten Geheimbericht, de» General Lerond an die französische Mission in Berlin gesandt haben sollte, für in allen Teilen erfunden. Demgegenüber stellt derLokalanzeiger" fest:

Es ist sehr verständlich, daß die französischen Amtsstellen angesichts des mehr als bloßstellenden Tatbestandes, der in ihm zu Tage tritt, mit allen Mitteln die Existenz dieses Geheim­berichts in Abrede stellen. Wir begnügen uns demgegenüber im Augenblick damit, aus unsere Erklärung hinzuweiscn, daß die Echtheit dieses Berichts feststeht.

Fortdauer der polnischen Gewalttaten.

TarnonNtz, 27. Juni. In der am 22. Jnui abgehaltenen Sitzung des Magistrats, die von dem von Korfanty zwangsweise eingesetzten kommissarischen Bürgermeister, Apotheker Kaida aus Radzionkau» geleitet wurde, stellte der ebenfalls dem Magi­strat zwangsweise zugeteiltc polnische Bürgermeister von Ecor- genberg, Benkowski, den Antrag auf Zahlung einer Kontri­bution von 460 006 Mark mit der Begründung, daß die Stadt für die Beherbergung des Bastardtums der preuß. Bureau- kratie eine Strafe verdiene, deren Hohe ursprünglich auf zwei Millionen festgesetzt worden sei. Nur der Einwirkung der polnischen Bevölkerung sei die Herabsetzung dieser Strafe aus 460 000 Mark zu verdanken. Gaida gab noch zur Begründung an, daß dieser Betrag für die Zahlung der von dcr Front zuruckkehrenden dienen solle. Die Stadt Hinenburg soll die Deckung der Jnsurgentensteuer durch eine Erhöhung der Ge­werbesteuer um SO As aufbringen.

Beuthen, 27. Juni. Heute vormittag 11 Uhr passierte ein Zug bewaffneter Insurgenten auf zwei Kraftwagen und einem Panzerkraftwagen die Hauptstraßen der Stadt. Der Panzer­kraftwagen, der gemalte Totenköpfe zeigte, war mit einem Maschinengewehr bewaffnet. Die französischen Besatzungstrup­pen ließen die Kraftwagen ungehindert die Stadt passieren.

Berlin, 27. Juni. Blättermeldungen aus Obcrschleflen zufolge gibt man sich dort keinen allzu großen Erwartungen hin hinsichtlich der Ausführung des Räumungsabkommens durch die Polen. Nach einer Meldung desTageblatts" haben die Polen entgegen dem Ab­kommen den Güterbahnhof Gleiwitz erneut besetzt. LautLokal- anzeiger" berichten polnische Ucberläufer, daß >n dcr Gegend von

Hindenburg noch jetzt eifrig an der Aufstellung einer polnischen Schwadron, einer Ersahschwadron und dreier Jnfanteiiekompagnien gearbeitet werde. DerLokalanzeiger" meldet aus Oberglogau Zusammenstöße zwischen den Insurgenten und den Engländern im Industriegebiet. Von Gleiwitz aus werde ein polnisches Flugblatt verbreitet, worin den Engländern empfohlen wird, schleunigst aus' dem Industriegebiet zu verschwinden, da die Insurgenten die Eng­länder und Italiener in die Mitte nehmen und entwaffnen würden.

Berlin, 27. Juni. Nach Meldungen der Abendblätter aus Hin­denburg verhafteten die Insurgenten den Vorsitzenden der Ortsgruppe Zäüorze des Verbands hcimattreuer Oberschlesier, den Lehrer Go- lanoski, ferner den Oberbergrat Steinhoff und 4 andere Personen. In Jdaweichen wurden der deutsche Plebiszitunterkommissar v. Nico­lai und der Großkaufmann Blasen von den Insurgenten verschleppt.

Die angebliche bolschewistische Agitation.

Berlin, 28. Juni. DerBerliner Lokalanzeigcr" berichtet über eifrige Tätigkeit bolschewistischer Agitatoren in Ober- schlesien. Die Bolschewisten treten in den Reihen der Insur­genten den polnischen Agitatoren scharf entgegen. Sie ver­suchen auch, die englischen Soldaten für ihre Ideen zu ge­winnen. Darauf wird zurückgesllhrt, daß die Engländer zahl­reiche Ablösungen ihrer Leute vornehmen. In den letzten vier Tagen sind etwa 60 Schotten aus Oberglogau abbesördrrt worden.

Ernste Folgen des Ausfalls der Kohlenlieferunge« aus Oberschlesten.

Berlin, 28. Juni. Wie die Morgcnblätter schreiben, führt das fortdauernde Ausbleiben der Kohlenlieserungen aus Ober­schlesien allgemein zu einer anhaltenden Entblößung Deutsch­lands von irgendwelchen Kohlenreserven. Die Gasanstalten im Reich können nur mit durchschnittlich 60As ihres eingeschränkten Kontingents beliefert werden. Die Elektrizitätswerke haben Abschaltungen von Industrien und» Stromsperren vornehmen müssen. Zum Teil sind die Rücklagen, die für den Getreide­drusch bestimmt waren, angegriffen und aufgebraucht. Auch dis Kohlenbestände der Reichseisenbahn sind erheblich zurückge­gangen. Desgleichen macht sich ein scharfer Mangel an Bunker- kohle geltend. In Hamburg liegen infolgedessen über 50 Kähne fest, die mit Getreide und Lebensmittel nach Berlin und Schlesien bestimmt waren. Ebenfalls liegen in Breslau, Odcr- berg, Fürstenberg, Berlin, Spandau, Havelberg und Branden­burg zahlreiche Schleppzüge, insbesondere Lebensmitteltrans- porte, fest. _ _

Zur auswärtigen Lage.

Aufforderung Ungarns zur Räumung des westungarifchen Gebiets.

Wien, 27. Juni. Die Parlamentskorrespondenz erfährt von unterrichteter Seite, daß die Ententemächte an die ungarische Regierung eine Note gerichtet haben mit der Aufforderung, darauf zu achten, daß bei der Räumung des Oesterreich zngc- sprochenen westungarischen Gebiets keinerlei Ausschreitungen stattfinden und daß ein etwaiger Versuch, sich der Vollziehung des Friedensvertrags von Trianon zu widersehen, nicht unter­stützt würde. Oesterreich sei von der Entente ausgefordert worden, einen Vertreter für die Grenzfestsetzungskommisflon in Ungarn zu bestimmen.

Kabinettskrisis i« Italien.

Rom, 28. Juni. In der gestrigen Nachmittagssitzung der Kammer teilte Giolitti mit, daß er infolge der vorgestrigen Ab­stimmung und der kleinen dabei erzielten Mehrheit, deren politischer Wert durch die während der Debatte gemachten Vor­behalte noch vermindert werde, der Ansicht sei, daß diese Ab­stimmung der Negierung die zur Lösung der gegenwärtigen ernsten Fragen notwendige Stärke nicht gebe. Das Ministe­rium habe deshalb dem König sein Rücktrittsgesuch überreicht, der sich die Entscheidung Vorbehalten habe. Die Regierung werde bis zur Erledigung d.er laufenden Geschäfte auf ihrem Posten bleiben.

Verständigung im englischen Bergarbeiterstreik?

London, 28. Juni. Das Rcutersche Bureau meidet von ge­stern: Die Konferenz der Bergwerksbesitzer und der Bergarbeiter vertagte sich um 8.30 Uhr. Die Delegierten werden um 10 Uhr mit Lloyd George zur Besprechung der Regierungssubvention Zusammentreffen. Zuständigcrseite wird erklärt, daß hinsicht­lich des Uebereinlommens mit der Regierung über die Sub­vention ein vorläufiges Uebereinkommen erzielt worden sei, demzufolge die Arbeit am 4. Juli wieder ausgenommen wer­den soll.

Die antibolschewiftische Bewegung in Rußland.

London, 27. Juni. DieMorning Post" meldet aus Reval, daß in Rußland ein großes Komplott gegen die Sowjetrcgirrung entdeckt