Nr. 108.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

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NMainen Mi. L. Auf Sammelanzeigen kommt «in Zuschlag von 10»°/. Fcrnlpr,9.

Donnerstag, 12. Mol 1921.

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Bezuggprei«: In der Stadt mit! pre>» Mk. 12.90 mit Bestellgeld. Schluß

96. Jahrgang.

»n I8k. 12.90 vierteljährlich. Postbezugs- )er Anzeigenannahme S uhr vormittag-.

Nach der Annahme des Ultimatums

Der Wortlaut der deutschen Antwort auf das Ultimatum.

Berlin, Li. Mai. Amtlich wird gemeldet: Der deutschen Notichaft in London ist in der vergangenen Nacht folgende ziele zur Uebermittelung an Lloyd George telegraphisch über­sandt worden: Auf Grund des Beschlusses des Reichstags bin ich beauftragt, mit Beziehung auf die Entschließung der alliierten Mächte rem 5, Mai 1921 namens der neuen deutschen Regierung folgendes wie verlangt zu erklären: Dlc deutsche Regierung ist entschlossen: 1, Ohne Vorbehalt oder Bedingung ihre Verpflichtungen, wie sic von der Reparationskommissioii fcstgestellt sind, zu erfüllen; 2. ohne Vorbehalt oder Bedingung die von der Reparationskommisston hin­sichtlich dieser Verpflichtungen vorgcschriebenen Garantiemaßnahmen «nzunehmen und zu verwirklichen; 3. ohne Vorbehalt »der Verzug die Maßnahmen zur Abrüstung zu Lande, zu Wasser und in der Lust «aszufiihren, die ihr in der Note der alliierten Mächte vom 28. Ja­nuar IM notisiziert worden sind, wobei die rückständigen sofort und die übrigen zu den vorgeschriebenen Zeiten auszuführen find; 4. ohne Vorbehalt oder Verzug die Aburteilung der Kriegsbeschuldigtrn burchzusühren und die übrigen unersüllten im ersten Teil der Rote der alliierten Regierungen vom 5. Mai envähnten Vertragsbestim­mungen auszusühren. Ich bitte, die alliierten Mächte von dieser Er­klärung unverzüglich in Kenntnis zu setzen, (gez.) Dr. Wirth. Die gleiche Rote ist nach Paris, Rom, Brüssel und Tokio gesandt worden.

London, 11. Mai. Der deutsche Botschafter hat dem Premier­minister heute um 11.15 Uhr vormittags dir deutsche Antwort auf bas Ultimatum der Alliierten überreicht.

Lloyd George triumphiert.

Londo«, 11. Mai. (Reuter.) Lloyd George verlas im Unter­haus die Antwort der deutschen Rcrgierung auf das Ultimatum der Alliierten, in der die Forderungen der Alliierten bezüglich der Re­parationen, der Garantien, der Entwaffnung und des Verfahrens «egen die Kriegsbeschuldigten bedingungslos angenommen werden. Lloyd George sagte, er habe sofort allen beteiligten Regierungen telegraphiert und fügte hinzu: Dies ist die vollständige Annahme aller Forderungen. (Lauter, anhaltender Beifall.)

Das wirtschaftliche Erpressungsgesetz ^ wird nicht aufgehoben.

London, 12. Mai. (Unterhaus.) Auf die Anfrage Bottom- leys, ob im Hinblick auf die Mitteilung Lloyd Georges von der Annahme des Ultimatums durch Deutschland das deutsche Re- pnraüonsgesetz aufgehoben werde, antwortete Lloyd George verneinend.

Gewalt trotz allem?

Paris, 11. Mai. (Havas.) Briand, sowie die Minister der Fi­nanzen, des Kriegs, der Marine, der öffentlichen Arbeiten und der «ksreiten Gebiete, außerdem Marschall Fach und General Woygand Men heute unter dem Vorfitz des Präsidenten Millerand im Elysee Wianimen. Der Gegenstand der Konferenz war die Prüfung der «aßnahmen, welche zur Durchführung der interalliierten Erklärung am h. Mai nötig sind. Solche Maßnahmen find im Falle der An- vahm« deS Ultimatums vorgesehen für die Entwaffung zu Lande, im See und in der Lust. Auch die Durchführung der finanziellen «aßnnhmen wurde geprüft.

Toulon, 11 . Mai. (Havas.) Truppen der 2. Kolonialdiviston "stßkn im Laufe des Vormittags Toulon, um mit Extrazügen ach dem Rheinland befördert zu werden.

Nasche Arbeit der Reparationskommiffion.

bin« r n ^"dos meldet: In Voraussicht auf eine be-

gungslose Annahme des Ultimatums hat die ReparationSkom- °n sofort di« Ausgabe der ersten Rate der deutschen Schuldver- lbie « ^ ^ Betrag« von 12 Milliarden Goldmark vorbereitet, bleiä - Ü* werden di« Aufschrift tragen: Schuld des Deutschen Ar. Der kleinste Abschnitt wird über S00 Mark lauten, kn D ^Eonskommission ist gestern nachmittag zusammengetre- imn ..ft" Vertreter der Vereinigten Staaten, Boyden, nahm kanmum!" , ? *"^«r an den Beratungen teil. Die Reparations- rvMn^k die Abschätzungsarbriten für die deutschen Lief«, bvlchiben « 9 ^ Artikels 2S5 des FriedensvertragS fort. Ab-

k-hlen dem .Temps" namentlich noch dl« über die

Schiffe o bmückgelassene Kriegsmaterial und die ausgelieferten sich ^ ?^?"k>elung der letzteren Frage befindet sich angenblick- Hi°i,rki»m^m ^°Kation In Paris, die vorgestern mit der Repa- ssiiston o verhandelte. Die Reparationskommiffion hat «ine däyrt, zur Einreichung schriftlicher Bemerkungen gr-

Schweizer Optimismus.

Brr«, 11. Mai. Rach dem Bekanntwerden der Annahme des Londoner Ultimatums schreiben die .Basler Nachrichten": Wir glauben, daß die, die die Unterzeichnung verweigern wollen, die Ab­neigung der Engländer gegen den Einmarsch ins Ruhrgebiet unter­schätzen. Diese Abneigung ist ganz und gar aufrichtig und wird zur Folge haben, daß die englische Zustimmung verweigert wird, so­lange dir Deutschen ihre Versprechungen nicht gerade demonstrativ brechen. Wohl ist ja wahr, daß der Einmarsch .automatisch" fällig wird, wenn die Versprechungen nicht gehalten werden. Aber ob fie nicht gehalten erden, wird zuvor konstatiert werden müssen, und zwar nicht nur von einer Ententemacht, sonder vom Obersten Rat, dessen englische, italienische und japanische Mitglieder einem bloßen Vor- wand Frankreichs nicht nachgeben werden. Frankreich wird mit einem solchen Vorwand auch nicht etnrücken, sobald eS steht, daß dir Wcltfinanz die deutschen Bonds tatsächlich aufnimmt und Deutsch­land für einig« Zelt zahlungsfähig macht.

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Die Stellungnahme der.Parteie« zum Ultimatum.

Di« Stellungnahme der Parteien des Reichstags zu dem Ultimatum wurde durch deren Sprecher wie folgt begründet:

Für die Sozialdemokratie gibt Abg. Wels «ine Erklärung ab, die besagt: Die politische Verantwortung für Annahme und Aus­führung des Ultimatums fiele, nach Auffassung der sozialdemokra­tischen Reichstagsfraktion, den Parteien zu, die am meisten zur Ver­längerung des Kriegs und zur Vermehrung seiner Lastest beigetragen hatten. Da aber jene Parteien in schwerster Stunde versagen und auf einer Politik verharren, die unmittelbar zur Auslieferung deut­scher Landesteile in feindliche Hand führt, hält es die sozialdemo­kratische Reichstagsfraktion flir ihre Pflicht am Volk, die von den Verantwortlichen im Stich gelassenen Aufgaben mit zu übernehmen. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat daher ihre Teilnahme an der neuen Regierung beschlossen, die durch Annahme des Ulti­matums Deutschland vor den katastrophalen Folgen einer Ableh­nung retten und den ehrlichen Versuch machen will, das uns Auf. erlegte nach bestem Können zu erfüllen. Zur Lösung ihrer schwie­rigen und verantwortungsvollen Aufgabe bedarf die Regierung der einflchtS- und hingebungsvollen Unterstützung der weitesten Volks­kreise. Aus diesen Gründen find wir zur Unterstützung der neuen Regierung bereit. (Lebh, Beifall bei den Soz.)

Abg. Trimborn gibt namens der Zentrumsfraktion eine Er­klärung ab, in der eL heißt: Bei der Abwägung der Gründe für und gegen die Ablehnung haben wir es für wahrscheinlich erachtet/ daß das Deutsch« Reich und das deutsche Volk bei Annahme der Forde­rungen der Alliierten in seinem Fortbestand weniger gefährdet sei wie bei den mit ihrer Ablehnung eintretenden Wirkungen. Im Falle der Ablehnung sind wir mit der Besetzung des Ruhrgebiets bedroht. In der Ueberzeugung, daß es für die Erhaltung und für die Me- deraufrichtung Deutschlands keinen anderen Weg gibt als die Unter­schrift der Reichsregierung, haben wir uns entschlossen, unsere Zu­stimmung zu ihr durch unser Ja zum Ausdruck zu bringen, womit wir zugleich die Erfüllung unserer Entwaffnungszusage aussprechen. Dem Li. bi nett, das aus der Grundlage seiner Bereitschaft der Unter­schrift gebildet ist, sprechen wir unser Vertrauen aus. (Beifall im Zentrum).

Abg. Dr. Stresemann (D V.P.): Die Fraktion ist einmütig der Auffassung, daß die uns in dem Ultimatum zugemutrten Lei­stungen nicht ertragen werden können, ohne zum Zusammenbruch zu führen. Das Ultimatum erfolgt zu einer Zeit, wo unsere Gren­zen noch nicht einmal seststehen und nötigt uns. in der Zeit schwerster Gefahr unsere Wehr im Osten aufzugeben. Zudem haben unsere Forderungen auf Garantien wegen Aufhebung der Sanktionen bis­her keine befriedigende Antwort gefunden. Aus diesem Grunde haben wir unsere Zustimmung zur Unterzeichnung nicht geben können. (Beifall rechts)

Abg. Dr. Hrrgt (D.N.): Die deutsche Regierung beruht auf schwachen Füßen. Die Erklärung der Sozialdemokraten schiebt die Verantwortung dem Bürgertum zu. Dabei wissen fl«, daß dies« Voraussetzungen nicht zutreffrn. LS gibt niemand im Volk, der diese Zumutungen fiir durchführbar hält. Der ganz« auswärtig« Ausschuß von rechts bis links stand auf diesem Standpunkt. Die Sozialdemokratie kann daher jetzt die Verantwortung nicht ab- lehnen dafür, daß die deutsche Arbeiterschaft in widerstandslose Ab­hängigkeit vom Ausland gebracht wird. (Proteste link.) Der Reichskanzler hat gemeint, die Ablehnung werde zur Sklaverei sich- NL Zn Mika hat man di; Sklaverei abgeschafft, durch diese»

Ultimatum wird sie bei uns eingeführt- Die oberschlestsche Frage wird zweifellos durch die Annahme in ein neues Stadium gebracht. Gewisse englische Zuficherungen sollen dafür sprechen. Das bezieht sich aber nur aus gewisse Bezirke OberschlefienS, nicht auf das ganze ungeteilte Oberschlefien. Die Regierung gibt sich hier also großen Illusionen hin. Zusammenfassend erkläre ich namens meiner Frak­tion: Wir lehnen die Annahme des Ultimatums ab, weil es unerfüll­bar ist und seine Annahme das deutsche Volk in kurzer Zeit wieder vor dieselbe Lage wie heute stellen würde, weil das Verlangen der Aburteilung der sogenannten Kriegsverbrecher ohne Beweis« mit der Würde Deutschlands nicht verträglich ist, wefl die EntwaffnungS- sorderungen mit der Sicherheit des Reichs nach außen und innen un­vereinbar find, well die Garantieforderungen das deutsche Volk aus der Reihe der selbständigen Nationen streichen und weil auch unsere Kinder und KindeSklnder zu Sklaven anderer Völker würden. Die Ablehnung würde uns schwerste Leiden und Opfer auferlegen, aber wir können eine erträgliche Gestaltung der Friedensbedingungen er­reichen, wenn unsere Feinde endlich einmal unseren festen Willen zur nationalen Selbstbehauptung sehen. Sie wollen keinen Frieden, sondern die Vernichtung Deutschlands. Wir wollen uns selbst treu bleiben. Im deutschen Willen auf Wahrheit und Gerechtigkeit und in der Notgemetnschast, die die Feinde uns aufzwingen, wird eine einmütige Willensgemeinschaft des deutschen Volkes geboren wer­den, die den VernichtungSwillen der Feinde zuschanden macht. Wir wollen nicht Gewaltpolitik, wir wollen Zukunstspolitik treiben. Ein­mal wird Deutschland wieder stark im Rate der Völker sein. (Großer Lärm. Hipp, hipp, Hurra! Präsident Löbe rügt eS, daß der Abgeordnete Hergt eine vertrauliche Mitteilung des Ministers Si­mons au» dem Auswärtigen Ausschuß hier wiedergegeben hat. Er bedauert dar und bittet die weiteren Redner, solche Zitate zu unter­lassen.)

Abg. Ledebour (U.S.P.): Die unabhängige Sozialdemo­kratie ist zu dem Ergebnis gekommen, daß die Regierung das Ulti­matum unter dem /jung der angedrohten Gewaltmaßregeln anneh. men muß. Wir verurteilen den Versailler Vertrag als einen Gewalt­frieden des siegreichen Imperialismus, ebenso die wirtschaftlichen Folgen des Ultimatums als schwere Schädigung für die Arbeiter­schaft. Die Besetzung des Ruhrgebiets würde eine ArbeitSsosigkeit von bisher nicht gekannter Ausdehnung herbeiführen und das deutsche Wirtschaftsleben völlig zerrütten. Die katastrophalen Erscheinungen würden noch verstärkt werden durch die Ablehnung der Forderungen der Entwaffnung und die Verurteilung der Kriegsverbrecher. Die Entente könnte das als Böswilligkeit Deutschlands auslegen und aus dieser Stimmung heraus die Entscheidung über Oberschlefien zu Ungunsten Deutschlands fällen. Das ernstliche Bemühen, mit der Durchführung der Zahlungen Zeit zu gewinnen, schafft Deutsch­land wenigstens eine Atempause. Die unvermeidlichen Folgen der verderbenschwangeren Ententepositik werden sich bald in den En- tenteländrrn zeigen, zunächst bei der Arbeiterschaft! Die Annahme des Ultimatums ist das kleinere Uebel. Wenn eine Partei In dieser Stunde die Pflicht hätte, an ihre Brust zu schlagen und zu sagen: .Herr sei uns Sündern gnädig", so find es die Deutsch-Nationalen, diese Hetzer im Weltkrieg. Nur ihre totale politische Unfähigkeit, die fie während des Krieges bekundet haben, ist ein Entschuldigungs­grund. Den Reichskanzler aber nehme er beim Wort, wenn er von der Freiheit des deutschen Volkes spreche. Al» erste Tat müsse er eine allgemeine Amnestie für alle politisch Verurteilten ohne Partei­unterschied erlassen. Der Ausnahmezustand müsse fallen, die Sonder- gerichte müßten beseitigt werden. DaS find die Taten, die wir ver­langen. (Beifall aus der äußersten Linken.)

Abg. Dr. Haar sDem.): Jeder deutsche Mann habe in dieser Frage wohl in schwerer Gewissensnot dagestanden. Auch wir schä­men uns nicht zu sagen, daß auch bet uns die Anschauungen ge­trennt find. Denn wer kann in die Zukunft schauen? Wenn wir auch zu einem verschiedenen Votum kommen, find wir doch einig ge­wesen in der Anerkennung der Bedeutung dieser Frage. Da haben wir dann aller GtimmungSmäßige im Interesse der Gesamtwohls und de» Volke» -urückgestellt. Wäre er nach unserer Meinung ge­gangen, hätten wir alle abgrlehnt. Vielleicht Ist viel gewonnen, wenn wir etwas Zeit gewinnen, vielleicht bahnt sich auch drüben eine bes­sere ScknntnIS an. Der Redner dankt den Engländern und den Italienern für ihre Aufopferung. Wer selbst wenn die Unterzeich­nung gutgehrißen wird, sind wir der Auflassung, daß damit der Versailler Vertrag nicht hinfällig wird, daß vielmehr die Para- graphen, die eine Nachprüfung unserer Leistungsfähigkeit vorsehen, bestehen bleiben und daß jeder Verstoß gegen den Vertrag auch «n» von seiner Erfüllung entbindet, ebenso wie von den Folgen der Unterzeichnung. Wenn andererseits die Vernunft unsere Gegner zum Abbau der Sanktionen führt, so ist schon viel gewonnen. Der Redner appelliert an die Nahem, alle Forderungen des Ultimatums zu erfüllen. Wird da» Ultimatum aber angenommen, dann müssen